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Dienstag, 24. August 2021

Tofana - Aspettando la Vetta (6c)

Tja, wenn frau das Arrangement bucht, dann ist das Frühstücksbuffett inbegriffen und somit wird es nichts mit einem frühen Tourenstart. Wobei, das sei erwähnt, ich auch nichts gegen ausreichend Schlaf habe, vor allem wenn ja nachher sowieso der ganze Tag zum Klettern zur Verfügung steht. Nach unseren Eskapaden am Vortag, bzw. bis in den späteren Abend hinein, war so eine richtige Hammertour auch nicht zwingend angezeigt. Auf eine Tour an der Tofana konnten wir uns dann doch einigen, ist doch der Zustieg kurz und der Gesamtrahmen überschaubar. Knappe 7 Jahre waren seit unserem letzten Besuch vergangen. Damals, anlässlich der Begehung der Vecchio Leone, hatte ich noch mit den fordernden 7b-Routen kokettiert. Daraus sollte an diesem Tag abermals nichts werden, "Genuss" mit moderat schwieriger Kletterei war angesagt. Der Plaisir steht in Anführungszeichen, weil die Sicherungen nicht allzu üppig vorhanden sind. Womit ja aber in erster Linie der Vorsteiger klar kommen muss - und wenn er das tut, so steht dem Spass nichts im Wege.

Blick auf die gewaltigen Wände der Tofana mit dem Verlauf von 'Aspettando la Vetta' (6c)

Unsere Tour startete um 10.50 Uhr beim Rifugio Dibona. Da gibt es zwar viele kostenlose Parkplätze, es waren aber trotzdem fast alle belegt. Jedoch nicht in erster Linie von Kletterern, sondern viel mehr von Wanderern und anderen Luftschnappern. Auf dem breiten Fahrweg geht's in Richtung Rifugio Giussani, bevor man schliesslich horizontal auf einem gut ausgetretenen Pfad Richtung Einstieg quert. Nach einer halben Stunde Gehzeit hatten wir diesen erreicht. Dieser befindet sich direkt am Weg, etwa 10m links der Aufschrift "Castelletto" (nicht 25m, wie im Topoguide steht!) bei der einfachsten Rampe, welcher dieser Wandbereich zu bieten hat. Eine Anschrift oder fixes Material zur Orientierung gibt es allerdings nicht. Nach kurzer Vorbereitung stiegen wir ein, wir hatten entschieden am Einstieg kein Depot anzulegen, obwohl im Abstieg nur ein kurzer Umweg nötig wäre, um die Sachen wieder aufzulesen.

L1, 55m, 3b: Unschwierige Kletterei über die Rampe, welche aber v.a. auf den ersten 30m nicht wirklich gut abzusichern ist. Da das Gestein auch nicht überall über jeden Zweifel erhaben ist, sind keine Fehler erlaubt. Am Ende geht's dann auf logischer Fährte direkt hinauf, da lässt sich auch mal ein solider Cam/Keil installieren und die Standhaken rücken ins Blickfeld.

Wenig attraktives Foto, aber nicht meine Schuld, dass L1 über diese etwas grasig-brüchige Rampe führt ;-)

L2, 50m, 6b: Die von der Absicherung her heikelste und anspruchsvollste Seillänge der Tour! Bohrhaken, Rissspur (Cam), Bohrhaken, dann ein fragwürdiger Schlaghaken - das tönt mehr nach Klippen als nach Moven, aber da liegt schon eine Menge an anspruchsvoller Kletterei dazwischen. Doch die haarigste Stelle kommt nach dem NH, entweder direkt an Seitgriffen trittarm und schwierig hinauf oder alternativ mit einer grösseren Linksschleife. Wobei man sich bei jener weit von der letzten Sicherung entfernt und zusätzlich mit dem Bammel umgehen muss, dass es nicht aufgeht... tut es aber dann doch. Trotzdem, diese Stelle fand ich unangenehm. Es folgt eine deutliche Rechtsquerung zum letzten BH, gefolgt von einer nochmals schwierigen Kletterstelle wo man unter mehreren Optionen die (für sich) richtige Beta wählen muss (es gehen hier wohl alle Optionen bei +/- ähnlichen Schwierigkeiten).

Coole, athletische Kletterstelle in sehr gutem Fels am Ende von L2 (6b).

L3, 40m, 6c: Nun geht es über das grosse Dach hinweg, was von Weitem sehr eindrücklich aussieht, die nominelle Schlüsselstelle der Route bereithält, sich aber schlussendlich alles sehr gut auflöst. Im Einzelnen steigt man ohne besondere Schwierigkeiten im grauen Fels hinauf in den gelben Wandbereich. Da Gestein ebenda ist nicht bombensolide und etwas splittrig, aber doch absolut vernünftig bekletterbar - einfach nur die hier permanent weiss markierten Griffe nehmen, fast wie in der Kletterhalle ;-) Einzig die Bolts sind etwas verwunderlich platziert... irgendwie sowohl für den Vor- wie den Nachstieg leicht suboptimal, passt aber schon - gut verlängern hilft, um den Seilzug einzudämmen. Am schwierigsten ist eigentlich gleich die Stelle am Wulst zu Beginn (nicht nur wegen der Behakung), nachher greift man immer zu anständigem Material und das Dach wird mehr an einer Fuge gequert als wirklich überstiegen. Mit einer Rechtsquerung oberhalb und ein paar Meter obsig erreicht man den nächsten Stand. Eine 6c ist das wohl eher nicht, 6b dürfte auch reichen, wir empfanden die Länge auch einfacher wie L2.

Holla, hier geht's in L3 (6c) drüber hinweg - an der Schwachstelle natürlich!

