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Montag, 1. September 2025

Pic de l'Aigle - Maëlstrom (7a)

Mit Larinas Teilnahme an der Jugend-WM und dem Trip nach Helsinki schrumpften unsere Sommerferien in den französischen Hautes-Alpes im 2025 auf ein Minimum zusammen. Mit nur 8 Klettertagen mussten wir uns auf "das Beste vom Guten" beschränken. Eine MSL im Massif des Cerces in der Nähe vom Col du Galibier gehörte da ganz eindeutig dazu, schliesslich galt es auch die schon über 7 Sommer fortgeführte Tradition zu bewahren. Nach zwei Limit-Sportklettertagen war das stabile Hochsommerwetter gegeben und der Wunsch nach etwas Erholung von den harten Moves präsent. So beschlossen wir, weder die längste noch die härteste Route anzugehen, welche für uns drin gelegen wäre. Trotzdem ist die hier beschriebene Maëlstrom kein "halbes Programm": toller Fels, eindrückliche Kletterei und ein super Ambiente charakterisieren diese Mega-Route.

Die fabelhafte Wand des Pic de l'Aigle mit dem Verlauf der Route Maelstrom.

Der von mir schon mehrfach beschriebene Vorteil der Wände um den Col du Galibier liegt darin, dass ein früher Aufbruch weder nötig noch vorteilhaft ist. Nach einem gesunden Schlaf und einem ausführlichen Zmorge machten wir uns in der zweiten Vormittagshälfte auf den Weg. Um 12.35 Uhr starteten wir schliesslich zu Fuss bei Les Mottets (2140m). Sprich, im Gegensatz zu unserer ersten Tour am Berg hatten wir noch die (schlimmer als) rätikonmässig holprige Piste von der Passstrasse bei Plan Lachat genutzt, um bis zur Barrieren-Absperrung zu fahren. Mehrheitlich den Kehren der Strasse folgend erreichten wir das Militärcamp bei Les Rochilles (2412m, 13.05 Uhr), wo allerhand Betrieb war (mehr dazu später). Nun gilt es noch, über ein Wiesen-Geröllgemisch, teilweise auf Wegspuren zum Einstieg zu gehen, welchen wir mit dem Fototopo problemlos anlaufen und identifizieren konnten (13.20 Uhr). Um 13.45 Uhr starteten wir mit der Kletterei.

Start zur Tour bei der Barriere von Les Mottets (2140m).

L1, 35m, 6a: An einem griffigen Riss geht's gleich steil in die Höhe, für die ausgegebene Bewertung doch gar nicht mal so einfach. Im oberen Teil dann einige Aufschwünge, bevor das Gelände abflacht und einfacher, ja am Ende gar etwas schrofig wird.

Schrofiger Ausstieg aus der sonst lässigen L1 (6a), hinten das Militärcamp Les Rochilles.

L2, 40m, 2a: Eine einfache Traverse, meist im Gehgelände, mit ein paar Kletterzügen im einfachen Fels. Es sind 4 BH vorhanden, grob gilt es sich Richtung 10 Uhr zu halten, sonderlich schwierig ist die Orientierung nicht.

Die zweite Länge ist noch als Zustieg zur eigentliche Kletterei am Pfeiler zu verbuchen.

L3, 35m, 6b: Hier geht's nun richtig los, wobei man auf den ersten Metern noch etwas Schonfrist erhält (gestufte Kletterei von noch nicht Top-Qualität). Letztere kommt aber: in steilplattigem Gelände gilt es entschlossen anzutreten, teilweise sind einige weite Moves an guten Griffen durchzuriegeln. Es ist anhaltend und recht komplex, eine taffe 6b! Hinweis: nach ca. 20m sieht man an einer Stelle den nächsten Haken nicht, dort geht es in Richtung 13 Uhr weiter (nicht den scheinbar einfacheren Weg nach links nehmen!)

Prima Plattenkletterei in tollem Fels mit eher vertikal ausgerichteten Strukturen (L3, 6b).

L4, 40m, 6b+: Nochmals eine anhaltende, plattige und fordernde Seillänge. Der Fels ist wohl rau, aber irgendwie doch schlabbrig-glatt mit wenig horizontaler Struktur, was mich sehr ans Schweizereck im Rätikon erinnert hat. Nach zwei Dritteln steigt man zu einem Break aus, die eindrücklich-plattige Traverse der Schlusswand löst sich dann gut auf, wenn man die richtige Beta findet.

Knallerplatte am Ende von L4 (6b+). Das hier im Bild löst sich gut auf, vorher ist es aber fordernd.

L5, 20m, 6c: Nun wird es deutlich steiler und der Charakter der Route wechselt zu steiler Tropflochkletterei. Schon bald einmal gilt es einen richtig harten Blockierer zu vollführen. Ich dachte mir erst "sowas kann nicht die 6c-Lösung sein", habe dann aber doch keine bessere Alternative gefunden. Nach etwas Dranbleiben werden die Griffe grösser und mit etwas links/rechts an der Kante gelangt man zum Stand.

Nicht so repräsentatives Bild vom einfacheren Ende der steilen Tropflochkletterei in L5 (6c).

L6, 35m, 7a: Bisher hatten sich alle Längen hart angefühlt, so machte ich mich für die Crux auf etwas gefasst. Ein kurzer, eher plattiger Auftakt führt zur Kante, wo man im leicht überhängenden Gelände an zwei diagonalen Tropfloch-Rails für Fortschritt sorgen muss. Da eng gebohrt, wäre A0 problemlos, doch der Onsight gelang mir überraschend easy. 1-2x kräftig aus einem Gaston riegeln, dann geht's ähnlich wie in der Länge zuvor mit links/rechts an der Kante deutlich griffiger und einfacher (6b) zum Stand.

Auch in der Cruxlänge flacht das Terrain am Ende ab und führt zu einem bequemen Stand (L6, 7a).

L7, 30m, 6c+: Zuletzt kommt noch ein richtiger Knaller mit Ausdauerkletterei in steilem Tropfloch-Gelände. Zwar geniesst die Länge im Internet nicht die beste Presse ("rocher ultra aggressif", "râpe à fromage", usw.). Doch ich klettere gerne in scharfem Fels und fand das einfach mega! Nach einem zupfigen Start geht's anhaltend und in luftiger Position zur Sache, gegessen und gepunktet ist es erst mit dem letzten Piaz-Überhängli, super!

Auch dieses Foto zeigt nicht das, was im Text steht. Erst die letzten Meter in L7 (6c+) sind geschenkt.

Dass uns dies (bzw. eine beidseitig einwandfreie Onsight- bzw. Flash-Begehung) gelang ist zwar nicht selbstverständlich, dürfte aber vermutlich auch nicht für allzu grosses Erstaunen oder Beifall sorgen. Muss es natürlich auch nicht, aber die ganze Wand ohne Sturz und Hänger zu beschreiten erhöht halt eben den Erlebniswert gleich nochmals deutlich - deshalb ist das immer das ultimative Ziel. Jedenfalls, um 18.15 Uhr waren wir am Top, somit hatten wir 4:30h gebraucht. Doch einen Grund zu pressieren gab es nicht, also genossen wir es ausgiebig und bis sich Larina jeweils an jedem Stand in bzw. aus ihren engen Comp-Kletterfinken geschält hat, vergehen durchaus Minuten... in dieser Hinsicht fruchten meine Appelle zur Verwendung von etwas grösser bemessenem Schuhwerk bei den nicht ganz so matchentscheidenden Tätigkeiten an Fels und Plastik leider gar nicht.

Fantastisches Panorama am Top - ils disent "bucolique".

