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Mittwoch, 1. Oktober 2025

Wendenstöcke - Malmstrom (7b)

Vermutlich wäre es effizienter gewesen, nach unserem letzten Besuch in der Troja (7a+) gleich vor Ort zu bleiben und den Wendencount täglich zu erhöhen. Das war aber leider nicht möglich und so trafen wir uns 4 Tage später wieder an Ort und Stelle. So viel kleiner war das Routenwahlproblem im Vergleich zur letzten Gelegenheit nicht geworden. Wir einigten uns auf Malmstrom, welche erst im 2018 erschlossen wurde und damit eine der jüngsten Wendenrouten darstellt. Das Topo verspricht scharfe und steile Kletterei und die Lage unmittelbar neben der genialen Ben Hur (7c+/8a) lässt vermuten, dass dies keine Zeitungsente ist. Nach unserem Besuch pflichten wir dem uneingeschränkt bei: verschärfte, steil-athletische Kletterei bei guter, aber verpflichtender Absicherung lautet das Programm.

Der Sektor mit den Routen von Elefantenohr bis Paco ist eines der Schaustücke an den Wenden.

Somit liefen wir um ca. 7.20 Uhr auf bestens bekannter Fährte los, der Zustieg ist bis auf das letzte Teilstück denn auch genau derselbe wie für die Touren am Excaliburpfeiler. An geeigneter Stelle in Falllinie vom Elefantenohr (mehrere Möglichkeiten, aber besser nicht zu hoch) quert man nach rechts hinaus, bis man unter dem Wandbereich der Route steht. Ein Fixseil hilft über den letzten Steilschrofen-Abschnitt hinauf. Nach rund 70 Minuten waren wir vor Ort. Für die Vorbereitungen auf die Kletterei platziert man sich am besten beim bequemen und flachen Platz am Einstieg von Paco und Aureus, ca. 10-15m weiter links drüben startet Malmstrom (BH mit Austrialpin-Lasche, dazu verblassende Anschrift mit blauer Farbe). Die Steinbock-Gang leistete uns dieses Mal sogar zu fünft Gesellschaft und beobachtete, wie ich um 8.50 Uhr mit dem Vorstieg startete.

Typisches Wenden-Ambiente im Einstiegsbereich mit Blick auf die Berge am Sustenpass.

L1, 45m, 5c+: Die geneigte Plattenseillänge zum Auftakt ist allen Routen in diesem Wandbereich gemeinsam. So geht's auch hier über ein paar Wasserrillen, Platten und ein paar kleine Dächlein in die Höhe. Während man sich in anderen Routen mangels Absicherung zwingend eine möglichst einfache oder absicherbare Linie sucht, so kann man hier dank 4 BH die schönste Kletterei geniessen. Der letzte BH ist von unten kaum sichtbar, er steckt oberhalb von einem kleinen Dächlein ziemlich genau in gerader Linie über dem vorletzten.

Spaziergang für ihn, und tatsächlich etwas einfach um auf Betriebstemperatur zu kommen: L1, 5c+.

L2, 35m, 7a+ (eher 7b): Leider ist der Tufa im markanten blauen Streifen noch nicht auf Kalymnos-Griffigkeit ausgebildet und wird deshalb nicht in die Route einbezogen, welche sich an die kompakte Tropflochwand links davon hält. Die ersten Meter gehen noch kommod über die Bühne und müssen mit 2 Cams gesichert werden. Ab der Welle zieht's dann aber sogleich an und es folgt eine der härtesten Sequenzen der ganzen Route. Erstens ist es im stark strukturierten Fels nicht so leicht zu lesen, wo sich die nutzbaren, positiven Crimps befinden. Und zweitens gilt es auch einige sloprige Seitgriffe zu nutzen, welche auch einfach nicht gutes Griffmaterial sind. Noch dazu ist diese Stelle zwingend vom Haken weg zu meistern, es dauert eine Weile, bis wieder gute Griffe kommen und an diesen gilt es dann noch ein Stück zu klettern, bis wieder geklippt werden kann. Jedenfalls, 7a ist da ganz klar obligatorisch (ungefährlich, gutes Sturzgelände) und Entschlossenheit ist zentral. Nachdem mir Bernat die Sequenz perfekt ansagte (er hatte die Länge wenige Wochen zuvor bereits 1x geklettert), konnte ich sie gleich durchziehen. Damit hat man den Abschnitt aber nicht im Sack, wartet doch noch die finale Dachzone. Weitgehend zwar henklig oder zumindest gut leistig, doch mittig wartet ein harter Lock-Off. Und zuletzt dann noch die 5m-Horizontalquerung zum Stand, welche jedoch fast mehr Eindruck macht, als sie tatsächlich schwierig ist. Insgesamt fanden wir diesen Abschnitt ähnlich, aber eher schwieriger wie die folgende L3 und würden eine 7b vorschlagen.

