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Mittwoch, 23. April 2025

Skitour Höch Hund (2215m)

Nach einigen Tage de suite mit Kletteraktivitäten und -trainings plädieren die Griffel wieder einmal auf Schonung, so soll es zur Abwechslung noch einmal auf die Ski gehen. Nach einigem Abwägen entscheide ich mich auch an diesem Tag wieder für eine Tour in der Nähe. Vielleicht das letzte Mal in diesem Winter? Die Zeit wird es zeigen, jedenfalls dauert meine Skisaison im Ybrig nun schon ziemlich genau 7 Monate. Mitte September hatte deren Auftakt am unweit vom Höch Hund gelegenen Rütistein stattgefunden. Dass selbst in diesen tiefen Höhenlagen im Idealfall also während mehr als der Hälfte vom Jahr Ski gefahren werden kann ist schon erstaunlich!

Blick zum Gipfel vom Höch Hund vom Anfellpunkt beim Austritt aus dem Sihlwald (ca. 1370m).

Nach ausreichend Schlaf war ich um 7 Uhr am Ochsenboden und musste feststellen, dass meine Pläne A und B beide verworfen werden mussten. Im einen Fall war die Schneehöhenkarte vom SLF deutlich zu optimistisch, im anderen schreckte mich die starke Grundlawinenaktivität am Berg ab. Die beste Alternative schien, einmal durch den Sihlwald hochzusteigen und sich das interessanteste Ziel im Bereich der Hinteren Gräte herauszusuchen. Die Strasse war bis zum Gribschli P.1206 aper und darf auch bis dort per PW befahren werden. Somit hätte ich mir die Bikefahrt vom Ochsenboden auch sparen können, wobei es immer hübsch ist und kaum zusätzliche Zeit kostet, die letzten Kilometer bei einer gewissen Unsicherheit in Sachen Strassenverhältnisse, Parkplatz und Fahrverbot mit dem Zweirad zurückzulegen.

Schneebrücke zu bequemen Bachtraverse bei P.1449.

Die 150hm durch den (auch bei Schneelage zum Skifahren unlohnenden) Sihlwald waren aper und schnell zurückgelegt. Bei dessen Ausgang begann die geschlossene Schneedecke, die Bretter kamen also an die Füsse. Ich entschied mich schliesslich durch die Chlims zu gehen, was nochmals eine kurze Portage erforderte. Die Brücke bei P.1449 war natürlich noch nicht montiert, eine noch mächtige Schneebrücke erlaubte aber eine bequeme Bachüberquerung. Einmal bei der Sihltalhütte angekommen legte ich mich dann so fest, als dass ich den Höch Hund von Osten angehen wollte. Bei meinen beiden vorherigen Touren zu diesem Gipfel war ich den Normalaufstieg am Teuf Hund vorbei gegangen. Der Ostaufstieg war somit noch eine Neuheit für mich - zudem ist er kaum steiler, länger oder weniger bequem wie die Normalroute.

Kurz vor der Sihltalhütte. Ziel und Aufstiegsroute werden definitiv festgelegt.

Das Gelände im oberen Teil hinauf zum P.2203 weist über ca. 100hm eine Steilheit von 40-45 Grad auf. Dank der idealen Schneedecke (tragend aber nicht hart, mit griffiger Oberfläche) konnte ich die Krete zwar mit etlichen Spitzkehren, aber doch ohne Portage erreichen. Einmal oben angekommen, war es dann noch eine kurze Gratwanderung hinüber zum neu mit einem Gipfelkreuz ausgestatteten (u.a. von Wendy Holdener gesponsort) Höch Hund zu gehen. Der Grat war südseitig bzw. "obendrauf" schon komplett aper und konnte problemlos beschritten werden. Um 9.40 Uhr schlug ich bei eitel Sonnenschein, sehr milden Temperaturen und Windstille dort an - alleine auf weiter Flur in dieser eindrücklichen Berglandschaft, so haben wir es gern.

Der Gipfelkopf vom Höch Hund mit dem im 2024 neu erstellten Kreuz am höchsten Punkt der Gemeinde Unteriberg.

Nachdem ich ausgeruht und mich sattgesehen hatte, sollte es noch ein wenig Skigenuss geben. Diesen fand ich bei sulzigen Verhältnissen durchaus vor. In der Steilpartie zu Beginn war der Schnee aber nicht so homogen, weshalb ich mich ein wenig zu zügeln brauchte. Unten war es in dieser Hinsicht besser, wobei nach über 2 Wochen Sonne und Wärme die Schneeoberfläche auch da nicht mehr ganz die samtene Glätte hatte, wie es bei perfekten Frühlingsverhältnissen der Fall ist. Exakt meiner Aufstiegsroute folgend gelangte ich problemlos und zügig ins Tal. Noch vor Mittag war ich wieder daheim: duschen, essen und dann noch den Arbeitgeber glücklich machen lautete das Programm. Schon schön, wenn an einem solchen Frühlingstag auch noch eine tolle Skitour ihren Platz findet.

Blick vom Gipfel nach SE, meine Bretter sind beim Gipfelchen deponiert, welches sich ziemlich genau in der Falllinie des einen Kondensstreifen ziehenden Flugzeugs deponiert. Eine schöne und erstaunlich einfache Gratwanderung führte von da zum Top.

Donnerstag, 17. April 2025

Sasso Tròlcia - Il nodo infinito (7b)

Il nodo infinito (12 SL, 7b) am Sasso Tròlcia im Maggiatal ist eine häufig begangene, talnahe MSL-Route im Tessin. Neben dem bequemen Zugang ist es bestimmt auch die sehr gute BH-Absicherung, welche viele Begeher anlockt. Noch viel mehr dürfte es aber die Tatsache der (relativ) schattigen Lage sein, denn allzu viele für den Sommer gut taugliche MSL gibt es im Tessin in dieser Kragenweite nicht. So sparte ich mir die Route ebenfalls lange Jahre auf, um sie an einem im Norden regnerischen, im Süden aber warmen Sommertag zu begehen. Gekommen ist es schliesslich ziemlich unverhofft doch anders. Schon im April griffen wir an, bei eher kühlen und windigen Bedingungen. Wenn man einen Freikletterversuch starten will, so ist dies jedoch durchaus eine sinnvolle Strategie.