Nach einer Pause bei schönster Abendstimmung und Top-Aussicht auf die rückseitigen Bergseen machten wir uns auf den Fussabstieg. Ein Abseilen macht hier überhaupt keinen Sinn: es wäre sehr umständlich und die Route ist nicht dafür eingerichtet, ein notfallmässiger Rückzug ginge aber schon. Zügig geht's im Bereich der Krete (Wegspuren vorhanden) abwärts zum Col des Rochilles und hinab zum Militärcamp. Und eben, dieses war mit dem Helikopter Squad der französischen Armee besetzt. Immer mal wieder war mit den eindrücklichen Riesenbrummern tagsüber eine Runde gedreht worden, für entsprechende Unterhaltung an den Standplätzen war also gesorgt. Nun: wie wir da zum Camp liefen, kamen Offiziere und Soldaten gleich dahergelaufen und empfingen uns wie Helden. Mit den Bergen und der Kletterei offenbar nicht vertraut, waren sie äusserst beeindruckt von unserer Kletterei durch die (vom Camp gesehen durchaus eindrückliche) Wand. Umso mehr, als sie sich gewahr wurden, dass da noch ein 15-jähriges Girl mit von der Partie war. Ein lustiger Austausch war es (parfois ça vaut la peine de bien parler français) und definitiv nicht der Zeitpunkt für ein Understatement, dass die Maelstrom für uns jetzt nicht "that big a deal" gewesen sei. Das wäre zwar durchaus korrekt, im Vordergrund steht aber sowieso das tolle Berg- und Klettererlebnis.

A+, wir kommen sicher wieder!

Facts

Pic de l'Aigle - Maëlstrom 7a (6b obl.) - 7 SL, 240m - Déglise/Laferrière/Millot 2011 - ****;xxxx
Material: 1x oder 2x50m-Seil, 12 Express, Cams/Keile nicht nötig

Eine eher kurze, aber doch eindrückliche Kletterei welche zwar nicht mitten durch die steile Westwand am Pic de l'Aigle führt, aber doch über einen Pfeiler auf einen kecken Turm im rechten Teil. Bis auf die Schrofenzone in L2 wartet qualitativ hochwertige Kletterei: zuerst ein Riss, dann fordernde Platten und in den letzten drei steilen Seillängen verschärfte Tropflochcrimperei. Für die Höchstnote von 5 Sternen reicht es insgesamt nicht ganz, aber ein sehr, sehr gut gibt es auf jeden Fall. Die Absicherung mit verzinkten BH ist prima ausgefallen. In den plattigen Abschnitten von L3 und L4 heisst es auch zwischen den Haken mal noch gescheit auf die Füsse zu stehen. In den steilen Tropflochlängen danach sind die Abstände dann deutlich kürzer und die Kletterei schien mir wenig obligatorisch. Gedruckte Literatur zum Pic de l'Aigle gibt es meines Wissens nicht, informativ ist C2C und das Topo der Erschliesser.

Hier geht's los!

Sonntag, 22. September 2024

Tour Termier - L'usure du temps (7c+)

Eine MSL-Tour am Col du Galibier, dieser Programmpunkt gehört fix in die Sommerferien. Schliesslich führen wir diese Tradition seit 2019, als ich mit der damals 9-jährigen Larina die Ponant Neuf (6a+) am Tour Termier geklettert hatte. So packten wir in den vergangenen Jahren jeweils die erste Gelegenheit, um in dieser rauen Umgebung auf 3000m zu klettern. Diesen Sommer war ein längerer Schnauf gefragt: wir waren in wechselnder Besetzung in erster Linie zum Sportklettern vor Ort und konnten nicht nach Belieben an den Galibier aufbrechen. Mit etwas Geduld kam aber in diesem schönen Sommer 2024 natürlich die Chance und wir erkoren erneut den Tour Termier als Ziel. Gut, dass Larina inzwischen ein wenig älter geworden ist und beim Klettern massive Fortschritte gemacht hat. Denn die logische Steigerung nach der von uns zuletzt begangenen Feu Sacré (7a) war eben die hier beschriebene L'usure du temps (7c+), welche dann gleich mit mehreren Längen im siebten Franzosengrad auftrumpft und mit Fels, Anspruch und in der Schärfe des Gesteins den Vergleich mit den Routen am Rothorn im Färmeltal nicht zu scheuen braucht.

Die fantastische Westwand des Tour Termier mit dem Verlauf von L'usure du temps (7c+)

So fuhren wir, wie aus den früheren Jahren gewohnt, hinauf Richtung Col du Galibier bis zur Kehre auf 2500m. Dort schlugen wir um 11.20 Uhr den mehr oder weniger horizontalen Climbers Trail in Richtung der Wand ein, nur rund 300hm sind bis zum Einstieg zu absolvieren. Wie schon in den früheren Berichten beschrieben, macht es wenig Sinn, hier tageszeitlich früh zu starten, da die Westwand des Tour Termier erst am Nachmittag besonnt ist und man selbst an Hitzetagen (und sonst natürlich sowieso) morgens wahrscheinlich nur Frostzittern und kalte Griffel kriegt. Wir liefen zügig und waren um 12.05 Uhr am Einstieg. Dieser ist nicht näher bezeichnet und relativ unscheinbar, man muss ihn anhand der Fototopos identifizieren, was eine gewisse Orientierungsfähigkeit am Fuss dieser Riesenwand voraussetzt. Für uns war es nicht so schwierig, da wir 4 Jahre zuvor die rechts daneben startende Marmotta Impazzitta (6c) geklettert hatten, deren Startpunkt wir noch zweifelsfrei zuordnen konnten.

Zustieg auf dem ziemlich bequemen Climbers Trail zum Tour Termier.

Bei einem kleinen Imbiss diskutierten wir die zu wählende Strategie. Eigentlich klettert Larina ja inzwischen universell besser als ich. Also nicht nur Indoor und im Steilgelände, sondern ebenso (wenn auch weniger deutlich) am vertikalen, knapp strukturierten und schwierig zu lesenden Fels, der auf MSL typisch ist und auch etwas Erfahrung und Selbstvertrauen erfordert. Trotz meinen Ermunterungen entschied sie, dass wir an diesem Tag noch bei den gewohnten Traditionen blieben und der Vorstieg komplett meine Aufgabe wäre. Dankbar darum, diesen in einer solch schwierigen Route noch ausführen zu können und noch nicht zum alten Eisen zu gehören, nahm ich diese Aufgabe an und startete in der Gegend von 12.20 Uhr mit der Kletterei.

Super Panorama: die Écrins-Berge und der Col du Lautaret, welcher Briançon mit Grenoble verbindet.

L1, 25m, 6a+: Eine relativ kurze Seillänge, mit einem ersten Haken, der nicht gerade bodennah steckt. Die Kletterei im plattigen Terrain hat Rätikon-Feeling und nach dem zweiten und letzten Bolt kommt eine Crux, die es in sich hat: ein richtig taffer Move von einem Seitgriff, dann Mantle ins flachere Gelände. Kurzum, eine 6a+ die man vermutlich nur kann, wenn man viel schwieriger klettert. Falls das zutrifft, dann kommt's ja auch nicht so darauf an, wie der Abschnitt bewertet ist... im Vergleich zu dem was später noch kommt, ist's ja effektiv "einfach".

L2, 30m, 6b+: Anhaltende und bereits recht steile Seillänge an vom Wasser zerfressenem Fels. Sie hat sich schwieriger angefühlt, wie ich dies aufgrund vom Schwierigkeitsgrad her erwartet hätte. Larina und ich teilten uns den Eindruck, dass man hier nie so recht weiss, ob man sich einfach ungeschickt anstellt, oder ob man tatsächlich schon solch kräftige Moves ausführen muss. Hinweis: das Plättli am zweiten Bohrhaken ist vom Steinschlag plattgebogen, mit schmalem Karabiner oder einer Schlinge aber noch klippbar. Der Bolzen sieht noch ok aus.