Ab da heisst es bald, Vollgas auf die Tube zu drücken in L2 (offiziell 7a+, nach unserem Gusto 7b).

L3, 40m, 7b: Der nächste Knaller folgt sogleich und bietet über 40 anhaltende Meter fingerkräftig-technische Kletterei in scharfem Fels. Dieser ist stark zerfressen und teilweise zieht man an doch recht kleinen Strukturen - da war ich nicht immer sicher, ob alles hält, insbesondere diese pilzartig abstehenden Features. Das tat es aber und so konnten wir auch hier einen os/flash-Durchstieg realisieren. Eine ganz klare Crux ist nicht auszumachen, am kniffligsten schien ein Abschnitt im oberen Teil, wo man an einer kleinen Verschneidung bzw. deren Kante klettert und sich gut positionieren muss.

Ausdauernde, fingerkräftige, überhängende Wandkletterei in L3 (7b).

L4, 20m, 7a: Unter einem schützenden Dach ist der Stand, also geht's stark überhängend und sehr fotogen los. Nicht voll direkt drüber, sondern leicht linkshaltend findet man gute Henkel. Nach dem zweiten BH heisst es aber unweigerlich, einen weiten Griffabstand mit einem ziemlichen Power-Move niederzuknütteln, eine 7a in ziemlich konzentrierter Form. Ein paar gute Griffe später legt sich das Gelände deutlich zurück, und an einer Verschneidung mit Riss kletternd erreicht man auch schon bald den nächsten Stand.

Shot of the day! Die Stelle am Anfang von L4 (7a) ist wirklich mega fotogen.

L5, 35m, 6b+: Sonst mag ich die Route ja wirklich loben. Aber sorry, diese Seillänge ist wirklich ein fertiger Mist. Das hat zum einen damit zu tun, dass der Fels hier weniger schön ist, noch viel mehr aber haben die Erschliesser aber die eh schon nicht sehr zahlreichen Bolts quasi versteckt und das bis dato einzige verfügbare Topo im Extrem West Band II gibt den Verlauf total inkorrekt wieder. Somit bin ich auf der Suche nach dem Weiterweg mal hierhin und mal dahin geklettert. Lustigerweise auf genau derselben Höhe und kein Dutzend Meter weiter links wie bei meiner damaligen Odyssee in der Paco. Deren Bolts sind in der Ferne (besser) erspähbar und nur meine Kenntnis dieser Route hat mich davon abgehalten, hier endgültig und definitiv ins Offside zu geraten. Irgendwann nach viel vor und zurück sowie links und rechts habe ich dann den um die Ecke versteckten Bolt gefunden und kurz danach auch den Stand. Schwierig an diesem Abschnitt war definitiv nicht die Kletterei.

L6, 40m, 6c+: Hier geht's nochmals richtig zur Sache und das sehr cool in grauem Spritzbeton-Fels. Die erste Hälfte ist dabei noch nicht so steil, dafür auch nicht immer sehr griffig. Mit etwas Aufmerksamkeit wird man seinen Weg aber finden und an die Steilzone herankommen. Wie gewünscht werden die Griffe dort nach einer kräftigen Stelle zum Auftakt besser, dafür gibt's einen langen Runout. Man kann jedoch mit einem Cam entschärfen und so klippt man unweigerlich irgendwann den letzten BH. Dass der so unmittig im sich zurücklegenden Gelände zwischen dem vorletzten und dem Standplatz steckt, kann nur einen Grund haben. Ja, die schwierige, plattig-sloprige Stelle kommt wirklich. In Retrospekt ist es noch schwierig zu sagen, ob es tatsächlich so tough ist oder ob ich mich einfach dumm angestellt habe - jedenfalls war ich da kurz nochmals heftig in Bedrängnis, konnte mich aber gerade noch aus der Affäre ziehen.

Für einmal stimmen die Eindrücke von Text und Bild sehr gut überein. Plattiges Finish von L6 (6c+).

L7, 30m, 6c: Dieser Abschnitt gehört eigentlich zur Ben Hur, somit war ich da 13 Jahre zuvor schon einmal hochgeklettert. In Erinnerung hatte ich noch, dass diese Länge einem durchaus noch auf die Pelle rücken kann, viel mehr hingegen nicht. Nach ein paar Metern erreicht man den Stand der Ben Hur, den man am besten verlängert klippt. Denn der Weg zum ersten Haken ist nicht so kurz und besticht vor allem nicht durch überzeugende Felsqualität (kurz etwas splittrig). Dann geht's kurz nochmals kräftig-athletisch zur Sache, so schlimm wie befürchtet war es dann aber doch nicht. Bald legt sich das Gelände zurück und mit einem weiten Abstand in einfachem Terrain erreicht man das Top.

