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Mittwoch, 15. Dezember 2021

Tête Colombe (3022m) - Le Bal des Boucas (6c)

Zurück in den Sommer und seine Ferien, nach Frankreich und genauer ins Massif des Cerces, das grob zwischen Briançon und dem Col du Galibier liegt. In den vergangenen beiden Jahren hatten wir an der eindrücklichen, relativ leicht zugänglichen Wand vom Tour Termier mit der Ponant Neuf (6b+) und der Marmotta Impazzitta (6c) zwei sehr schöne Touren klettern können. Dort gibt es zwar durchaus noch mehr zu tun, doch ein Besuch an der etwas weiter östlich gelegenen Wand der Tête Colombe drängte sich definitiv einmal auf. Der Hauptgrund, warum wir ihr als Vater/Tochter-Team bisher fern geblieben waren, liegt am steilen, doch rund 750hm umfassenden Zustieg und etwas schrofigem Jägergelände zum Einstieg. Im 2021 waren wir aber bereit dafür und wollten uns mit dem 1985er-Klassiker 'Le Bal des Boucas' Punkte für die Moderne Zeiten Sammelliste sichern. Das klappte, wir fanden die Kletterei grandios, Ambiente und Gestein erinnerten uns sehr an den Drusenfluh Westgipfel, wo wir ja in unserer Lanciamira schon viel Zeit gemeinsam verbracht hatten.

Die breite SW-Wand der Tête Colombe mit dem Verlauf der 'Bal des Boucas' (10 SL, 6c).

Schon am dritten Tag unserer Ferien war die Gelegenheit da, sprich warmes, windarmes und gewitterfreies Wetter. Diese Faktoren sollten schon gegeben sein, denn obwohl wir es mit einer Südwestwand zu tun haben, erfordert die Lage an der Schwelle zum Hochgebirge einwandfreie Bedingungen. Um ca. 10.45 Uhr brachen wir schliesslich vom Ausgangspunkt beim Tunnel Vallois (ca. 1880m, Seite Briançon) auf. Eine gute Wegspur führt hinauf zum Chemin de Roy. Man überquert ihn und steigt weiter durch den Lärchenwald hinauf, wobei da die Pfadspuren manchmal nicht so deutlich sind, bzw. es mehrere davon gibt. Wobei hier viele Wege nach Rom führen, nach der Baumgrenze ist die Spur wieder besser ausgeprägt und führt hinauf in den Kessel unter der Wand. Das lebendige Geröll hinauf zum Einstieg kann auf der falschen Fährte sicherlich sehr mühsam zu begehen sein. Wir stiegen darum von links her über den Schrofensockel auf. Das geht gut, ist aber doch schon ziemlich exponiert. Während wir erst am kurzen Seil gingen, gab's dann zuletzt eine nullte Seillänge (T5 II, 2-3 BH vorhanden) zum eigentlichen, schon ziemlich in der Wand oben gelegenen Einstieg. Gegen 12.30 Uhr stiegen wir ein, der Zustieg hatte uns rund 1:15h gekostet.

Ausblicke auf dem Zustieg zum Col du Lautaret und dem Massiv der Meije.

L1, 45m, 5b: Über von Bändern unterbrochene Aufschwünge geht's hier in die Höhe, bei eher spärlich gehaltener Absicherung. Noch dazu finden sich die kurzen, bouldrigen Schlüsselstellen gleich oberhalb von flachem Gelände. Eine souveräne Beherrschung der Schwierigkeiten ist angeraten, 5b als Bewertung zudem definitiv auf der tiefen Seite.

L1 (5b) überzeugt noch nicht restlos, bzw. darf man als verschärften Teil des Zustiegs sehen.

L2 & L3, 50m, 6a: Die nächsten beiden Abschnitte kann man bei vorausschauender Seilführung verbinden, was jedoch nur mit entsprechend Reserven empfehlenswert ist. Man bewegt sich hier nun auf dem ästhetischen Plattenpanzer. Der Auftakt an einer kompakten Wand fordert gleich in Sachen Fusstechnik und Linienwahl, tatsächlich zeigt auch der an sich raue und exzellente Fels da und dort schon einige Gebrauchsspuren. Später geht's an Wasserrillen und einer griffigen Schuppe einfacher im 5bc-Bereich voran. Die nominell dritte Seillänge begeistert dann in homogener, wasserrillig-technischer Steilplattenkletterei. Hier ist die Absicherung nun enger, allerdings muss man auch für diese 6a durchaus etwas auf dem Kasten haben.

Hervorragende Steilplattenkletterei wartet in der 50m-Kombo von L2 & L3 (beide 6a).

L4, 40m, 6a: Eine weitere, sehr schöne Seillänge, die im steilplattigem Gelände diagonal nach rechts hinauf führt, da und dort mit ein paar Wasserrillen garniert, sehr genussvoll! Auch hier: ohne Vertrauen in die Füsse geht's nicht - die Absicherung zwar in Ordnung, aber zwingend.

Auch in L4 (6a) wartet hervorragendes, steilplattiges und wasserrilliges Gelände.

L5, 30m, 4c: Hier legt sich die Wand etwas zurück, dennoch sieht's für versprochene 4c durchaus "oho" aus! Ob der Grad nun wirklich zutrifft ist für mich schwierig zu sagen. Auf jeden Fall löst sich wirklich alles prima auf, so dass auch die hier nun wirklich sehr distant gehaltene Absicherung mit nur 3 BH nicht für Kopfzerbrechen sorgt. Topoguide schlägt hier einen Umweg rechtsherum über die 'Valse des Boucs' vor, wo mehr Bolts stecken. Kann man machen, nötig ist's nicht.

Auch aus dieser Perspektive würde man es glauben, wenn eine 6b stünde. Aber L5 ist nur 4c!

L6, 30m, 5c: Über die folgenden 2 Seillängen traversiert die Route nun unterhalb des markanten Grats. Das wäre bei entsprechender Linienführung ziemlich einfach zu haben, die Route sucht sich aber die schönen Kletterstellen. Unterhaltsam geht's in griffigem Gelände diagonal nach links.

Etwas gesuchter Verlauf durch das kompakteste Gelände in L6 (5c), aber prima Kletterei in griffig-schönem Fels!

L7, 50m, 5c: Zu Beginn erklettert man kompakte Aufschwünge und muss sich durchaus etwas festhalten, nachher quert man in zunehmend einfacherem Gelände deutlich nach links an den Fuss des Gipfelturms. Der Stand befindet sich am rechten Ende der bequemen Terrasse, das Seil reicht nur bis dahin. 

L8, 30m, 6b: Da ab der Terrasse mehrere Linien starten, besteht die Herausforderung darin, auch wirklich auf der 'Bal des Boucas' zu bleiben - mit gutem Studium des lokalen Topos sollte es gelingen. Die Fortsetzung setzt eher am linken Ende der Terrasse an, was evtl. eine kurze Übergangslänge erfordert. Es lohnt sich: eine fantastische Seillänge in hervorragendem, gefinkeltem Steilplattenfels mit anhaltenden Schwierigkeiten wartet. Nach unserem Empfinden kam die Crux erst am Ende bei einer etwas kniffligen, seichten Verschneidung, wo man sich gut platzieren muss.

Perfekter Fels und geniale Steilplattenkletterei bietet die Route in L8 (6b).

L9, 20m, 5c oder 30m, 6b: Dieser Abschnitt verläuft gemeinsam mit der 'Valse des Boucs' und bietet immer noch sehr schöne, aber etwas einfachere Steilplattenkletterei wie L8. Man gelangt nach ca. 15-20m zu einem Band, wo man bequem Stand beziehen kann. Dies ist sogar zwingend, sofern man die Cruxlänge links in einfacherem Gelände umgehen möchte. Original wartet für die 'Bal des Boucas' aber noch eine zünftige Boulderstelle vom Band weg rechts hinauf zu Stand auf einer Kanzel am Grat. So haben wir das gemacht, doch ich würde aus verschiedenen Gründen den unteren Stand empfehlen (bequemer, Sturz im Boulder heikel wegen Band, gleich nach dem oberen Stand folgt nochmals eine zähe Stelle).

