Es geht gleich nahtlos weiter mit Berichten aus der Dauphiné, nun aber von den Ferien 2022. Nach langer Anfahrt und dem Zeltaufbau waren alle von der Hitze erschlagen und "müde". Wobei derjenige mit dem grössten Pensum der Autor war. Der hatte nämlich am Vorabend die ganze Ausrüstung vorbereitet und verladen, zudem sass er für die gesamte Fahrtstrecke am Steuer, während der Rest der Familie dösen konnte oder sich der Unterhaltung an ihren elektronischen Geräten widmete. Wobei ich das durchaus relaxend finde, während solcher Fahrten kann man ja sehr gut an seinen Gedanken spinnen und Pläne machen. Und die verlauteten eben darauf, nach dem langen Stillsitzen noch etwas Bewegung zu erhaschen.
Die Gorge de la Biaysse ist eine tolle Felsenlandschaft mit vielfältigen Klettermöglichkeiten. |
Somit also auf dem Zeltplatz das nötige Material gepackt, das Bike startklar gemacht und in 15 Minuten zum Ausgangspunkt bei der Kapelle von Rame geradelt. Für den Zustieg wichtig: für die Routen am Rive Gauche den Bach nicht überqueren, sondern direkt am sakralen Gebäude vorbei und den guten Wanderpfad nach Pallon einschlagen. Nach wenigen Minuten, noch bevor man unter der Wasserleitung quert, zweigt links ein gut ausgetretener Climbers Trail ab, der innert Kürze zur Wand führt. Ist diese erreicht, heisst es noch etwa 30-40m nach links abwärts zu queren. Da sich am Fuss dieser Wand ein Klettergarten mit Base Climbs befindet und die Routen nur teilweise bezeichnet sind, ist etwas Spürsinn erforderlich. Die Skizze ist 'Oisans Nouveau, Oisans Sauvage' ist aber prima - die Super Viagra beginnt (ohne Anschrift) nachdem sich der Pfad für eine kurze Kehre von der Wand entfernt und rechts der Douce Violence, welche deutlich angeschrieben ist.
Sicht auf die Wand mit dem Routenverlauf. |
Was ich bis dahin noch nicht explizit erwähnt hatte: da niemand mitkommen wollte, kam wieder einmal der Modus Rope Solo zum Zug. Zum Wiederholen von Routen bringe ich diesen kaum je zur Anwendung, da die Sache doch etwas umständlich und einfach weniger flowig wie das Klettern in Seilschaft ist. Vom Erschliessen, wo man ja sowieso nicht so vorwärts kommt und in allen Aspekten basteln und riggen muss, bin ich aber durchaus damit vertraut. Erwähnt sei auch, dass diese Art der Sicherung absolut 'fail proof' und somit risikotechnisch identisch zur Kletterei in Seilschaft ist. Trotzdem ist das nur etwas für Experten, ich will an dieser Stelle keine Werbung dafür machen und verzichte daher auf irgendwelche Beschreibungen vom Setup oder sonstigen Empfehlungen diesbezüglich. Um 17.15 Uhr hatte ich mich organisiert und kletterte los.
L1, 30m, 6a: Athletischer Start, dann in eine gutgriffige Verschneidung, welche nach rechts verlassen wird, was die Bedienung einiger kleinerer Griffe erfordert. Steil und luftig geht's schliesslich hinauf zum Stand. Es ist eine lässige Seillänge, der Fels gut und solide - und wo nicht, wurde gehämmert, gezimmert und die Sache von Mr. Bricolage zurechtgebogen.
L2, 25m, 5c+: Sehr schöne Kletterei an einer Kante mit prima Fels, Stand auf bequemem Band. Ich würde sagen, das ist die schönste Seillänge der ganzen Route!
L3, 25m, 6a+: Zwei, drei Meter nach rechts, dann steil und henklig hinauf. Nach einigen Metern legt sich das Gelände zurück, es folgt eine zweite Crux. Fast verdoneske Kletterei an Schlitzen (welche teils etwas intensiv bearbeitet sind). Stand erneut auf Band.
