"Die Sinnfrage kann man immer stellen, vor allem natürlich beim Klettern", an diesen früheren Ausspruch von Daniel kann ich mich noch gut erinnern. Und nun hat die Sinnfrage also sogar ihre zugehörige Route erhalten. Selbstverständlich kann man die Sinnfrage bei dieser Neutour stellen: es ist weder die längste, die schwierigste noch die schönste Route der Welt. Aber es hat Spass gemacht sie zu entdecken und zu realisieren, was für uns genug der Sinnhaftigkeit ist. Wobei an genau diese Stelle auch ein Disclaimer gehört. Ausgecheckt und eingebohrt wurde die hier beschriebene Route von Daniel Benz, ich war "nur" bei der ersten RP-Begehung mit dabei. Somit der Bericht über die neuste und vorerst letzte Neutour, welche am 90m hohen, freistehenden Turm der Roskirche durch die schattige Nordwand verläuft.
Spannende Perspektive! Daniel turnt in L1 (7a) der Sinnfrage. |
Erschliessung
Hier kann ich mich für einmal sehr kurz halten: Daniel hat die Sinnfrage 4 Tage nach dem Einbohren vom Massnahmenpaket im Alleingang am oben fixierten Seil eingerichtet. Dieser Stil war hier die Methode der Wahl, weil es die Linie geschickt durch die verbleibenden Filetstücke der Wand zu legen galt. Nochmals 3 Tage später waren wir dann auf der Rotpunkt-Mission unterwegs, wo wir Massnahmenpaket, dessen Trad-Variante und die Sinnfrage befreiten. Meinerseits konnte ich dabei die zweite Länge vorsteigen und so tatsächlich die formell erste (Vorstiegs-)Begehung von diesem Abschnitt notieren. Vielen Dank Daniel! Es ist auch der Grund, warum die Sinnfrage hier als Erstbegehung präsentiert wird, auch wenn mein Beitrag zu ihrer Entstehung limitiert war, bzw. ich nichts zur Pflanzung der Hardware beigetragen habe.
Dieses Foto gehört quasi noch zur Erschliessung. Nach der RP-Begehung vom Massnahmenpaket sind wir von der Abseilpiste hinüber gequert zur Sinnfrage, um dort im Abseilen noch die Kette mit der fixen Exe in der Crux zu platzieren. Dies war nötig, weil der BH an dieser Stelle aufgrund der Felsqualität (zu) hoch platziert werden musste, so dass er (ohne die Fixexe) aus der Kletterstellung nicht vernünftig bzw. nur sehr umständlich zu klippen ist. |
Zugang
Für den Weg zum Depot an der NW-Ecke der Roskirche wiederhole ich hier exakt meine Zeilen aus dem Beitrag zum Massnahmenpaket. Wer sie von dort noch auswendig rezitieren kann, braucht sie nicht nochmals zu lesen.
- Für uns die schnellste und bequemste Variante, ein idealer E-Bike-Usecase: von Walenstadt bzw. vom Hasebärg (ca. 560m) an der Lüsisstrasse mit dem Stromrad steil aufwärts, dann auf 1100m noch steiler auf den Tschinglaweg abzweigen und diesem via Vorder Büls bis zum P.1544 (ca. 9km, 1100hm). Von dort auf dem blau-weiss-blau markierten Wanderweg über die Schwarzen Platten (T4) zum Chammsässli und weiter hinauf zum Valsloch. Nach der Engstelle an dessen Eingang noch ein paar Kehren (ca. 50hm) aufsteigen, bevor man horizontal zur gut sichtbaren Roskirche quert (zu Beginn weglos, dann schwache Pfadspuren, T4+). Ein gutes und bequemes Depot befindet sich gleich am Punkt, wo man die Roskirche erreicht. Zeitbedarf ab Walenstadt: ca. 40-45 Minuten per Bike plus 30-35 Minuten zu Fuss, d.h. 1:15h ab Walenstadt.
- Wer von Süden kommt und über kein E-Bike verfügt, der fährt wohl mit dem PW aufs Lüsis. Dort gibt es nur eingeschränkte Parkmöglichkeiten. Auf Anfrage kann man (wenn Platz vorhanden) beim Gasthaus abstellen (15 CHF/Tag). Frei parkieren ist nur beim abseitig gelegenen P.1327 erlaubt, was sowohl die Anfahrt wie auch den Zustieg verlängert. Dann auf markierten Wanderwegen Richtung Tschingla, vorteilhaft über den Chalberhalden Highway zum Chammsässli und dann wie unter 1) beschrieben zur Roskirche. Zeitbedarf ab Walenstadt ca. 20-25 Minuten per PW und ~90 Minuten zu Fuss, total gegen 2:00h ab Walenstadt.
- Am wenigsten Zustiegs-Höhenmeter sind involviert, falls man die Bahn auf den Chäserrugg nutzt (Betriebszeiten beachten, mit Stand 2024 kostet das 62 CHF retour pro Person, bzw. 31 CHF mit Halbtax). Vom Chäserrugg auf dem Valslochweg absteigen und auf ca. 1950m (d.h. höher als wenn man von unten kommt) nach links zur Felswand hinüberqueren, an deren Fuss ein Wildpfad zur Roskirche führt. Auf dem Retourweg sind dann ~350hm im Aufstieg zu bewältigen. Zeitbedarf aus dem Tal in Unterwasser muss man selber berechnen... Diese Variante bietet sich vor allem dann an, wenn man von Norden durch das Toggenburg anreist.