Der Sasso Tròlcia im Maggiatal mit dem ungefähren Verlauf der tollen Route Il nodo infinito.

Vor dieser Tour lag ein sehr ereignisreicher Samstag, welcher nach kurzer Nacht mit Aufstehen um 4.30 Uhr begann. Die Schweizer Bouldermeisterschaft stand an, und ich wollte Larina begleiten. Ins Bett kam ich schliesslich erst deutlich nach Mitternacht. Mit Qualifikation und Finalteilnahme dauerte schon nur der Wettkampf, die Feierlichkeiten danach für den SM-Titel von Larinas Teamkollege Levin hielten noch länger an. Vor der Tour war mir so nur eine weitere verkürzte Nachtruhe gewährt. Denn während die hier beschriebene Route am Sasso Tròlcia grundsätzlich unkompliziert ist und mit einem moderaten Zustieg glänzt, so liegt das Maggiatal leider nicht ganz in meinem Vorgarten. Immerhin, auf der Anreise per öV konnte ich noch etwas relaxen. Der gut halbstündige Zustieg ab Someo, über die lange Wackel-Hangebrücke und noch ein paar Dutzend Höhenmetern zum Schluss war dann gerade richtig, um die Lebensgeister wieder ein wenig aufzuwecken. 

Mit der rund 400m langen Hängebrücke wird die Schwemmebene der Maggia überquert.

Der Einstieg in die Route befindet sich direkt am Wanderweg, ist aber relativ unscheinbar. Als einziges Zeichen dient das (ca. 8m lange, verrottete und farblich der Umgebung angeglichene) Fixseil, welches zum ersten BH hinaufführt. Es sei noch erwähnt, dass die Route mehr oder weniger am ersten Punkt startet, wo man lohnende Kletterei in kompaktem Fels vermuten kann. Um 10.52 Uhr hatten wir schliesslich alles parat und stiegen ein. Ideal war es, dass wir uns noch schön an der Sonne vorbereiten konnten, die Kletterei war dann vom ersten bis zum letzten Meter angenehm im Schatten. Dies gilt so für unseren Tourenzeitpunkt anfangs April. Steht die Sonne höher am Horizont, so scheint sie wohl bis gegen 3h länger auf die ersten Seillängen.

Tolle Frühlingsstimmung im Maggiatal, der Fluss selbst an diesem Tag nur ein kümmerliches Rinnsal. Wer Il nodo infinito angehen will, wähle im Idealfall einen Tag mit tiefer Luftfeuchtigkeit nach einer Trockenperiode. Die Kletterei macht bestimmt mehr Spass so. Der Sasso Tròlcia ist übrigens in der Bildmitte sichtbar, die Route verläuft im Bereich, der hier als die rechte Kante des Berges erscheint.

L1, 40m, 6b: Wäre ich da vor Existenz der Route da auf dem Wanderweg vorbeigegangen, ich hätte die Wand und insbesondere die Slab der ersten Seillänge de visu wohl als unkletterbar taxiert. Da gehörte schon eine gehörige Portion Optimismus dazu, in diesem Terrain eine lohnende und frei kletterbare Linie zu vermuten. Aber wie man sieht, solche Eindrücke können täuschen. Und während das Terrain im Plattenschuss zu Beginn schon grossflächig ziemlich blank ist, so mäandriert man den Strukturen entlang und findet wo nötig eine passende Leiste. So geht's hier gut auf, im Kontext der Route nicht die härteste 6b.

Nein, optisch attraktiv sieht es nicht aus. Und gleichzeitig auch noch sauschwer. Eindrücke können aber täuschen, die Kletterei in L1 (6b) ist cool und geht auch erstaunlich gut auf.

L2, 25m, 6b+: Nach rechts querend geht's weiter, vorerst ist das ganz ordentlich gängig. Allzu viel überlegen scheint man nicht zu müssen. In dem dunklen und etwas staubigen Fels sind die Tritte von den zahlreichen Begehungen abgewetzt und farblich markiert - das habe ich noch selten auf eine solch deutliche Art und Weise erlebt. So klettere ich dann etwas gar übermütig in die kurz-aber-heftige Crux hinein und befinde mich plötzlich viel näher als gewünscht an der Abrutschgrenze. Hier hätte mein Versuch der Komplett-Begehung bereits enden können... Glück gehabt.

Cruxmove in L2 (6b+), pas si facile que ça.

L3, 30m, 6b: Nochmals ähnlicher Charakter wie in der Seillänge davor. Plattiges Gelände mit markierten Tritten, über weite Strecken nicht sonderlich schwierig. Aber auch hier wartet eine markante, etwas unangenehm-glatte und strukturarme Crux. Bald lässt es wieder nach, in einfacherem und auch etwas botanischem Gelände geht's zum Stand.

Die dritte Seillänge (6b) ist nicht sehr fotogen, da freut sich das Auge mehr am Blick über das Maggiatal. Im Bildzentrum ist die Ortschaft Someo sichtbar, wo der Zustieg startet. In der linken Bildhälfte sieht man die Sportklettersektoren von Someo, welche auch formidable Kletterei bieten.