Steile Kletterei an wasserzerfressenem Fels in L2 (6b+), man muss sich durchaus schon festhalten!

L3, 35m, 7b: Hier startet man mit einer noch gut machbaren Querung nach links (ca. 6c), welche einen zu einer athletischen Sektion an Unter- und Seitgriffen bringt. Da heisst es zupacken und gleichzeitig möglichst effizient durchkommen, um die Körner für das kleingriffige Finale zu sparen. Entschlossenheit und hohes Antreten sind dort neben ein wenig Fingerkraft wohl der Schlüssel zum Erfolg. Diese Stelle ist zwar dicht abgesichert (A0 dürfte problemlos sein), dafür ist es wegen der feingriffigen Natur nicht so einfach, stabile Klipp-Positionen zu finden. Ich dachte schon mal kurz, es gehe nicht mehr, bevor ein magischer Toehook mich aus der brenzligen Situation gerettet und den Onsight konserviert hat. Larina marschierte im Nachstieg dann völlig easy über die Stelle - wer kann der kann!

Diese Seillänge (L3, 7b) ging ihr leicht von der Hand - mir nicht ganz so sehr.

L4, 30m, 6a: Henklige Fun-Kletterei einem System von Schuppen entlang. Im weiteren Verlauf dann der Ausstieg auf eine gebänderte Zone und linkshaltend zum Stand auf dem Pfeilerkopf hinauf. Dieser bequeme Platz bietet sich für eine Pause an, bevor es wieder zur Sache geht.

Das Finish von L4 (6a) ist nix fotogen, so zeigen wir lieber, wie wir uns mit einem Pain au Chocolat für die verbleibenden Seillängen gestärkt haben. Ich glaube man kann sagen, dass diese Sportlernahrung ziemlich gut funktioniert hat ;-)

L5, 40m, 7a: Schön zu kletternde Traverse nach rechts in griffigem Gelände, dann am Pfeiler aufwärts zur Crux, welche sich in einer seichten Verschneidung bzw. dem linkshaltenden Ausstieg aus dieser präsentiert. Wir fanden das ziemlich harmlos für den angegebenen Grad. Weiter oben wartet dann noch eine technische Sektion der Art "gewusst wie" bzw. "erkannt wie", wo man sich ein wenig engagieren muss. Am Ende muss man aufpassen, nicht zu hoch zu geraten. Beim letzten Bohrhaken heisst es scharf links abzubiegen und in einer horizontalen Traverse von 6-7m den nicht sehr offensichtlichen Stand zu erreichen. Die Orientierungs-Challenge besteht (weiterhin) darin, herauszufinden welches der letzte Bolt in dieser Länge ist... 😁

Im Bild die Traverse am Ende von L5 (7a), die für ängstliche Nachsteiger problematisch sein könnte.

L6, 35m, 7c+ oder 7a+ 3pa: Tolle, luftige Kletterei, welche einer Art Rampe folgend nach links in die steile Wand hinauszieht, zum markanten grauen Streifen hinüber. Lange geht's gut, aber dann ist wirklich fertig. Die Crux scheint extrem kleingriffig und ohne Tickmarks oder sonstigen Plan zu haben was es da zu tun gibt, waren wir völlig chancenlos. Wenn man die Lösung entziffern kann, so habe ich gelesen, sei es anscheinend nicht so schwierig (für eine 7c+). Hier haben wir beide, nachdem jeweils der Onsight/Flash vergeigt war, zügig das Handtuch geschmissen. Ein Restart zum Punkten würde zudem eine ziemlich mühsame Abseilaktion mit Traverse im Steilgelände bedingen. Mit dem Textilgriff lässt sich der kurze, schwierige Abschnitt problemlos meistern. Allerdings geht's danach gleich nochmals zäh weiter mit einer (gut abgesicherten) ~6c-Stelle, die relativ zwingend zu meistern ist. Dann kommt vermeintlich schon der Stand nahe. Jedoch ist der erste/untere nicht die richtige Adresse (er gehört zur En Short au Paradis), sondern es ist besser noch zwei Bolts höher zu klettern und den dortigen Stand zu verwenden (die beiden Routen verlaufen auf diesem letzten Abschnitt gemeinsam).

Orange-graues Gestein mit Struktur der Marke "extrascharf", so lautet das Programm in L6 (7c+).

L7, 30m, 6a+: Auf dem Papier ein einfacherer Abschnitt, beginnt es in der Realität gleich mit einem "pas si facile que ça"-Abstand zum ersten Haken. Die L'usure du temps ist die rechte Linie, d.h. rechtshaltend gewinnt man eine Verschneidung, ignoriert den Abseilstand rechts aussen und gewinnt in sehr schöner Kletterei im Winkel bzw. der Tropflochwand links daneben an Höhe - tolle Moves und Genuss satt!

Die rechte Verschneidungswand geschickt in die Sequenz eingebaut heisst Kraft gespart in L7 (6a+).

L8, 45m, 6c: Ulala, ulalalala! Hier verspürte ich schon beim Nachsichern ein gewisses Muffensausen, denn die furchtsamen Ankündigungen online ("un pas bien teigneux et obligatoire entre les points #2 et #3") schienen sich für einmal zu bewahrheiten. Der Abstand ist tatsächlich markant und während man im Vorfeld noch auf gut versteckte (oder versteckte gute) Griffe hoffen kann, so zeigt sich: sie existieren nicht wirklich, die Kletterei spielt sich im feinen, leicht überhängenden Tropflochgelände bei mässigem Trittangebot ab. Die schwersten zwei Meter, d.h. drei, vier Moves startet man, wenn man mit den Füssen auf Hakenhöhe steht, nachher wartet noch ein etwas wackliger Klipp. Nicht extrem wild also, auch nicht gefährlich, aber die Crux ist zwingend, mit dem Potenzial für einen etwas unangenehm harten Sturz. Dies umso mehr für mich, da wir wegen dem potenziellen High-Energy-Fall und der Gewichtsdifferenz auf die wenig dynamische Fixpunktsicherung setzen mussten. Nein, locker habe ich diese Stelle ganz sicher nicht bewältigt... aber geschafft habe ich sie, uff! Ehrlich gesagt kam sie mir deutlich schwieriger vor wie 6c, aber mit der Angst im Nacken verschiebt sich da der Bewertungsraster ja gerne einmal. Auch Larina konnte die Stelle natürlich ziehen, doch selbst im Nachstieg mit ein wenig Beta-Vorinfo befand sie es für taff. Sicher schwieriger wie die 7a-Stelle in L5, meinen wir. Zur Entschädigung ist der Rest der Länge in strukturiert-griffigem Fels dann leicht zu haben (ca. 6a). Oben zieht's etwas nach rechts, man kommt auf das Abschlussdach, wo der finale Stand ein paar Meter gerade voraus gut sichtbar ist und über sehr schöne Wasserrillen erreicht werden kann.

Am Ende von L8 (6c) gibt's noch Plaisir-Wasserrillen, allerdings ist der Start nicht ganz so Plaisir.