Hier geht's los - wenn denn die Aufschrift noch lesbar ist. |
Routenbeschreibung
Roskirche - Sinnfrage 7a (6b+ obl.) - 3 SL, 80m - Daniel Benz, Marcel Dettling 2024
Material: 1x50m-Seil, 10 Express, Camalot 2, Helm
L1, 35m, 7a: Vom Depot an der NW-Ecke der Roskirche steigt man die Rinne zum Nordsattel ein Stück weit hinauf. Der Einstieg ist angeschrieben und durch die rostfreien Bohrhaken gut erkennbar. Vom Boden einzig an der Roskirchenwand startend würde gleich ein heftiger Einstiegsboulder warten. Die Methode der Wahl ist jedoch ein Überfall von einer Terrasse auf der Gegenseite, so kriegt man einen vernünftigen Griff in die Hand und kann abheben. Die markante Crux wartet dann etwas vor Hälfte der Seillänge bei der Fixexe. Mit einem kleingriffig-technischen Boulder will eine 3m hohe, ziemlich blanke Wandzone erobert werden. Diese ist prima gesichert (A0 möglich, die Länge geht auch als 6c 1pa), denn es folgt gleich nachher ein BH, welcher von unten in der Kletterstellung nicht sichtbar ist. Damit ist aber nicht fertig, in athletisch-griffiger Kletterei geht's richtig cool entlang von Rissspuren athletisch in die Höhe, zuletzt klettert man dann noch fotogen die Hangeltraverse der klassischen Nordroute retour nach links zum Stand.
L2, 30m, 6b: Steil und griffig geht's hier gleich vom Stand weg bei guter Absicherung in die Höhe. Man bedient sich hier an sehr schönem, wasserzerfressenem Fels. Mit etwas Reserven auf den geforderten Grad geht das in einer vergnüglichen Turnerei mühelos in die Höhe. In etwa mittig der Seillänge wurde zwecks von einem exzellenten Placement für einen Camalot 2 auf einen BH verzichtet. Wiederum, wer die Reserven hat, kann sich da aber sogar auch einen Runout zum nächsten Silberling zutrauen. Das Finish dann wieder etwas technischer, auch da super schöner, vom Wasser ziselierter Fels.
In L2 (6b) ist es sowohl auf- wie auch abwärts schwierig, gute Fotos zu machen. |
L3, 15m, 6a+: Der Stand auf dem bequemen Band befindet sich auf dem Verlauf der Lucky Bernd. Dessen Haken befinden sich denn auch gerade voraus in der Nordwand. Klettert man diese Passage, so beläuft sich die Schwierigkeit auf 6a. Zur Sinnfrage gehört aber eigentlich die NE-Kante linkerhand. Hier steckte schon altes Material, welches zur Variante Müller-Wetli gehört. Dieser Abschnitt wurde mit rostfreien BH saniert. Die Kante ist steiler und kniffliger, wie man auf den ersten Blick denken könnte! Zuletzt dann noch nach links über den Spalt hinweg zum Gipfelstand beim Wandbuch.
Kurz aber kräftig klettert man an der Kante von L3 (6a+). |
Abstieg
Auch hier werden die bereits beim Massnahmenpaket getippten Zeilen rezykliert. Am Gipfelstand geht's los, es werden jedoch andere Stationen wie im Aufstieg genutzt. Das Abseilen über die Standplätze der Sinnfrage ist nicht vorgesehen. Man kann diese jedoch für einen Rückzug nutzen, bzw. man befindet sich an den Standplätzen sowieso stets in unmittelbarer Nähe zur offiziellen Abseilroute, so dass man einfach dahin wechseln kann. Normal seilt man zuerst 15m auf der Nordostseite zu einem Bödeli ab. Man geht ca. 5-10m nach Osten zu Stand im Spalt, von wo man 25m auf das geräumige Velobödeli abseilt. Von diesem quert man über ein ca. 60cm breites Band für 15m in die Nordwand hinein zu einem weiteren Abseilstand. Über eine 25m-Strecke erreicht man den Sattel im Norden der Roskirche, von wo man zu Fuss zum Einstieg bzw. Depot absteigt.
Planungsinfo & Topo
Die Route ist mit rostfreien Bohrhaken bestens auf Stufe xxxx abgesichert. Ein wenig Engagement ist in L1 nötig und in L2 muss 1x ein Cam gelegt werden, damit man dort im 6a-Terrain nicht einen doppelten BH-Abstand vergegenwärtigen muss. Aber auch hier gilt: alles im grünen Bereich! Im Beitrag zum Massnahmenpaket wurde noch nicht erwähnt, dass es sich an der Roskirche durchaus gut beim sonnig-warmem Wetter klettern lässt. Mit Wildfang (7a+), Lucky Bernd (7a) und Sinnfrage (7a) stehen drei Touren im 7a/7a+-Bereich zur Verfügung, welche vorwiegend schattig in der Nordwand verlaufen. Zudem bleiben auch das Massnahmenpaket (7a+) sowie der Schattenbachfäger (6b) bis am frühen Nachmittag im Schatten. Und wenn dort die Sonne scheint, findet man dafür auf der Ostseite Schatten. Natürlich kann man es auch andersrum machen und mehr von der Wärme des Himmelsgestirns zu profitieren. In der zentralen Nordwand (Lucky Bernd, Sinnfrage) findet man allerdings kaum je so viel Sonne, dass Griffelzitter-Temperaturen auf wohlige Wärme angehoben würden. Das hervorragende PDF-Topo mit allen 2024er-News von Daniel sei auch hier verlinkt, ebenso der Hinweis auf den SAC-Kletterführer St. Galler Oberland von Thomas Wälti. Das Foto mit dem Routenverlauf muss hingegen leider ausbleiben - auf die Nordwand der Roskirche gibt es keine freie Perspektive.
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