L10, 35m, 6c: Je nach gewähltem Standplatz beginnt diese Länge eben mit dem Boulder auf die Kanzel, oder dann mit einem etwas kniffligen Move an Tropflöchern gleich aus dem Kanzelstand raus. Der nächste Haken ist da zwar nicht weit weg, ein Sturz (in den Stand) wäre aber wohl doch unangenehm. In einer steilen Tropflochwand nähert man sich dem markanten Riss, den man in einer Linksquerung erreicht. Dieser fühlt sich dann etwas abgelutscht-glatt an - so richtig schwierig (v.a. für eine 6c) eigentlich nicht, einfach etwas 'öttelig', sprich rund und abdrängend. Wegen der sehr eng gehaltenen Absicherung sind die Moves aber nicht obligatorisch.

Tiefblick auf die fabelhafte, luftig-exponierte Tropflochkletterei am Beginn der Cruxlänge (L10, 6c).
Bald geschafft! Trotz perfektem Hochsommerwetter und >30 Grad im Tal musste man sich am Ende doch warm anziehen. Die Thermik ist in dieser Gegend brutal stark, da pfeift einem der Wind am exponierten Schlusspfeiler gehörig um die Ohren. Oder vielleicht könnte man auch einfach sagen: "Der Kletterer friert lieber im Hochsommer in der Daunenjacke, als er in der Badehose schmort" ;-)
:-)

Um 16.25 Uhr und somit nach knapp 4:00h Kletterei hatten wir das Top mit einer perfekten Team-Onsight- bzw. Flash-Begehung erreicht. Man könnte von hier noch 1-2 einfachere Seillängen über den sich verflachenden Pfeiler weiterklettern und zuletzt über Schrofen den Gipfel erreichen. Das hiesse, dass man den Retourweg per Pedes bewältigen muss. Der Standard und deutlich zeitsparender ist es jedoch, vom Ende der Route abzuseilen und genau das taten wir auch. Wir hielten uns an die im JMC-Führer empfohlene Piste über die 'Du côté de chez Tronc', was perfekt und zügig funktionierte. In der Mitte, d.h. unterhalb der 'Boule à Tronc' muss über eine geneigt-geröllige Zone zu Fuss abgestiegen werden. Dies erfordert, mitten in der Wand, etwas Zutrauen, das Gelände ist aber wirklich unschwierig und der auf den ersten Blick nicht sichtbare Stand kommt dann schon. Nach 5 Manövern ist man schliesslich zurück im exponierten Schrofengelände und muss erneut linkshaltend zum Einstieg kraxeln. Das ist als Übung durchaus sinnvoll, denn vom Schuhdeport wartet nun ja auch nochmals ein steiler Abstieg aufs Geröll hinunter. Wir hielten uns an die trefflich beschriebene Variante aus dem JMC-Führer. Bald konnten wir entspannen und gemütlich zurück zum Ausgangspunkt wandern, wo wir noch vor 19.00 Uhr eintrafen. 

Edelweiss findet man in der Wand sehr viele!

Facts

Tête Colombe - Le Bal des Boucas 6c (6a+/6b obl.) - 10 SL, 330m - Maure/Pellet 1985 - ***;xxx
Material: 2x50m-Seile, 12-14 Express, Cams/Keile kaum einsetzbar

Sehr schöne Kletterei über wasserrillige Steilplatten. Die Route erinnert in verschiedener Hinsicht an den Drusenfluh Westgipfel im Rätikon: einerseits der zuletzt geröllige und steil-schrofige Zustieg, der tolle Fels mit einem Mix aus steilplattigen Zonen, geneigteren Abschnitten und Bändern, sowie das gewaltige Panorama. Obwohl die Route im Plaisir West Band 2 beschrieben ist und (bei Umgehung der Cruxlänge) nirgends schwieriger als 6b ist, so sollte man sich dennoch eher auf alpines Sportklettern einstellen. Sicherlich ist es auch sinnvoll, wenn man zumindest eine 6a+ fusstechnischer Art wirklich gut draufhat. Die Absicherung ist zwar an den Schlüsselstellen (>=6b) sehr gut und ermöglicht sogar A0, im mittelschwierigen Gelände (6a/6a+) aber schon etwas weiter und öfters zwingend. Die einfacheren Stellen sind knapp (5er-Bereich) bis nur spärlich (alles darunter) ausgerüstet, dies auch an Orten mit ungutem Sturzpotenzial. Hier muss man souverän und sicher klettern, denn mobile Sicherungen kann man kaum je zuverlässig anbringen. Die ehrlichste Empfehlung lautet deshalb, sie gleich im Tal zu lassen. Wer sich doch etwas an den Gurt hängen will, ist wohl mit kleinen bis mittleren Cams am besten bedient. Topos zur Route bzw. zur Tête Colombe findet man in manch einem Führer: 'Oisans Nouveau, Oisans Sauvage, Livre Est' von J.M. Cambon, Plaisir West Band 2, Topoguide Band 2 oder der Sammelband Moderne Zeiten.

Dienstag, 31. August 2021

Alpawand - Wassersymphonie (6c+)

Verrückte Sache eigentlich: zwar konnte ich schon einen hohe, dreistellige Zahl an MSL-Routen klettern, doch in unserem Nachbarland Österreich sind es kaum eine Hand voll, obwohl es da ein äusserst reichhaltiges Angebot gibt. Auf die Initiative von Tobias hin sollte diesem Zustand begegnet werden. Einen Ausflug zur Alpawand in der Gegend von Lofer schlug er vor - nicht gerade in unmittelbarer Umgebung von meinem Zuhause. Aber mit einem Angebot zum Mitfahren schien es mir dann doch zu attraktiv, diese Gelegenheit auszuschlagen. Einerseits, um eine mir noch komplett unbekannte Gegend zu entdecken, aber vor allem auch um die weitherum als eine der schönsten Routen gerühmte und schon mehrere Hundert Male wiederholte Wassersymphonie zu geniessen.

Die stolze, nördlich ausgerichtete Alpawand mit dem ungefähren Verlauf der Wassersymphonie.

Unsere Tour begann mit einer ziemlich langen Anreise am Vorabend. Immerhin, wir hatten uns schon eine Weile nicht mehr gesehen und waren schon länger nicht mehr auf einer gemeinsamen Tour. So gab es viel zu erzählen und die Zeit verging wie im Flug. Ziemlich unerwartet stellte sich dann noch ein Hindernis in den Weg - der Grenzübergang von Deutschland nach Österreich. Im Sommer 2021 habe ich ja schon öfters innereuropäische Grenzen überquert, angehalten worden war ich bis dato kein einziges Mal. Doch tatsächlich, hier wurden wir von einem Grenzer mit geharnischten Blicken empfangen und mit kritischen Fragen eingedeckt. Mit dem Kommentar, dass wir "wie Einbrecher unterwegs" wären "ein Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung in Österreich" darstellen, wurden wir aber schliesslich doch ins Land gelassen... :-o Verrückte Sache, doch nix dergleichen: wir kehrten sogar noch in einer Pizzeria ein und zahlten brav unsere Zeche inklusive Trinkgeld, bevor wir uns diskret aufs Ohr legten, strategisch günstig positioniert für die Tour am Folgetag. 

Am Ausgangspunkt, die Parkplätze gesperrt und bei der Strasse der Hinweis auf Hochwasserschäden.

Diese Schäden waren tatsächlich massiv, waren aber bereits wieder komplett behoben worden.