Es gibt etwas Unklarheit darüber, ob man am Stand nach L8 das Routenende erreicht hat oder nicht. Die Literatur gibt variable Informationen und das Fototopo im ONOS ist schlicht und einfach falsch. Zu dieser Einsicht waren wir schon bei der Begehung der Marmotta Impazzitta (6c) gelangt, wo wir diesen Stand nach L8 ebenfalls passiert hatten. Damals kletterten wir noch etwa 10-15m höher hinauf, dies entspricht wohl dem als 5b gelisteten Teilstück in einigen Topos. Klettertechnisch bringt das wenig, nur die Abseilerei wird umständlicher, somit liessen wir es gerne sein. Auf 17.50 Uhr war die Uhr zu diesem Zeitpunkt vorgerückt, was eine Kletterzeit von 5:30h ergibt. Ich glaube, als extremen Zeitverschleiss muss man das nicht taxieren: wir hatten versucht, die Route onsight/flash zu klettern. Das war uns für die 7b-Version, d.h. bis auf die p.a.-Haken in L6 gelungen. Oder halt eben nicht gelungen, wenn man die Wand als Ganzes betrachtet... es wäre spannend zu wissen, wie oft (und ob überhaupt) die 7c+ schon onsight geklettert wurde.

Yeehaa - happy on the top!

Wie schon bei den früheren Gelegenheiten hatten wir auf das Abseilen gesetzt, was als letzte bzw. einzige Seilschaft in diesem Wandbereich gut machbar ist. Mit 2x60m-Seilen ist das zügig zu meistern. Es sind 50m zum Abseilstand der sich (im Aufstiegssinn) rechts in L7 befindet, dann eine kurze 30m-Strecke zum Stand nach L5. Wer sich dann 55m gerade runter wagt, findet auf der Höhe von einem kleinen Band den Stand nach L3 von Ici mieux qu'en face (7b), von welchem man in 58m zurück auf Terra Firma (etwas oberhalb vom Einstieg) gelangt. Hinweis: auf den Bändern liegen lose Steine herum, das Seilabziehen geht kaum vonstatten ohne dass Material in die Tiefe fällt. Die Eigengefährdung dadurch ist gut überschaubar, jedoch sind andere Seilschaften in der Wand oder im Einstiegsbereich gefährdet. Daher nur dann Abseilen, falls man die Wand für sich alleine hat, sonst wählt man besser den Fussabstieg.

Dieser Shot und ebenso wenig der Spruch dazu darf natürlich nicht fehlen: "la fille n'est plus parmi les  petites, mais la paroi reste parmi les grandes". Man vergleiche mit den früheren Editionen: Ponant Neuf (6a+)Marmotta Impazzitta (6c), Feu Sacré (7a).  

Wir packten unsere Sachen und liefen bei schöner Abendstimmung zügig zurück zur Passstrasse. Der Galibier bzw. der Tour Termier hatte wieder einmal geliefert, was wir uns versprochen hatten. Und natürlich ist die Vorfreude auf die Rückkehr gross. Spannende Projekte gibt's gleich noch mehrere, für den nächsten Besuch müssen wir uns aber steigern: diese Routen sind alle anhaltend im siebten Franzosengrad und 7a obligatorisch. Ob das dannzumal dann eine (Vorstiegs-)Aufgabe für den immer älter werdenden Herr oder die immer stärker werdende Dame ist, werden wir dann ja sehen 😎

Facts

Tour Termier - L'Usure du Temps 7c+ (6c obl.) - 8 SL, 270m - Desseux/Voldoire 2005 - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seile (zum Abseilen besser 2x60m), 14 Exen, Cams/Keile nicht nötig bzw. einsetzbar

Hervorragende alpine Sportkletterroute, welche durch steiles, wasserzerfressenes Gestein führt. Ein bisschen ähnlich wie am Rothorn im Berner Oberland oder auch in Taghia, so sagt man. Nach meinem Gusto reicht's nicht ganz für die vollen 5 Sterne. Dafür ist die Linie zu wenig luftig-attraktiv, die Kletterei zu wenig aussergewöhnlich und der Fels zu wenig durchgehend perfekt. Also schon sehr, sehr gut, aber irgendwie fehlt mir persönlich der Wow-Effekt, den es für die Höchstnote zwingend braucht. Die Kletterei ist relativ anhaltend im 6bc-Bereich, die schwierige(re)n Stellen sind jeweils kurz. Die Absicherung mit verzinktem Material (Fixé-Plättli, Zustand 2024 gut) ist meist prima. An den Schlüsselstellen sogar eher xxxxx als nur xxxx, jedoch gibt's ein paar 6bc-Stellen, wo man dann doch auch über dem Haken etwas bieten muss. Und die angegebene 6c obligatorisch findet man spätestens in der letzten Seillänge definitiv. Als gedruckte Literatur gibt's (glaube ich) nur den Oisans Nouveau, Oisans Sauvage. Sehr nützlich sind die Hinweise auf C2C, wo man auch gleich mehrere Topos vorfindet.

Samstag, 19. August 2023

Pic de l'Aigle (2770m) - La Princesse de Feu (7a)

Eine Route am Col du Galibier, das gehört zu unseren lieb gewonnen Sommerferien-Traditionen. Einmal besuchten wir die Tête Colombe, meist war aber der Tour Termier das Ziel. Auch da gibt es noch einiges zu tun: L'usure du temps (7c+), Daisy chienne (7b+), En short au paradis (7b), Ici mieux qu'en face (7b). Wie man sieht alles Unternehmungen gehobenen Anspruchs, denen wir zwar (hoffentlich) durchaus schon mächtig waren. Da wir aber beim Sportklettern heftig gebügelt hatten und die MSL mehr der Erholung dienen sollte, war "un cran en dessous" bei den Anprüchen auch nicht verkehrt. Schliesslich war der Pic de l'Aigle die perfekte Lösung. Einerseits waren wir da noch gar nie, andererseits sprudelten die Berichte nur so von Superlativen und vor allem gab es auch reichlich Auswahl an Routen in gewünschter Länge und Schwierigkeit. Einzig die Anfahrt dahin war von unserem Basecamp nochmals 15 Minuten zeitaufwändiger. Sie hat sich aber mehr als gelohnt, das ist unser klares Fazit.

Die fantastische Westwand des Pic de l'Aigle mit dem Verlauf von 'La Princesse de Feu' (7a).

Somit fuhren wir also nicht nur auf den Galibier, sondern hinten wieder ein Stück runter Richtung Saint-Jean-en-Maurienne bis nach Plan Lachat (1980m), wo es im Bereich der Passstrasse viele Möglichkeiten zum Parkieren gibt. Grundsätzlich führt von da eine Schotterstrasse bis in die Nähe des Pic de l'Aigle. Tatsächlich ist sie bis nach Les Mottets (ca. 2140m) wohl jederzeit frei befahrbar. Ab dort war die Fortsetzung hinauf zum Militärcamp Les Rochilles (2420m) durch eine Barriere gesperrt, in der Nebensaison kann man da aber scheinbar manchmal auch hochfahren. Gehen würde es wohl sogar mit einem normalen PW zum Preis eines karosseriefeindlichen, ewigen Geholpers über die raue Piste. Ideal wäre ganz bestimmt ein E-Bike, welche aber Kathrin und Jerome für eine Tour beanspruchten. Somit starteten wir aufgrund der für uns unklaren Lage, dem starken Wanderbetrieb, fraglichem Zeitgewinn und moralischen Argumenten um 12.07 Uhr zu Fuss von der Passstrasse.

Beim Militärcamp von Les Rochilles. Bis hier, d.h. bis 100hm/10 Minuten vor den Einstieg kann man mit dem Bike fahren (immer) und in der Nebensaison wohl auch manchmal mit dem Auto. Ob man dies aufgrund der rauen Schotterstrasse und überschaubarem Zeitgewinn tun soll, ist dann natürlich eine andere Frage. Zudem ist's auch zu Fuss nicht extrem weitläufig.