L4, 45m, 6a: Hier stecken nur gerade 2 BH für eine ziemlich lange Reise. Darum wohl ist am Stand ein Pfeil eingeritzt, damit man nicht in eine unbekannte Route rechts abdriftet, wo SU-Schlingen erkennbar sind. Wer genau hinschaut, sieht aber den ersten Haken der Aspettando direkt voraus. Die Hauptschwierigkeiten warten im ersten Teil, wo es bald recht steil wird - man sichert erst mit Cams, der Bolt kommt dann genau an der entscheidenden Stelle. Nach einem weiteren BH am nächsten Wulst (erneut perfekt platziert) gibt's zum Stand hin dann ziemlich freie Linienwahl. "Logische Linie leicht rechts ansteigend" meint Volker im Topoguide. Diese kletterte ich (vermeintlich?), zum Ende musste ich auf dem Band dann deutlich einige Meter nach links zum Stand queren. Ginge also vielleicht auch direkter im zweiten Teil?!? Zur Bewertung kann man sagen, dass diese Länge kaum einfacher wie die anderen ist, somit eher 6a+.

Auftakt zu L4 (6a/+) mit sehr schöner Kletterei, Cams zwingend erforderlich.

L5, 40m, 6a+: Vier Bolts stecken auf dieser Länge, d.h. nicht allzu viele für 40m Kletterstrecke. Aber erneut genau am richtigen Ort, d.h. da wo unmittelbar danach eine schwierigere Stelle kommt. Der Rest lässt sich hier für einmal sogar recht üppig mit Keilen und Cams sichern, somit steigt man ziemlich unbeschwert in henkligem Gelände.

Kathrin folgt in L5 (6a+), die Wand wie man sieht ab frühem Nachmittag im Schatten!

L6, 50m, 6b: Steile, sehr griffige Kletterei in perfektem, schwarzem Dolomit! Hier liegt nun wieder nicht mehr ganz so viel wie in der Länge davor, d.h. man kommt nicht um den einen oder anderen Runout herum - was aber in diesem extrem strukturierten Henkelgestein bei Schwierigkeiten um 6a schon fast Freude macht, da man einfach frei steigen kann. Die Crux der Länge kommt dann erst am Schlusswanderl und erscheint etwas gesucht. Linksherum wäre es wohl deutlich einfacher zu haben, doch da sonst massiver Seilzug droht und man im besseren Gestein operiert, klettert man sicherlich am besten direkt über den Bolt.

Dieses Foto stammt von L5 (6a+) - nicht so entscheidend, es sieht überall ähnlich aus ;-)

L7, 55m, 3a: Überführungslänge, welche nach den ersten Metern Gehgelände über das Schuttband bietet. Den Stand findet man links oberhalb eines markanten Pfeilerleins an einer Sanduhr (wie auf diversen Webseiten erwähnt, wurden die BH ab hier von Traditionalisten entfernt!). Die Route führt nachher leicht rechtshaltend durch den dunklen, soliden Streifen zwischen zwei orangen, wohl splittrig-brüchigen Flecken hindurch.

Blick auf die Fortsetzung in L8 (6a), im grauen Streifen leicht rechts der Bildmitte verläuft die Route.

L8, 50m, 6a: Man quert hier zuerst ein paar Meter diagonal nach rechts oben - nicht sehr schwierig, aber auch nicht ganz einwandfrei zu sichern und unterhalb ist halt das Band... Dort wo es steiler wird, kommen dann aber gut sichtbar NH, eine SU und auch mobile Möglichkeiten, es löst sich alles gut auf. Man erreicht eine Nische, klettert rechts aus dieser hinaus über die nächste Stufe hinweg und dann ist irgendwann Bastelstunde angesagt, um einen sicheren Stand zu bauen. Die 2 (dünnen) SU laut Topoguide waren identifizierbar, aber so richtig safe schien mir das nur mit denen nicht - also hier und da noch ein Placement gefunden, alles aufwändig verkabelt und dann in unbequemer Sitzposition nachgesichert... hach die Annehmlichkeiten eines vernünftigen BH-Standes weiss man schon recht bald zu schätzen.

Unbequemes Nachsichern am selbstgebauten Stand nach L8 (6a).

L9, 50-60m, 5b: Wandkletterei ohne fixe Absicherung und daher offener Linienführung. Es geht +/- gerade hinauf, eine Rippe ermöglicht mobile Absicherung, wobei die perfekten Placements hier nicht abundant sind... Man erreicht schliesslich ein Band, wo man mit der klassischen Pfeilerroute von Alvera/Pompanin zusammen trifft. Da sich dort Leute befanden, habe ich etwas weiter rechts mit mobilen Mitteln einen guten Stand eingerichtet.

Schon eine tolle Gegend, diese Dolomiten! Hier an der Stelle, wo man auf die Alvera/Pompanin trifft.

L10, 20m, 4a: Wohl etwas rechts der klassischen Linie sind wir hier über eine Stufe gestiegen - gut möglich und ohne grössere Schwierigkeiten. Weil erstens die Fortsetzung blockiert war (mehr dazu gleich...) und zweitens wieder gebohrte Standhaken vorhanden waren, nahm ich Kathrin nochmals nach.

