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Freitag, 27. Januar 2012

Zanai - Azzurro (WI5)

Diesen Winter kommen die Tage und sie gehen, mit ihnen Fronten, Tauwetter, Schneefall, selten mal auch ein bisschen Sonne. So geht die Zeit rum, und zum Eisklettern kommt man kaum. Grund genug, um eine Gelegenheit am Schopf zu packen, und mit Jonas einmal das Zanai auszuchecken. Wir zielen auf den "Azzurro", erstbegangen 1998 von Thomas Wälti und einem Kletterpartner von mir, Werni Birrer.

Aber ob es da wohl Eis hat? Ganz sicher sind wir uns nicht, aber aufgrund der Höhenlage mit Einstieg auf ca. 1500m, sollte es wohl gut sein. So beschliessen wir, es zu wagen. Der nächste Entscheidungspunkt ist der Zustieg: von unten, sprich von Valens, oder doch von oben her, via die Pizolbahnen? Die Entscheidung wird uns abgenommen, denn der alte Zustieg durchs Mülitobel liegt neuerdings in einer Wildruhezone, somit verbleibt einzig die letztere Variante: von Wangs (9.00 Uhr) geht's zügig und für 13.50 CHF (mit Halbtax) in die Höhe. Von der Pizolhütte runter ins Valplona und dann wegen den Wildschutzgebieten rechts (westlich) des Bachs runter nach Laubboden P.1457 und weiter im Bachbett zu P.1352. Kurz darauf wird angefellt und etwa 160hm durch tiefen Schnee an den Einstieg (10.30 Uhr) hochgespurt. Effiziente Sache, sicher deutlich besser wie der Zustieg von unten.

Der obere Sektor mit "Ein Fall für Zwei" (WI5) und "Tatort" (WI6+)
Na also, da sind wir, doch ein Utensil fehlt: mein Gstältli. Kaum als wir in die Pizolbahn einstiegen, schoss es mir durch den Kopf, dass dieses noch zuhause im Ikea-Bag mit den Hallenkletterutensilien steckt. Aber deswegen umdrehen, nöö, ist nicht nötig, schliesslich kann man improvisieren. Dementsprechend wird nun wird also kunstvoll geknüpft: zwei 120er-Bandschlingen reichen eigentlich schon aus, mit etwas zusätzlicher Reepschnur bastle ich noch fesche Materialschleifen und bald kann es losgehen.

Die erste Stufe sieht ziemlich gutmütig aus (WI3), entpuppt sich dann aber als gar nicht so leicht: das Eis ist morsch, ziemlich dünn und teilweise unterspült, dazu noch überschneit. Es artet zum Ratespiel aus, wo sich etwas solideres Material befindet. Hin und wieder lässt sich auch noch eine vernünftige Schraube eindrehen und so erreiche ich die flacheren Schneehänge darob. Stand links an dünnem Tännlein.

Der untere Sektor. Unsere Tour, der "Azzurro", verläuft in Bildmitte.
Danach folgen etwa 100m Schnee, ca. 35 Grad steil, man kann gut gemeinsam steigen. Nun folgt der wesentliche, obere Wandteil. Es folgt zuerst eine 30m hohe Stufe (WI4-), die wiederum ziemlich überschneit ist, und auf den ersten Blick trivial aussieht. Ist sie aber nicht. Auch hier ist das Eis meist mürbe, an den flacheren Stellen hat es mühsame Schneelinsen und so irgendwie halbgefrorenen Pflotsch. Wühlen, abräumen, an allen solideren Stellen ausgiebig schrauben, so erreiche ich den nächsten Stand.

Nun folgt die erste Cruxlänge (WI5): das kann ja heiter werden. Hier, im Steilen ist das Eis zwar immer noch nicht von Top-Qualität, aber doch solide und vernünftig bekletterbar. Aber sobald die erste Verflachung folgt, hat es wieder das altbekannte, üble Schnee-Eis-Pflotsch-Gemisch, und jenes Eis, das es hat, ist meist morsch. Jonas meistert eine erste, heikle Stelle, dann nochmals steileres, besseres Eis, zuletzt ein heikler Ausstieg, schliesslich Stand nach 60m.