L4, 25m, 7b: Irgendwie ein bisschen ein One-Move-Wonder, aber dann doch auch nicht ganz. Der Auftakt führt rechts hinaus auf einer Rampe, dann kommt gleich die Crux an einer steilen Wandstelle. Ich bin die direkt über die Haken mit (wirklich nur) einem brachialen Move geklettert. Viktor (der die Route bereits ein Jahr zuvor geklettert und die Stelle damals ausgebouldert hatte) wählte eine komplett andere Lösung mit einer Rechtsschleife an die Kante - ob einfacher oder nicht sei hier offen gelassen, bestimmt ist sein Approach weniger offen- und übersichtlich. Nach dem Cruxmove heisst's dann noch etwas dranbleiben und die Nerven bewahren (wohl der zwingendste Abschnitt der Route?!), bis wieder geklippt werden kann und man sich nach rechts um die Kante drückt. Da warten dann noch 3 Boulderpassagen, v.a. die mittlere der drei mit einem wackligen Mantle hat es in sich. Auch mit viel Kraftreserven ist diese Stelle nicht vollständig kontrollierbar. Sprich, es verbleibt ein Gamble, wie genau man sich hochdrücken muss, damit man beim Aufrichten nicht wegkippt. Das hat mich einige Nerven gekostet, die Sache hier zu vergeigen wäre doch zu schade gewesen. Doch meine Intuition passte, ich setzte auf die richtige Beta und konnte wenig später mit dem scharf geschnittenen, griffigen Plaisir-Riss das Abschlussbouquet geniessen.

Jetzt geht's gleich looooos! In den folgenden 2 Moves spielt sich die 7b-Crux der Route ab. 

Die Cruxlänge hat aber auch in ihrem oberen Teil noch etwas zu bieten. Hier besteht die Challenge, mehr oder weniger grifflos auf die Leiste zu manteln, welche Viktor in der Hand hält. Wenn man genau weiss wie, dann geht's und ist auch nicht so schwierig. Das Problem besteht aber darin, dass bei der nicht exakt richtigen Ausführung die Gefahr vom Wegkippen wohl sehr gross ist.

L5, 25m, 6a+: Im steilsten Gemäuer der Route findet man fast die einfachste Seillänge. Das liegt daran, dass man hier weitestgehend Rissen und Schuppen zur Fortbewegung nutzen kann. Zu Beginn stecken keine BH, ohne Cams zu legen (0.3-0.5, evtl. 0.75) wäre es ein unangenehmer Runout. Nachher stecken dann BH, vielleicht auch besser so: das hängende Dach in diesem Wandbereich macht nicht den Eindruck, als sei es für die geologische Ewigkeit gemacht. Vermutlich bleibt die Struktur aber noch viel länger da, wie Kletterer bei ihr vorbeikommen und die lässige Turnerei hier geniessen.

Das Foto ist zwar vom Plaisir-Riss am Ende von L4 (7b), dessen Fortsetzung markiert aber auch den Start von L5 (6a+).

L6, 35m, 7a: Kurz im Gemüse nach rechts, dann hinauf in eine seichte Verschneidung, wo eine Mischung von Gegendruck- und Wandkletterei wartet. Meine Piaz-Aversion wird hier nicht allzu sehr herausgefordert: vernünftige Tritte und gute BH-Absicherung machen einem das Leben relativ angenehm. Die Crux kommt zum Ende und erfordert vor allem die Einsicht, wie genau man die Verschneidung nach links zu verlassen hat. Dies ist mässig offensichtlich und vor allem existieren unterschiedliche Lösungsansätze. Der von mir gewählte funktionierte gut, so dass ich der Sache eher eine "petit 7a" attestieren würde.

Das Finish von L6 (7a) mit der Crux. Wie man sieht, Griffe hat es gar nicht so wenige. Oft aber schräg ausgerichtet und sloprig, so dass man sich gut positionieren muss, um nicht wegzurutschen. Gute Bedingungen helfen aber ganz sicher auch.

L7, 20m, 6c: Die aussergewöhnlichste Seillänge der Route, welche entlang von abstehenden Schuppen verläuft. Viktor setzte hier im Vorstieg auf eine Squeeze-Beta - es ist nicht so einfach, überhaupt da reinzukommen und raus sah dann noch viel schlimmer aus. Ich bin die Passage dann geklettert, ohne mich je mit dem Körper zu verklemmen. Das ging gefühlt problemlos bzw. viel einfacher. Zum Ende der Seillänge wartet dann noch eine Wandpassage an Leisten, wo es auch nicht so einfach ist, den richtigen Weg zu erkennen. Es kommt hinzu, dass der unbequeme Stand fast 2m höher steckt als die einfachste, durchgehende Kletterlinie von L7 in L8. Aber egal, geht schon.

Viktor klemmt fest in der Schuppenpassage vom L7 (6c).

L8, 25m, 6c+: Grosso modo Wandkletterei an Leisten. Zu Beginn muss man ein wenig schauen, es geht aber gut und ist auch kräftemässig nicht sehr anstregend. So kommt man hoffentlich mehr oder weniger ungerupft zum "Endgegner". Bei der taffen Boulderstelle an Leisten ist die Griffsequenz relativ einfach zu lesen. Das Problem besteht mehr darin, dass es keine Tritte gibt, bzw. man mit den Füssen auf etwas geneigten Flächen auf Reibung antritt. So kommt dem richtigen Positioning bzw. der Inuition dafür eine entscheidende Bedeutung zu und es ist eben doch tricky und committing (nur taktisch, die Haken stecken hier so nahe, dass alles problemlos A0 gemacht werden kann). Zu guter Letzt wartet dann noch der Final Move hinauf zum Standband - dessen Kante droht mit Sloprigkeit und Abrutschgefahr. Ich hatte zum Glück die Reserven, diese Stelle mit einem Monsterblocker statisch niederknüppeln zu können. Wer da dynamisch ziehen muss, lässt sich unweigerlich nochmals auf ein Gamble ein, gut auszulösen und am Ziel die richtige Stelle zu treffen... aber genau deswegen, eine affengeile Passage! Nach meinem Gusto würde ich dieser Seillänge eher 7a geben, sicher eher jedenfalls als L6.

Das Foto bringt es leider nicht ganz so zur Geltung: am Ende von L8 (6c+ hard) ist Biss und Entschlossenheit nötig, insbesondere für den Move, welchen Viktor gerade ausführt (und dann auch noch die beiden folgenden). Was täuscht ist der Eindruck, dass da unterhalb gute Tritte wären... man steht da nämlich mehr oder weniger im Nichts, bzw. zumindest nur auf Reibung in steilem Gelände.