Nein, als frühen Start kann man das definitiv nicht taxieren. Aber natürlich mussten wir uns erst mit gütlichem Schlaf von den vorherigen Efforts erholen, dann gescheit frühstücken und anfahren - das dauert schon einmal eine ganze Weile. Dazu ist die nach W exponierte Wand erst am Nachmittag besonnt und natürlich hatten wir einen Tag ohne Wolkenbildung und Gewittergefahr für unsere Tour ausgewählt. Für den Zustieg folgt man der Schotterstrasse nur bis ca. 2060m, ab dort führt ein ausgeschilderter Wanderweg abkürzend an der Flanke hinauf zum Militärcamp (2420m). Von dort ist es nicht mehr weit bis zum Einstieg (ca. 2520m) und der beste Weg auf einer Pfadspur durch ein Geröll-/Wiesengemisch ist visuell gut erkennbar. Den Einstieg zu lokalisieren ist nicht völlig trivial. Mit den Fototopos (idealerweise auch jenen der benachbarten Routen, Achtung kein Handyempfang im Gebiet!), vor allem den Buchstaben "PF" (nur schwach lesbar) und einigen Tipps von C2C (insbesondere nützlich ist jener der Fixé-Plättli mit dem 'jegrimpe.com'-Inprint) wird man aber hoffentlich genügend Sicherheit schaffen können. Um ca. 13.20 Uhr stiegen wir bei besten Bedingungen in die Route ein.

Ready to rumble! Am Einstieg der Route, man beachte das (spiegelverkehrte), knapp lesbare "PF".

L1, 30m, 6b+: Wow, das ist schon mal ein richtig toller Auftakt. Erst noch recht gutgriffig, wird es bald anhaltend und fordernd. Der Fels ist genial und wasserzerfressen strukturiert. Die Griffe sind aber meist vertikal und auch die Füsse muss man oft seitlich spreizend auf die Strukturen pressen. Zusammen mit der nicht sonderlich eng gehaltenen Absicherung macht das einen ziemlich anspruchsvollen Eindruck für den Grad.

Super Kletterei gleich von Anfang weg! Man sieht gut die vertikale Struktur, die in L1 (6b+) dominiert.

L2, 30m, 6c+ 1pa oder 7a (?): Vom Stand weg wird es gleich nochmals eine Ecke steiler, die Route zieht in eine Verschneidung hinein. Es löst sich aber alles gut auf und nach einigen etwas technischen Moves beim Exit legt sich das Gelände zurück. Dort trifft man auf einen (Zwischen)stand, der jedoch ausgelassen werden kann/soll. So kann man die nominelle Crux der Route gleich noch anhängen. Leider gibt's über den folgenden Dachwulst keine einfache Passage. Die Erschliesser sind zwar durchaus dort drüber, wo es noch am besten geht. Vom letzten Griff unter dem Dach den nächsten oberhalb zu erreichen erfordert aber eine Armspannweite von mindestens meinem Zuschnitt. Und auch so ist das Auflösen der Position an der eher durchschnittlichen Leiste und die folgenden 2 campusartigen Moves taff. Mir ging's gerade arschknapp auf, aber ob das so wirklich nur 7a ist?!? Ich zweifle... und für Larina war diese Stelle einfach absolut unmöglich freizuklettern, keine Chance da irgendwie halbwegs kontrolliert an einen Griff oberhalb vom Wulst zu kommen. Die 1pa-Lösung funktioniert aber für alle kommod.

L3, 45m, 6c: Eine absolute Hammerlänge mit fantastischer, anhaltender und fetzenscharfer Tropflochkletterei - da vergisst man leicht Raum und Zeit! Mittig, in einer angedeuteten Verschneidung an einem steilen, luftigen Pfeiler kletternd wartet die Crux. Da muss man doch mit etwas Entschlossenheit über den Haken steigen, sprich auf eher abschüssige Tritte stehen an Griffen, die nicht als Henkel zu bezeichnen sind. Geht aber schon!

Wenig repräsentatives Foto der genialen L3 (6c). Generell bietet die Route oft bequeme Stände auf Podesten. Das ist ja sehr zu begrüssen, dafür sieht man in den Rückblick-Fotos dann leider nicht so viel vom fantastischen Tropflochfels. Noch dazu sind wir mit Haulbag geklettert, dessen Handling die Fotomöglichkeiten leider auch etwas beschränkt.

L4, 45m, 6b+: Diese Sequenz beginnt mit einem etwas rustikalen Auftakt an einem breiten Riss, der über die ersten paar Meter nicht so schönes Gestein aufweist - geht aber schon. Das ist aber auch nur ein kurzes Vorgeplänkel auf den genialen Rest der Länge. Die führt nämlich bald vom Riss weg nach links hinaus in die Tropflochwand. Wie und wo genau man diesen Übergang am besten gestaltet bietet einigen Interpretationsspielraum. Nachher folgt dann affengeile, trotz dem gemässigten Grad durchaus kühne Tropflochmoverei. Und immer wenn man denkt "jetzt wird's schwierig" offeriert sich einem im letzten Moment doch noch eine Lösung. Zu erwähnen auch noch das nochmals steile Finish nach dem Break, welches an genialen Griffen ebenfalls perfekt aufgeht.

Ich würde nicht dieses affige Selfie posten, wenn ich ein besseres Foto von L4 (6b+) hätte...

L5, 40m, 6a+: Bestimmt die einfachste Seillänge der Route, wohl auch die am wenigsten spezielle. Die Kletterei ist aber immer noch steil und stellt durchaus ihre Ansprüche. Meist sind henklige Griffe in guter Zahl vorhanden, aber gerade der technische Beginn und der Ausstieg ins flachere Gelände fordern durchaus Interpretation und ähneln eher einer Wenden- als einer Plaisir-6a+.

Mangels fotogenem Finish von L5 sehen wir hier bereits einen Ausblick auf die geniale L6 (6c).

L6, 40m, 6c: Ein absolutes Highlight! Das gilt zwar noch nicht für den Auftakt, der die zwar einfache, aber auch etwas grasige Verschneidungsrampe quert. Die Erschliesser haben dann den Weg über die überhängende, linke Seitenwand gewagt. Und das hat sich voll ausbezahlt. Den Auftakt einer Rissspur entlang hätte man wohl auch per Ferndiagnose noch als 'machbar' taxiert, tatsächlich erfordert er nur einen einzigen, etwas kräftigen Pinch-Move. Doch der aus der Ferne glatt-kompakt scheinende Teil darob? Ja, der ist halt von unten nicht sichtbar mit Tropflöchern gespickt. Bei korrekter Interpretation der etwas mäandrierenden Linie geht's aber super auf, ohne dass je ein wirklich schwieriger Move warten würde. Der ötteligste davon kommt dann fast erst, als man die vermeintlich rettende Kante schon erreicht hat und an dieser bzw. leicht links blöd ausdrehend auf Gegendruck operieren muss.

Incredibile! Hier sieht man einmal, auf welch genialem Tropflochfels sich 95% der Route abspielen!

L7, 30m, 6b: Eine geniale Seillänge. Hier ändert die Felsstruktur nochmals etwas. Wie oft in den oberen Wenden-Seillängen gibt's da vom Wasser modellierte Töffgriffe erster Güte. So bleiben die Schwierigkeiten trotz grosser Steilheit im überschaubaren Rahmen (sofern man noch über genügend Kraftreserven verfügt). Die Crux kommt mittig und irgendwie etwas unerwartet... rückblickend kann ich nicht so richtig sagen, ob man hier mit Suchen auf eine elegante Lösung käme oder ob mein Ansatz à la "Hauruck" die beste Strategie ist.

Genialer Fels und geniale Kletterei in L7 (6b) - absolut Wenden-Like in allen Aspekten!

