Hallenklettern in Innsbruck, an den Ruhetagen können wir ja an den Fels, so lautete das Programm für die Herbstferien. Das spielte mir insofern in die Karten, als dass ich auch noch diverse Arbeitsverpflichtungen hatte, welche mit einer Hallensession besser in Einklang zu bringen sind als mit tagesfüllenden Alpinunternehmungen. Kurzum, vielleicht nicht ganz das Programm, wie man es sich in den kühnsten Träumen wünscht, aber immer noch besser als daheim unter der grauen Nebeldecke zu sitzen. Nach zwei Tagen Pump-bis-Platt in der Halle war etwas Erholung gefragt. Kurzer Zustieg, moderate Routenlänge, überschaubare Schwierigkeiten und angenehm sonnig sollte es sein. Die Strada del Sole in Nösslach erfüllte alle Anforderungen und mit dieser (absolut zurecht) vielgerühmten Tour konnte man nicht viel falsch machen.
Der Zustieg ist sehr kurz und vollzieht sich in wenigen Minuten ab der Hauptstrasse ins Ötztal, der Ausgangspunkt ist dabei die ARA von Längenfeld. Im Klettergarten am Wandfuss hatten wir uns damals bei unserem Auffahrtstrip im 2016 schon aufgehalten. Schon bald 10 Jahre her, verrückt wie die Zeit vergeht! Die Strada del Sole ist unübersehbar mit einem angebolteten Stein am Wandfuss markiert, siehe Foto. So schlüpften wir in die Finken und starteten um 12.50 Uhr in die Route, welche Mitte Oktober ab ca. der Mittagszeit in der Sonne liegt.
L1, 35m, 5c bzw. 6a (Plaisir Ost): Läck Bobby, für den lapidaren Grad muss man da also wirklich klettern. Steilplattiger Granit mit Leisten gewürzt, eine sehr tolle Sache. Uns kam es doch ein ganzes Stück schwieriger wie erwartet vor (beim Täfelchen am Wandfuss steht sogar nur 5b) . Nicht dass wir Probleme gehabt hätten natürlich - rein aufgrund der Einstufung wäre ich davon ausgegangen, das Teilstück auch in den Zustiegsschuhen klettern zu können, was jedoch kaum funktioniert hätte. Den ersten Umlenker nach ca. 20m kann/soll man übrigens auslassen, die Seillänge geht noch weiter.
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| Tolle Leistenkletterei in L1 (5c), der Schwierigkeitsgrad schien mir eher harte Währung. |
L2, 20m, 6b bzw. 6b+ (Plaisir Ost): Nach den Erfahrungen von L1 machten wir uns auf etwas gefasst! Die technische Wandkletterei an Crimps entpuppte sich aber als nicht mehr ganz so hart bewertet wie die Startlänge und lag mehr im Rahmen dessen, was man anhand der Einstufung vermutet. Wobei ein wesentlicher Punkt auch darin besteht, eine taugliche Lösung zu identifizieren. Mit Chalk markiert waren jedenfalls alle möglichen Griffe in weitem Umkreis, auch solche die es für die einfachste Lösung definitiv nicht braucht. Zu erwähnen auch: die Hauptschwierigkeit ist recht schnell vorbei und notfalls ginge es auch A0.
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| Tolle, technische Wandkletterei an kleinen Leisten wartet in der Crux (L2, 6b). |
L3, 30m, 6a bzw. 6a+ (Plaisir Ost): Schon bald nach dem Start kommt die Crux in einem dunklen Wandabschnitt, der nicht so richtig grippig ist. Dabei gilt es ein kleines Dächlein zu überwinden, was für den Grad durchaus fordernd ist. Zudem, wenn man nur die Klebehaken klippt, auch noch einigermassen zwingend (es gibt rechts leicht abseits der Linie noch einen Segmentanker-BH, welcher das Hochkommen vermutlich erleichtert, als Zwischensicherung bei Freikletterei macht er wenig Sinn). Nach ein paar einfachen Metern wartet dann noch steile Kletterei an griffigen Rissen, bevor man am Ende zum bequemen Stand auf einer exponierten Nase quert. Nach Aushängen des letzten BH sollte man im Nachstieg besser nicht stürzen.