L9, 25m, 6c: Eine eher technische und weniger physische Seillänge mit zuerst ein paar Balancy-Moves an einem kleinen Pfeilerlein, nachher dann griffige Wandkletterei. Hier konnte ich die Bewertung nicht ganz nachvollziehen - massiv einfacher wie L8, insgesamt sicher eine der Seillängen, die ich am komfortabelsten Klettern konnte. Vielleicht bezieht sich die Einstufung auf den sehr direkten Weg über die Haken?

L10, 30m, 6c+: Hier wartet gleich zu Beginn eine etwas unangenehme Startsequenz linksherum. So viele Haken wie sonst teilweise stecken, doch hier ist der zweite Klipp etwas ungeschmeidig. Klar, in Retrospekt habe ich mich wohl eher doof angestellt, als dass es echt schwierig wäre. Weiter oben folgt dann eine steile Wandpassage mit prima strukturiertem Fels: Leisten, Löcher und recht gute Tritte. Ich hatte mir die Zeit genommen, die beste Sequenz zu lesen. Das gelang insofern, als dass es mir sehr gut aufging und ich die Seillänge im Vergleich zu L8 doch deutlich einfacher empfand. 

Auch wenn der Hakenabstand mit dem Zollstock gemessen nicht weit ist: die Stelle vom ersten zum zweiten Haken in L10 (6c+) ist eine der wenigen der Route, welche sich im Vorstieg etwas unangenehm anfühlt. 

L11, 35m, 6b+: Die Wand legt sich hier zurück, es gibt mehr Botanik und auch aufgrund der eher milden Bewertung der beiden vorangehenden Längen könnte man sich in Sicherheit wiegen und eine zügig-problemlose Etappe in Richtung des Tops vermuten. Das offenbart sich aber nicht wie gewünscht: die Verschneidung präsentiert sich nur zu Beginn griffig und wird nach Auslaufen des Risses heftig knifflig. Man bewegt sich da wieder einmal hart an der Abrutschgrenze, ohne dass es etwas Vernünftiges zum Greifen gäbe. Doch Not macht erfinderisch: keinesfalls wollte ich hier meine Begehung noch vergeigen und so habe ich an der entscheidenden Stelle schliesslich den Truc gefunden, mit welcher sich die Sache doch kontrolliert machen liess - viel Spass bei der Suche nach der 6b+ Beta, oder dann beim Ausführen der 6c+ Alternative 😜

Auf diesem Foto sieht man nur das 5c-Outro, nicht jedoch die Schleuderstelle von L11 (6b+).

L12, 45m, 6a: Offenbar wird diese Seillänge auch gerne ausgelassen. Unlohnend sei es und sowieso, viele andere haben ja auch vorher umgedreht. Naja, nach meinen kurzen Nächten war ich auch müde, aber hier vor dem Top klein beizugeben, das wäre mir dann doch nicht in den Sinn gekommen. Denn entweder war man oben, oder eben nicht. Und ich muss sagen: so schlecht wie ihr Ruf ist diese Länge bei weitem nicht. Der Anfang ist zwar wirklich kurz mal botanisch, aber dann kommt eine Sektion mit sauberer und wirklich cooler Risskletterei, welche mit Cams abgesichert werden muss. Später kommen dann Stemming und ein paar Bolts, mit zwei Wandstufen kommt man schliesslich zum Ende der Route.

Ausblick auf L12 (6a). Der Beginn ist tatsächlich etwas botanisch, geht aber schon. Die Sektion mit der von Rissen durchzogenen Verschneidungen, wo ich mich im Foto befinde, ist dann aber nochmals wirklich lohnend.

Um 17.42 Uhr und damit nach 6:50h der Kletterei hatten wir es schliesslich geschafft. Beide standen wir am Top der Route und beide hatten wir eine lupenreine Begehung geschafft. Nein, als Preis gab es rein gar nichts dafür, selbst die inzwischen schon fast kompostierten Kletterfinken liessen wir gerne vor Ort. Diese komplette Onsight/Flash-Begehung erfüllte mich doch mit grosser Freude und Stolz. Klar, eine 7b zu onsighten ist im Lichte des heutigen Kletterniveaus keine gewaltige Leistung. Doch erstens muss man das am individuellen Massstab messen. Meine OS-Erfolgschance lag 2024 im Grad 7b+ beim Sportklettern bei ca. 50%, so viel Reserve auf den geforderten Grad habe ich also nicht. Mit einem tieferen Kletterniveau wie dem meinigen geht die Wahrscheinlichkeit für einen kompletten OS/Flash-Durchstieg dann wohl bald einmal rapide gegen null. Andererseits gibt es selbst mit einem deutlich höheren Niveau zig Gründe, trotzdem zu scheitern. Zusätzlich zu all den üblichen potenziellen MSL-Problemchen warten einfach sehr viele knifflige Stellen. Auch wenn diese nur mit "Aufwärm-Graden" von 6b oder 6c bewertet sind, geschenkt sind manche davon ganz und gar nicht. Und schliesslich ist "the name of the game": es ist kein einziger Fehler erlaubt, und das den ganzen Tag lang in 7h Kletterei. Wie immer man dazu steht: mir jedenfalls macht diese Art von Herausforderung gewaltig Spass und eine harte Prüfung dann noch zu bestehen natürlich umso mehr.

Inzwischen schon beinahe kompostiert, aber immer noch da...

Tja, dieses Philosophieren hatten wir natürlich auf die Zugfahrt auf dem Heimweg verschoben. Vom Top wollten wir uns hingegen lieber zügig aus dem Staub machen. Ganz so reibungslos wie es sein könnte, präsentierte sich die Abseilfahrt leider nicht. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die Stände mässig eingerichtet sind (dünne, rostige Maillons, teils nicht verbunden, schlechtes Stehgelände) und auch die Sequenzen mit 2x50m-Seilen nicht so schön aufgehen. Wir mussten 8 Manöver ziehen:

Top -> S11 -> S10 -> S8 -> S6 -> S5 -> S4 -> separater Abseilstand -> Boden

Mit 2x60m sollte es hingegen in nur 6 Manövern gehen:

Top -> S11 -> S9 -> S7 -> S5 -> separater Abseilstand -> Boden

Und während der Gneis in der Wand zwar ziemlich glatt ist, besteht doch ein erhebliches Risiko für einen Seilverhänger an einem Botanikelement. Dies umso mehr, falls der Talwind oder der Nordwind stark blasen sollte. Bei uns trat zum Glück kein schwerwiegendes Problem auf, trotzdem brauchten wir fast eine Stunde für die paar Manöver (es fühlte sich lange an). Dafür passte es zeitlich gerade, um ohne übertriebene Eile zurücklaufen zu können und den nächsten der im 30-Minuten-Takt fahrenden Busse zu erwischen. Ein solches Intervall nimmt der Rückmarsch an die Haltestelle noch in Anspruch, nachher konnten wir uns zurücklehnen und wurden bequem zurück in die Nordschweiz chauffiert.