L11, 50m, 5c+: In der ganzen Zeit, während ich am Stand nach L10 war, bewegte sich der Kletterer in der folgenden Länge keinen Zentimeter weiter. Zu warten wäre einfach aussichtslos gewesen und so stieg ich los. Es stellte sich heraus, dass der Nachsteiger einer rumänischen Seilschaft komplett erschöpft und dem Kollaps nahe war. Er steckte an der henkligen Steilstufe fest, die er einfach nicht mehr überwinden konnte. Zwei, drei Meter rechts stieg ich athletisch an ihm vorbei - da wohl eher im 6ab-Bereich, aber cool. Von oben versuchte ich ihm die besten Griffe anzuzeigen, aber es nützte nichts. "My fingers don't work anymore" war sein verzweifelter Kommentar. Sein Kamerad konnte auch nicht helfen, der befand sich 40m weiter oben am Stand und hatte einen solchen Zickzack in den Seilverlauf gelegt, dass von seinem ganzen Zerren kein Newton an Erleichterung am unteren Seilende ankam. Naja, so stieg ich eben in schöner und nicht ganz trivialer Kletterei (wenige NH) hinauf zur Kanzel unter dem Abschlusskamin, wo sich nochmals 1 BH für den Stand befindet. Ich hiess Kathrin nachkommen und diese hatte sich am Stand unten mit einer weiteren, sich dort einfindenden Seilschaft aus Polen eine Taktik überlegt, wie man dem armen Kerl behilflich sein könnte. Dies war mittels Schulterstand, was nach erster Ablehnung schliesslich zögerlich als Lösungsmöglichkeit akzeptiert wurde und auch tatsächlich über den Überhang half...

Ausblick vom Stand nach L11 auf die letzten Meter und den markanten Fungo.

L12, 30m, 2a: Über eine einfache Rippe und im Kamin steigt man hinauf zum Ausstieg, links vom markanten Pilz - macht keine Schwierigkeiten mehr, ich hatte auch bereits auf die Zustiegsschuhe gewechselt.

Geschafft!

Um 18.00 Uhr und somit nach rund 6:30 Stunden Kletterei waren wir am Top - mit einer beiderseits perfekten Onsight/Flash-Begehung. Wir schossen gleich die Seile auf und liefen los. Erst geht's über einen gut ausgetretenen Geröllpfad nordwärts horizontal hinüber, wobei sogar noch letzte Schneefelder gequert werden mussten. Ziel ist der Steig, welcher auf einem Band durch die Wand der Punta Marietta quert. Das Gelände ist exponiert, die heikelste Stelle da wo sich ein Schuttkegel in den Weg stellt, es stecken jedoch diverse (Klebe-)haken, an welchen man am laufenden Seil sichern kann. Schliesslich biegt man um die Ecke und steigt in einfacherem Gelände entweder zum Rifugio Giussiani (kleiner Umweg) oder direkt hinab zu alten, verfallenen Gebäuden, um den markanten Weg zu erreichen. Auf diesem in einfacher Wanderung mit sehr schönen Ausblicken zur Croda da Lago retour zum Ausgangspunkt wo sich der Kreis um 19.00 Uhr schloss. Wir fuhren hinab nach Cortina, um dort noch den Abend auf einer Terrasse mit feiner Pizza, Birra, Dolce, Caffè und prima Sound zu geniessen :-)

Impression vom Abstieg: Bandquerung unter der Punta Marietta (nach Ende des schwierigsten Abschnitts).

Blick zur Croda da Lago und Lastoni di Formin, wo wir auch schon kletterten (1, 2)

Facts

Tofana - Aspettando la Vetta 6c (6b obl.) - 12 SL, 500m - Da Pozzo/Meneghin 2004 - ****;xx
Material: 1x oder 2x60m-Seil, 10-12 Exen (div. verlängerbar), Keile, Cams 0.2-1 plus evtl. 2

Eindrückliche Kletterei mitten durch die lotrechte erste Pfeilerwand der Tofana. Bohrhaken wurden nur spärlich gesetzt und fehlen im Ausstieg komplett, was die Route zu einem Hybrid zwischen einer MSL-Sportkletterei und einem alpinen Unternehmen macht. Da die Kletterei aber eigentlich stets gut kontrollierbar, d.h. griffig und trittig ist, die wenigen BH fair und intelligent platziert sind und man zwar nicht sehr üppig, aber doch immer wieder mobile Placements findet, geht das Ganze doch in Minne über die Bühne, sprich ohne dass der Haarschopf ergrauen würde. Mir reichten ein Satz Keile und Cams von 0.2-1 gut aus. Grössere Cams werden teils in der Literatur empfohlen, sie sind aber kaum einsetzbar und erscheinen mir nicht nötig. In Bezug auf die Schönheit ist noch zu erwähnen, dass die Route in meist sehr gutem Dolomit verläuft. Unvorsichtige werden aber sicher problemlos Griffe zum Ausreissen finden, was bei den vorhandenen Sicherungsabständen nicht vollständig unbedenklich ist und den alpinistischen Anspruch der Linie nur unterstreicht. Ebenso ist die durchgehende Henkelkletterei zwar toll, aber auch etwas monoton - mit Ausnahme vom Dach in L3 bleiben schlussendlich nicht viele, markant-eindrückliche Kletterstellen haften, sondern es handelt sich viel mehr um Cruising-Genuss. Das Topo von Planetmountain ist hier verlinkt - passt so schon, aber Details zeigt es halt nicht wirklich. Weiter ist die Route mit meist stark generalisierten, wenig informativen Topos in manchen (Auswahl)führern aufgeführt. Das beste schematische Topo findet man im Topoguide Band 3 - sicherlich empfehlenswert für all jene, die sich nicht komplett selber orientieren können/wollen.

Topo by Planetmountain.com

Donnerstag, 28. Juli 2016

Cinque Torri

Die Cinque Torri sind eine Gruppe von Felstürmen in der Nähe vom Falzaregopass bei Cortina d'Ampezzo und als Klettergebiet sehr bekannt. Weil's hier, an den maximal 120m hohen Türmen keine wirklich langen MSL-Routen gibt, hatten wir sie bis anhin nie von nahem angeschaut. Nun wollten wir vor allem zum Klettern mit den Kindern hier vorbeischauen. Mit kurzem, einfachem Zustieg gibt's hier lässige Normalrouten im dritten und vierten Grat, welche zudem auch noch auf einen richtigen Gipfel führen. Wie es sich dann zeigte, gefielen uns die Cinque Torri sogar noch viel besser wie erwartet. Alles unkompliziert, originelle Kletterei in gutem Fels, sogar einige herausfordernde MSL hat's und schwere Sportkletterrouten gibt es ebenso.