Blick auf den oberen Teil von "Azzurro". Hier sieht man ca. 70 steile Klettermeter, die Perspektive täuscht!
Die gemäss Topo letzten beiden Längen (WI4 und WI5) kann man zusammenhängen. Nach kurzer Stufe zu Beginn flacheres Gelände mit heiklen, total ätzenden Schneelinsen. Der folgende Steilaufschwung bietet schöne, pumpige Kletterei in zum Glück gutem Eis. Am schwersten ist wieder der Übergang ins flachere Gelände, es liegt auch hier an den Bedingungen. Dann nochmals 25 eher heikle Meter bis zum Ausstieg, mit erneut teilweise mürbem Eis und zuletzt viel Schnee. 

Die heikle Kletterei hat ganz schön Zeit gefressen, und es ist schon 15.45 Uhr, als wir oben sind. Die Abseilerei ist dann nochmals zeit- und nervenaufreibend. 3x seilen wir an dünnen Lärchen ab, einmal an einer Sanduhr, dazwischen auch noch etwas Fussabstieg. Und ja, die freihängende Abseilstelle war mit meinem Schlingengstältli doch eher unbequem!

Jonas steigt die steile Cruxlänge sauber vor.
Verbleibt noch der Abstieg, welcher nochmals einen zünftigen Aufstieg beinhaltet. Um nicht die Wildruhezone zu verletzen muss bis zum P.1872 im Valplona aufgestiegen werden. Im tiefen und faulen Schnee ist das eher mühsam. Schliesslich geht's auf der Alpstrasse runter nach Valens. Um 17.45 Uhr sind wir da, flugs mit dem neuen, smarten Telefon ein Billett gekauft, und um 18.07 Uhr steigen wir ins Postauto. Wow, das war jetzt doch ein ziemliches Abenteuer - und die Kletterei im schlechten Eis definitiv etwas ganz anderes als die Genuss-Touren im Avers und am Hoch Ducan bei perfekten Bedingungen.

Mittwoch, 25. Januar 2012

Carate Urio - mit Metalldetektor

Unser Weekend in Carate Urio wäre perfekt gewesen - wenn sich da auf dem Parkplatz vor der Heimfahrt nicht herausgestellt hätte, dass Kathrins Ehering fehlt. Sofort machte ich mich im Laufschritt auf an den Wandfuss um zu suchen. Eine halbe Stunde blieb noch, bis es zu duster war, und die blieb erfolglos. So machten wir uns halt dennoch auf den Heimweg, um 2 Tage später mit einer Geheimwaffe zurückzukehren.

Weil es ja durchaus sein könnte, dass auch du mal einen wichtigen Gegenstand beim Klettern (oder sonstwo draussen) verlierst, berichte ich hier von unserer Metalldetektor-Experience. Genau wie Fabian Cancellara mieteten wir uns bei Garrett einen ACE 150. Mindestmietdauer sind 2 Tage, macht 40 CHF plus noch das Porto für hin und zurück, total exakt 60 Fränkli.

Neni zeigt am Fundort, wie es geht...
Insgesamt hat das alles eigentlich tiptop funktioniert, nur mit dem Kundenservice waren wir nicht ganz restlos zufrieden. Trotz voller Flexibilität von unserer Seite kam eine Abholung des Geräts beim Anbieter nicht zustande, und die abgemachte Expresszustellung wurde auch nicht eingehalten. Nachdem wir dann am Dienstag im ganzen Dorf den Päcklipöstler gejagt hatten, konnte es dann immerhin um 9.00 Uhr losgehen.

So waren wir dann etwas vor Mittag in Carate Urio und ich stürmte gleich los, hinauf an den Fels, und steckte das Gerät zusammen. Der Test mit meinem eigenen Ring fiel positiv aus, also konnte die Suche losgehen. Tatsächlich wurde im Laub bei unserem Lagerplatz ein Signal angegeben. Da ich aber den Ring an jener Stelle nicht sehen konnte, ging ich weiter. Doch bis auf 2 Joghurtdeckel und 1 metallenem Hosenknopf liess sich nichts mehr finden.