Diese Begann mit früher Tagwache, was aber nicht schadet: beim Ausgangspunkt (ca. 640m) zwischen Lofer und Unken sind zumindest derzeit nur relativ wenige Parkplätze (ca. 5) verfügbar, da wegen den massiven Hochwasserschäden von 2021 noch gebaut wird. Die Strasse Richtung Alpawand war aber zum Zeitpunkt unserer Tour bereits wieder komplett renoviert. Nach einem Müesli und einem Kaffee brachen wir um 6.20 Uhr schliesslich auf. Per E-Bike ging es über die breite, aber steile Naturstrasse (ohne Motor müsste man sehr heftig in die Pedale treten) in ~20 Minuten die 400hm zum Bikedepot hinauf. Von dort sind es noch ca. 80-100hm auf dem Alpasteig bis zum eher unscheinbaren Abzweig des Fusspfades zum Einstieg (Rucksackdepot). Der Pfad selber ist dann gut ausgeprägt und problemlos zu verfolgen, zudem sind die Beschreibungen in der Literatur zahlreich und stimmig. Es geht schliesslich zum Wandfuss hinauf und diesem entlang in Auf und Ab mit 2 Fixseilpassagen zum Einstieg hinüber. Aufgrund der Wandbilder ist dieser zwischen 2 hellen Flecken grob zu lokalisieren, für die Feinortung helfen die angeklebten, kleinen Metallplaketten. Nach ziemlich genau 1:00 Stunde nach Aufbruch waren wir am Einstieg (Aufschirren am Rucksackdepot inklusive). Nach dem Vorbereiten der Seile und dem Schuhwechsel stiegen wir um 7.30 Uhr ein.

Kurze Fixseilpassage im Zustieg

Die Routen sind alle mit Metallplakette beschriftet, diese ist jedoch eher klein und unscheinbar.

L1, 40m, 6c: Die steile, abweisend wirkende Wand erheischt Respekt - zum Glück gibt's die ersten Meter noch geschenkt. Nach ein wenig Vorgeplänkel stellt sich dann aber bald einmal die schwierig zu lesende Crux in den Weg, mit steiler Wandkletterei an Seit- und Untergriffen sowie ein paar Leisten. Der Fels hier zwar fest, aber doch ziemlich belagig, zusammen mit der vorherrschenden Feuchte und noch klammen Händen ergab das nicht optimalen Grip. Doch mit der nötigen Geduld wurde diese erste Herausforderung in sauberem Stil gemeistert. Blieb noch der komplett durchnässte Schluss der Seillänge... hier ging es nicht (mehr), ohne im nassen Fels zu greifen und zu treten. An sich wäre diese Sektion nicht so schwierig, weshalb auch die Hakenabstände etwas grösser sind... aber es ging dann schon.

In L1 (6c) geht's bald steil und etwas unübersichtlich zur Sache!

Grasig, nass oder belagig - your choice! Der obere Teil von L1 (6c) etwas alpin - macht aber Spass!

L2, 30m, 4c: Nachdem die erste Seillänge Zeit und Kraft gekostet hatte, geht es hier umso müheloser. Sehr schöne Plattenkletterei in stark strukturiertem Fels, die auch komplett trocken war.

L3, 40m, 5c: Ebenfalls eine sehr schöne Seillänge mit Auftakt mitten durch die plattige Wand. Doch dank der super rauen Struktur klettert sich das alles sehr genussvoll und unschwierig. Später dann entlang von einer Verschneidung, welche sich dank der vielen Struktur auch sehr mühelos klettert.

Beschwingtes und genussvolles Steigen in L3 (5c).

L4, 20m, 4a: Kurze und etwas grasige Überführungslänge zum Steilriegel hinauf - Achtung, unmittelbar rechts verläuft die 'Best of Genuss'. Doch trotz des etwas grünen Anstrichs klettert man auch hier auf bestem Fels.

L5, 25m, 6b: Die nächste Herausforderung - nicht nur klettertechnisch, sondern auch was die Bedingungen antrifft. Der kurze Rissüberhang zu Beginn stellt einen durchaus gesuchten Routenverlauf dar (wäre links deutlich einfacher zu haben!) und ist wie man allethalben lesen kann, oft nass. So trafen wir diese Passage denn auch an. Doch nachdem die Risskante so richtig scharf und griffig ist, kann man seine Kraft trotzdem einsetzen - dies war auch nötig, um die Füsse mit entsprechend Gegendruck auf die schleimige Unterlage zu pressen. Der Ausstieg aus dieser Passage erfordert dann kurz etwas Übersicht und Reserven im Tank, bevor es über eine super zerfressene, breite Wasserrunse hinauf zum nächsten Stand geht.

Der Kletterer hier in L4 (4a), unmittelbar links von seinem Kopf der nass-schwarze Rissüberhang von L5 (6b). In der Folge führt die Route in ziemlich gerader Linie durch die kompakten Wandpartien oberhalb der rechten Schulter von Tobias.

Grosser, frischer Felsausbruch links vom Stand von L3, im Zuge der Starkregenfälle im Sommer 2021.

L6, 30m, 5c: Mitten durch die steile Wand und nicht etwa entlang der flankierenden Risse und Verschneidungen geht es hoch. Doch auch hier ist das Gestein dermassen gut strukturiert, dass sich das im läppischen Grad 5c abspielt - genial! Erst am Ende kommt man den Strukturen näher und nutzt sie auch teilweise.

L7, 30m, 6c+: Klettertechnisch wartet hier in Bezug auf die Schwierigkeit die Hauptherausforderung und mit all der Vorinformation aus den zahlreichen Topos und dem visuellen Eindruck ist ziemlich klar, was einen erwartet. Nach kurzem, griffigem Zustieg folgt eine betont senkrechte Passage, wo das Gestein für einmal nicht mit üppiger Struktur brilliert und man mit einigen Piazmoves an seichten Schlitzen operieren muss. All dem Vorwissen zum Trotz, mit welcher Hand man beginnt, wie hoch die Füsse optimalerweise platziert werden und welche Körperposition effizient Fortschritt ohne Abschmieren verspricht, bleibt nach wie vor der Intuition des Kletterers überlassen. Nach ein paar Moves hat man unverhofft eine veritable Kelle in der Hand und erreicht mit ein paar weiteren, brenzligen Zügen endgültig einfacheres Gelände, in welchem man steil und griffig zum Stand klettert.

Blick auf die Cruxsequenz der Route am Anfang von L7 (6c+).

Rückblick auf die sehr schöne Kletterei im oberen Teil von L7 (6c+).

L8, 40m, 6b: Der Blick nach oben vom Stand sah nicht so erbaulich aus, weswegen ich gleich nochmals mit dem Vorstieg zum Zug kam. Problem war nämlich, dass nach der initialen Rampe nach rechts hinauf eine komplett durchnässte Zone mit der klettertechnischen Crux passiert werden musste. Diese war tatsächlich nicht einfach zu haben! Offenbar drückt es hier oft raus, so dass der Fels einen glitschigen Algenbelag aufweist, noch dazu sind ein paar entscheidende Griffe für einmal eher sloprig anstatt positiv und scharf... nach einigem Tüfteln konnte ich schliesslich eine Lösung identifizieren, welche sich trotzdem kontrolliert klettern liess. Auch die Fortsetzung der Seillänge entlang von Rissen und Schuppen war teils feucht - doch dank weniger Aquaplaning und tieferen Schwierigkeiten nicht mehr die gleich grosse Herausforderung.

Für ein paar Meter direkt durch den Schlonz! Challenge in L8 (6b).

L9, 40m, 6a+: Eine sehr schöne Seillänge, eine der besten der Wand - rein optisch würde man kaum glauben, dass der Weg durch die steile Wand oberhalb des Standes wirklich nur 6a+ sei. Doch ich kann mich nur wiederholen, dank der fantastischen Struktur geht's, wobei man hier effektiv für einmal ziemlich kleingriffig operieren muss. Nachher geht's dann rechts um die Ecke und wieder zurück nach links, nicht mehr ganz so steil und weiter mit unglaublich strukturiertem Fels.

Selbst auf den Fotos sieht das Gestein nicht so griff-adhärent aus, wie es ist - hier in L9 (6a+)!

L10, 25m, 4c: Im Gesamtkontext ein kurzes Überführungsstück an den nächsten Steilriegel, aber das wird der Sache nicht gerecht! Unglaublich vom Wasser zerfressenes Gestein machen diese Passage einmalig! Dem Mathematiker kommt der Gedanke, wie gross wohl die einem Fraktal gleichende Oberfläche eines 1x1m-Quadrats hier wäre?!? Vielleicht wäre das ja eine Masszahl für die Kletterfreundlichkeit eines Gesteins...