Die Türme 5, 3, 2 und 1 vom Rifugio Scoiattoli bzw. der Bergstation des Sessellifts aus gesehen. 
Um an die Türme zu gelangen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine öffentlich zugängliche Fahrstrasse führt zum Rifugio Cinque Torri (2137m), nur im August ist diese zumindest zeitweise mit einem Fahrverbot belegt. Weil die Parkmöglichkeiten oben nicht sonderlich üppig sind, empfiehlt sich diese Art der Anreise vor allem für Frühaufsteher. Wer ohne Auto aber trotzdem bequem in die Höhe gelangen will, kann den Sessellift benutzen, welcher zum Rifugio Scoiattoli (2256m) führt. Er ist von 9.00-17.00 Uhr in Betrieb, die Retourfahrt kostet ca. 15 Euro für Erwachsene (Kinder gratis). Oder man kann natürlich auch zu Fuss aufsteigen, es sind knapp 400hm von der Passstrasse auf einem sehr direkten Weg direkt unter dem Sessellift. Um die Türme herum, von den beiden Rifugios ausgehend, führt der bequeme Wanderweg "Giro delle Torri" an fast allen Einstiegen mehr oder weniger vorbei. Insgesamt ist das Ambiente viel weniger alpin und unwegsam, wie ich das im Vorfeld erwartet hätte. Die Kehrseite ist natürlich, dass bisweilen ein ziemlicher Zirkus mit Touristen, Alpinisten und Klettergruppen vorhanden ist. Aber naja, wir als Viererseilschaft mit zwei Kindern gehören da bestimmt auch dazu. Folgende Routen hatten wir begangen.

Torre Quarta Bassa - Via Normale (3 SL, III+)

Diese interessante, komplett mit Klebehaken abgesicherte Route führt durch die S-Wand am vierten Turm, es handelt sich um eine der lohnendsten kurzen und einfachen MSL-Routen an den Türmen. Der stark strukturierte, griffige Fels ist auf der gesamten Strecke von sehr guter Qualität, es handelt sich durchwegs um Wandkletterei mit homogener Schwierigkeit über drei Seillängen von je 20-25m Länge. Einstiegsvarianten gibt's gleich mehrere verschiedene (links an der Kante, rechts an der Kante oder gar in der E-Wand), alle sind aber ähnlich schwer. Oben tendiert man dann etwas gegen links und die Scharte zum Torre Quarta Alta, und schliesslich zum Gipfel. Abseilen kann man entweder über die S-Wand, oder auch nordseitig (2x20m oder 1x40m).

Der Torre Quarta Bassa, die Kletterer markieren den Verlauf der Normalroute.
MSL-Rakete im Anflug - jeden Meter problemlos selber gemeistert, und dies in einem Affenzahn.
Auf dem Gipfel wird gefuttert... hinten die Nordwände der Turmgruppen 2 und 1.

Torre Terza/Latina - Via Normale (3 SL, III)

Vielleicht die einfachste MSL-Route an den Türmen führt durch die Ostwand an Nummer 3. Allerdings ist sie mit beinahe keinerlei fixem Material ausgerüstet, nur ein NH-Stand befindet sich in der Mitte der 70m langen Wand. Dies liegt wohl daran, dass der Fels im Vergleich zu den anderen Türmen hier etwas weniger schön ist. Obwohl, es ist immer noch lohnende, einfache Genusskletterei an meist solidem Gestein, doch auf ein paar Bändern liegt auch etwas Schutt. Somit ist es sicher ratsam, wenn hier nicht zu viele Seilschaften gleichzeitig aktiv sind, und die Absenz von Bohrhaken verhindert das effektiv. Wir sind die Route in 3 kurzen Längen geklettert, vor allem mein Sohn hatte eine helle Freude daran, dass ich hier zahlreich "Freunde" und "Töggel" in die Ritzen stopfen konnte, und er sie danach wieder entfernen durfte. Auch ein selbstgebauter Stand an Sanduhr und Felszacken und die Abseilstelle am Baum (1x40m oder 2x20m an der SW-Kante) imponierte ihm deutlich mehr, wie die Bohrhaken anderswo. Eigentlich wäre er sowieso am liebsten gleich mit mir im Vorstieg mitgekommen, um das Gear zu platzieren, das hätte er dann noch einen Tick spannender wie das Rausgrübeln gefunden. Ich denke mir jetzt, vielleicht komme ich so ja doch einmal noch zu einer Route am El Cap - da könnten sich Vater und Sohn dann gleich tagelang dem Spiel mit diesen Gerätschaften widmen...

Er denkt sich wohl, irgendwann kommt der Tag, wo ich von oben zu dir runtergrinse...
Die Normalwege sind im Aufstieg im dritten/vierten Grad, also muss runter zwingend abgeseilt werden.

Torre Quinta/Inglese - Via Normale (3 SL, IV-)

Der spitzige fünfte Turm ist elegant und beliebt, wir hatten jedoch das Glück, auf freie Bahn zu treffen. Die Normalroute in seiner SE-Wand ist etwas höher bewertet als jene am dritten und vierten Turm, und stellt wegen der Steilheit auch grössere Anforderungen, bzw. fühlt sich schon mehr wie eine "richtige" Kletterroute an. Die drei Seillängen (10m/15m/25m) bieten zuerst eine (etwas polierte) Verschneidung und einen Kamin, während im oberen Teil dann erst Wandkletterei an guten Griffen und zuletzt eine luftige Kante warten. Auch hier gibt's Klebehaken, für jemand der am Limit klettert, dürften sich die Abstände aber etwas gross anfühlen und ein kleines Trad-Rack könnte hilfreich sein. Der Ausstiegsstand befindet sich etwa 3m unter der obersten Spitze und es gibt dort auch keinen bequemen Picknickplatz wie auf den anderen Türmen, zudem führt auch die Abseilstrecke (2x25m oder 1x45m) mehr oder weniger über die Aufstiegsroute - dies alles wurde von den Kindern "bemängelt" und die Kletterei am fünften Turm deshalb hinter den beiden anderen eingeordnet.

