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Donnerstag, 31. Dezember 2020

Skitour Jägglisch Horn (2289m)

Unsere Suche nach dem Sonnenfenster und pulvrigem Schnee für die Jahresabschlusstour führte uns nach St. Antönien. Ja, nachdem wir in den letzten Wochen öfter gemeinsam auf Voralpen-Touren unterwegs gewesen waren, sollte es heute für einmal etwas höher hinausgehen. Die Première über 1000hm auf einer Skitour war für die Kids angesagt... "Daddy spinnsch, viiiel z'wiit für euis" war ihr Kommentar. Aber ich meinte es (natürlich zurecht) besser zu wissen.

Tolles Halo im Aufstieg - sonst hätten die hohen Wolken auch noch ein wenig länger warten dürfen!

Etwas im Unklaren über die genauen Gegebenheiten nach dem Föhnsturm schien es mir eine gute Wahl, zur Aschariner Alp hinaufzusteigen. Unten in geschützter Lage konnte man mit gutem Schnee rechnen, oben standen mit Geisstschuggen, Nollen und eben dem Jägglisch Horn Ziele in verschiedenen Hangexpositionen bereit, so dass wir in diejenige Richtung gehen konnten, welche den höchsten Fahrspass versprach. 

Nie für einen Stunt zu schade... ;-)

Selbstredend waren bis zum Entscheidungspunkt schon 650hm zurückzulegen. Die gingen aber leicht von den Beinen, im Gegensatz zu den oft weitläufigen Voralpentouren ging es hier nämlich effizient in die Höhe. So viel schlauer bezüglich der Wahl des genauen Gipfelziels wurde man bei der 'Usmälchi' auch nicht - sprich, die Südhänge sahen bis auf den Kammbereich auch gut aus. So gewann schliesslich, wen erstaunt's, das Jägglisch Horn als die Option mit den wenigsten Höhenmetern die Wahl, sonst hätte man ja eventuell noch ein paar Schritte zu viel gemacht, um die 1000er-Barriere zu knacken ;-)

Glaube der Seitenwind ist sogar auf dem Foto zu erkennen, oder?!?

Jedenfalls entpuppte es sich dann viel weniger weit wie von den Kids befürchtet und bald einmal waren wir auf dem Gipfelgrat, wo uns aber eine heftig stramme Brise empfing. Zum Gipfel waren es nur noch wenige Minuten, somit hiess es dort einzig umrüsten und ihn möglichst bald wieder zu Gunsten der etwas geschützten Nordflanke zu verlassen. Auch für die Kinder ein eindrückliches Erlebnis, wie unwirtlich es in den Bergen subito werden kann, wenn die Naturgewalten toben.

Genussvolle Abschlusswiese mit seidenfeinem Pulver, 1a!

Die Abfahrt war dann im oberen Teil leider gar nicht so grandios. Der Schnee wäre zwar durchaus pulvrig gewesen, doch die Sicht im Schattenhang war ob der hohen Bewölkung zu diffus, um es richtig krachen zu lassen. Bald jedoch waren wir auf dem pistenmässig eingefahrenen Alpweg, der natürlich mit Stemmbogenverbot befahren werden musste. Einmal aus dem Waldstück draussen warteten dann noch 400hm mit seidenfeinem Pulver in sehr schönem Freeride-Gelände, wo Daddy dann gerne noch ein paar coole Stunts vorzeigte. Der Nachahm-Effekt liess nicht auf sich warten und so schwangen wir mit hohem Stoke-Level das letzte Mal im 2020 ab. Auf ein Neues im 2021, die 1000er-Grenze ist ja nun gesprengt, schauen wir was kommt :-) 

Sonntag, 27. Dezember 2020

Familienskitour Kronberg (1663m)

Für eine gelungene Skitour braucht es keinen namhaften Gipfel und auch nicht viele Höhenmeter. Sonne, pulvriger Schnee und natürlich die richtige Begleitung machen doch viel mehr aus. Unser Plan für den Stephanstag bestand darin, auf den Kronberg zu steigen. Auf der Karte führt manch ein Weg dahin, von Appenzell, der Schwägalp, Urnäsch undsoweiter. Am logischsten schien jedoch der Aufstieg von Norden, sprich von Jakobsbad, von wo auch die Luftseilbahn auf den Gipfel führt.