L8, 30m, 6b+: Hm, hier schreibe ich erst mal über die persönlichen Gegebenheiten und erst nachher über den Charakter der Länge. Laut den Beschreibungen sollte diese Länge a) queren und b) die letzten Meter leichter in etwas losem Gelände sein. Da wir drei Seillängen unter uns nochmals eine Seilschaft in der Wand wussten, schien es mir nicht opportun, hier unseren Bag zu haulen. Somit musste er also auf den (=meinen) Rücken. Extrem viel war ja nicht drin (Schuhe, Kleider, Food, Getränke). Aber trotzdem, so kriegte das Klettern gleich eine neue Dimension. Die Route quert gleich auf den steilen Pfeiler hinaus und bietet da knifflig-athletische Moves - und dies auf einer deutlich längeren Strecke, wie ich es laut Beschreibung erwartet hätte. Erst am Ende quert man nach rechts in eine Verschneidung hinaus, erst die letzten ca. 5m sind dann einfach (mit nicht mehr perfektem Fels).

Man sieht's - steile und geile Kletterei an einem Pfeiler, bis auf die allerletzten Meter, welche in L8 (6b+) in einer einfachen und am Ende etwas 'gschüderigen' Verschneidung zum Top führen. Der Entscheid hier nicht zu haulen um die Seilschaft unter uns nicht zu gefährden war sicher absolut richtig. Die beste Lösung wäre bestimmt gewesen, am Ende der steilen Kletterei am Pfeiler den Sack aufzuziehen - das hätte aber den perfekten Onsight gekostet... tja die Mühen, die man für solche Trophäen auf sich nimmt.

Um 18.40 Uhr und damit nach 5:20h der Kletterei waren wir am Top. Wie oben im Text schon angedeutet war es uns prima gelaufen. Wir hatten alles einwandfrei os/flash klettern können (Larina bis auf die erwähnte 1pa-Stelle in L2). Die Kletterei gehörte qualitativ zur Crème de la Crème und das Ambiente war einfach top. Noch dazu bestes, sichtiges Bergwetter und ein umwerfendes Panorama, besser kann es wirklich kaum sein. So gönnten wir uns dann auch am Top eine ausgiebige Pause und liefen erst um 19.15 Uhr los. Zu erwähnen ist, dass die Route ab Stand 5 nicht mehr zum Abseilen eingerichtet ist und dies in den oberen Seillängen auch ziemlich umständlich wäre. Der Fussabstieg ist also zwingend, aber auch schnell und einfach.

Am Ausstieg der Route eröffnet sich ein fantastisches Panorama!

Vom Top geht's rückseitig nur wenige Meter etwas steiler-schrofig runter, dann trifft man schon auf eine erkennbare Wegspur, welche über die Ostflanke in den Sattel zwischen Pic de l'Aigle und Pointe de la Plagnette führt. Ab dort ist die Spur - erst durch das Kar, dann auf der Krete - hinunter zum Col de Rochilles sehr gut erkennbar. Ab dort geht's dann auf der Schotterstrasse retour zum Militärcamp und entweder auf dieser oder via die Abkürzung runter zum Ausgangspunkt. Wir gönnten uns diverse Pausen, um die fantastische Berggegend zu bestaunen und die sehr aktiven Murmeltiere zu beobachten. So trafen wir um 20.30 Uhr in Plan Lachat beim Auto ein. Wow, das war nun echt genial gewesen! An diesen Berg werden wir bestimmt zurückkehren, um noch weitere Routen zu klettern.

Was für eine Wand! Hier vom Abstieg eine etwas mehr seitliche Perspektive.
Facts

Pic de l'Aigle - La Princesse de Feu 7a (6b+ obl) - 8 SL, 290m - Mussatto/Garcia 2009 - *****;xxxx
Material: 50m-Seile, 14 Express, Cams/Keile nicht nötig

Eine absolut fantastische MSL in einer tollen Berggegend. Die Schwierigkeiten im Grad 6bc sind sehr anhaltend und homogen. Dies bei einer meist herausragenden Felsqualität. Den griffigen, oft orangen und scharfen Tropflochfels wird man nicht so schnell vergessen und sich an manch anderen Orten gerne wünschen. Zusammen mit der Wand, welche so richtig Schwung hat, darf man gerne von einer 5*-Tour reden, die man nicht auslassen sollte. Es gibt jedoch einen Wermutstropfen, und der besteht in einer eher unschönen Morpho-Crux, die wohl die meisten Begeher nicht werden freiklettern können. Doch wem ein 100% Free Ascent nicht extrem wichtig ist, wird diese bittere Pille wohl im Angesicht vom famosen Rest bald verdaut haben. Bei der Absicherung mit verzinkten BH handelt es sich durchwegs um sehr guten MSL-Standard (xxxx). Dennoch, ganz so komfortabel und konsumentenfreundlich wie am Tour Termier bzw. in vielen Cambon-Routen ist hier nicht gebohrt. Sprich, die 6b+ obl. passt hier durchaus, es sind auch ein paar fordernde Kletterstellen zwingend zu meistern - bei sehr guter Absicherung und idealem Sturzgelände natürlich. Ob es gedruckte Literatur gibt, in welcher der Pic de l'Aigle beschrieben wird, bin ich nicht sicher (ich kenne keine). Die Beschreibungen auf C2C sind aber gut und ausreichend.

Montag, 22. August 2022

Tour Termier (3070m) - Le feu sacré (7a)

Der Col du Galibier ist für uns ein magischer Kletterplatz. Schon vor 3 Jahren waren Larina und ich das erste Mal über die Ponant Neuf (6a+) durch die eindrückliche Westwand des Tour Termier geklettert. Seither bestritten wir jedes Jahr eine MSL in dieser Gegend (2,3) und somit erstaunt es nicht, dass auch für diese Ferien ein Ausflug an die Galibier ganz oben auf der Wunschliste stand. Die beste Linie am Gipfelturm ist sicherlich die Feu Sacré, welche lotrecht und fast pfeifengerade auf den über 3000m messenden Gipfel zieht. Sie war schon Mitte der 1980er-Jahre von J.M. Cambon und G. Fiaschi mit dem Handbohrer erschlossen werden, ein kühne Sache für die damalige Zeit!

La fille grandit - la paroi reste aussi imposante! Tour Termier mit dem Verlauf des Feu Sacré (7a).

Der erwünschte und erhoffte Top-Tag kam zum Glück schon am vierten Tag unserer Ferien. Den wollten wir auch gleich für die Tour nutzen, denn einige Parameter müssen schon stimmen, damit man an dieser Wand genussvoll klettern kann. Idealerweise ist es warm (bzw. im Tal heiss), windarm und stabiles Wetter erlaubt es, erst nach Mittag anzugreifen, wenn die Wand von der Sonne beschienen wird. Das alles war gegeben, so kurvten wir vom Camping zum Galibier hinauf und starteten um 11.30 Uhr bei der letzten Kehre auf der Südseite auf 2510m. Der Zustieg führt erst mit etwas Auf und Ab horizontal ca. 2km dem Hang entlang. Erst im Geröllkessel unter der Wand gewinnt man dann so richtig an Höhenmetern. 

Auf dem Zustiegspfad - inzwischen lastet nicht mehr das ganze Material auf des alten Esels Schultern ;-)

Wir waren uns inzwischen bewusst, dass die ideale Route möglichst lange auf der Spur zum Col Termier bleibt und strikte dem Wandfuss entlang zum Einstieg am Pfeiler führt. Nach 1:00 Stunden Gehzeit waren wir vor Ort auf ca. 2810m. Der ganze Pfeiler war (scheinbar) für uns reserviert, darauf kann man bei diesen beliebten Routen bei guten Bedingungen nicht unbedingt zählen. Da schon etwas mit dem Sektor vertraut, war der Einstieg für mich einfach zu identifizieren. Die Route war rudimentär mit Chalk angeschrieben, sonst gibt es aber keine Markierung. Die steile Verschneidung der ersten Länge (siehe Foto) ist aber ziemlich charakteristisch. Da niemand zugegen war, setzten wir erneut auf die Option Abseilen anstatt Fussabstieg, liessen die Treter am Einstieg und zogen dafür ein Hilfsseil mit. Um 13.00 Uhr stiegen wir ein.

