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Montag, 5. August 2019

Tête de Mesure - Ombre et Lumière (6b)

Nach dem Abenteuer am Pilier Rouge wollten wir es am nächsten Tag wieder etwas gemütlicher angehen lassen. Im Plaisir West wird das Vallon de Bérard als Bijou beschrieben, zudem hiess das für uns null Anfahrt. Auch der Zustieg ist mit einer Angabe von 45 Minuten moderat, es sind zudem nur 300hm zu überwinden. Da näher und auch etwas schattiger gelegen, gaben wir der Tête de Mesure gegenüber dem Mont Oreb den Vorzug.

Naja, das sind nicht ganz dieselben Aussichten wie am Tag zuvor am Pilier Rouge. Hier auf diesen Platten befindet sich jedenfalls die Route. Wobei der Fels in frontaler Ansicht (die man jedoch nur von der gegenüberliegenden Talseite hat, wo man auf der Tour nicht vorbeikommt) schon noch ein wenig kompakter ist, wie es hier den Anschein macht. Es handelt sich jedenfalls durchaus um eine lohnende Plaisirroute.
Vom grossen Parkplatz beim Bahnhof von Le Buet geht's zusammen mit vielen Touristen zur sehenswerten Cascade. Weiter ins Tal hinein ist man dann deutlich einsamer unterwegs. Der Plaisir West verspricht aber nicht zuviel, die Wanderung dem Bach entlang ist angenehm und schön. Gerade vor der Brücke zweigt links der Pfad zur Tête de Mesure ab. Der Beginn ist nicht offensichtlich und leicht zu übersehen! Über einen richtigen Ho-Chi-Min-Pfad geht's durch mannhohes Kraut und über schlammigen Untergrund weiter flach taleinwärts, erst dann zuletzt aufwärts zur Wand. Nach 45 Minuten Zustieg sind wir da. Der erste Eindruck der etwas gemüsig aussehenden Platten ist nicht überaus beeindruckend. Wir lassen uns davon nicht abhalten und steigen um 12.30 Uhr ein.

Ho-Chi-Min-Trail mit mannshohem Kraut auf dem Zustieg. Was man beim Klettern nicht alles erlebt!
L1, 45m, 5c: rechtshaltend aufwärts an meist schön griffigem Fels
L2, 30m, 6b: der Auftakt nicht allzu schwierig, die Crux kurz mit einem Schulterzug (6b soft).
L3, 35m, 6a: schöne und anhaltende Platte, keine reine Schleicherei. Eine der besten Längen!
L4, 25m, 5c+: kurz, übersichtlich und gut eingebohrt, aber nicht geschenkt!
L5, 25m, 6a+: zwei Aufschwünge, etwas erzwungen links gebohrt (fies für die Kleinen)
L6, 25m, 6a+: schöne plattige Wand, die Crux aber der finale Aufschwung schon im Gemüse.
L7, 30m, 5c: einfacher Auftakt, die Crux in der Verschneidung, diese rechtzeitig verlassen!.
L8, 60m, 4b: lange, einfache Traverse nach rechts zur 'Ile de Razmokets' und ihrer Abseilpiste. Das Finish dann nochmals plattig. Achtung, diese Länge ist deutlich >50m, evtl. sogar >60m. Da die Schwierigkeiten am Anfang überschaubar sind, kann der Nachsteiger aber einfach ein bisschen folgen (oder man improvisiert einen Zwischenstand).

Schön griffiger Fels in L1 (5c).

Das ist die grosse Platte in L3 (6a), vielleicht die schönste Seillänge der ganzen Route.

Jetzt werden die Seilenden gewechselt (L4, 5c+, sehr schöne Kletterei!).

In L5 (6a+) musste Daddy nochmals kurz übernehmen. Die Crux war bereits passiert, aber am nächsten Aufschwung war der Bohrhaken mit Kindergrösse einfach ausser Reichweite und es drohte deshalb ein heikler Sturz. So haben wir jetzt immerhin auch einmal geübt, wie man mitten auf einer Seillänge einen sicheren Stand improvisiert.

Kleine Maus auf weiter Flur... in der grossen Traverse von L8 (4b), welche >50m lang ist.
Unsere Route endet hier, während die 'Ile' noch 4 SL weitergehen würde. Im Plaisir steht, die Fortsetzung sei unlohnend. Das glaube ich gerne, steht man hier doch total im Kraut, Fels der sich beklettern liesse, ist gar nicht in Sicht. Da unsere Route ja eh zu Ende ist, streichen wir um 17 00 Uhr nach 4:30h Kletterei die Segel und seilen ab. Tja, heute waren wir nicht ganz so schnell, aber mit Kindervorstieg und Wartezeit wegen einer Seilschaft vor uns ist das gut zu erklären ("normale" Kletterzeit würde ich eher auf 3:00h schätzen). Ob der wenig steilen Wand mit vielen Bändern und Grünzeug könnte man fürs Abseilen schlimmeres befürchten, aber wir gelangen mit 6 Manövern bequem und zügig retour an den Einstieg. Es bleibt noch die Wanderung retour zum Zeltplatz, dann ist dieser gemütliche Klettertag zu Ende.

Facts

Tête de Mesure - Ombre et Lumière 6b (5c obl.) - 8 SL, 280m - Durand et al. 2014 - **;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express

Nette Plaisirroute, welche auf der schattigen Talseite des hübschen Vallon de Berard liegt. Der erste Anblick der eher flachen, von der Vegetation durchsetzten Platten ist nicht unbedingt sehr vielversprechend. Die Kletterei führt dann aber doch meist über sauberen Gneis, der immer wieder kleine Griffe und Leisten aufweist und nicht nur reine Reibungskletterei bietet. Die Bänder und das Grünzeug stören nicht allzu gross und geben bequeme Standplätze her. Trotzdem, nach Niederschlägen sollte man der Route einige Tage zum Abtrocknen geben, auch früh in der Saison ist man hier nicht unbedingt richtig. Im Hochsommer bleibt die Route bis ca. 12.30-13.00 Uhr im Schatten. Gegen den Herbst gibt's hingegen kaum mehr Sonneneinstrahlung. Abgesichert ist die Route nach Standard "Plaisir gut+", dazu sind die Bewertungen gutmütig, man kann also voll angreifen. Mobile Sicherungsmittel sind nicht nötig und kaum einsetzbar. Ein Topo findet man im Plaisir West (aus welchem die Bewertungen stammen), weitere Infos auf C2C.

Topo von Hervé Thivierge, merci!

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