So viel Glitzer, so viel schöner Schnee!

Allerdings, das sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, verläuft entlang der logischen und auf der Landeskarte verzeichneten Skiroute eine Schlittelpiste. Dieser auszuweichen ist abschnittweise schwierig und an Betriebstagen muss man mit heftig Gegenverkehr rechnen, was die Tour bestimmt unlohnend macht. Aufgrund der Corona-Restriktionen war aber die Beförderung von Schlitten auf der Luftseilbahn untersagt, so dass wir uns eben genau den richtigen Zeitpunkt für diese Tour ausgesucht hatten.

Schlittelpiste zwar geschlossen, gespurt war sie aber trotzdem.

Vom Ausgangspunkt (869m) geht's erst am Campingplatz vorbei auf den Rücken von Gschwend, welchem man in genussreicher und sonniger Wanderung bis zu dessen Ende bei den Chlepfhütten (1224m) folgt. Nun auf dem Trassee der Fahrstrasse durch den NW-Hang auf den eigentlichen Kronberg-Grat, den man kurz vor dem Wirtshaus bei der Scheidegg (1353m) erreicht. Die findigen Wirte boten all ihre Waren outdoor als Take-Away an - gesetzteskonform und dem Geschmack der Leute treffend, manch einer unserer Mitstreiter fand hier den Endpunkt seiner Reise.

Blick zum Säntis, bzw. zur Aiguille du Midi der Ostschweiz.

Wir indessen zogen weiter, vorbei an der Kapelle St. Jakob bei Gross Chenner und sehr aussichtsreich dem gut begehbaren Rücken entlang bis zum Kulminationspunkt auf 1663m. Wohlig warm war es an diesem Tag nicht, aber doch genügend angenehm für eine längere Gipfelrast und die entsprechenden Umbauarbeiten auf den Abfahrtsmodus. Auch für diese Saison haben wir uns entschieden, dass die Kinder wie im Vorjahr mit den fellbewehrten Langlaufski aufsteigen und wir ihnen für die Abfahrt die Alpinausrüstung hinauftragen. Ja, richtige Tourenski gibt's dann schon einmal, spätestens dann, wenn sie so schnell sind, dass wir ihnen mit dem ganzen Gepäck nicht mehr hinterherkommen.

Touring Vibes!

Die Abfahrt war dann ein richtiges Highlight. Schon im oberen Teil am Rücken konnte man neben der Piste seine Schwüngen in allerfeinsten Pulver legen. Im unteren Teil wechselten wir auf die Kuppe von Hütten (1155m), um den dortigen Skilifthang (selbiger war natürlich coronabedingt nicht in Betrieb) abzufahren. Genialer Powder stiebte bis ins Flache hinunter, wirklich wunderschön zu fahren! Zu bald waren wir retour am Ausgangspunkt, 8 Grad minus zeigte das Thermometer, ein wirklich grandioser Wintertag!

Am Gipfel mit Blick ins Appenzellerland.

Epilog

Die Geschichte von dieser Skitour ist damit noch nicht ganz komplett. Der geneigte Leser mag sich auch fragen, wie motiviert die Kinder bei solchen Geschichten auch wirklich mit dabei sind. Das zeigte sich am Folgetag: wir fläzten noch gemütlich in unseren Betten, doch der Junior war umtriebig. Er schnallte sich selbständig seine (immer noch) fellbewehrten Langlaufski unter die Füsse, packte seine Alpinausrüstung in den Skisprung-Rucksack und ging "weil es gestern so cool war" selbständig die 250hm-Skitour auf unseren Hausberg :-)

Damit nicht genug, um dem piekfeinen Powder genüge zu tun, bevor ihn der heftige Föhn verunstaltet, brachen wir zu einer weiteren Familientour auf. Erneut schien es logisch, sich die coronabedingten Restriktionen zum Vorteil zu machen und eine Voralpen-Tour zu wählen, welche sonst bei Liftbetrieb weniger lohnend ist. Dieses Mal ging es von Ebnat Kappel (637m) über den Hang des Stangenlifts hinauf zum Tanzboden. Auch das eine absolut lohnende Sache mit einer erneut tollen Abfahrt in super Schnee.

