Nach den ersten 2 Ferientagen mit Sportklettern bis die Pfoten ihren Dienst quittieren hiess es für diesen Tag der vorteilhafteren Seite der Vertikalen den Vorzug zu geben. Leider war das Wetter nicht ganz stabil angesagt, gewittrige Schauer sollten früher oder später kommen. Mit den Kindern wollten wir uns da nicht auf Experimente an grossen Bergen einlassen, schliesslich sollen MSL Spass machen und nicht ein Stressfaktor sein. Somit war wieder einmal Ailefroide das Ziel der Wahl. Da wir einigermassen früh unterwegs waren, bot sich die linke Talseite mit der Paroi de la Draye an. Kurzer Zustieg, Routenvielfalt und Schatten bis ca. 13.00 Uhr sind da die wesentlichen Parameter.
Die Paroi de la Draye - sieht nicht berauschend aus, die Kletterei lohnt aber! |
Der Zustieg ist kurz und spielt sich von den zahlreichen Parkplätzen unterhalb im Minutenbereich ab. Die Routenwahl hatten wir bewusst bis zuletzt offen gelassen und wollten dort einsteigen, wo nicht gerade Stau herrschte. Die Wahl von Larina und mir fiel schliesslich auf die Vade Retro Cambonas, während sich unser zweites Team in der etwas einfacheren Chaud Biz (8 SL, 5c+) engagieren wollte. Wir konnten auf freie Bahn zählen, um 10.30 Uhr hatten wir alles parat und konnten bei angenehmen äusseren Bedingungen, sprich kurz behost im Schatten, einsteigen.
L1, 6b: Um die Sache noch ein wenig zu würzen, wählten wir die schwierigere linke Einstiegslänge, laut Topo 6b. Nach schon nicht ganz trivialem Beginn kommt mittig die bestimmte Crux: kompromisslos antreten und einen miesen Knubbel kneifen lautet die Devise - ruff stuff, deutlich schwieriger wie 6b! Auch nachher heisst's bei nicht ganz kurzen Hakenabständen noch etwas dranbleiben, bis man den bequemen Stand erreicht. Die rechte Variante sei scheinbar etwas leichter verdaulich, die dortige mittige Stelle für 6a/+ jedoch auch nicht geschenkt.
Die 'böse' Stelle in L1 (6b) ist geschafft - auf dem Bild ist sie nicht sichtbar. |
L2, 6a: Nun wird es deutlich gemütlicher, die Kletterei geneigter und gutmütiger, aber sehr schön im strukturierten Ailefroide-Granit mit seinen vielen Leisten. Die Absicherung auch hier nicht eben sehr kurz gehalten, passt aber schon!
L3, 6a+: Sehr schöne, anhaltende und anspruchsvolle Kletterei. Gleich zu Beginn fordert ein erstes Dächli, nachher folgen viele tolle Moves an Leisten und Strukturen und zuletzt eine diagonale Rechtsquerung. Auch hier sind die Hakenabstände noch eher auf der luftigen Seite, bevor auf den letzten Seillängen die Bolts dann fast in halbierten Abständen stecken.
Prima Wandkletterei mit anhaltenden Schwierigkeiten an Leisten wartet in L3 (6a+). |
L4, 6b: Nominell die schwierigste Seillänge, wir haben das aber nicht unbedingt so empfunden. Zu Beginn in die Verschneidung hinein, diese aber gleich griffig an einer Schuppe nach rechts verlassen, um sich nicht in die 7b+ gerade hinauf zu verkoffern. Nach einer kurzen Boulderstelle quert man deutlich nach rechts, wo ein Zwischenstand eingerichtet ist. Wer auf dieser Seillänge nicht mit 60er-Exen oder Auslassen bzw. Wiederaushängen einiger der eng steckenden, zahlreichen Bolts operieren kann, nutzt ihn besser. Ich zog gleich weiter, der zweite Teil dern Länge bietet athletische Kletterei an Schuppen und Henkeln, gutmütig für den Grad.