Unglaublich zerfressen ist der Fels am Ende von L10 (4c) - genial zu beklettern!

L11, 40m, 6a+: Hier geht's wieder mehr zur Sache - steil hinauf und an einem kleinen Überhang will mit einem weiten Zug eine Schuppe ergriffen werden, um sich in der Wand darob zu etablieren. Dort weiter in homogener, stets anregender Kletterei. Eine Passage mit einer markanten Schuppe erfordert nochmals etwas Nachdenken, wie man sie am besten passieren kann. Zuletzt etwas einfacher aber sehr genussreich zum Stand.

Beweglichkeit und ein paar kräftige Züge sind in L11 (6a+) gefragt...

L12, 40m, 5c: Ein grosser Quergang, der viel Ambiente gibt! Etwas unbedarft hat man zwar den Eindruck, dass eine Routenführung gerade hinauf gut möglich und vielleicht logischer gewesen wäre - die Erstbegeher haben diese Möglichkeit denn auch später in ihre 'Best of Genuss' eingebaut, welche man im Quergang kreuzt (Metallplakette mit Wegweiser vorhanden, Verhauergefahr daher eliminiert). Der Quergang an sich (erst rüber, dann rauf, dann rüber) zum von weither sichtbaren Stand bietet nicht die grossen Schwierigkeiten und war trotz einigen Rinnsalen und ein paar Grasbüscheln genussreich zu klettern.

Die Wand fast wie ein Gemälde - im Bild der grosse Quergang von L12 (5c).

L13, 40m, 5c+: Eine unglaubliche Seillänge! Der von Stand 12 unscheinbare dunkle Streifen in der glatten Wand rechts der klassischen (und nassen) Verschneidung entpuppt sich als stark vom Wasser zerfressene Runse. Mit eleganter Kletterei gewinnt man hier an Höhe, das ist echt wie gemacht für die Kletterei - kaum zu glauben, in solch steilem und wenig grobstrukturiertem Gelände so einfach steigen zu können. In der zweiten Hälfte der Seillänge klettert man dann teils in der (dort nun trockenen) Verschneidung selber, wohl auch weil in dieser eine klassische Route verläuft, sind die Hakenabstände für einmal grösser wie üblich. Zuletzt wieder rechts in die etwas grasige Wand hinaus zu Stand.

Auch hier in L13: wie schwierig ist das? Kaum zu glauben, dass es so gut geht und nur 5c+ ist!

L14, 35m, 6a+: Abschlussbouquet mit einer nochmals tollen Seillänge, die gleich zu Beginn mit einem steilen Wulst aufwartet. Ein paar Seitgriffe erlauben es, die nötige Höhe zu gewinnen, der Mantle ins plattige Gelände dünkte mich fast die heikelste Sache. Die folgenden Platten nun nicht mehr ganz so vom Wasser zerfressen, sondern etwas mehr glatt und geschlossen, so wie man den Nordwandkalk aus vielen anderen Wänden kennt. Und man merkt gleich, wie schwierig die Sache wäre wenn... Doch zum Glück gibt's hier noch eine Leiste und da einen kleinen Absatz und so geht auch diese letzte Challenge in sauberer Manier von der Hand.

Nochmals zupacken heisst es am Wulst zu Beginn von L14 (6a+).

Hier am Ende von L14 (6a+) ist das Gestein deutlich glatter, da sieht man wie es wäre wenn...

L15, 30m, 4a: Wir frotzeln, dass die Erschliesser hier wohl schon müden waren und die Lust verloren hatten?!? Es wäre nämlich durchaus denkbar, den Plattenschild der Abbruchkante entlang noch weiter Richtung Gipfel hinauf zu verfolgen. Aber nein, die Route quert über eine Rampe in eher klassischem Alpingelände nach links hinaus zur Wandkante - der Stand dort an Latschen selber einzurichten.

Die letzten Meter in L15 (4a), hier nahmen die Erschliesser den easy exit aus der Wand.

Um rund 13.00 Uhr und damit nach 5:30 Stunden Kletterei hatten wir es geschafft! Wie erhofft war mir eine komplette Onsight-Begehung gelungen, wobei es die Bedingungen stellenweise nicht so einfach gemacht hatten. Im Überschwang erhoffte ich mir, nicht nur einen Rotpunkt, sondern auch noch einen Gipfelpunkt zu ergattern, da die Alpawand ja schliesslich mit der Höhenquote 1671m in der Literatur aufgeführt ist. Also aufwärts durch die Latschengasse in Richtung des höchsten Punkts. Nach ein paar Minuten erreichten wir den Ausstieg der Route 'Im Nest des Geiers' (Wandbuch, dasjenige am Ausstieg der Wassersymphonie existiert leider nicht mehr). Dies stellte den logischen Endpunkt unseres Aufstiegs dar und bestimmt die Position der Höhenquote. Der Kamm zieht sich aber mit (mehr) Auf und (weniger) Ab noch über eine lange Strecke hin und ist komplett von Föhren überwuchert, einen eigentlich Gipfel gibt es hier nicht.

Am Gipfel der Alpawand (1671m).

Also ging es wieder auf gleichem Weg zurück zum Ende der Wassersymphonie und dem deponierten Material. Ab hier durch kurz durch eine Latschengasse, wenig später trifft man auf offeneres, leicht bewaldetes Gelände. Eine ausführliche Beschreibung des Abstiegs erübrigt sich - Worte dazu findet man in der Literatur genügend, wobei diese nicht zwingend nötig sind. Eine Pfadspur ist meist gut sichtbar, auch wenn sie doch abschnittweise erstaunlich schwach ausgetreten ist, weiter gibt's rote und gelbe Farbmarkierung an Bäumen und Steinen sowie von der Bergrettung angebrachte Reflektoren. Ab der Alpaalm dann über den Steig zum Rucksackdepot, weiter zu den Rädern und in rasanter Fahrt zurück zum Auto, wo wir um 14.45 Uhr (inklusive Gipfelaufstieg und gemütlicher Rast da) eintrafen. Es wartete noch der lange Weg nach Hause aber nach einer solch tollen Tour nimmt man diese Pflicht gerne in Kauf.   

Facts

Alpawand - Wassersymphonie 6c+ (6a+ obl.) - 15 SL, 500m - Brüderl/Amann 1998 - ****;xxxx
Material: mind. 1x40m-Seil (reicht!), 15 Express, Cams/Keile nicht nötig

Plaisirroute in etwas alpinem Ambiente mit anhaltender Kletterei im Bereich 5c/6a, ein paar kurzen 6a+/6b-Intermezzi mit zwei schwierigeren Einzelstellen im 6c/+ Bereich. Die Wand ist sehr imposant und das wasserzerfressene Gestein sehr aussergewöhnlich und bestens für die Kletterei geeignet - eine Tour in dieser Wand muss man einfach einmal gemacht haben. Negativ bemerken kann/muss man, dass das Ambiente teils etwas grasig ist, Wand/Route sehr anfällig auf Feuchtigkeit und der Fels teils auch belagig ist - was umso mehr stört, wenn man bei nicht einwandfrei trockenen Verhältnissen anrückt. Dies ist, wie man allenthalben lesen kann, für den Genussfaktor wirklich unbedingt zu empfehlen und einen warmen Tag zu wählen ist auch sinnvoll. Unsere Begehung war tendenziell auf der frühen Seite, dafür hatten wir Wand und Route für uns alleine, was an den Toptagen sicher nicht der Fall ist. Die Absicherung mit rostfreien Bohrhaken ist sehr gut ausgefallen - dort wo es ganz einfach ist, auch mal ein bisschen weiter aber immer noch völlig im grünen Bereich, auf dem Niveau 6a+ dann top-sportklettermässig, die noch schwierigeren Stellen weisen hallenartige Abstände auf und können A0 begangen werden. Topos gibt es ganz viele, in verschiedenen lokalen Führerwerken und Auswahlbänden, sowie frei auf dem Netz verfügbar - am besten jene von Bergsteigen.com oder bei Thomas Behm.