Im Aufstieg zum Tanzboden mit Blick auf den Zürisee.

Tanzboden-Gipfelkreuz in Sicht (zumindest in Originalauflösung ;-))

Freitag, 25. Dezember 2020

Kurt Albert - eine Biografie

Schon vor einigen Wochen lag das Buch in meinem Briefkasten, nun endlich habe ich es ob dem ganzen Trubel mit Arbeit, Familie, Klettern und Training geschafft, ihm seine Zeit zu widmen. Seine Persona braucht man einen Kletterer kaum mehr näher vorzustellen: der Erfinder, oder vielleicht besser Wegbereiter für den Rotpunkt-Stil und damit das Klettern als Sport, nicht nur als Tätigkeit um Wände zu erklimmen. Was allerdings gleich einen ersten Widerspruch darstellt. Denn Kurt Albert war keiner, der besonders zielstrebig und mit fanatischem Eifer lebte, sondern sich viel eher treiben liess und jegliche Zwänge verabscheute. Ein Nonkonformist mit dem Motto "frei denken, frei klettern, frei sein". 


Der Autor Tom Dauer ist selber ein passionierter Kletterer und war mit Kurt Albert persönlich bekannt. In aufwändiger Recherchearbeit hat er viele Details und Geschichten aus seinem Leben zusammengetragen und in ein spannendes Buch verarbeitet. Es beginnt mit seinen Kinder- und Jugendjahren, geht über in das Aufleben der Freikletterbewegung und nimmt uns mit auf Kurt Alberts Expeditionen in die weite Welt - nicht immer ganz chronologisch, sondern auch mit dem einen oder anderen Zeitsprung, was es nicht immer ganz einfach macht, den geschichtlichen Ablauf 1:1 zu verstehen.  Ich fand das Buch auch aus einem anderen Aspekt äusserst spannend. Mit Kurt Albert verbindet mich einerseits eine grosse Passion für das Klettern und andererseits die Ausbildung als Mathematiker. Doch im Gegensatz zu mir hat er sich für die "Freiheit" und gegen ein bürgerliches Leben mit Beruf, Beziehung und Familie entschieden. Letzteres schränkt natürlich Möglichkeiten und verfügbare Zeit ein, andererseits bergen allfällige Geldsorgen und der monothematische Fokus auch die Gefahr einer gewissen Leere und Abstumpfung. Das Buch versteht es auch, diese Aspekte des "freien Lebens" kritisch zu begutachten und ermöglicht so, den eigenen Lebensweg zu reflektieren, was doch immer eine äusserst spannende Sache ist. 

Bezugsquelle

Tom Dauer: „Kurt Albert frei denken – frei klettern – frei sein“ 336 Seiten, 107 farbige und 36 sw. Abb.; 15 x 22,5 cm, gebunden mit Schutzumschlag; Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien 2020; ISBN 978-3-7022-3874-2; € 29,95 Auch als E-Book erhältlich: ISBN 978-3-7022-3897-1, € 24,99. Link zu Website des Verlags.