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| Super Turnerei an den griffigen Rissen im Schlussteil von L3 (6a). |
L4, 20m, 5c+ bzw. 6a (Plaisir Ost): Eine kurze, aber sehr aussergewöhnliche, richtig coole Seillänge! Voraus liegt eine überhängende Wand aus goldgelbem Granit, welche so etwas wie umgekehrte Treppenstufen aufweist. Zuerst pirscht man sich noch einfach an diese heran. Zum Ende gilt es dann aber die richtige Lösung zu erkennen und selbst mit dieser: da sind echt athletische Moves nötig, auch wenn man es korrekt macht! I don't really know, auch wenn ich das problemlos konnte und nicht wirklich schwierig fand, von mir aus hätte ich dies eher mit mindestens einer 6a+ bewertet. Idealerweise macht man dann wirklich beim "Adlerhorst" vor der Schrofenzone Stand, die nächsten 8m noch mitzunehmen ist vermutlich weniger vorteilhaft.
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| Steile Kletterei an guten Griffen in goldigem Granit (L4, 5c+). |
L5, 20m, 5c+ bzw. 6a (Plaisir Ost): Zuerst wie oben erwähnt im Gehgelände hin zum Boulderwandl, welches für den Grad wirklich aussergewöhnliche, athletische Moves an Rissspuren bietet. Eine relativ kurze Sache zwar, aber so richtig cool!
L6, 25m, 6a+ bzw. 6b (Plaisir Ost): Der Stand in einer flacheren Zone, bald geht's aber an die nächste Steilwand heran. Zuerst hilft die Verschneidung rechts noch mit, dann aber gilt es einige Querrisse zu nutzen und sehr athletisch in die Höhe zu turnen. Wiederum eine so richtig tolle Seillänge.
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| L5 (5c+) und L6 (6a+) steigen beide auf bequeme Bänder aus, somit schwierig die Kletterei abzubilden. |
L7, 50m, 5c bzw. 6a (Plaisir Ost): Hier legt sich das Gelände deutlich zurück, der Fels ist dafür nicht mehr mit solch griffigen Strukturen wie zuletzt ausgestattet, ebenfalls mehr von der Vegetation durchzogen. Auf den ersten Blick macht's etwas den Eindruck von einem Ausklang, welchen man vor dem Abstieg noch mitnimmt. Komplett abzustreiten ist diese Klassifikation nicht, wobei es schlussendlich deutlich genussreicher zu klettern war, wie es auf's erste aussah.
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| Blick ins Ötztal. Die Route liegt wirklich sehr talnah, was bequem, aber nicht störend ist. |
Um 15.50 Uhr und damit nach ziemlich genau 3:00h des Klettergenusses waren wir am Top angekommen. Wir machten es uns bequem, genossen einen Vesper und blätterten im Routenbuch. Dass eine solch leicht zugängliche, sehr gut abgesicherte Tour in schönem Fels mit langer Saison viel begangen wird, ist nicht erstaunlich. Auf ca. 70 eingetragene Begehungen im Schnitt lautet die Frequenz über die letzten Jahre. Noch bevor die Sonne hinter der vorgelagerten Bergkette verschwand, machten wir uns schliesslich auf den Abstieg. Auf schmalen Bändern wird nordwärts traversiert, teilweise ist eine gewisse Exposition da, heikle Passagen gibt es aber keine. Zwischendurch muss einmal noch im Zickzack etwas aufgestiegen werden. Grundsätzlich ist man aber bald einmal aus der Wand draussen und erreicht drüben im Wald einen Wanderweg, der rasch (ca. 25-30 Minuten) zum Ausgangspunkt zurückführt. Zufrieden mit diesem schönen Ausflug in den sonnigen Fels machten wir uns auf den Rückweg ins Feriendomizil - die Batterien hatten sich erholen können, um am nächsten Tag wieder im verschärften Steilgelände angreifen zu können.