Griffig, gut abgesichert und soft bewertet lautet der Charakter von L4 (6b). |
L5, 6a: Hier hatte uns um 12.30 Uhr bereits die Sonne erwischt, im Streiflicht waren die Temperaturen aber sehr gut auszuhalten. Erst führt diese Seillänge links hinauf über eine steile, mit Leisten gespickte Platte. Zum Abschluss wartet dann ein Wulst, der in freier Kletterei für den Grad 6a wiederum eher fordernd ausfällt - ist da etwa der Griff zum Haken als Standardmethode bereits in die Bewertung inkludiert?!?
Ein schöne Platte mit abschliessendem Wulst erwartet einen in L5 (6a). |
L6, 3a: Über schrofiges Gelände könnte man direkt hinauf sicherlich bereits den Abstiegsweg erreichen, allerdings hat hier die Route noch eine absolut lohnende Zugabe auf Lager. Über einfachen Fels diagonal links hinauf, auf einem Band horizontal queren und später absteigen. Unbedingt die (nicht so offensichtlichen) Bolts klippen, sonst expo für den Nachsteiger! Vom tiefsten Punkt (Stand an Baum möglich) geht's noch einige Meter empor zum bequemeren BH-Stand.
L7, 5c: Der Umweg in L6 hat sich wirklich sehr gelohnt, hier folgt nochmals eine steil-griffige Abschlusslänge der ersten Güteklasse, erst noch angenehm im Schatten. Immer elegante und nie langweilige Turnerei und dies ohne schwierig zu sein - auch der Ausstieg über den Turm auf die bequeme Terrasse am Routenende ist cool!
Die letzten Meter in L7 (5c), unten der Parkplatz, in der Bildecke das Zentrum von Ailefroide. |
Um 13.30 Uhr hatten wir es nach rund 3:00 Stunden Kletterei geschafft und konnten gemütlich auf der bequemen Kanzel rasten, Ausschau halten, unsere Vorräte plündern und uns an einer an beiden Seilenden perfekten Onsight/Flash-Begehung erfreuen. Das zweite Familienteam hatte nicht jederzeit freie Fahrt und war noch mit der Kletterei beschäftigt. Als sie sich augenscheinlich dem Ausstieg näherten, schnürten wir die Senkel und liefen und den Sentier de Draye zu ihrem Ausstieg hinunter. Gemeinsam stiegen wir über diesen ab - das stark abkürzende Couloir war aus unerfindlichen Gründen gesperrt, dem leisteten wir Folge. Trotzdem gelangten wir zügig auf den Talboden, natürlich durfte die traditionelle Einkehr im Engilberge nicht fehlen, bevor es zum Abkühlen und Relaxen retour zu Camping und See ging.
Mmmhh, das feine Griffig-Wasser ;-) |
Facts
Ailefroide - Vade Retro Cambonas 6b (TD+, 6a obl.) - 7 SL, 200m - Fiaschi/Giraud/Faure 1997 - ***;xxxx
Material: 1x50m-Seil, 10-14 Express (je nach Nutzung des Zwischenstands in L4), Cams/Keile nicht nötig
Lässige Kletterei auf der morgens schattigen Talseite in Ailefroide. Wie immer sieht's von weitem nicht so überzeugend aus, der Granit ist aber auch hier sehr gut, von optimaler Reibung und mit viel Struktur ausgestattet. Es wartet eine Mischung von steilplattigen Passagen und auch gutgriffigen Aufschwüngen, ein richtiger Genuss. Die Absicherung ist auf den ersten 3 Seillängen gut (aber auch nicht mehr, mit ein paar zwingenden Passagen im 6a-Bereich), nachher stecken die Bolts dann deutlich üppiger nach Standard "Plaisir super", so dass eigentlich jeder schwierige Move per Hakenhilfe erschwindelt werden kann. Ein Topo gibt's im Cambon-Führer "Oisans Nouveau, Oisans Sauvage", im Briançon-Climbs der Rolland-Familie oder auch im lokalen Ailefroide-Büchlein.
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