Yehaa, geschafft! Wobei, die letzte Länge (eigentlich zu Ben Hur gehörig) gibt's nicht gratis.

Um 14.20 Uhr und damit nach rund 5:30h Kletterei hatten wir es geschafft und nach der Troja erneut den perfekten Double Send realisiert. Sportlich bzw. schwierigkeitsmässig ist die in Malmstrom sicher einiges taffer zu realisieren, L2 ist auch für 7b fordernd (und nicht einfach zum Onsighten), dann gibt's gleich nochmals eine 7b und die restlichen Längen sind vom Niveau her auch im Bereich der Troja. Das war nun wirklich der absolute Hammer, und das Szenario hier mit einer erwürgten Begehung den tollen Flow und das Erlebnis der Troja zu beeinträchtigen, war zum Glück nicht eingetroffen. Insofern hatte sich das "Risiko" gelohnt, gleich nochmals an den Wenden anzugreifen. Und hey, damit war nicht nur die Wendenroute #44 Realität geworden, sondern ich konnte auch alle 7 publizierten Routen in diesem irre steilen Sektor von Elefantenohr bis Paco klettern, wie genial ist denn das?!?

Immer auf Position, die Wendengeiss! Wenn sie gekonnt hätten, dann wären sie uns vermutlich über die ganze Route gefolgt. In der Malmstrom reicht das Steinbock-Terrain aber nur bis ein paar Meter über den ersten Standplatz hinauf. Die 5c+ Plattenlänge haben sie aber spielend bewältigt.

Das Abseilen über Malmstrom vollzieht sich im überhängenden Steilgelände. Damals bei der Ben Hur hatten wir nicht die besten Erfahrungen gemacht damit. Wenn man sich genau an die Instruktionen im Topo hält, so geht's aber vermutlich schon. Weniger ausgesetzt ist ein Abseilen über Aureus. Da wir vom Top von Malmstrom/Ben Hur den mir bekannten, finalen Stand der Paco erkannten, wechselten wir mit einer 15m-Länge im exponierten Gehgelände dahin. Von da sind es 1x50m zum Top von Aureus, über welche wir dank 2x60m-Seilen in 4 Manövern retour am Einstieg waren (mit 2x50m sind es 5-6 Manöver). Blieb noch der Fussabstieg, den wir routiniert zurücklegten. Ein paar Minuten vor 17.00 Uhr waren wir retour am Parkplatz. Der angekündigte Wetterumschwung zeigt am Himmel zwar erst relativ zarte Anzeichen, manifestierte sich jedoch v.a. dadurch, dass sämtliche anderen Kletterer den Ort bereits verlassen hatten und das dettlingsche E-Mobil der letzte parkierte Wagen war.

Facts

Gross Wendenstock - Malmstrom 7b (7a obl.) - 7 SL, 250m - Rathmayr/von Känel 2018 - ****;xxx
Material: 2x50m-Seile, 

Eine absolut verschärfte Wendenroute, welche bei insgesamt erstaunlich moderaten Schwierigkeiten durch die steile Wand führt. Das liegt am scharfen, strukturierten Fels, der mit Tropflochleisten und kleinen Schüpplein gespickt ist. Ein paar wenige, grossgriffige Steilpassagen trifft man ebenfalls an, während knifflige Platten nur ganz kurz am Ende von L6 ihre Aufwartung machen. Abgesehen von ein paar kurzen Stellen ist der Fels meist sehr gut, auch wenn im extrascharfen Gelände hier und da noch Spitzli brechen, Allergiker den Fingerschmerz beklagen könnten oder vereinzelt oranger Flechtenbewuchs präsent ist. Die Route ist gut bis sehr gut mit rostfreiem Material abgesichert, es gibt keine wilden Runouts oder gefährliche Passagen. Die im Text beschriebene, zwingende Passage in L2 verdient jedoch die 7a obl. absolut. Cams haben wir nur sehr punktuell eingesetzt (siehe Topo), an diesen Stellen sind sie jedoch wirklich nötig. Hinweis: in Mitte von L5 bringt man an diesem cleanen, breiten Riss sicher nichts Kleineres als Grösse 3 unter, die aber auch nur knapp passt. Besser wäre ein Camalot 4 - egal ob 3 oder 4, sonstwo auf der Route findet dieses Teil keine Anwendung, man nimmt ihn nur für dieses eine Mal mit. Da es bisher kein präzises schematisches Topo gab und dasjenige im Extrem West Band II beim Finden des Weges in L5 sogar eher hinderlich ist, findet ihr unten mein Werk (PDF-Download).

Das Topo zur Route Malmstrom an den Wendenstöcken (PDF-Download).

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