Das Boulderproblem im Zustieg wird in Sherpa-Manier bewältigt
Inzwischen war auch meine Familie am Wandfuss angekommen und ich demonstrierte nochmals, wie der Detektor an unserem ehemaligen Lagerplatz schön piept. Aber irgendwie heisst das doch auch, dass da etwas sein muss - und wenn vor allem noch "Gold" als Material angezeigt wird. So nahm ich mir die Mühe, den Waldboden-Dreck schön auszusieben, und siehe da, da war doch der Ring schon gefunden! Kathrin war natürlich mehr als happy! Fazit: ohne Metalldetektor hätten wir ganz sicher keine Chance gehabt. Und dieser ACE 150 funktioniert für einen solchen Zweck wirklich prima.

So konnte der Fokus nach vorne gerichtet werden, immerhin blieben nun noch 5 Stunden zum Klettern: zum Aufwärmen kletterte ich die geniale Sintertour Scorpion. Bewertet mit 6b+, aber hey, echt knüppelhart. Ganz, ganz knapp konnte ich mich onsight durchmogeln - also in Kalymnos wäre die Tour bestimmt eine 7b, und eine 7a hätte sie überall verdient. Und eine solche Unterbewertung in einem Gebiet, wo ich 2 Tage zuvor eine 7c+ onsight gezogen hatte. Klettern ist manchmal schon komisch...

Kathrin in Internet (6c) - auch nicht gerade geschenkt. Die Tour links davon: Generalife (7c+/8a)
Ein paar weitere Touren im 6b+/6c-Bereich konnte ich auch noch in die Tasche stecken, für die schweren Projekte werde ich noch ein paar Mal zurückkommen müssen - macht ja nichts, es ist ja so schön in Carate Urio, und es wäre schade, wenn da schon alles geklettert wäre.

Sonntag, 22. Januar 2012

Lindental

Strahlend schönes Winterwetter mit gutem, sicherem Pulverschnee, für mich wartet aber ein Business Meeting in Bern. Immerhin, mit sorgfältigem Planen lässt sich das für mich mit meinem ersten Besuch im Lindental kombinieren. Unter Insidern bekannt und berühmt ist das Gebiet schon lange, hatte hier doch Fred Nicole mit der unendlichen 8C-Traverse "E la nave va" Geschichte geschrieben. Wegen Zugangsproblemen gab es früher viel Geheiminskrämerei um das Gebiet. Im Jahr 2009 wurde dann von den Behörden offiziell geregelt, dass vom 1. Februar bis zum 30. Juni ein Betretungs- und Kletterverbot herrscht, dafür während dem Rest des Jahres frei gebouldert werden darf. Dies wurde dann gefolgt von der Veröffentlichung eines Topos auf bimano.ch.

Mit dem Bike radelte ich gemütlich vom Stadtzentrum in Bern durch die Vororte ins Lindental. Das geht auch im "No Schwitz"-Tempo in einer guten halben Stunde über die Bühne. Der erste Anblick dann gleich umwerfend: die Sandsteinwand ist geschätzte 80m hoch (man bouldert an deren Fuss) und sieht äusserst kompakt und steil aus. Schnell ist der kurze, aber durchaus steile Zustieg bewältigt und mir klappt es den Kiefer runter!

Geismeflue im Lindental. Hier wird am Wandfuss gebouldert. Zum Klettern ist es leider "off limits".
Ich habe ja tatsächlich schon viele Felswände hier und da besichtigt, aber ein solch eindrückliches Cliff ist mir noch selten untergekommen. Steil, ja massiv überhängend, wie eine Riesenwalze erhebt sich der Sandstein aus dem ebenen Boden. Wow! Während es in der untersten Etage noch ordentlich strukturiert aussieht, hat es weiter oben weniger und weniger Griffe. Echt schade, dass man hier nicht klettern darf. Für mich wäre zwar wohl kaum viel zu holen, aber so richtig futuristische Linien gäbe es gleich Dutzende.