Donnerstag, 17. Dezember 2020

Föhnmauer - Vaterland (8b, 7 SL, Erstbegehung)

Die Föhnmauer am Fläscherberg ist in der kalten Jahreszeit zweifellos das beste MSL-Gebiet der Ostschweiz. Praktisch vom Talboden weg startet man hier in sehr sonniger und schneearmer Lage in die steile Wand. Die Routen um den Klassiker z'Entli im rechten Sektor sind beliebt, ebenso die Megusta, welche etwas weiter links die dort höhere Wand durchsteigt. Auch dazwischen existierten einige Routen und Projekte, die vorwiegend im Verdon-Prinzip anzugehen waren und deswegen ein stiefmütterliches Dasein fristeten. In den Jahren 2019/2020 hat nun Daniel Benz diesem Mittelsektor ein Facelifting verpasst, sprich die Routen nach unten zu richtigen MSL-Wanddurchstiegen erweitert, wo nötig saniert und vor allem Rotpunkt geklettert. Bei der bisher schwierigsten Route, dem Vaterland (6 SL, 8b) konnte ich bei der Erstbegehung mit von der Partie sein.

Die Föhnmauer mit dem Verlauf von Vaterland (8b), wobei die ersten 1.5 SL hinter den Bäumen versteckt sind. Die beiden vorletzten Seillängen (8a, 8b) waren ein altes Projekt von Ralf Wohlwend, welches im Verdon-Prinzip angegangen werden musste, noch nicht gepunktet war und kaum je begangen wurde. Der Zustieg dahin nimmt den bestmöglichen, klettertechnisch lohnendsten Weg. Die braune Felspartie unterhalb der Querung ist stark überhängend und sehr brüchig, daher kaum bekletterbar.

Mitte Dezember, an einem der kürzesten Tage im Jahr, machten wir uns auf den Weg zur Mission Rotpunkt. Nach einem kurzen, 15-minütigen Anmarsch mit nur ganz wenig Höhendifferenz standen wir unter der Föhnmauer. Wie erwartet waren die Bedingungen perfekt: die Schneefälle von Anfang Dezember 2020 waren bereits wieder Geschichte, die Wand war einwandfrei trocken, viel Sonnenschein und angenehme Temperaturen begleiteten unser Unternehmen. Ab ca. 9.45 Uhr steht die Föhnmauer auch im tiefsten Dezember in der Sonne, diese bleibt dann bis sie um ca. 15.00 Uhr am Pizol unter den Horizont sinkt. Um 11.15 Uhr hatten wir den Haulbag gepackt, unsere Aufwärmübungen absolviert und stiegen mental parat in die Route ein. Mein Seilpartner aspirierte auf einen Komplett-RP-Durchstieg aller Seillängen, weshalb für mich über die gesamte Tour das hintere Ende des Seils reserviert war.

The Strongman, ready to rumble!

L1, 35m, 6c: Diese Einstiegslänge mit dem Namen Snack gehört nicht eigentlich zur Route, bietet sich aber für jene an, die wirklich am tiefstmöglichen Punkt starten möchten. Sie lässt sich vermeiden, durch Einqueren über ein breites, seilfrei begehbares Band erreicht man den Start in die nächste Länge mühelos. Zum Apéro gibt's hier eine etwas plattig-schlabbrig-glatte Wand, die aber trotzdem spannende und auch recht knifflige Moves bietet. Später steilt es dann auf und man bedient sich an Querschlitzen und -fugen. Es sei erwähnt, dass die Absicherung hier auf der etwas spärlichen Seite ausgefallen ist, teils müssen die Haken bei anhaltenden Schwierigkeiten doch einige Meter überstiegen werden. Doch wer dem Rest der Route gewachsen ist, wird das natürlich keine Probleme bereiten. Ebenso bemerkenswert: im Winter liegt diese Länge im Schatten der Bäume, während man durch Einqueren aufs Band direkt an der Sonne starten kann.

L2, 30m, 7a: Steile und bereits gehörig pumpige Seillänge in nicht immer perfektem Fels, der aber gut ausgeputzt wurde. Ebenso ist die Absicherung hier angenehm eng gehalten, so dass man bedenkenlos angreifen kann. Der etwas klötzlige und schiefrig-glatte, diagonal geschichtete Fels macht die Sache aber nicht einfach. Zum Ende erreicht man ein vages Band, wo man ganz nach links hinaus zum Stand traversiert. Man beachte das Topo und verkoffere sich hier nicht in Zustiegsvariante aufs Zentralband hinauf.