Dienstag, 24. August 2021

Tofana - Aspettando la Vetta (6c)

Tja, wenn frau das Arrangement bucht, dann ist das Frühstücksbuffett inbegriffen und somit wird es nichts mit einem frühen Tourenstart. Wobei, das sei erwähnt, ich auch nichts gegen ausreichend Schlaf habe, vor allem wenn ja nachher sowieso der ganze Tag zum Klettern zur Verfügung steht. Nach unseren Eskapaden am Vortag, bzw. bis in den späteren Abend hinein, war so eine richtige Hammertour auch nicht zwingend angezeigt. Auf eine Tour an der Tofana konnten wir uns dann doch einigen, ist doch der Zustieg kurz und der Gesamtrahmen überschaubar. Knappe 7 Jahre waren seit unserem letzten Besuch vergangen. Damals, anlässlich der Begehung der Vecchio Leone, hatte ich noch mit den fordernden 7b-Routen kokettiert. Daraus sollte an diesem Tag abermals nichts werden, "Genuss" mit moderat schwieriger Kletterei war angesagt. Der Plaisir steht in Anführungszeichen, weil die Sicherungen nicht allzu üppig vorhanden sind. Womit ja aber in erster Linie der Vorsteiger klar kommen muss - und wenn er das tut, so steht dem Spass nichts im Wege.

Blick auf die gewaltigen Wände der Tofana mit dem Verlauf von 'Aspettando la Vetta' (6c)

Unsere Tour startete um 10.50 Uhr beim Rifugio Dibona. Da gibt es zwar viele kostenlose Parkplätze, es waren aber trotzdem fast alle belegt. Jedoch nicht in erster Linie von Kletterern, sondern viel mehr von Wanderern und anderen Luftschnappern. Auf dem breiten Fahrweg geht's in Richtung Rifugio Giussani, bevor man schliesslich horizontal auf einem gut ausgetretenen Pfad Richtung Einstieg quert. Nach einer halben Stunde Gehzeit hatten wir diesen erreicht. Dieser befindet sich direkt am Weg, etwa 10m links der Aufschrift "Castelletto" (nicht 25m, wie im Topoguide steht!) bei der einfachsten Rampe, welcher dieser Wandbereich zu bieten hat. Eine Anschrift oder fixes Material zur Orientierung gibt es allerdings nicht. Nach kurzer Vorbereitung stiegen wir ein, wir hatten entschieden am Einstieg kein Depot anzulegen, obwohl im Abstieg nur ein kurzer Umweg nötig wäre, um die Sachen wieder aufzulesen.

L1, 55m, 3b: Unschwierige Kletterei über die Rampe, welche aber v.a. auf den ersten 30m nicht wirklich gut abzusichern ist. Da das Gestein auch nicht überall über jeden Zweifel erhaben ist, sind keine Fehler erlaubt. Am Ende geht's dann auf logischer Fährte direkt hinauf, da lässt sich auch mal ein solider Cam/Keil installieren und die Standhaken rücken ins Blickfeld.

Wenig attraktives Foto, aber nicht meine Schuld, dass L1 über diese etwas grasig-brüchige Rampe führt ;-)

L2, 50m, 6b: Die von der Absicherung her heikelste und anspruchsvollste Seillänge der Tour! Bohrhaken, Rissspur (Cam), Bohrhaken, dann ein fragwürdiger Schlaghaken - das tönt mehr nach Klippen als nach Moven, aber da liegt schon eine Menge an anspruchsvoller Kletterei dazwischen. Doch die haarigste Stelle kommt nach dem NH, entweder direkt an Seitgriffen trittarm und schwierig hinauf oder alternativ mit einer grösseren Linksschleife. Wobei man sich bei jener weit von der letzten Sicherung entfernt und zusätzlich mit dem Bammel umgehen muss, dass es nicht aufgeht... tut es aber dann doch. Trotzdem, diese Stelle fand ich unangenehm. Es folgt eine deutliche Rechtsquerung zum letzten BH, gefolgt von einer nochmals schwierigen Kletterstelle wo man unter mehreren Optionen die (für sich) richtige Beta wählen muss (es gehen hier wohl alle Optionen bei +/- ähnlichen Schwierigkeiten).

Coole, athletische Kletterstelle in sehr gutem Fels am Ende von L2 (6b).

L3, 40m, 6c: Nun geht es über das grosse Dach hinweg, was von Weitem sehr eindrücklich aussieht, die nominelle Schlüsselstelle der Route bereithält, sich aber schlussendlich alles sehr gut auflöst. Im Einzelnen steigt man ohne besondere Schwierigkeiten im grauen Fels hinauf in den gelben Wandbereich. Da Gestein ebenda ist nicht bombensolide und etwas splittrig, aber doch absolut vernünftig bekletterbar - einfach nur die hier permanent weiss markierten Griffe nehmen, fast wie in der Kletterhalle ;-) Einzig die Bolts sind etwas verwunderlich platziert... irgendwie sowohl für den Vor- wie den Nachstieg leicht suboptimal, passt aber schon - gut verlängern hilft, um den Seilzug einzudämmen. Am schwierigsten ist eigentlich gleich die Stelle am Wulst zu Beginn (nicht nur wegen der Behakung), nachher greift man immer zu anständigem Material und das Dach wird mehr an einer Fuge gequert als wirklich überstiegen. Mit einer Rechtsquerung oberhalb und ein paar Meter obsig erreicht man den nächsten Stand. Eine 6c ist das wohl eher nicht, 6b dürfte auch reichen, wir empfanden die Länge auch einfacher wie L2.

Holla, hier geht's in L3 (6c) drüber hinweg - an der Schwachstelle natürlich!

L4, 45m, 6a: Hier stecken nur gerade 2 BH für eine ziemlich lange Reise. Darum wohl ist am Stand ein Pfeil eingeritzt, damit man nicht in eine unbekannte Route rechts abdriftet, wo SU-Schlingen erkennbar sind. Wer genau hinschaut, sieht aber den ersten Haken der Aspettando direkt voraus. Die Hauptschwierigkeiten warten im ersten Teil, wo es bald recht steil wird - man sichert erst mit Cams, der Bolt kommt dann genau an der entscheidenden Stelle. Nach einem weiteren BH am nächsten Wulst (erneut perfekt platziert) gibt's zum Stand hin dann ziemlich freie Linienwahl. "Logische Linie leicht rechts ansteigend" meint Volker im Topoguide. Diese kletterte ich (vermeintlich?), zum Ende musste ich auf dem Band dann deutlich einige Meter nach links zum Stand queren. Ginge also vielleicht auch direkter im zweiten Teil?!? Zur Bewertung kann man sagen, dass diese Länge kaum einfacher wie die anderen ist, somit eher 6a+.

Auftakt zu L4 (6a/+) mit sehr schöner Kletterei, Cams zwingend erforderlich.

L5, 40m, 6a+: Vier Bolts stecken auf dieser Länge, d.h. nicht allzu viele für 40m Kletterstrecke. Aber erneut genau am richtigen Ort, d.h. da wo unmittelbar danach eine schwierigere Stelle kommt. Der Rest lässt sich hier für einmal sogar recht üppig mit Keilen und Cams sichern, somit steigt man ziemlich unbeschwert in henkligem Gelände.

Kathrin folgt in L5 (6a+), die Wand wie man sieht ab frühem Nachmittag im Schatten!

L6, 50m, 6b: Steile, sehr griffige Kletterei in perfektem, schwarzem Dolomit! Hier liegt nun wieder nicht mehr ganz so viel wie in der Länge davor, d.h. man kommt nicht um den einen oder anderen Runout herum - was aber in diesem extrem strukturierten Henkelgestein bei Schwierigkeiten um 6a schon fast Freude macht, da man einfach frei steigen kann. Die Crux der Länge kommt dann erst am Schlusswanderl und erscheint etwas gesucht. Linksherum wäre es wohl deutlich einfacher zu haben, doch da sonst massiver Seilzug droht und man im besseren Gestein operiert, klettert man sicherlich am besten direkt über den Bolt.