Alpiner Zirkus am Torre Quinta/Inglese, der Routenverlauf durch die vielen Kletterer bestens markiert.

Torre Grande - Columbus (5 SL, 7a)

Als die Kinder müde waren, gab's dann für Mama und Papa noch einen Ausflug zum ersten und grössten Turm (der genau genommen wie alle anderen auch eigentlich ein komplexes System von mehreren Sub-Türmen ist). Seine Ostwand ist ca. 100m hoch, äusserst steil und bietet neben dem sehr bekannten Klassiker Via Finlandia (6a+) auch einige mit BH gesicherte, sportliche MSL-Routen. Die Columbus verläuft rechts neben der Finlandia und bietet auf den ersten zwei Seillängen (6b, 6c) leicht überhängende, leistenlastige Kletterei (mit ein paar Löchern als Auflockerung) in zinnenähnlichem Fels. In der zweiten Länge kann man es sich dabei auch deutlich schwerer machen wie nötig, daher kommt wohl auch die reichlich hochgestapelte 7b+ (schön wär's...) im Topoguide. Der Oberknaller folgt dann in der dritten Länge, wo ein steiler Wulst überwunden werden muss. Dieser Abschnitt hängt auf 25m Kletterlänge wohl beinahe 10m über! So etwas habe ich bisher ausser auf gehobenen 5*-Wendentouren oder der Titlis Nordwand so noch nie erlebt. Die Griffe sind eigentlich alles gute Löcher, supergute Löcher und Töffgriffe. Nichtsdestotrotz, man muss sich festhalten und an der leicht unübersichtlichen Crux schadet ein bisschen Extrastrom nicht. Es ist zwar reichlich offensichtlich, was man zu tun hat, nur sind die Löcher in der Zielregion nicht einsehbar und um genügend lange rumzutasten, braucht's den Bizeps. Anyway, mir gelang es :-) Es folgt danach noch etwas alpineres und einfacheres Gelände (6a+), um auf den Turmgipfel zu kommen. Es gibt nach 20m einen Stand, nach 35m einen weiteren und im Prinzip noch eine fünfte kurze Länge (der Finlandia?!?), um auf den Gipfel zu kommen. Von dort wählt man entweder den durch die Schluchten führenden Normalabstieg, oder seilt wie wir über die Route ab. Das ist in 3 Manövern machbar, das extrem steile Gelände erfordert allerdings eine solide Abseil- und Pendeltechnik und etwas Zuversicht, da die Seile natürlich einfach ins Leere baumeln. Abgesichert ist die Route übrigens +/- wie im Klettergarten mit BH, fürchten muss man sich hier nicht. Etwa 6b ist vermutlich doch obligatorisch (schwer zu sagen für mich). 

Die gespaltene Ostwand des Torre Grande, die von uns gekletterte Columbus führt zentral durch die Wand rechts vom Spalt. 
Supercoole, leicht überhängende Leistenkletterei in zinnenähnlichem Fels wartet in L2 (6c) der Columbus.
Dieser Shot mit dem senkrecht nach unten hängenden Seil gibt einen Eindruck, wie steil L3 (7a) der Columbus ist.
Das war's dann soweit mit dem Kletterspass in den Cinque Torri. Bevor's auf den Heimweg ging, gab's noch etwas Dolce Vita im Rifugio, die Piadine, die Dessert's und der Kaffee sind durchaus empfehlenswert und das WLAN-Signal so stark, dass man selbst auf den Türmen oben eine Whatsapp schicken kann. Wir kommen sicher wieder, denn hier gibt's auf engstem Raum fast alles was das Kletterherz begehrt - ausser vielleicht das richtig gruselige 20-Seillängen-Abenteuer, aber sowas ist ja dann eh nix für Familien und Geniesser! 

Donnerstag, 14. August 2014

Lastoni di Formin - Love My Dogs (6c+/7a)

Der Plan für den Tag wäre eigentlich gewesen, eine anforderungsreiche Route von Massimo da Pozzo zu klettern. Dazu sollte es aber schliesslich nicht kommen, denn einerseits war wie immer das Wetter ein Thema. Angekündigt war ein schöner und trockener Tag, doch schon in der ersten Vormittagshälfte stockte wegen der massiven Restfeuchtigkeit die Quellbewölkung rasch auf. Darüber hinaus führten wir auch einige Diskussionen, ob die Anforderungen der eigentlich angedachten Route Zoe (8 SL, 7b) nun genau richtig oder eben doch zu hoch seien. Zusammen mit der Tatsache, dass sich die Zoe in einer kalten Westwand befindet, wo wir mit wenig Hoffnung auf spätere Besonnung hätten klettern müssen, liessen wir es schliesslich bleiben und zogen mit der Love My Dogs den Plan B zu Rate.