Trotz eisig-kalten Temperaturen, mein Ausflug hatte tatsächlich den bisher kältesten Tag des Winters 11/12 getroffen, mache ich mich bereit, und wärme mich an einigen einfacheren Bouldern (etwas) auf. Als Projekt gehe ich dann die 6C-Traverse im mittleren Wandteil an. Diese kann ich gleich flashen, in Kletterbewertung dürfte es sich um so etwas im 7a/7b-Bereich handeln.

Wandfuss im mittleren Teil, hier führt die 6C-Traverse hin.
Leider sind dabei meine Hände und vor allem die Füsse eiskalt geworden. Eine Aufwärm- und Fussmassage-Pause an der Sonne ist nötig. Danach wärme ich nochmals ausgiebig, etliche einfachere Boulder um 6A/6B flashend, auf, bevor ich noch eine 7A ziehen möchte. Das geht dann nicht mehr auf Anhieb, bald sind Hände klamm und erneut vor allem die Füsse so kalt, dass ich nicht mehr genügend gefühlvoll treten kann. Heute ist es einfach zu kalt dafür, die 7A muss bis an einem regnerischen Sommertag warten.

Somit wechsle ich an der Sonne auf die Turnschuhe zurück, gönne mir zum Abschluss noch eine erfolgreiche Turnschuhbegehung der grossgriffigen und grosstrittigen 6C-Traverse. Dann schiebe ich ab, radle, um nicht 2x denselben Weg nehmen zu müssen, gemütlich nach Burgdorf, setze mich mit einem warmen Kaffee in den Interregio, und ab geht's nach Hause.

Samstag, 21. Januar 2012

Toller Kalender!

Ein eigentlich kletterfremdes Thema, aber nicht weit vom Bergsport entfernt. Viele von uns werden auch hin und wieder mit dem Mountain Bike unterwegs sein. So auch ich selbst, und vor allem mein Kletterpartner erster Stunde, Christoph. Am Fels ist er mittlerweile leider nur noch sporadisch dabei, immerhin mit den Ski noch regelmässig. Einen grossen Teil seiner Freizeit verbringt er auf dem Bike in den Bergen.

Abfahrt vom Tschuggen, P.1881 am Gonzen bei Sargans. Im Hintergrund Flumserberg und Walensee.
Ein weiteres Hobby von ihm ist das Fotografieren. Und die beiden Dinge kombiniert ergeben einen Bike-Kalender, der sich sehen lässt. Ich muss sagen, er gefällt mir viel besser als ganz, ganz viele professionell angebotene Kalender. Und dies selbst dann, wenn ich den persönlichen Bezug völlig aus dem Spiel lasse. Womit schliesse ich ab? Damit, dass ich sage, dass Christoph womöglich solche Kalender liefert, wenn man ihn lieb fragt.

Sonntag, 8. Januar 2012

Carate Urio

Sollen wir, oder sollen wir nicht? Früher hätte es bei dieser Wetterlage kein Zögern gegeben. Aber jetzt, mit der ganzen Familie? Doch schliesslich entschieden wir uns, zu siebt an den Comersee zu reisen. Sonne satt, sommerliche Wärme und geniale Kletterei - ein Trip, der sich mehr als gelohnt hat!

Ja, die Gegend um Carate Urio hat wieder einmal bewiesen, warum sogar Hollywoodstars wie George Clooney am Comersee residieren. Der stahlblaue Himmel war einfach fantastisch, die Temperaturen am Fels erreichten angenehme, vorsommerliche, Strandbad-taugliche Werte. Der Ausblick auf den tiefblauen See mit den mit weissen Segeln drapierten Booten einfach grandios. Und natürlich nicht zu vergessen: die steilen Felsen, bisweilen versintert, mit über 100 tollen, bestens abgesicherten Routen.

Bevor ich die Bilder sprechen lasse, noch eine kurze Zusammenfassung der schwersten Touren, welche ich klettern konnte: die Argonauta (7a) wird zwar je nach Quelle auch nur mit 6c+ bewertet. Die Crux in der Mitte ist aber zäh und der Abschlussboulder ebenfalls - 7a hat sie verdient. Dann war ich in der Halloween (7c+) erfolgreich - komische Tour, die muss wohl nach Anleitung geklettert werden. Weil mir niemand Griffe und Tritte verbot, ging es gäbig von der Hand. Die einfachste Lösung ist wohl kaum 7c+.