Dieses Foto stammt von L5 (6a+) - nicht so entscheidend, es sieht überall ähnlich aus ;-)

L7, 55m, 3a: Überführungslänge, welche nach den ersten Metern Gehgelände über das Schuttband bietet. Den Stand findet man links oberhalb eines markanten Pfeilerleins an einer Sanduhr (wie auf diversen Webseiten erwähnt, wurden die BH ab hier von Traditionalisten entfernt!). Die Route führt nachher leicht rechtshaltend durch den dunklen, soliden Streifen zwischen zwei orangen, wohl splittrig-brüchigen Flecken hindurch.

Blick auf die Fortsetzung in L8 (6a), im grauen Streifen leicht rechts der Bildmitte verläuft die Route.

L8, 50m, 6a: Man quert hier zuerst ein paar Meter diagonal nach rechts oben - nicht sehr schwierig, aber auch nicht ganz einwandfrei zu sichern und unterhalb ist halt das Band... Dort wo es steiler wird, kommen dann aber gut sichtbar NH, eine SU und auch mobile Möglichkeiten, es löst sich alles gut auf. Man erreicht eine Nische, klettert rechts aus dieser hinaus über die nächste Stufe hinweg und dann ist irgendwann Bastelstunde angesagt, um einen sicheren Stand zu bauen. Die 2 (dünnen) SU laut Topoguide waren identifizierbar, aber so richtig safe schien mir das nur mit denen nicht - also hier und da noch ein Placement gefunden, alles aufwändig verkabelt und dann in unbequemer Sitzposition nachgesichert... hach die Annehmlichkeiten eines vernünftigen BH-Standes weiss man schon recht bald zu schätzen.

Unbequemes Nachsichern am selbstgebauten Stand nach L8 (6a).

L9, 50-60m, 5b: Wandkletterei ohne fixe Absicherung und daher offener Linienführung. Es geht +/- gerade hinauf, eine Rippe ermöglicht mobile Absicherung, wobei die perfekten Placements hier nicht abundant sind... Man erreicht schliesslich ein Band, wo man mit der klassischen Pfeilerroute von Alvera/Pompanin zusammen trifft. Da sich dort Leute befanden, habe ich etwas weiter rechts mit mobilen Mitteln einen guten Stand eingerichtet.

Schon eine tolle Gegend, diese Dolomiten! Hier an der Stelle, wo man auf die Alvera/Pompanin trifft.

L10, 20m, 4a: Wohl etwas rechts der klassischen Linie sind wir hier über eine Stufe gestiegen - gut möglich und ohne grössere Schwierigkeiten. Weil erstens die Fortsetzung blockiert war (mehr dazu gleich...) und zweitens wieder gebohrte Standhaken vorhanden waren, nahm ich Kathrin nochmals nach.

L11, 50m, 5c+: In der ganzen Zeit, während ich am Stand nach L10 war, bewegte sich der Kletterer in der folgenden Länge keinen Zentimeter weiter. Zu warten wäre einfach aussichtslos gewesen und so stieg ich los. Es stellte sich heraus, dass der Nachsteiger einer rumänischen Seilschaft komplett erschöpft und dem Kollaps nahe war. Er steckte an der henkligen Steilstufe fest, die er einfach nicht mehr überwinden konnte. Zwei, drei Meter rechts stieg ich athletisch an ihm vorbei - da wohl eher im 6ab-Bereich, aber cool. Von oben versuchte ich ihm die besten Griffe anzuzeigen, aber es nützte nichts. "My fingers don't work anymore" war sein verzweifelter Kommentar. Sein Kamerad konnte auch nicht helfen, der befand sich 40m weiter oben am Stand und hatte einen solchen Zickzack in den Seilverlauf gelegt, dass von seinem ganzen Zerren kein Newton an Erleichterung am unteren Seilende ankam. Naja, so stieg ich eben in schöner und nicht ganz trivialer Kletterei (wenige NH) hinauf zur Kanzel unter dem Abschlusskamin, wo sich nochmals 1 BH für den Stand befindet. Ich hiess Kathrin nachkommen und diese hatte sich am Stand unten mit einer weiteren, sich dort einfindenden Seilschaft aus Polen eine Taktik überlegt, wie man dem armen Kerl behilflich sein könnte. Dies war mittels Schulterstand, was nach erster Ablehnung schliesslich zögerlich als Lösungsmöglichkeit akzeptiert wurde und auch tatsächlich über den Überhang half...

Ausblick vom Stand nach L11 auf die letzten Meter und den markanten Fungo.

L12, 30m, 2a: Über eine einfache Rippe und im Kamin steigt man hinauf zum Ausstieg, links vom markanten Pilz - macht keine Schwierigkeiten mehr, ich hatte auch bereits auf die Zustiegsschuhe gewechselt.

Geschafft!

Um 18.00 Uhr und somit nach rund 6:30 Stunden Kletterei waren wir am Top - mit einer beiderseits perfekten Onsight/Flash-Begehung. Wir schossen gleich die Seile auf und liefen los. Erst geht's über einen gut ausgetretenen Geröllpfad nordwärts horizontal hinüber, wobei sogar noch letzte Schneefelder gequert werden mussten. Ziel ist der Steig, welcher auf einem Band durch die Wand der Punta Marietta quert. Das Gelände ist exponiert, die heikelste Stelle da wo sich ein Schuttkegel in den Weg stellt, es stecken jedoch diverse (Klebe-)haken, an welchen man am laufenden Seil sichern kann. Schliesslich biegt man um die Ecke und steigt in einfacherem Gelände entweder zum Rifugio Giussiani (kleiner Umweg) oder direkt hinab zu alten, verfallenen Gebäuden, um den markanten Weg zu erreichen. Auf diesem in einfacher Wanderung mit sehr schönen Ausblicken zur Croda da Lago retour zum Ausgangspunkt wo sich der Kreis um 19.00 Uhr schloss. Wir fuhren hinab nach Cortina, um dort noch den Abend auf einer Terrasse mit feiner Pizza, Birra, Dolce, Caffè und prima Sound zu geniessen :-)

Impression vom Abstieg: Bandquerung unter der Punta Marietta (nach Ende des schwierigsten Abschnitts).

Blick zur Croda da Lago und Lastoni di Formin, wo wir auch schon kletterten (1, 2)

Facts

Tofana - Aspettando la Vetta 6c (6b obl.) - 12 SL, 500m - Da Pozzo/Meneghin 2004 - ****;xx
Material: 1x oder 2x60m-Seil, 10-12 Exen (div. verlängerbar), Keile, Cams 0.2-1 plus evtl. 2

Eindrückliche Kletterei mitten durch die lotrechte erste Pfeilerwand der Tofana. Bohrhaken wurden nur spärlich gesetzt und fehlen im Ausstieg komplett, was die Route zu einem Hybrid zwischen einer MSL-Sportkletterei und einem alpinen Unternehmen macht. Da die Kletterei aber eigentlich stets gut kontrollierbar, d.h. griffig und trittig ist, die wenigen BH fair und intelligent platziert sind und man zwar nicht sehr üppig, aber doch immer wieder mobile Placements findet, geht das Ganze doch in Minne über die Bühne, sprich ohne dass der Haarschopf ergrauen würde. Mir reichten ein Satz Keile und Cams von 0.2-1 gut aus. Grössere Cams werden teils in der Literatur empfohlen, sie sind aber kaum einsetzbar und erscheinen mir nicht nötig. In Bezug auf die Schönheit ist noch zu erwähnen, dass die Route in meist sehr gutem Dolomit verläuft. Unvorsichtige werden aber sicher problemlos Griffe zum Ausreissen finden, was bei den vorhandenen Sicherungsabständen nicht vollständig unbedenklich ist und den alpinistischen Anspruch der Linie nur unterstreicht. Ebenso ist die durchgehende Henkelkletterei zwar toll, aber auch etwas monoton - mit Ausnahme vom Dach in L3 bleiben schlussendlich nicht viele, markant-eindrückliche Kletterstellen haften, sondern es handelt sich viel mehr um Cruising-Genuss. Das Topo von Planetmountain ist hier verlinkt - passt so schon, aber Details zeigt es halt nicht wirklich. Weiter ist die Route mit meist stark generalisierten, wenig informativen Topos in manchen (Auswahl)führern aufgeführt. Das beste schematische Topo findet man im Topoguide Band 3 - sicherlich empfehlenswert für all jene, die sich nicht komplett selber orientieren können/wollen.