Hier geht's los mit der Feu Sacré, vielleicht hilft das Bild ja einmal jemandem, den Einstieg zweifelsfrei zu identifizieren. Sonst ist er nämlich nicht näher bezeichnet, auch bei den umliegenden Routen ist dies nicht der Fall und die Orientierung am Wandfuss ist durchaus nicht komplett trivial.

L1, 25m, 6a: Ziemlich imposant und gar nicht mal so üppig abgesichert sieht das aus, da könnte man durchaus einen gewissen Bammel bekommen. Naja, wir waren uns der Sache aber sicher und so legte ich los. Steil geht's erst hinauf, das Gestein entpuppt sich als prima henklig. Auch die Verschneidung danach klettert sich gutmütiger wie man befürchten könnte, da man die Sache recht gut wegstehen kann - leicht überhängend ist die Wand aber durchaus.

Die erste Etappe ist geschafft (L1, 6a).

L2, 45m, 6a+: Verschneidungskletterei zum zweiten, dieses Mal durchaus ein bisschen verschärft. Erst geht's noch, aber nachher wird der Riss unangenehm breit und abdrängend, das Trittangebot eher schmal. Ohne den Füssen zu vertrauen geht's nicht, die zu verwendenden Strukturen zeigen durchaus schon einige Abnutzungserscheinungen - ce n'est pas facile! Hat man dann etwas einfacheres Gelände erreicht, so folgt man der nun rampenähnlichen Verschneidung nach links, der offensichtliche Bolt gerade hinauf in der Wand gehört hingegen zur benachbarten Oxygène. Zuletzt über ein Grasplätzli mit sehr vielen Edelweiss nach links zum Stand.

In L2 (6a+) ist der Ausblick auf die pas-si-facile-que-ça Verschneidung fotogener als der Ausstieg auf das Grasbödeli. Dafür sieht man halt niemanden in Aktion beim Klettern...

L3, 45m, 6a+: Startet mit steilplattiger Wandkletterei, berührt kurz eine Verschneidung um wieder über die Platte zu führen - es gilt die Optimallinie zu erkennen, man kann es sich hier definitiv auch schwierig machen. Das Gelände verflacht sich dann zusehends und man trifft auf den (Abseil)stand bei einem bequemen Bödeli. Achtung, die BH-Linie direkt ob diesem ersten Stand ist die Oxygène! Das Feu Sacré verläuft weiter links, damit man die nächste Seillänge vernünftig klettern kann, muss man noch schrofige 10m zum eigentlichen Stand traversieren. Dieser ist nicht so offensichtlich und auch nicht saniert, er besteht noch aus den originalen Spits.

Ausstieg auf die Bänder am Ende von L3 (6a+), hinten der Roc Termier, wo es auch Routen gibt.

L4, 25m, 6c/+: Nun also rechtshaltend hinein in diese steile Mauer - man wird sich subito Gewahr, dass dies eine erste Prüfung wird. Zumindest wenn man freiklettern will, denn die Bolts stecken eng und erlauben A0, so wäre es kein Problem. Das Gestein ist hier leider erst von der Sorte 'bof bof', sprich etwas glatt, ungriffig, abgelutscht und zumindest von der Optik her geht's in Richtung splittrig. Wir finden aber den Schlüssel und können die bouldrige Stelle passieren - danach ist der Fels schöner, wird zerfressen mit Tropflöchern und wasserrilligen Strukturen (die aber teils schon deutlich poliert sind). Auch da muss man sauber geplant Moven, so einfach fand ich das nicht!

Nach einem bouldrigen, nicht so überzeugenden Auftakt folgt in L4 (6c/+) eine prima Steilplatte.

L5, 20m, 6a+: Optisch sieht's vom Stand her durchaus anspruchsvoll und kompakt aus, man könnte einen Sandbag vermuten. Das trifft dann aber doch nicht zu, auf der richtigen Linie besticht der Fels durch formidable, stark zerfressene Struktur mit Tropflochgriffen und man gewinnt doch recht mühelos an Höhe. Eine sehr schöne Seillänge! Schade nur, dass schon bald das nächste Band kommt, der Stand dort gemeinsam mit der Ponant Neuf (6a+) - auch hier gibt's nur die alten, handgebohrten Spits.

Gegend, Panorama und die Routenlinie sind einfach fantastisch. Hier Larina am Ausstieg von L5 (6a+).

L6, 35m, 6b+: Der Auftakt in diese Länge bietet etwas ein Déja Vu zu jenem in L4. Es ist gleich knifflig-bouldrig, schwierig zu lesen, das Gestein unangenehm glatt-abgelutscht und hier durchaus nicht nur optisch auf der splittrigen Seite. Ich muss ein paar Mal ansetzen, bis ich eine stabil ausführbare Lösung finde - habe ich mich nur dumm angestellt oder ist es wirklich so schwierig? Es folgt eine kleine Verschneidung, erst danach geht's dann im Schaulaufen an griffigem Gestein linkshaltend aufwärts zum Stand. Am Ende folgen dann noch ca. 5m horizontale Querung nach links, der Fels da wieder etwas brüchig, aufgrund der Absicherung etwas unangenehm für den Nachsteiger.

Die ganze Anlage fast schon wendenmässig. In diesem Ausblick sieht man im Vordergrund L5 (6a+), in Originalauflösung sieht man auch unsere Vorgänger-Seilschaft, die ich bei Ankunft an Stand 4 das erste Mal überhaupt wahrgenommen hatte. Der Nachsteiger dieser Seilschaft ist in L6 (6b+) unterwegs.

L7, 20m, 7a: Nein, diese Cruxlänge fand ich nicht die Zierde der Route! Los geht's noch gemässigt schwierig im 6a/+ Bereich. Der Fels nicht schön, er wirkt etwas splittrig. Man erreicht dann eine Struktur, an welcher die Linie erst nach rechts und dann aufwärts führt. Leider sind die zu nutzenden Tritte auf dem glatten Fels inzwischen hochpoliert. Es heisst also, ordentlich Druck aufs Geläuf zu bringen, was erst an Untergriffen und kleinen, fragil wirkenden Leisten, später dann an Seitgriffen zu erfolgen hat. Immerhin, die Bolts stecken eng, so ist bei dieser unangenehmen Kletterei immerhin der psychische Anspruch nicht hoch und bei Nichtbeherrschen die A0-Möglichkeit gegeben. Zuletzt stellt sich dann noch die Frage, auf welcher Höhe man sich von der linken Struktur löst und an die rechte Schuppe wechselt, wo sich schlussendlich der Stand befindet. Solcherlei konkrete Beta gehört ja nicht in einen Tourenbericht, zumal ich mir auch nicht anmasse, dass meine Version die Optimallinie gewesen sein muss. 

Am Ende der Cruxlänge (L7, 7a) hat's wieder gute Griffe, davor fand ich es eher etwas murksig.

L8, 35m, 6b: Die Crux dieser Länge könnte man beim Blick nach oben leicht übersehen... sie befindet sich nämlich gleich beim ersten Schritt, wo man wieder an die linke Struktur wechseln muss. Das ist bestimmt auch ziemlich morpho, mit reichlich Spannweite war das einmal hopp und gegessen, Larina musste sich da wesentlich mehr mühen. Der Rest der Seillänge ist dann mehr vom Typ "ça déroule". Nie ganz einfach, auf der richtigen Linie aber auch ohne üble Stopper-Moves, etwas Engagement ist aber auf der ganzen Strecke nötig.