Bei der Mastroteo (7b), welche viele mit einem weiten Sprung nach aussen-hinten-oben beginnen musste ich schon genau hinschauen, bis ich den Einstiegsboulder mit einer statischen Lösung überlisten konnte. Der Rest braucht nur ganz zuerst noch etwas Biss, dann wird es gleich einfach. Und um wieder einmal etwas an Sintern ziehen zu können, gönnte ich mir schliesslich noch die Obelix (7b) - echt fast wie in Kalymnos! So, nun aber die Pics:


Argonauta (7a) - witziger Dachboulder zum Abschluss

Mastroteo (7b) - kniffliger Einstiegsboulder, ca. Fb 7A. An dieser Position aber schon erledigt...

Immer noch Mastroteo (7b) - nach dem Einstiegsboulder ist kurz noch etwas Biss an Leisten nötig.

Kletterfinken vergessen und Schuhgrösse 48 (nicht ich...). Mit etwas Improvisationskunst ging's dann aber doch.


Kidz climbing... vor allem der Kleine, keine 10 Monate, kann kaum richtig laufen, aber über diese Stufen 2m hoch- und auch wieder selber runterklettern, kein Problem! Die Grosse macht den ganzen Boulderquergang dem Wandfuss entlang. Etwas von "ächs be plus" plappert sie - wahrscheinlich beim Mami aufgeschnappt.


Am Einstieg von Obelix (7b) - super Sinterkletterei

Letztes Weekend noch Eiszapfen, nun bereits wieder Sinterzapfen, und erst noch mit "bluttem Ranze"

Immer noch Obelix (7b) - kräftige Sinterkletterei

Nicht so entspannt... Obelix (7b)
Queen of Carate Urio, Staubaufwirblerin, Plappermaul, ...
King of Carate Urio, Literat, Dräckspatz, ...
Und zuletzt: sMami im "ächs be plus"
Besten Dank an alle, die dabei waren. Und ganz besonders an Manuela für die Kletterfotos von mir!

Mittwoch, 4. Januar 2012

Avers - Brückenfall (WI3+) / Rechter Pfeiler (WI4+)

Christof topmotiviert zum Eisklettern. Ich eigentlich auch, nur das mit dem Eis ist aktuell ein bisschen schwierig. Vielerorts hat es gar keines, andernorts nicht viel. Lawinengefahr und intensive Schneefälle machen die Gebietswahl auch nicht gerade einfacher. Weil "dort etwas geht" machen wir uns auf den Weg ins Avers.

Als erstes peilen wir den Brückenfall an. Eine nette kleine Herausforderung und zudem, da direkt unter/über der Strasse gelegen, sind die Verhältnisse auch problemlos einsehbar. Ganz offensichtlich sind sie gut, so rüsteten wir uns aus, und machen uns auf die luftige 50m-Abseilfahrt vom Brückengeländer runter. 

Brückenfall (WI3+): Ambiente am Einstieg, den man durch Abseilen erreicht.
Der Beginn der unteren Seillänge hält gleich die Schlüsselstelle bereit. Die ersten 10-15m sind anhaltend steil und gefühlt knapp senkrecht. Das Eis ist aber sowohl gut zum Schlagen wie auch zum Schrauben, so kann ich diese Länge souverän Vorsteigen. Danach legt sich das Gelände etwas zurück, bietet aber formidable Kletterei, bis man nach 40m, am Fuss des nächsten Aufschwungs, Stand bezieht.

Crux am Brückenfall: gut geschraubt ist halb gewonnen. Oder: jeder fängt mal klein an...
Die obere Seillänge bietet dann Genuss in prima Kompakteis. Die Crux im oberen Drittel verdient wohl gerade so ein WI3, insgesamt ist diese Seillänge gut mit dem vergleichbar, was in unserer "Stapfetenstrasse" im Ducantal wartet. Christof steigt sauber vor, bald sind wir beide oben, und nach kurzem Fussmarsch zurück auf der Strasse und beim Auto.