Topo by Planetmountain.com

Dienstag, 17. August 2021

Rienzwand - Hat Spass gemacht (6b+)

Am Vortag hatten wir es am zweiten Tag unserer Reise noch bis nach Südtirol geschafft, doch bis zum Einstieg einer gelobten Dolomitenkletterei war es immer noch ein ziemlich langer Weg. Kam hinzu, dass wir auf der Weiterfahrt im Pustertal eine Ewigkeit im Stau standen - abseits der Hauptreisezeit ziemlich unerklärlich, aber was soll's. Dank sicherem Wetter sollte es aber für eine Tour im Rienztal trotzdem noch reichen. Mit 14 Seillängen und ~500 Klettermetern handelt es sich bei der hier beschriebenen Route zwar nicht um ein wirklich kurzes Unterfangen. Da die Route aber sehr gut abgesichert ist und mit zügig abspulbarer Wandkletterei aufwartet, lässt es sich effizient auf die Tube drücken. Auch der Abstieg ist nicht eben kurz, verläuft aber nicht in alpinem Gelände sondern über Wanderwege, die nötigenfalls auch im Stirnlampenlicht zu beschreiten wären...

Die gewaltige Mauer der rund 500m hohen Rienzwand mit Ein- und Ausstieg von 'Hat Spass gemacht'

Um 12.20 Uhr liefen wir schliesslich vom Parkplatz gegenüber dem Hotel Tre Cime los (7 Euro pro Tag, kostenlose Plätze etwas weiter der Hauptstrasse entlang Richtung Cortina). Auf einigen Webseiten wird für den Weg ins malerische, relativ flache Rienztal ein Bike empfohlen. Was trotz der schottrigen Strasse zeitsparend wäre, aber es ist auch klar ausgeschildert, dass Fahrräder in diesem Tal nicht geduldet werden. Wir hatten keine Räder dabei, marschierten aber zügig los, so rückten die eindrücklichen Wände bald einmal ins Blickfeld - wow, ein solcher Anblick ist immer wieder ergreifend! Nach ~40 Minuten hatten wir die Stelle erreicht, wo der Bach überquert und zur Wand aufgestiegen werden muss. Ein deutlich ausgeprägter Steig führt durch die Bäume und am Rand einer Geröllhalde hinauf und quert zuletzt mit leichtem Höhenverlust nach links zum Einstieg. Dieser befindet sich ca. 10m rechts vom tiefsten Punkt der Wand und ist nicht (mehr) näher bezeichnet. Zwei (mässig nützliche) SU-Schlingen sind jedoch noch da und während die verzinkten, einstmals goldgelben Fixé-BH durch die Korrosion farblich schon dem Fels angeglichen sind, wird das spähende Auge sie schon erblicken. Der Zustieg hatte uns total 50 Minuten gekostet, nach dem Schuhwechsel stiegen wir um 13.20 Uhr ein.

L1, 35m, 6b: Ein fulminanter Auftakt, in manchen Beschreibungen wird diese Länge gleich als die (oder zumindest eine der) schwierigsten der Tour beschrieben. Sicherlich weist sie recht anhaltend steile Kletterei auf, gewürzt mit der einen oder anderen Herausforderung und man muss sich ja auch immer erst an Wand und Fels gewöhnen. Ob's wirklich schwieriger ist wie weiter oben, vermag ich jedoch nicht sicher zu sagen.

Die erste Länge (6b) gleich gepackt. Und wie man sieht, 13.51 Uhr, der Einstieg gerade noch schattig.

L2, 50m+, 6b: Der steile Bug oberhalb wird rechtsherum umgangen, nach einem noch moderat schwierigen Auftakt geht's in steiler, gutgriffiger Kletterei zur Sache, was mich nicht wesentlich einfacher wie die Anforderung in L1 dünkte. Man steigt schliesslich auf eine weniger steile Zone aus. Erst der nach rechts ziehenden Rampe entlang, dann aber direkt hoch und zuletzt in flachem Gelände zu "Seil aus" und Stand - je nach Schrumpfung des Stricks kommt wohl das eine oder andere zuerst. Die eine oder andere Sicherung will hier gut verlängert sein, ansonsten wird es unangenehm!

L3, 35m, 6b: Anhaltend steile, homogene Wandkletterei in gelbem Fels, mit vielen BH gut abgesichert. Ja, hier kann man durchaus etwas Pump fühlen, je nach individueller Fitness halt mehr oder weniger. Teils ist der Fels ein wenig splittrig, aber alles im grünen Bereich: es finden sich mehr als genügend solide Griffe.

Nachstieg in L3 (6b), einzelne BH sind wie man sieht teils etwas ausserhalb der direkten Linie.

L4, 25m, 6b+: In dieser Seillänge stellt vor allem der Auftakt aus dem Stand hinaus die Challenge. Dies schon nur in der Routenwahl, man kann nämlich sowohl links wie rechts von den Standhaken und der Sicherungsperson anpacken. Es bedürfte dem Ausprobieren beider Varianten um die einfachere zu benennen. Für mich funktionierte es linkerhand gut, auch wenn dies bis dato sicherlich die schwierigsten Moves waren und ein '+' verdienen (A0 wäre hier sicher gut möglich falls nötig). Danach eine Linksecke klettern und in weniger steilem, griffigen Gelände zum nächsten Stand.

L5, 30m, 6a: Prima Wandkletterei in sehr griffigem, grauem und festem Fels. Hier kamen wir nun richtig in den Kletterfluss, man könnte beinahe von einer Speed-Begehung sprechen. Einfach stetig aufwärts, der nächste Griff ist genau da, wo man ihn braucht und für die Füsse passt es auch immer.

Sehr schöne Wandkletterei in prima strukturiertem Fels, richtiges Cruising-Gelände in L5 (6a+).

L6, 30m, 4b: Hat den Charakter einer Überführungslänge. Zuerst unschwierig zu einem Schuttplatz hinauf, dann die Wand darob anpacken. Der Standplatz liegt etwas links ausserhalb und ist von unten kommend erst nach den BH der folgenden Länge erkennbar. Man könnte ihn bestimmt auch gut links liegen lassen und L6 & L7 linken, 50m-Seile dürften wohl knapp (oder knapp nicht) reichen, wobei im schlimmeren Fall gut kurz gemeinsam gestiegen werden könnte.

L7, 25m, 6a: Erst folgt man in für einmal beinahe klassischer Manier dem markanten Riss bzw. der fast kaminähnlichen Verschneidung. Hier könnte man noch viel mehr Höhe machen, doch irgendwann wurde es den Erschliessern zu bunt und sie querten wieder nach links in die griffige Wand hinaus. 

L8, 45m, 6b+: Diese Seillänge sticht noch einmal deutlich aus den anderen heraus. Das liegt daran, dass man nach dem Auftakt, den man linksherum angeht, bald einmal auf eine deutliche Crux an einem Wulst trifft, der mit kleingriffigen Leistenzügen überwunden wird. Ich fand diese Stelle deutlich anspruchsvoller wie das übliche Gelände an diesem Berg. Danach geht's aber in gewohntem Stil und wieder einfacher weiter.

Hier kriegt man einen hervorragenden Eindruck von L8 (6b+) - das Foto ist aber echt von da!

L9, 25m, 6a+: Laut dem Topo der Erschliesser wird auch diese Länge wie jene davor mit 6b bewertet, doch hier haben wir keine schwierige Stelle angetroffen. Erneut sehr schöne und griffige Wandkletterei, richtiges Cruising-Gelände.