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| Der Fussabstieg führt über schmale Bänder, ist aber problemlos und zügig zu machen. |
Was wir sonst noch so machten...
Eben, einerseits im KI in Innsbruck klettern. Die Dichte an schwierigen Routen da ist wirklich einmalig, jene an mittelschwierigen ebenso und mein Ziel, in den Indoor-Sessions in meinem Flash-Bereich 7a-7c komplett aufzuräumen gelang mir nicht. Liegt nicht daran, dass es mich nicht motiviert hätte oder ich es vorschnell gut sein liess. Sondern die Anzahl der Routen ist einfach gewaltig, da hätten die Herbstferien noch etwas länger dauern müssen! Sonst gefällt mir der Setting Style dort mit den sehr ausdauernden, aber doch zwischendurch auch mal mit einer Schüttelposition gewürzten Routen aber prima - das wusste ich bereits von einem Besuch mit Larina im August, wo sie sich auf die Jugend-EM vorbereitet hatte.
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| Der grosse Outdoor-Überhang im KI Innsbruck mit Routen von 7a bis 9a+. |
Outdoor reichte es endlich einmal für einen Trip ins Zillertal, wo ich bisher noch nie war. Sehr schön da! Allerdings, bis man die Ewigen Jagdgründe weit hinten im Tal erreicht hat, ist es schon eine ganze Ecke. Die freistehenden Türme bieten dafür dann sehr lohnende Kletterei - sie hat uns so gut gefallen, dass wir für eine zweite Session zurück kamen. Mitte Oktober ist das Sonnenfenster im engen Bergtal nicht mehr sehr lange (ca. Mittag bis gegen 17 Uhr) und wenn das wärmende Gestirn einmal weg ist, so merkt man die Nähe zu den hohen, vergletscherten Bergen am Alpenhauptkamm durchaus gut. Dafür trafen wir nur noch auf wenige Mitstreiter, während dieser Spot in den Sommerferien offenbar sehr stark frequentiert ist.
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| Unser zweites Team in den Ewigen Jagdgründen im Zillertal. |
Auf den ersten Metern des Heimwegs gab's dann noch einen Besuch im Dschungelbuch an der Martinswand bei Innsbruck. Das muss man ja irgendwie auch einmal gesehen haben. Kurzum, die Routen sind alle hart, stark bis brutal poliert und die Bewertungen sehr taff. Aber eigentlich ist die Kletterei schon echt cool - wie immer heisst es, sich der Herausforderung zu stellen und die Quietsch-Tritte so zu nehmen, dass der Fuss nicht rutscht. Mir hat es durchaus Spass gemacht.
Facts
Nösslach - Strada del Sole 6b (5c+ obl.) - 7 SL, 200m - A. Giacomelli, F. & P. Gufler 2004 - ****;xxxxx
Material: 1x50m-Seil, 14 Express
Talnahe MSL-Route mit einem grossen Begehungsfenster durch eine Wand, welche von aus der Distanz nicht überaus attraktiv aussieht für die Kletterei. Der Granit ist aber über weite Strecken vorzüglich, die Vegetation stört kaum und die Moves sind für den Schwierigkeitsgrad wirklich spektakulär. Der Plaisir Ost vergibt hier 5 Sterne. Die gibt's von mir nicht ganz, dafür fehlt es der Route etwas an Ambiente - doch sie ist wirklich sehr, sehr lohnend. Die Absicherung durchgehend mit Klebehaken ist sehr gut. Weitere Infos und Topo hier auf bergsteigen.at oder im Plaisir Ost, sicherlich findet man die Route auch in zahlreichen weiteren Kletterführern.










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