Facts

Sasso Tròlcia - Il nodo infinito 7b (6b obl.) - 12 SL, 330m - Glauco Cugini 1995 - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seile (2x60m für Abseilen vorteilhaft), 12 Express, Cams 0.3-0.75

Hier gibt's schon viele treffende Beschreibungen der Route. Ja, von Weitem und eigentlich nicht einmal wirklich aus der Nähe sieht es optisch attraktiv aus. Die Kletterei ist aber so gut wie ihr Ruf. Nach drei plattigen Auftaktlängen wartet leistig-sloprige und recht athletische Gneiskletterei vom Feinsten. Im obersten Teil legt sich die Wand dann wieder etwas zurück und wird etwas grasiger. Auch wenn die Route für Sonne / Wärme / Schatten angepriesen wird: im Juni und Juli "stört" die Sonne bis Mitte Nachmittag und generell sind die Bedingungen bei feuchter Hitze wohl suboptimal. Zum Freiklettern findet man den besten Grip sicher bei kühleren Temperaturen, nach einer Trockenperiode und bei trockenem Nordwind. Die Absicherung mit rostfreien Bohrhaken ist sehr eng gehalten, aber nicht immer ganz homogen. Es gibt viele xxxxx-Passagen, wo alles problemlos A0 gemacht werden kann. Auf ein paar plattigen Abschnitten muss man dann aber im Vorstieg doch ein bisschen was bieten. Nominell sind diese Abschnitte zwar nur im 6b-Niveau, aber der Erschliesser Glauco hat in diesem Terrain etwas drauf und einen strengen Massstab. Zu erwähnen ist, dass es in L5 und L12 zwei Sektionen an Rissen gibt, wo keine BH stecken. Diese sind mit Schwierigkeiten um 6a zwar relativ einfach, ohne Cams 0.3-0.75 aber ungenügend abgesichert. Auf allen anderen Seillängen setzten wir keine Cams ein, bzw. befanden diese nicht als nötig. Stand April 2025 war die Route eher mässig gut zum Abseilen eingerichtet. Die Standplätze mit ein paar soliden Schlingen und (rostfreien!) Maillons oder gleich Kettenständen aufzupeppen wäre wünschenswert. Topos zur Route findet man in diverser Führerliteratur, z.B. im Extrem Sud oder im SAC-Führer Tessin.

Samstag, 12. April 2025

Skitour Crap Mats (2946m)

Die für den April schon fast epische Schönwetterperiode hält an und mit ihr auch die guten Bedingungen für eine Skitour. So will ich es nochmals wissen. Erneut ob all dem Alltag und der Kletterfreizeit nicht mit einer Mordstour, aber etwas Exklusives darf es schon sein. So entscheide ich mich für den Crap Mats in der Surselva. Natürlich liegt beim Ausgangspunkt in Trin auf nicht einmal 900m schon längst kein Schnee mehr. Doch an diesem Berg gibt's kaum je gute Bedingungen für einen Start von unten und so gereicht es mir nur zum Vorteil, dass sich die Schneegrenze bereits über den Waldgürtel zurückgezogen hat.

Blick zum Crap Mats (2946m, in Bildmitte) vom Plateau auf 2100m.

Direkt beim Abzweig der Strasse zur Alp Mora gibt's Parkplätze (0.50 CHF/h), ebenda sattle ich das Bike und strample los. Es wird ein ausführliches Einrollen über 9.5km und 1050hm bis Tegia Sut P.1947, welches mich ein bisschen mehr wie 45 Minuten kostet. Die Fahrt führt durch eine Wildruhezone, doch die Nutzung der meisten Strassen und Wege ist erlaubt - man muss einfach die Karte konsultieren und die richtigen auswählen, so kompliziert ist es nicht. Viel Schnee liegt auch bei Tegia Sut nicht mehr, aber ich kann beim Bikedepot auf die Ski wechseln und komme gerade durch, ohne dass ich die Bretter nochmals ausziehen muss. 

Bikedepot bei Tegia Sut. Ab hier ging es gerade noch durchgehend mit den Ski.

Vom Plateau auf ca. 2100m zeigt sich der weitere Verlauf der Tour. Dieser beginnt mit dem Vernichten von einigen Höhenmetern hinab in die Talsohle des Val Maliens. Sehr schön wird dessen vorderer Teil durchschritten, bevor man rechts abbiegt und auf rund 2400m den breiten Rücken erreicht, welcher zum Crap Mats zieht. Selbst auf dieser Höhenlage hatte es nur mehr erstaunlich wenig Schnee. An meinem Tourentag noch kein Problem, aber bald wird auch da fertig sein mit Skifahren. Es sei dann, man stehe auf Slab Climbing mit den Ski an den Füssen 😜

Zur Zeit ist Slab Climbing mit den Ski noch nicht zwingend, aber üben kann man schon mal.

War die Tour bis dahin nur moderat steil, so werden die letzten 200hm dann noch richtig 'gääch'. Gleich zuerst muss eine plattige Felsstufe durch ein Couloir überwunden werden. Das Gelände ist da 45-50 Grad steil, das erforderte einen kurzen Bootpack. Oberhalb legt sich das Terrain wieder auf 35-40 Grad zurück, aber man bewegt sich da oberhalb dieser Felsstufe. Wenn man mit den Ski geht, so ist eine saubere und sichere Steigtechnik unerlässlich - bei Hartschnee besteht Absturzgefahr. Auf der Linie des geringsten Widerstands erreicht man den Gipfelkamm, wo es noch ein wenig 'nach hinten' zum schlichten Gipfelkreuz geht, in 2:10h vom Bikedepot hatte ich dieses erreicht.