L10, 25m, 6a: Es gilt genau dasselbe wie für die Länge davor, griffiges Cruising-Gelände ohne besonders markante Stellen - einfach ein bisschen weniger steil wie in der Länge davor. 

L11, 25m, 6a+: Hier wirft vor allem der Start gewisse Fragezeichen auf. Der Wulst sieht ganz direkt über den Haken geklettert eher schwierig aus, rechts oder links geht's kommoder. Bloss auf welcher Seite?!? Die Schleifspuren der Exen am Gestein bezeugen, dass die Stelle auf beiden Seiten angegangen wird - und so schwierig war's dann auch nicht, mit 1-2 athletischeren Zügen war es erledigt. Man mündet dann in eine Verschneidung ein, für einmal etwas Abwechslung von der üblichen Wandkletterei.

Ausstieg aus der Verschneidung am Ende von L11 (6a+). 

L12, 50m, 5a: Von Stand 11 besteht die letzte, sinnvolle Rückzugsmöglichkeit durch Abseilen. Wer hier also weiterklettert, ist fast gezwungen nach oben auszusteigen, weil man sonst beim Seil abziehen sicherlich viele Steine lösen würde. Mit einer markanten Rechtsquerung peilt man in griffig-einfachem Gelände die grosse Verschneidung an. Dieser entlang geht's aufwärts, wobei man interessanterweise fast ausschliesslich in der Wand links vom Winkel klettert. Achtung Seilzug, Halbseiltechnik und lange Exen helfen.

Der markanten Verschneidung entlang führt L11 (dank griffigem Gelände nur 5a).

L13, 35m, 5c: In den letzten beiden Seillängen nimmt die Route doch eine eher spezielle Linie. Links könnte man in der Wand wohl ziemlich einfach das Top erreichen. Aber gut, da liegt doch eine ganze Menge an losen Steinen herum und der gewählte Weg durch ein steiles Kaminsystem ist originell und bietet einen spannenden Abschluss. Zuerst geht's auf dieser Seillänge ungesichert über Stufen hinweg, dann eben steil hinauf an einem Riss bzw. einer Verschneidung in Richtung des markanten Kamins.

Durch das tiefe dunkle Loch leicht rechts der Bildmitte führt die Route

L14, 35m, 6a+: Mit der Erwartung einer 6a+ laut Topoguide bin ich in diese Seillänge gestiegen. Erst in Kamintechnik, später dann in der Wand links. Leichter kam es mir ehrlich gesagt auch nicht vor, aber wie meine holde Angetraute mir später verraten hat, soll ich mich hier ungeschickt angestellt haben. Auch das Originaltopo wirft hier eine lapidare 5+ aus. Einmal dem Kamin entronnen, geht's noch über eine Stufe hinweg zum Ausstieg. Den letzten Stand macht man an 1 BH und an Latschen befestigten Schlingen, er ist rechts etwas unscheinbar und versteckt.

Geschafft! Das ist der Ausstieg der Route in L14 (6a+).

Um 19.00 Uhr und damit nach gut 5:30 Stunden Kletterzeit hatten wir das Top erreicht. Das war (für uns) nun wirklich eine Express-Onsightbegehung gewesen, schneller wäre es nicht möglich gewesen. Wir schnürten subito die Schuhe und machten uns auf die Socken. Der führt erst noch etwas aufwärts durch die Latschen hindurch und über ein paar Stufen hinweg nach Süden. Einen richtig deutlichen Weg gibt es nicht, trotzdem ist die Passage gut zu finden. Man erreicht schliesslich ein Plateau, auf welchem man etwas linkshaltend die Langenalm erreicht (19.30 Uhr). Dies mit atemberaubenden Blick auf die Nordwände der Drei Zinnen, wirklich fantastisch!

Die Hütte der Langenalm mit fantastischem Blick auf die Nordwände der Drei Zinnen.

Erinnerungen an meine Begehung der Nordwand der Grossen Zinne über die Hasse/Brandler keimten auf und eine weitere, spannende Idee lag auf der Hand - das Pfeifhofer-Enchainment nämlich. Hat doch der Erschliesser der 'Hat Spass gemacht' mit der 'Petri Heil' in der Nordwand der Westlichen Zinne eine 19-SL-Tour hinterlassen, welche ideal angehängt werden könnte. Nun denn, wir waren tageszeitlich schon etwas zu spät unterwegs für dieses Vorhaben, die 'Petri Heil' kletterten wir zwar schon, aber nicht mehr an diesem Tag. Also mussten wir uns um den Weg ins Tal kümmern. Vermutlich gibt es aus der Umgebung der Langenalm einen direkten Steig hinunter ins Rienztal?!? Jedenfalls sieht es von unten sehr wohl danach aus und wir gingen davon aus, dass wir den Einstieg in diesen Schnellabstieg problemlos finden würden. Dem war aber nicht so, wir gingen dem markierten Weg Nr. 105 entlang, trotz offenen Augen konnten wir den Abzweig nicht entdecken und die für uns verfügbaren Beschreibungen waren alle zu vage und unklar.

Die Zinnen in ihrer ganzen Pracht - davon kann man nicht genug bekommen!

Bald einmal stellten wir fest, dass wir den Abzweiger definitiv verpasst haben mussten. Also liefen wir weiter auf dem markierten Weg - was sicherlich einen markanten Umweg bedeutet, dafür aber eine wirklich sehr genussreiche Wanderung darstellt mit Top-Blicken auf die Nordwände der Drei Zinnen. Um diese Zeit waren so gut wie keine Leute mehr unterwegs, wir genossen einen fantastischen und sichtigen Sommerabend, besser hätte es nicht sein können, um noch etwas zu wandern und die Ausblicke zu geniessen. Schliesslich liess sich unter der Drei-Zinnen-Hütte dann eine Ecke abkürzen (Pfade gut sichtbar), bevor es ins Rienztal hinunterging (20.00 Uhr). Aber nicht ohne bei einem Tümpel noch hervorragende Bilder der Zinnen inklusive Spiegelung zu schiessen - so genial!


Nun hiess es aber, die Hinteren hervor zu nehmen. Noch immer stand uns eine längere Strecke zum Ausgangspunkt bevor. Und dummerweise hatten wir auf der Anfahrt weder Quartier noch Nachtessen organisiert, auf der Tour war dies mangels Handyempfang auch nicht möglich. Da Kathrin die besseren Schuhe für einen Trailrun trug ;-) wurde sie vorgeschickt, während ich den Sherpa spielte. Ihre Aufgabe hat sie mit Bravour erledigt: mit dem Beizer des Tre Cime einen prima Deal ausgehandelt und bis ich um 21.20 Uhr nach ziemlich genau 9:00 Stunden für die ganze Runde ins Wirtshaus (mit schon geschlossener Küche) trat, stand bereits ein kühles Bier, ein würzige Gerstensuppe und ein Piatto mit Fleisch, Käse und Brot auf dem Tisch. Das war ein mehr als gelungener Abschluss einer hervorragenden Tour :-)

Sicht aus der Wand auf das Rienztal, durch welches Zu- und Abstieg führen.

Facts

Rienzwand - Hat Spass gemacht 6b+ (6a+ obl.) - 14 SL, 480m - H. Pfeifhofer et al. 2011 - ****;xxxx
Material: 1x50m-Seil, 14 Express (davon 4-6 verlängerbar), Cams/Keile nicht nötig

Für lokale Verhältnisse sehr gut, aber nicht übertrieben mit BH abgesicherte Klink & Go Route durch eine eindrückliche Dolomitenwand. Die stets griffige, steile Wandkletterei ist an sich hervorragend, weist aber nicht so viel Abwechslung und markante Kletterstellen auf. Konkret heisst das, dass man auf den fast 500 Klettermetern erstaunlich selten je überlegen muss, wie man eine Stelle zu lösen hat. Topos zur Route findet man in diversen Dolomiten- und überregionalen Auswahlführern à la Topoguide oder Moderne Zeiten. Oder auch hier das wenig detaillierte Originaltopo. Wobei es zu sagen gilt, dass man einmal auf der richtigen Fährte den Weg dank den zahlreichen BH kaum mehr verfehlen wird.