Christof steigt die zweite SL am Brückenfall vor.
Die anderen Fälle in diesem Sektor sind mangels Eis alle nicht bekletterbar. Aber ein bisschen Übung im Mixed bzw. Drytooling kann nie schaden, und so richten wir uns ein Toprope ein. Ich finde es wieder einmal ein furchtbares Geeier, aber irgendwie kann ich mich in diesem doch recht anspruchsvollen Gelände doch ohne abzurutschen oder zu pausieren durchkämpfen - wenn zwei, drei Mal Pickel über die Schulter hängen und Felsgriffe benützen nicht als bescheissen einzustufen ist, sogar sauber.

Der Hauptsektor vom Campsut in der rechten Bildhälfte. Von weitem sieht es nicht so imposant aus...
Der Tag bietet aber noch Raum für zusätzliche Eiskletterei. So machen wir die kurze Fahrt und den kurzen Zustieg in den Hauptsektor von Campsut. Die attraktive Linie ist dort ganz klar der rechte Pfeiler. 50m lang, recht anhaltend steil und mit WI4+ bewertet. Während es von weitem harmlos aussieht, ist es von nahem dann doch ganz ordentlich imposant. Probieren geht aber über studieren, los geht's...

Und tatsächlich kann ich diese Länge total souverän und sogar rotpunkt Vorsteigen. Ok, die Verhältnisse mit prima Softeis sind hervorragend, und mit einem guten Arsenal an fast fabrikneuen Topschrauben ausgerüstet, liegt der Materialvorteil definitiv auf meiner Seite. Christoph doppelt dann mit einer Vorstiegsbegehung an den bereits steckenden Schrauben nach.

Wenn man darunter steht, dann allerdings schon. Christof steigt den rechten Pfeiler (WI4+) vor.
Ich räume dann zuletzt im Nachstieg aus. Weil das Tageslicht am Schwinden ist und jetzt auch starker Schneefall eingesetzt hat, räumen wir das Feld. Der Tag ein voller Erfolg, wir sind richtig zufrieden, es ist für uns beide sehr gut gelaufen. Da müsste eigentlich noch gut Luft nach oben sein, und wenn wir schon nur auf diesem Niveau solide und zügig klettern, so lassen sich ganz spannende MSL-Projekte im Eis realisieren :-). Nun warten wir... auf gute Verhältnisse und den nächsten Eisklettertag.

Facts:

Avers - Brückenfall (WI3+, 80m)

Sehr schöner und lohnender 2-SL-Fall unter/über der dritten Lezibrücke (P.1844). Vom Brückengeländer wird 50m freihängend abgeseilt, die Crux folgt gleich zu Beginn der ersten Länge. Danach gemütlich-genüssliche Eiskletterei. Hochkommen ist aber Pflicht. Als Auskneifvariante böte sich das Schrofengelände linkerhand an.

Campsut - Rechter Pfeiler (WI4+, 45m)

Die Linie im Hauptsektor von Campsut. Anhaltend steile Kletterei, nur Beginn und Ende sind etwas einfacher. Daher am besten in einer SL zu klettern, BH-Stand am Ende. Zu beachten ist die potentielle Eisschlaggefahr vom im Dach linkerhand hängenden Zapfen. Sobald die ersten Meter überwunden sind, ist der Kletterer safe, postiert sich der Sichernde genügend weit rechts und am Wandfuss, ist es auch für diesen im grünen Bereich.

Sonntag, 1. Januar 2012

Die Quintessenz des Kletterns

Nachdem mir gestern von dritter Seite (spasseshalber) der Vogel gezeigt wurde für unsere Skitour bei Sau- und Tauwetter, wäre dies wohl heute objektiv bereits erneut fällig gewesen. Wer rückt bei solchem Wetter denn zum Outdoor-Klettern aus? Auf der Anfahrt hatte ich kein einziges Stück trockenen Fels erblicken können, und am von uns angepeilten Ziel sah es auch nicht uneingeschränkt heiter aus. 