Top of Crap Mats. Hinten am Ringelspitz beginnt es bereits zu quellen.

Die Abfahrt erfüllt dann alle Hoffnungen auf Skigenuss. Schon die Gipfelflanke ist toll zu schwingen, es fühlt sich im Abfahrtsmodus deutlich weniger dicey an als im Aufstieg. Auch das Couloir ist für mich easy fahrbar und danach kann man es erst recht laufen lassen. Der Schwung wird nur durch den kurzen Gegenaufstieg aufs Plateau um 2100m gebremst, dann geht's wieder im Schuss durch die letzten Schneerinnen direkt zum Bike. Die Talfahrt mit diesem ist dann richtig bequem. Oben noch Schotter, wo man schon etwas "auf der Bremse hocken muss", aber nicht extrem steil. Ab P.1532 gibt's dann Hartbelag, da die Strasse breit, nicht extrem steil und meist schön gerade ist, kann man ohne die Finger zu krümmen laufen lassen und die geraume Menge an potenzieller Energie in Luftverwirbelungen umwandeln. Bald war ich retour am Ausgangspunkt, mit dem Fazit einer tollen Tour und einer Differenz von null zwischen meinen Vorstellungen bzw. Wünschen an diese und der angetroffenen Realität.

Das letzte Stück der (Ski-)Abfahrt nach Tegia Sut. Am Horizont in der linken Bildhälfte der Piz Beverin und das Bruschghorn, mittig prominent die Signina-Gruppe mit dem Piz Fess, rechts sind weiter weg das Rheinwaldhorn und der Piz Terri sichtbar. Weiteres Material für zukünftige Skitouren ist noch ausreichend vorhanden 😎

Montag, 7. April 2025

Barglen - Dä Burner (6c+)

Meine kürzliche Skitour auf die Barglen hatte meinen Wunsch einmal an deren Südwand zu klettern aufgefrischt. Einerseits präsentierte sich der Ofen in perfekten Climbing Conditions, andererseits war die Talabfahrt noch bis zur Stöckalp machbar. So waren die Voraussetzungen für eine Kombination von Skitour und MSL-Klettern gegeben. Nachdem mit Martin ein motivierter Mitstreiter am Start war, konnte es an einem wunderbaren Frühlingstag losgehen. Und ja, die hohen Versprechungen wurden eingehalten: perfekte, frühlingshafte Sulzverhältnisse auf der Skitour, sommerlich-angenehme Temperaturen in der Wand und eine ausgezeichnete Kletterei in bestem, wasserzerfressenem Fels.

Blick auf die Südwand der Barglen mit dem Verlauf vom Burner. Das Bild wurde nach der Kletterei aufgenommen und ist auch mit unseren Abfahrtsspuren verziert. Der Hang unter der Wand bot auch am Nachmittag noch einen perfekten Sulzgenuss.

Unsere Tour startete mit der Gondelfahrt von der Stöckalp zur Melchsee-Frutt (13 CHF pro Person mit Halbtax, plus 5 CHF Tages-Parkgebühr), wo wir um ziemlich genau 9.00 Uhr zuerst im Skatingstil starteten. Bald montierten wir aber die Felle und gingen über die perfekt gespurte Langlaufloipe bis zum Staudamm vom Tannsee (P.1973), ab da dann im freien Gelände, immer unter dem langgezogenen Felsband entlang. Es gilt, viel Distanz zurückzulegen, Höhenmeter gibt's vor allem am Ende im bis zu 40 Grad steilen Anstieg zur Wand hinauf. Nach etwa 1:50h Aufstieg hatten wir den Start der Route auf ca. 2460m erreicht. Bei sehr angenehmem Klima und schneefrei-trockenem Einstiegsgelände konnten wir gemütlich eine Pause einlegen und die Ausrüstung montieren. Um 11.30 Uhr fiel dann der Startschuss zur Kletterei.

Wie unschwer zu erkennen, hier geht's los.

L1, 30m, 6a+: Eine steile Seillänge nach der Façon, wie man sie aus den Klettergärten auf der Melchsee-Frutt kennt: quergebänderter Fels mit vielen Henkeln. Für mein Gusto ein absolut ideales Einturnen, um auch die Oberkörpermuskeln auf Betriebstemperatur zu bringen.

Los geht's, da kommt der Appetit auf das Klettern von alleine (L1, 6a+).

L2, 40m, 6b+: Wow, was für ein Abschnitt. Der Beginn ist unspektakulär in etwas gschüderigem, geneigtem Gelände, aber es sind nur wenige Meter so. Dann geht's los mit einem Boulderzug an einem Wulst, der sich harmloser wie vermutet entpuppte. Man gelangt so auf eine formidable Raspelplatte, ein absolutes Gustostücklein in technischer Plattenkletterei. Es gilt den Füssen voll zu vertrauen, wobei die Reibung nun absolut nicht besser sein könnte.

Was für eine geniale Passage über diese superkompakte Platte in L2 (6b+).

L3, 25m, 6c+: Es wartet eine nächste Steilwand, die mit betont senkrechter Kletterei startet. Die Griffe fallen vorerst stets gut bis sehr gut aus, erst nach einer Weile spitzt sich die Sache zu. An der Crux der Route heisst es über ein paar Meter, kleinere Tropflochcrimps herzhaft zuzudübeln. Der Fels ist von der Marke extrascharf, aber so haben wir es gern. Eine kurze Rechtsquerung führt zum bequemen Standplatz.