Ausblick auf L3 (5c+), die richtig steile Kletterei an guten Griffen bietet. |
L4, 25m, 5c+: Das Gemüsebeet überqueren und rein in die beständig betont senkrechte Wand. Man findet ausreichend Henkel und Schuppen, allerdings ist die Felsqualität nicht die Beste. Doch auch hier hat Mr. Bricolage alles festgeklebt, angeschraubt und abgeschlagen, was eine Gefahr gewesen wäre.
L4bis, 15m, Gehgelände: Kurzes Verbindungsstück, man muss den Stand aber zwingend übers Band nach rechts verschieben. Ein kurzer Abschnitt am Stand der Bayse Torride vorbei braucht die Hände und ist etwas exponiert. Wer keine Lust auf die letzte Seillänge mehr hat, kann problemlos über das Band ausqueren.
L5, 25m, 5c+: Weniger attraktive und einfachste Seillänge. Der Fels ist teils etwas belagig und brösmelig, auch nicht überall bombensolide. Passt aber schon.
Sicht aus der Wand auf die östliche Talseite des Val Durance mit der Tête du Peyron. |
Um etwa 18.45 Uhr und somit nach 1:30h hatte ich das Programm (in jeder Seillänge 1x Vorstieg, 1x Abseilen, 1x Nachstieg) erledigt und war am Top angekommen. Für eine Rast lohnt es sich, vom letzten Stand noch ca. 25m hinauf zu einem flachen Boden mit schönem Blick ins Tal und in die Gorge zu steigen. Für den Abstieg heisst es dann, noch etwas weiter aufzusteigen und die Wasserleitung beim Betonsockel zu unterqueren. Von da gilt es, noch weitere ca. 15hm auf schwachen Wegspuren aufzusteigen, um bequem auf den Wanderweg queren zu können. Allfällige Abkürzungen durchs Gebüsch bzw. eine Felsstufe (sprich eine direkte Querung vom Routenende) lohnen sich bestimmt nicht. Auf dem Weg ist man dann in Kürze zurück bei der Kapelle, am Einstieg kommt man nicht mehr vorbei. Ich radelte zurück und nahm vor dem Znacht noch einen Schwumm mit den Kindern im See. Am nächsten Tag war erst einmal Sportklettern angesagt, wobei das angepeilte 8a-Projekt schon beim ersten Besuch erfolgreich bewältigt werden konnte - ein Ferienauftakt nach Mass :-)
Facts
Gorge de la Biaysse / Rive Gauche - Super Viagra 6a+ (5c obl.) - 5 SL, 150m - J.M. Cambon 2013 - **;xxxxx
Material: 1x30m-Seil, 12 Express
Kurze, talnahe MSL-Route mit sehr guter Absicherung. Sie bietet ein Ganzjahresziel, dank dem nachmittäglichen Schatten und der Nähe zur Schlucht trifft man abends selbst an Hitzetagen auf akzeptable Bedingungen. Attraktiv ist die Route auch durch die homogenen Schwierigkeiten. Dank der sehr guten Absicherung und der griffig-steilen Kletterei dürften sich auch Umsteiger aus der Halle oder dem Klettergarten hier wohl fühlen. Der Fels ist meist gut, zudem wurde die Route wo nötig ausgiebig geputzt und präpariert (lose Schuppen angeklebt oder festgeschraubt, Griffe verbessert, ...). Hinweis: zum Abseilen ist die Route bis Stand 4 eingerichtet, dafür wäre ein 60m-Seil nötig. Der Fussabstieg ist aber bestimmt schneller und bequemer. Ein Topo zur Route findet man im Oisans Nouveau, Oisans Sauvage, die Baseclimbs sind im Briançon Climbs aufgeführt, nützlich ist natürlich auch die Beschreibung auf C2C.
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