Da kommt man schon auf Betriebstemperatur (L2, 7a).

L3, 40m, 7b: Eine sehr lohnende und originelle Seillänge in nun prima Fels, die einen langen Quergang und am Ende sogar ein Abkletterstück beinhaltet. Schon die ersten Meter aus dem Stand raus sind fordernd und bedingen Power und Entschlossenheit. Danach geht's vorerst etwas besser dahin bis zum Punkt, wo sich die Hakenreihen verzweigen (gerade hinauf Freude herrscht, man halte sich nach links in die Benchmarc-Traverse). An ergonomischen Leisten hangelt man sich nun nach links entlang einer Fuge - powerige Sache, regelmässiges Fingerboarden hilft hier ganz sicher. Nach und nach fehlen dann auch die Tritte, so dass man beinahe in Campus-Manier zu moven hat. Ein weiterer kniffliger Abschnitt folgt nach dem Abzweig der Benchmarc, wo man einige kleine Griffe zu bedienen hat und schliesslich um eine Ecke verschwindet. Hier führt die Route aufs Band hinunter - Abklettern im Grad 7a, sowas kriegt man nur selten geboten, echt cool! Diese Seillänge ist gut abgesichert und auch vom Seilzweiten trotz aller Spezialeinlagen ohne Nervenflattern zu begehen. Nichtsdestotrotz sollte der Schwierigkeitsgrad an beiden Seilenden beherrscht werden. Hinweis: vom Stand 3 ist ein Rückzug schwierig, das Gelände unterhalb bricht stark überhängend ab, man erreicht den Fels nicht mehr und bis zum Grund sind es 65-70m Distanz. L4 ist aber gut eingebohrt und wenig zwingend, die schafft man schon, wenn man bis dahin gekommen ist.

Auf der grossen Traverse in L3 (7b). Wie bereits beschrieben ist der Routenverlauf vor Ort absolut logisch. Unterhalb vom sichtbaren Dach im unteren Bildviertel ist das Gestein blätterteigig, oberhalb davon gibt's aber besten, scharfen Leistenfels. Die Position zudem superluftig, geniale Sache!

Der Schluss der Traverse (L3, 7b) aus der Gegenperspektive. Es gilt noch, über die 2 Dächli aufs Band abzuklettern, was jedoch zum Glück nicht die Crux dieser Länge darstellt. Eine ungewohnte Herausforderung ist es aber allemal (ca. 7a).

L4, 20m, 7c: In ähnlichem Stil wie zuvor geht's weiter, athletische Power-Moves an Leisten in prima Fels. Auf dem Band wenige Meter nach links, wo es dann gleich am ersten Überhang schon zur Sache geht. Ist das geschafft, heisst es erneut kräftig-pumpig an den Leisten in einer Fuge nach links zu traversieren, um schliesslich mit weiten Zügen dynamisch den folgenden Wulst zu steigen, wo dann oberhalb zum Glück ein paar bessere Griffe auftauchen. Damit ist die Sache fast gegessen... die Moves in den Stand hinein sind aber nochmals unübersichtlich und erfordern die Bedienung von diversen Griffen, denen man nicht unbedingt das Prädikat "gut" anheften kann.

Anhaltend kraftvolle Züge an eigentlich meist guten Leisten in überhängendem Steilgelände in L4 (7c).

L5, 20m, 8a: Die Wand ändert nun erneut ihren Charakter, sie wird etwas weniger steil, dafür umso kompakter und griffärmer. Am deutlichsten wird dies vielleicht durch die Aussage, dass man diese vierte Länge gemessen am bisherigen Griffangebot a priori eher im Bereich 6c vermuten würde, was dann aber doch weit gefehlt ist. Die ersten Meter gehen zwar schon fordernd, aber noch gut machbar über die Bühne, nach einem herrlich wasserzerfressenen Rastpunkt-Henkel geht's dann aber zur Sache. Bei minimalem Trittangebot heisst es, scharfe kleine Kratzer zu crimpen und die Füsse auf minimale Strukturen zu platzieren - ein wenig vergleichbar mit der Crux-Sequenz der Ben Hur an den Wendenstöcken. Zuletzt dann wieder einigermassen griffig zum Stand an der Rampe, welche hier die Wand durchzieht.