Martin krallt sich die extrascharfen Tropfstrukturen im Ausstieg aus der Crux (L3, 6c+)

L4, 20m, 6b: Ein weiterer Abschnitt mit steiler Wandkletterei. Erst noch relativ easy unter den Ansatz einer Verschneidung hinauf, welche man aber gleich nach rechts über die Seitenwand verlässt. Auch hier alles gutgriffig und mit etwas Kraftausdauer problemlos. Nur ganz am Ende vor der Rechtsquerung zum Stand hinaus kommt noch eine Stelle, die uns beiden unabhängig das Gefühl gab, dass wir uns blöd angestellt hätten.

Das ist genau die Stelle, die einem das Gefühl gibt, man habe sich dumm angestellt (L4, 6b).

L5, 30m, 6b+: Erneut athletische und leicht überhängende Wandkletterei. Es gibt keine lange Schonfrist, gleich nach dem Stand will ein erster Überhang erklommen sein, was aber bei geschickter Linienwahl keine Probleme macht. Am nächsten Aufschwung wird der Vorsteiger dann hingegen geprüft: beim BH an der Crux war bei unserer Begehung nur noch die Mutter, nicht jedoch das Plättli vorhanden. Mit ausreichend Reserve auf den geforderten Grad und dank der guten Absicherung konnte ich hier trotzdem passieren, das wird aber nicht bei jedem Anwärter so sein. Noch einige Meter geht's über den steilen Pfeiler hinauf, nach dessen Ende heisst's dann in einfachem, aber brüchig-schottrigem Gelände den Stand links oben (mit Wandbuch) zu erreichen.

Weil die Fotos sonst ja immer gleich aussähen, kommt hier von L5 (6b+) halt eines vom schottrigen Ausstieg zum Zug. Es gibt auf der Route zwei kurze Passagen dieser Art, was der Sache aber keinen Abbruch tut.

L6, 25m, 6a: Diese Seillänge gehört nominell zur Nachbartour Jesi, aber die Fortsetzung zum Top drängt sich natürlich auch für den Burner auf. Eine ganz witzige Sache hier, steil über ein paar Aufschwünge hinweg. Der Fels ist an sich gut und henklig, auf ein paar nicht so optimal verankerte Blöcke verzichtet man aber lieber - es gibt genügend solide Griffmöglichkeiten.

L7, 25m, 5b: Das kurze Abschlussstück führt über eine plattige Rampe wieder nach rechts hinaus. Bei unserer Begehung lief hier teilweise das Schmelzwasser von der Gipfelabdachung, was jedoch kein gröberes Hindernis darstellte. Hinweis: unterhalb ist das Gelände überhängend, weshalb die Tropfen den Burner nicht tangierten. Der Stand am Ende links unter dem Dach. 

Ausstieg zum Top mit Aussicht vom Gross Wendenstock bis zum Finsteraarhorn - sublime!

Knapp vor 14.00 Uhr und damit nach 2:30h der sehr genussvollen Kletterei hatten wir das Top erreicht. An diesem war ich eine Woche zuvor unbemerkt wohl nur wenige Meter vorbeigegangen. Wegen dem Schnee war ein Ausstieg auf die Gipfelabdachung nicht möglich. Wir fädelten deshalb gleich die Seile und glitten in die Tiefe. Ob dem sehr steilen Gelände geht das super bequem und zügig in 4 gestreckten Manövern (Top -> Stand 5 -> Stand 3 -> separater Abseilstand westlich der Route in L2 -> Einstieg). Gemütlich im trockenen Gras sitzend konnten wir einen weiteren Vesper geniessen und über das weitere Vorgehen beraten. Da uns daheim noch Pflichten bevorstanden, entschieden wir uns gegen eine zweite MSL. Eine Route im Klettergarten am Wandfuss lag aber noch drin. Zur Verfügung stehen inzwischen mehr Routen als in der Literatur und im Web verzeichnet (ca. 15-20 Stück mit Schwierigkeiten bis 7c). Auf die Spoks (7a) fiel unsere Wahl, sie trumpft mit ähnlichen Attributen auf: steil, griffig und in ihrem Mittelteil bisweilen pumpig. Auch hier konnte wie im Burner ein souveräner Onsight notiert werden.

Das Abseilen geht im absatzlosen Steilgelände sehr bequem und ruckzuck.

Mit weisser Weste ab auf's weisse Parkett, konnte das Motto also lauten. Wir wechselten von den Kletterfinken auf die Skischuhe, die Bekleidung konnte hingegen im Sommermodus bleiben. Obwohl die Sonne schon den ganzen Tag auf den Hang gebraten hatte, präsentierte sich der erste Steilabschnitt mit formidablem, kompakten Sulz. In der Fortsetzung wechselten sich Schrägfahrten mit schwingbaren Hängen ab. Hatten wir erst noch befürchtet, dort immer wieder Stockeinsatz geben zu müssen, so lief es weitestgehend "gratis". Erst vom Tannsee-Staudamm zurück auf der Langlaufloipe waren die Arme dann vermehrt gefordert. Mit moderatem Aufwand jedoch, in einer halben Stunde ab dem Einstieg waren wir aber zurück auf der Frutt. Mit einer fetzigen Abfahrt über die leeren Pisten waren wir weitere 15 Minuten später retour bei der Stöckalp und konstatierten ein rundum gelungenes Unternehmen. Gut gibt's an der Barglen noch viele weitere Routen, solche Tourentage werden nur zu gerne wiederholt.

Sozusagen das Motto vom Tag 😀

Facts

Barglen - Dä Burner 6c+ (6b obl.) - 7 SL, 200m - Speck/Waser 2020 - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 11 Express

Eine ausgezeichnete Route in meist hervorragendem, griffigen und bisweilen richtig scharfem Fels, der seine Ähnlichkeit zu den nur 5km entfernten Wendenstöcken nicht leugnen kann. Nur auf wenigen einfachen Abschnitten ist das Gestein weniger schön. Ob der bisher wenigen Begehungen (unsere war laut Wandbuch die fünfte) ist die Route bisher wenig abgeklettert, d.h. es brösmelet hier und da noch etwas von den scharfen "Spitzli" her. Geboten wird einem fast durchgehend steile Wandkletterei an den für das Gebiet typischen Querbänder-Henkeln und Tropflochcrimps. Die Ausnahme bildet die absolut aussergewöhnliche, kompakte Raspelplatte in L2. Die Absicherung mit rostfreien BH ist für MSL-Verhältnisse sehr gut ausgefallen. Trotzdem werden an den Vorsteiger einige Anforderungen gestellt. Dank der Kürze der Route und im Vergleich zu anderswo freundlichen Bewertungen kann man es hier aber durchaus wagen, auch wenn man noch nicht so viele Routen von ähnlicher Kragenweite gemacht hat. Super Infos und Topos von allen Routen im Gebiet findet man auf der Webseite https://www.barglen.ch.