Die Gegend am Passo Giau, gesehen von unserem Ausgangspunkt. Links an den Lastoni di Formin in der gut sichtbaren Wand die Routen Spiderman, Zoe, Excusez Moi, Gente di Mare und Super Tegolina. Die Love My Dogs ist auf diesem Bild noch nicht sichtbar, sie befindet sich rechts um die Ecke...
Trotz oder gerade wegen der verschiedenen Kletterführer und Topos waren wir etwas im Zweifel, wie sich denn der beste und schnellste Zustieg vollzieht. Tatsächlich ist dies von Cortina bzw. Pocol kommend etwa 200m vor dem Passo Giau in einer Kehre. Wir gingen jedoch schon etwas weiter unten los und verfolgten ab da direkt den Weg Nr. 436. Das ist auch möglich, jedoch etwas weiter und es sind auch mehr Höhenmeter im Aufstieg zu bewältigen. Über vom Regen gesättigten Grund gelangten wir zur Forcella Giau und ab da die Geröllhänge querend (nicht zu hoch aufsteigen!) zum Einstieg. Total waren wir ziemlich genau 45 Minuten unterwegs. Als wir ankamen, zog sich gerade eine Seilschaft aus Österreich aus der dritten Länge zurück. Wir hatten sie 2 Tage zuvor bereits am Piz Ciavazes getroffen, wo ihnen die Feuchtigkeit einen Rückzieher aus der Roberta 83 beschert hatte. Ich fürchtete schon, dass hier ähnliches der Grund war, doch es waren zu unserem Glück ihre fehlenden Kräfte, die sie abseilen liessen. Somit war die Bahn frei, und um 12.00 Uhr stieg ich ein.

...und zwar an dieser Bastion des Spiz de Mondeval verläuft sie rechts durch den steilsten Wandteil.
L1, 25m, 5b: Einfache und eher unschöne Kletterei in nicht sonderlich kompakten, etwas von Geröll bedecktem Fels. Die Stelle mit dem Doppelbolt ist übrigens kein Stand, sondern der untere und deutlich einfacher erreichbare der beiden steckt im totalen Bruch.

L2, 30m, 6c+: Interessante, leicht überhängende und anhaltende Leistenkletterei in gelbem Fels, der an die Drei Zinnen erinnert. Genauso wie dort kann man sich fragen, ob das wirklich alles fest ist... Naja, vielleicht ist nicht alles bombenfest, aber halten tut es eben doch. Die Absicherung mit BH ist hier fast übertrieben gut ausgefallen, die Crux liegt neben der nötigen Ausdauer und Übersicht in der Rechtsquerung zum Schluss.

In der gelben Leistenwand von L2 (6c+).
L3, 20m, 6c: Kurze und steil-athletische Seillänge an guten Löchern und ein paar Auflegern, mit einem weiten Blockierer in der Mitte. Im ersten Teil fällt mir Bohrstaub auf und siehe da, es wurden hier tatsächlich zwei Griffe gebohrt?! Was soll denn das, 9 Jahre nach der Erstbegehung?!? Dank den Spuren kann ich die Griffe auch problemlos vermeiden, auch ohne diese kommt man mit 6c durch.


Zwei neue, geschlagene Griffe in L3 (6c), welche auch total unnötig sind. Wer macht 9 Jahre nach der Erstbegehung sowas?
L4, 30m, 6a: Eher einfache Seillänge, deren Maximalschwierigkeit nur kurz und etwas gesucht an einem Wändchen im zweiten Drittel anzutreffen ist. Danach steigt man aufs breite Band hoch und trifft dort den Stand an.

Der Weiterweg durch die steile, gelbe Wand, perspektivisch etwas verzerrt, mit L5, L6 und L7.
L5, 30m, 6b: Coole und athletische Kletterei im gelb-orange-roten Fels. Von der Festigkeit her ist dieser ok, mit 6b kommt man allerdings nur durch, wenn man sich an zwei, drei Schuppen bedient, die etwas hohl tönen. Allerdings ist an diesen so viel Chalk sichtbar, dass man sie wohl kaum ausreisst. Für starke Angsthasen, welche lieber die kleinen, festen Leisten benützen eher schwerer wie der angegebene Grad.

Keep Moving am Ende von L5 (6b), die Kletterei meist von der gutgriffig-athletischen Sorte.
L6, 50m, 6a+: Sehr lange, und zu Beginn etwas alpine Seillänge. Während der Rest der Route und insbesondere die schweren Längen beinahe in Kletterhallen-Manier abgesichert sind, muss man hier an der Verschneidung zu Beginn entweder selber einige mittlere bis grosse Friends (Camalot 1-3) legen und noch eine Sanduhr aufspüren, oder es ist ein Runout im Bereich von 15-20m fällig. Natürlich, man kann hier gut mobil sichern, aber ob es im Angesicht der vielen BH und engen Absicherung im Rest der Route nicht auch noch Sinn gemacht hätte, hier zwei weitere zu platzieren?! Wie auch immer, die grosse Verschneidung klettert sich echt lässig und irgendwie auch einfacher wie gedacht. Die Hauptschwierigkeiten kommen erst in den 10m mit leicht überhängender Wandkletterei nach Verschneidungsende.

Das Finish von L6 (6a+) bietet noch steile Wandkletterei, welche für 6a+ ziemlich fordernd ist. Und meine Exen waren längst ausgegangen...
L7, 45m, 6c+/7a: Gleich zu Beginn führt kleingriffige, technische anspruchsvolle Wandkletterei zu einem leicht brüchigen Wulst, wo ein weiter Blockierer an ein unerwartetes Loch die eindeutige Crux darstellt. Danach geht es in etwas einfacherer Kletterei dahin, bis zur Passage unter dem grossen Dach durch, die schauderlich brüchig aussieht. Allerdings hat es dort viele BH und ein paar feste Griffe findet man auch. Zum Schluss noch über den griffigen Wulst hoch zum Stand.

L8 & L9, 50m, 5b: Nun sind es noch zwei einfachere Seillängen in einem breiten Rinnensystem bis zum Ausstieg. Teilweise in Riss- und Wandkletterei, noch einen Wulst überwindend, gelangt man zum Top. Es fielen nun einige harmlose Regentropfen und wir führten die Diskussion, ob die Route wie im Topoguide angepriesen nach L7 für Sportkletterer beendet sei. Der Kompromiss war schliesslich, dass ich noch klettere, Kathrin hingegen nicht. 