Kleine Verschneidung am Ende von L8 (6b), die gutgriffiges, flowiges Steigen erlaubt.

L9, 25m, 6b: Ein schöner Abschnitt, der mit prima Kletterei an schönem, vom Wasser modellierten Fels beginnt. Zwei etwas bouldrige Stellen wollen entschlüsselt werden, was mit der richtigen Linienwahl gut möglich ist. Man gelangt dann unter ein Dächlein, welches im schwarzen Fels mehr umgangen als überquert wird. Darob befindet sich ein Stand, der gemäss manchen Beschreibungen als fakultativ bezeichnet wird. Doch einerseits fehlte mir die nötige Zahl an Exen um noch weiter zu klettern, andererseits ist es auch in Sachen Seilzug wohl beschränkt sinnvoll. Noch gewichtiger war für uns aber das Argument, dass wir hier endgültig auf eine Seilschaft vor uns aufliefen, die wir auf dem Anmarsch und während langer Zeit auch beim Klettern nicht bemerkt hatten. Sie waren schon um 9 Uhr morgens und damit 4 Stunden vor uns eingestiegen, mühten sich über die Seillängen hoch und kamen nur in Zeitlupe vorwärts. Zum Glück hatten wir lange geschlafen und nachher gemütlich gefrühstückt, kann man da nur sagen!

Umkletterung eines Daches am Ende von L9 (6b), unten sieht man die Abfahrts-Geröllreisse.

L10, 20m, 6c: Die letzte klettertechnische Herausforderung auf dem Weg zum Gipfel! Ohne besondere Probleme geht's an den Wulst heran, dessen Überwindung v.a. beim Mantle in die Platte darob einen guten Plan, etwas Bewegungstalent und Vertrauen in die Füsse erfordert. Ich fand es schlussendlich aber doch deutlich einfacher wie L4, L6 und erst recht L7. Aufgrund der Mühen unserer Vorgänger ist's vermutlich auch mit Hakenhilfe nicht ganz geschenkt bzw. ein plattiger Aufsteher noch halb zwingend (schwierig zu sagen für mich). Nachher geht's einfacher zum Stand, wobei man sich durchaus nochmals fordern kann, wenn man sehr strikte die Hakenlinie benutzt.

Plattiger Ausstieg aus L10 (6c), in direkter Hakenlinie ziemlich fordernd.

L11, 40m, 5c: Es geht gerade hinauf in die markante Verschneidung, nach etwa 15m mündet von links her die Ponant Neuf ein. Das Gestein ist hier formidabel griffig, so erfreut man sich hier einer genussvollen Turnerei. Der Stand befindet sich dann ca. 5m unter dem Gipfelkopf auf einer Plattform. Wer es eilig hat, wieder ins Tal zu kommen, macht da Stand (Abseilen von da über die Wand möglich, ebenso auf die Rückseite für den Fussabstieg). Aber natürlich ist es schade, den über 3000m hohen Gipfel mit seinem bequemen Rastplatz zu verzichten. Also über die Wandstufe hinauf, zum Nachnehmen muss man dann etwas unbequem den Ausstiegsstand der Boucs en Stock nutzen, der sich weitere 5m drüben an der Kante befindet. 

Geschafft - angekommen auf dem Tour Termier (3070m). Man vergleiche zum Bild 3 Jahre zuvor...

Noch ein paar Minuten vor 19.00 Uhr und somit nach doch fast 6:00h Kletterzeit waren wir am Top angekommen. Unter dem Strich hatte es eher länger gedauert, als ich es bei der Planung erwartet hatte. Die Kletterei ist aber bedeutend steiler und anhaltender wie in der Ponant Neuf (6a+) nebenan, v.a. waren die laut Originaltopo vielen 6a/+ Seillängen durchaus schon fordernd und kein Marschiergelände. Und in den 4 schwierigsten Längen (L4, L6, L7, L10) mussten wir uns echt schon die nötige Zeit nehmen und voll Mühe geben, um sie stilrein Onsight/Flash zu bewältigen. Unsere letzte Unternehmung an diesem Berg, die Marmotta Impazzita (6c) sieht auf dem Topo im Schnitt durchaus ähnlich aus, die hatten wir aber doch als bedeutend einfacher in Erinnerung. Wie dem auch sei, geschafft ist geschafft und auf einige Minuten schneller oder langsamer kommt es schlussendlich nicht an.

Panorama vom Tour Termier (3070m) - einfach eine fantastische Berggegend!

Die andere Seilschaft wollte zum Glück zu Fuss absteigen, somit hatten wir einerseits die Wand für den Weg in die Tiefe für uns alleine, andererseits einen 1:1-Vergleich, welche Methode schneller ist. Befindet man sich einmal auf dem Gipfelkopf, so kommt man nicht mehr so einfach zu Stand 11 vom Feu Sacré und wählt besser eine der anderen Abseilpisten (die im Oisans Nouveau, Oisans Sauvage perfekt beschrieben sind). Wir indessen profitierten von den 60er-Seilen, kehrten nach dem ersten Abseiler ins Feu Sacré zurück und standen schliesslich in 6 zügigen Manövern wieder am Einstieg. Unser Getränkedepot ebenda war zum Glück schon kühl geblieben, so konnten wir vor dem Rückmarsch nochmals auftanken. Nachdem wir unsere Waren gepackt hatten, rutschten wir erst das Geröll hinunter und liefen dann bei wunderschöner Abendstimmung retour an die Galibier-Passstrasse, wo wir etwas vor 21.00 Uhr eintrafen. Glücklich und zufrieden über die Tour rollten wir talwärts. Erst nach Einbruch der Dunkelheit trafen wir auf dem Camping ein, assen noch einen Happen und legten uns dann aufs Ohr.

Sozusagen das Fazit des heutigen Tages :-)

Facts

Tour Termier - Le Feu Sacré 7a (6b obl.) - 11 SL, 340m - Cambon/Fiaschi 1987 - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seil, 14 Express

Der grosse MSL-Klassiker am Col du Galibier im 7a-Bereich, in kühner Manier von J.M. Cambon und G. Fiaschi schon Mitte der 1980er-Jahre mit dem Handbohrer erschlossen. Erstaunlich eigentlich, dass nicht diese Route Eingang in das Buch Moderne Zeiten gefunden hat, das schiene mir irgendwie passender wie die getroffene Wahl. Die Linie, die steile Kletterei und oft auch der Fels sind durchaus überzeugend, trotzdem wurde die Route nicht ganz meinen sehr hohen Erwartungen gerecht. Die Stellen mit der schwierigsten Kletterei sind allesamt etwas unschön in glattem, etwas splittrig wirkendem Fels, der gerade dort auch schon sehr deutliche Nutzungsspuren zeigt. Alles in allem ist es aber doch eine 4*-Tour, die man gemacht haben muss, wenn man in dieser Gegend klettert. Wie schon erwähnt, fand ich die Bewertungen im lokalen Kontext strenger wie erwartet. Ich habe daher die offizielle 6a obl. nach oben korrigiert. Eine 6b sollte man schon sauber onsight vorsteigen können, sonst ist man in dieser Route sicher an der falschen Adresse. Die Absicherung ist seit dem Remodelling durch die Erschliesser im 1998 durchaus sehr gut - wie gewohnt sind schwierigsten Stellen eng behakt und erlauben A0, wo es einfacher wird ist hier - mehr als in späteren Routen derselben Erschliesser - auch mal etwas Wegklettern vom Haken gefragt. Topos und Infos findet man im Oisans Nouveau, Oisans Sauvage und im Topoguide Band II