Donnerstag, 3. April 2025

Skitour Barglen (2669m)

Meine letzte Skitour zum Rossstall lag schon einige Wochen zurück. Der trockene und milde März hatte mich definitiv vom Winter zurück in den Klettermodus verfrachtet. An diesem Freitag Ende März schien aber ein Ausflug in den Schnee definitiv noch einmal lohnend. Es stellte sich bloss die Frage wohin.  Günstige Lawinenverhältnisse liessen vieles zu, andererseits war ich mitten aus dem Familien-, Arbeits- und Trainingsleben nicht wirklich parat für einen nächtlichen Aufbruch und einen Konditionshammer. Doch auch in den Voralpen liessen sich noch exklusive, lohnende und mir unbekannte Ziele finden. So fiel meine Wahl aufs Melchtal.

Ein fantastischer Frühlings-Skitourentag! In der linken Bildhälfte der Gipfel der Barglen. Vom Fotostandort aus werden die beiden Höcker im Vordergrund mit einer Linksschleife umgangen, dann geht es durch die Barglenchäle in den Einschnitt am Grat leicht rechts unterhalb der Sonne.

Meine Tour startete bei Turrenbach P.935 zwischen dem Dorf Melchtal und der Stöckalp, der wohlbekannte Ausgangspunkt zu den Kletterouten am Ofen. Genau wie wenn es zum Klettern ginge ist die Strasse zu den Alpgebäuden bei P.1455 der erste Abschnitt. Das Gelände im Tal war schon komplett aper und war bereits das erste Grün am spriessen. So kam natürlich das Schneetaxi zum Einsatz. Das klappte wie gewünscht, bis auf 5 kurze Abschnitte wo ich wegen Schneeresten jeweils für wenige Meter vom Rad musste, war alles aper und bestens befahrbar. Auch sonst war meine Kalkulation perfekt aufgegangen: auf der Wiese bei P.1455 lag noch eine geschlossene Schneedecke, d.h. ich konnte die Bretter anschnallen, sie mussten auch bis zum Gipfel nie mehr von den Füssen. Ebenso drückte schon die Sonne durch die Nebeldecke, diese würde ich bald hinter mir gelassen haben.

Die Nebeldecke hatte ich bald einmal unter mir zurückgelassen. Hier bei den Hütten von Heufrutt.

Der Schnee war von Beginn weg kompakt und gefroren. So ging der Aufstieg zügig und ohne grosse Mühen. Erst offenes Gelände, dann relativ enge Passagen durch den Wald - hier war in einigen Abschnitten nur noch knapp Schnee vorhanden. Als ich die Bäume auf rund 1700m hinter mir liess, begann die grosse Bergherrlichkeit. Stahlblauer Himmel, kein Lüftlein ging, die Schneedecke war schön glatt wie ein Teppich, aber trotzdem griffig zum Aufsteigen. Dazu gab es ausführliche Blicke auf die fantastische Wand am Ofen, welche ich schon über ein Dutzend Mal durchklettert, doch noch nie aus dieser Perspektive betrachtet hatte. 

Ciao Amico! An der Ofenwand hätten an diesem Tag perfekte Bedingungen geherrscht. Klettern ist aber um diese Jahreszeit nicht erlaubt.

Von den Gebäuden von Heufrutt weg heisst es dann eine Schlaufe im Uhrzeigersinn um die beiden Höcker vom Chli und Gross Schinder zu machen, bevor es in die ~40 Grad steile Barglenchäle hineingeht. Hier, in steiler Nordexposition, war die Schneeoberfläche noch etwas pulvrig und nicht tragend, was mir einen bequemen Aufstieg ermöglichte. So war ich zügig am Gratkamm in der Nähe von P.2432 und es wartete die lange Zielgerade hinauf zum Top über den Gipfelrücken. Hier trug der Schnee wieder einwandfrei, in Erwartung einer tollen Abfahrt konnte ich beschwingt dem Gipfelkreuz entgegen fellen. Nach ca. 2:15h vom Bikedepot, bzw. 2:35h vom Ausgangspunkt erreichte ich dieses. Bei Top-Aussicht konnte ich eine ausführliche Pause einlegen.

Der letzte Abschnitt auf der sehr aussichtsreichen Gipfelabdachung.

Die Abfahrt war dann richtig toll: sulzige Schwünge auf kompakter Unterlage über die Gipfelabdachung. In Bezug auf die Barglenchäle war ich etwas unsicher, wie sich das wohl fahren liesse. Es zeigte sich aber: der Schnee war inzwischen etwas angefeuchtet, somit war es eine Art zäher Pulver, aber gut drehbar. Der Übergang zu perfektem Sulz danach war dann nahtlos. So ging es mit Höchstgenuss retour bis zum Waldeingang. Ab da hiess es dann hingegen mehr, geschickt zwischen den Bäumen und den Steinen zu navigieren. Das freie Gelände danach versprach dann wieder mehr Tempo, erst ganz zum Ende wurde dieses durch eine Portion faulen Bremsschnee wieder reduziert. Bis zum Bike blieben die Bretter an den Füssen. Rasch wurde dieses gesattelt, es folgte ein zügiges Auslüften auf dem Downhill retour zum Ausgangspunkt. Das Fazit kurz und klar: das war eine fantastische Tour bei genialen Bedingungen, da hatte einfach alles gepasst!

Der Blick zurück auf der Abfahrt auf den Ausgang der Barglenchäle.