Der Blick zum Monte Pelmo und seiner Nordwand. Die Cumuli mal lockerer, mal dichter und bedrohlicher. Auf jeden Fall waren sie nie weit weg. Nach dem extrem regnerischen Dolomitenjahr ist einfach (zu) viel Feuchtigkeit in Boden und Atmosphäre herum.
Somit war auch gesetzt, dass der Weg in die Tiefe durch Abseilen erfolgen würde. Um 15.40 Uhr hatte ich das Top erreicht, und umgehend die Seile gefädelt. Und ich muss sagen, wenn sich niemand sonst in der Route befindet, ist das Abseilen sicher der schnellste und bequemste Weg nach unten. In fünf gestreckten Manövern (Stände 9 - 7 - 6 - 5 - 3) plus Abklettern der letzten 7 Meter im zweiten Grad erreichten wir in nur 20 Minuten mit 2x50m-Seilen maximal effizient wieder den Einstieg. Die Alternativen mit dem Abseilen durch das brüchige Couloir weiter östlich, oder dem landschaftlich schönen Fussabstieg über den Wanderweg noch weiter im Osten brauchen bestimmt einiges mehr an Zeit. Der Schauer war nur von kurzer Dauer gewesen und hatte sich auf einige dicke Tropfen beschränkt. Bei zeitweisem Sonnenschein machten wir uns an den Abstieg über die rutschigen Pfade und traten darauf die Rückfahrt über die Pässe an. Die Love My Dogs war eine nette, unterhaltsame und gut abgesicherte Kletterei gewesen, wo ich ohne je ans Limit zu kommen im perfekten Onsight-Stil durchsteigen konnte. Die angegebenen Bewertungen kann man insgesamt sicher als ortsüblich gutmütig einstufen, es ist einfach kein Vergleich mit dem Massstab, der z.B. an den Wendenstöcken angelegt wird. Die Route liegt auch in einer sehr schönen Gegend, etwas abseits der Strassen und mit schöner Aussicht auf Monte Pelmo und Civetta. Etwas gefehlt hatte mir hingegen Herausforderung und Abenteuer und auch wenn die Kletterei wirklich gut ist, so steht sie doch etwas hinter den absoluten Dolomiten-Perlen zurück.

Facts

Lastoni di Formin - Love My Dogs 7a (6b obl.) - 9 SL, 280m - Dibona/Alexander 2005 - ***; xxxx
Material: 15 Express, 2x50m-Seile, Camalots 1-3 für L6

Schöne Plaisirroute durch die steile Südwand am Spiz de Mondeval über der Forcella Giau. Es warten meist griffiger Dolomit von guter, aber nicht überragender Qualität und athletische Kletterei. Die Absicherung mit zahlreichen BH ist in den schwersten Längen sehr gut ausgefallen (xxxxx), und auch die einfacheren Abschnitte sind bis auf die erste Hälfte von L6 gut ausgerüstet (xxxx). Zu erwähnen ist jedoch, dass in den oberen Längen oft nur 8mm-Dübel stecken, leider insbesondere auch an den Standplätzen. Löblich ist die sonnige Lage (am Einstieg ab etwa 10 Uhr) und das schöne Panorama zur nahen Nordwand des Monte Pelmo und zur Civettagruppe. Ein Fototopo zur Route findet man bei Planetmountain, weil der Einstieg zudem beschriftet ist und viele Bolts stecken, braucht es keine genaueren Informationen für eine Wiederholung der Route.

Mittwoch, 24. Juli 2013

Hexenstein / Sass da Stria - Ultima Tule (6c)

Dies ist bzw. war zwar nicht unsere erste Tour in den Dolomiten. Aber erstens müssen Ötzi und Yeti auch mal einen ruhigen Tag machen, zweitens waren für den heutigen Tag Gewitter angesagt, somit durfte es etwas kürzeres sein. Und drittens eignet sich die Route hervorragend zur Einführung in die Dolomiten, über die Knaller wird dann später berichtet. In unmittelbarer Nähe der Strasse am Passo Valparola führt die Ultima Tule in 8 relativ kurzen Seillängen in steilem, sehr gutem Dolomit gegen den Gipfel des Hexensteins. Einige Bänder erlauben bequeme Standplätze und mit der üppigen Absicherung kann man guten Gewissens von einer Plaisir-Route sprechen.


Zum Zustieg gibt es auch nicht viel zu schreiben. Man parkt entweder direkt am Valparola-Pass (da ist sehr viel Platz), weil der Abstieg da endet. Ein klein wenig logischer ist vielleicht der kleine Parkplatz bei einem grossen Felsblock noch etwa 400m weiter östlich Richtung Passe Falzarego. Hier hat man direkte Sicht auf Wand bzw. Route und kann sich gleich aufschirrren. Entgegen der Angabe in den meisten Topos braucht man dann nicht 10-15 Minuten für den Zustieg, 5 Minuten reichen komfortabel aus. Der Einstieg ist mit einem kleinen Blechschild markiert. Wir waren um 9.15 Uhr bereit und legten bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen los.

Hier geht's los, das macht richtig Appetit - tolle Wand!
SL1, 6a+, 30m: sehr schöner Auftakt in festem, griffigem, grauem Fels. Zum Stand hin wartet dann eine athletische Passage, die vermeintliche Zusatzaufgabe links herum über die Haken dürfte sogar tatsächlich der einfachste Weg sein.

Athletische Schlusspassage in SL 1 (6a+)
SL2, 6b+, 20m: bouldrige Stelle aus dem Stand raus, dann wartet ein einfacherer Quergang und zuletzt ein athletischer Pfeiler mit einem etwas heiklen Abschlussmantle rauf auf das Gras- bzw. Dreckband.