Zumindest im Einstiegsbereich war es wie Wasserfallklettern ohne Eis, weiter oben dann erfreulicherweise besser. Feuchte Kleider, klamme Hände und gefühllose Zehen gehörten unweigerlich zum Programm, aber ignorieren half wie immer auch heute. Ziel war das Einrichten einer Neutour, was dann, nach einem ordentlichen Pendelabgang meinerseits, wegen Griffausbruch beim Standbohren, sogar gelang. Schliesslich war ich ob der gemässigten Schwierigkeit sogar mit einem Rotpunkt-Go erfolgreich.


Spass hat es trotz der widrigen Umstände auf jeden Fall gemacht. Die Sache brachte mich zum Überlegen, was denn die Quintessenz des Kletterns ist. Wohl die Freude an der Sache einerseits, das Bewältigen der Herausforderung und das Erreichen gesteckter Ziele andererseits. All das war heute, bei fürs Felsklettern höchst ungünstigen Bedingungen, trotzdem gegeben. Nachdem wir knallhart den Elementen getrotzt haben, taufe ich meine heutige Tour auf den Namen "Trotzki", als Bewertung schlage ich den Grad 6a vor.

Pulvertraum im Prättigau

Nachdem es gestern an Silvester noch für eine Tour in 40cm pflüttrigem Pulver im Züri Oberland gereicht hat, ist die weisse Pracht nun bereits wieder weggeregnet und das einzige was bleibt, ist die Erinnerung an vergangene Abenteuer. Zum Glück muss das Gehirn da nur einige wenige Tage zurückspulen: die beste Tour des Winter 11/12 ist bis anhin ganz eindeutig unsere Skisafari durch das Prättigau.

Nachdem sich die enormen Neuschneemassen gesetzt hatten und das Lawinenbulletin nur noch ein "mässig" vermeldete, zogen wir Dienstags los. Von St.Antönien Platz ging es erst neben den Wildschutzgebieten her, dann durch die Lawinenverbauungen durch auf das Chüenihorn. Der Aufstieg war noch ungespurt, der Schnee tief und bei der intensiven Sonneneinstrahlung bereits etwas angefeuchtet. So war ich bald wieder einmal mit heftigen Stollen als Mr. Bleifuss unterwegs, dementsprechend anstrengend war es. Vom Gipfel ging es dann runter über die steile, jungfräuliche NW-Flanke. Hier einige animierte Impressionen von Aufstieg und Abfahrt.


Unsere Tour war nach dieser ersten Abfahrt aber noch nicht zu Ende, wie auch die letzten Bilder aus dem Video zeigen. Es folgte ein nächster Aufstieg auf den Schafberg (P.2443), von wo sich erneut eine fantastische N-Abfahrt ins Falzip ergibt. Auch hier war noch alles ungespurt, was einen weiteren strengen Aufstieg und dafür eine umso stiebendere Abfahrt bedeutete. 

Unter der riesigen Südwand der Drusenfluh brachten wir unsere Skis zum Stehen. Es wartete der letzte Aufstieg auf den Hurscher (P.2001). Erneut war strenge Spurarbeit angesagt, den hier unten, an windgeschützter Exposition, lag der Schnee wirklich metertief. Um 15:06 Uhr erreichten wir nach total 1800hm anstrengender Spurarbeit den letzten Gipfel, und fragten uns, ob das wohl reichen würde, um den Zug um 16:00 Uhr in Schiers zu erreichen.

Zu unserem Vorteil waren hier nun bereits etwa 10-12 Spuren vorhanden, was auf der langen Talfahrt durch das Schraubachtobel nur von Vorteil ist. Um 15:15 Uhr gaben wir den Skis schliesslich die Sporen und wollten es versuchen. Rasant und stiebend ging es über das Muttner Egg runter, gefolgt von der Gleiterpassage ins Tobel, und schliesslich einem Stock- und Skatemarathon à la Cologna nach Schiers hinaus. Zuletzt ein Patrouille-mässiger Sprint an den Bahnhof, und um 15.58 Uhr waren wir 2 Minuten vor Abfahrt da. So konnten wir bequem einsteigen, und auf der Rückfahrt bereits in Erinnerungen an diese geniale Tour schwelgen.