In SL 2 (6b+) heisst es ein erstes Mal zupacken.
SL3, 6b+, 30m: erneut ein Boulderzug an einem seichten Loch aus dem Stand raus. Bald darauf wird es unverschämt griffig, bis man nach links an den Riss ausweicht, wo es nochmals knifflig ist. Zuletzt ein einfacher Ausstieg auf das Latschenband.

Tolle Aussicht zu Passo Falzarego und den Cinque Torri.
SL4, 6b+, 25m: die erste Etappe führt in schöner, griffiger Kletterei auf ein Band hoch. Von diesem Weg folgt die Crux an einem steilen Riss, ein paar gute Leisten daneben hat es auch noch. Trotz wirklich guter Absicherung könnte man sich bei einem Sturz weh tun. Ist aber kein Fehler der Erstbegeher, so ist das halt einfach, wenn es gleich oberhalb von einem Band schwer wird. Stand dann bei der Schiessscharte vom Weltkriegsbunker.

Stand! Im Gegensatz zu derartigen Installationen in der Schweiz wurden diese hier (leider!) in echt benutzt.
SL5, 6c, 30m: wiederum ist die erste Hälfte der Seillänge gemütlich, bevor die Crux an einem steilen Mäuerchen folgt. Hier sind nicht alle Griffe natürlich gewachsen, Hilti meets Sika. Aber item, ich will das nicht kritisieren (erwähnt soll es aber sein). Klettern tut es sich gut und ohne diese Griffe wäre die Stelle sicher schwer (>7b würde ich schätzen, ohne es probiert zu haben).

Kathrin unterwegs in SL 5 (6c).
SL6, 6a+, 30m: hier nicht nach rechts der Sturmtruppen-Variante folgen, sondern erst links um die Ecke klettern, einen steilen Riss hochwuchten und danach über die griffige Platte zum Stand unter der überhängenden Wandpartie klettern.

Querung an den Stand nach SL 6 (6a+).
SL 7, 6a+, 30m: es geht links den steilen aber super griffigen Pfeiler hoch, nach etwa 15m lassen die Schwierigkeiten stark nach. Haltet man sich mehr oder weniger geradeaus weiter (die Linie ist nicht eindeutig), wird man bestimmt auf den Standplatz treffen.

Leicht feuchte Verhältnisse in SL 7 (6a+).
SL 8, 4b, 45m: in meist einfacher Kletterei geht es aufwärts, nur in der Mitte haben die Erstbegeher noch ein kompakteres Wändchen eingebaut (BH, gut sichtbar). Der Stand zuletzt leicht links beim Übergang in die Schrofenzone.

Für uns war die Tour wirklich ziemlich leicht von der Hand gegangen. Beide hatten wir alles problemlos onsight bzw. flash klettern können, ohne je ans Limit gehen zu müssen. Somit eine Genusskletterei durch und durch, bis auf eine kleine Ausnahme: in der zweitletzten Seillänge ging entgegen aller Vorhersagen bereits vor Mittag ein erster, ziemlich heftiger Graupelschauer nieder, der uns doch ordentlich zu durchnässen vermochte. Wäre jetzt nicht wirklich nötig gewesen, dennoch erreichten wir um 12.15 Uhr das Top. Dort heisst es Schuhe wechseln, und mit einer leicht aufsteigenden Traverse der Schrofenhänge erreicht man in wenigen Minuten die Krete mit den Schützengräben aus dem ersten Weltkrieg, und dem Wanderweg. Wir folgen diesem bis zum Pass und sind in 25 Minuten retour beim Auto. Noch schneller ginge es, wenn man nach Erreichen der Krete bald wieder rechts abbiegt und so in direkterer Linie absteigt (Wegspuren vorhanden). Zum Schluss der Tour scheint bereits wieder die Sonne und man glaubt es kaum, für den Rest vom Tag bleibt es natürlich perfekt trocken und grösstenteils sonnig. Na ja, so sind unsere nassen Klamotten und Seile wenigstens rasch wieder einsatzbereit.

Der Abstieg den Schützengräben entlang. Krasse Sache das.
Facts

Hexenstein / Sass da Stria - Ultima Tule 6c (6a obl.) - 8 SL, 240m - Galvagni/Filippi 2008 - ***, xxxxx
Material: 12 Express, 1x50m Seil, einige Schlingen zum Verlängern.

Genüssliche Plaisirtour mit sehr kurzem Zustieg und raschem Abstieg. Die Kletterei verläuft durchwegs in steilem, gutem und griffigem Fels und spielt sich weitgehend im Grad von +/- 6a+/6b ab. Einige kurze, etwas schwierigere Einzelstellen geben der Sache noch eine zusätzliche Würze. Die Route ist sehr gut abgesichert, an allen schwierigen Kletterstellen auf Niveau xxxxx, d.h. die Schwierigkeiten sind nicht obligatorisch. Im Grad 6a muss vielleicht auch mal leicht über den Haken gestiegen werden (xxxx), nur im ganz einfachen Gelände (3./4. Grad) sind die Abstände weiter. Manchmal stecken die Haken etwas in seilzuggefährdeter Position, die eine oder andere Verlängerung hilft. Ein Rückzug aus der Tour ist jederzeit möglich, der Abstieg per Abseilen ist jedoch wenig sinnvoll und wäre vom letzten Standplatz aus auch mühsam. Die Route liegt sehr sonnig, schon die ersten Sonnenstrahlen bestreichen sie, erst ab etwa 14.00 Uhr (Sommerzeit) kommt der Schatten. Somit (auch dank der Kürze) ein dankbares Ziel für Tage mit unsicherem Wetter, oder auch für den Spätherbst.

Das frei verfügbare Topo der Erstbegeher; jenes von Alberto de Giuli; oder ein käuflich erwerbbares von Topoguide.

Der Abstieg zu Fuss dauert nur 20-25 Minuten. Es ist bereits wieder trocken und die Sonne scheint.