'Crimping the shit out of nothing', dazu noch fast ohne Tritte. Der rechte Arm wird heftig gemolken in L5 (8a).

L6, 30m, 8b: Nun noch das Schlussbouquet, hoffentlich ist noch etwas Kraft übrig geblieben! Die ersten Meter sind gutmütig und erstaunlich griffig, vom zweiten zum dritten Haken zieht's mit einer Linksschleife an und anplättend an Leisten geht's in die erste Cruxsequenz über eine knapp strukturierte, senkrechte Wand. Mikroleisten zuballern und gleichzeitig die Füsse hoch stellen auf beinahe inexistente Tritte heisst das Programm. Nach einer kurzen Verschnaufpause folgt dann über das nächste Dächlein hinweg die Cruxsequenz. Die Hauptherausforderung besteht darin, einen kleinen Kratzer auf die rechte Schulter zu nehmen, die Füsse nahezu trittlos übers Dächlein zu bringen, Gegendruck zu erzeugen und sich nach rechts an eine halbwegs passable Leiste zu zaubern, um von dieser über ein paar kleine Löchlein endlich wieder etwas freundlicheres Gelände zu erreichen. Obwohl insgesamt kaum senkrecht, ist diese Passage sehr athletisch und erfordert gleichzeitig höchste Bewegungspräzision. Damit wären die Schwierigkeiten zwar erledigt, doch die Route gibt sich noch nicht ganz geschlagen und wartet noch mit einem Runout über eine psychisch fordernde Platte auf...

Als Nachsteiger hat man an dieser Stelle in L6 (8b) gut lachen, denn da ist die Sache eigentlich gelaufen, auch wenn die Abschlussplatte durchaus nicht ganz banal ist. Der Vorsteiger darf sich aber zusätzlich noch einem Runout gegenüberstellen, gewürzt noch mit der mentalen Belastung, sich hier die Begehung noch nehmen lassen zu müssen.

L7, 15m, 5a: Um den Ausstieg zu erreichen und um zu Fuss absteigen zu können, ist noch eine weitere, kurze Seillänge vonnöten. Erst noch schöner Fels, dass über einige mässig solide Blöcke hinweg und zuletzt etwas grasig zu Stand an Baum.

Ein paar Minuten vor 16.00 Uhr hatten wir es geschafft! Wie erhofft war Daniel eine durchgehend sturzfreie RP-Begehung aller Seillängen im Vorstieg gelungen - bravo, eine herausragende Leistung, meine herzliche Gratulation und besten Dank, dass ich hier tollen Klettersport aus der besten Perspektive geniessen konnte. Mir persönlich lief es auch ganz ordentlich, konnte ich doch L1-L3 flashen und L4-L5 immerhin komplett freiklettern. Einzig in der Cruxsequenz war ich mit meinem Latein am Ende: an diesem Mikrogriff bringe ich meine langen Beine unmöglich über das Dächlein, tiefer stehen zu bleiben ist aber ebenso wenig möglich und eine tragfähige, alternative Lösung gab es auch nicht - wobei das im Grad 8b jetzt auch nicht unbedingt erstaunlich ist. Natürlich war ich trotzdem sehr zufrieden, nur ganz wenige Moves waren mir hier nicht, bzw. nicht auf Anhieb gelungen und es hatte enorm Spass gemacht, am sonnengewärmten Fels in dieser luftigen Exposition zu klettern. Um wieder zurück zum Materialdepot zu kommen ist der Fussabstieg sicher die schnellste Möglichkeit, man kann aber auch Abseilen (mind. 2x35m Seil bzw. 70m-Einfachseil nötig!). Es sind 5 Manöver nötig, wobei es von Stand 4 über 2 gut sichtbare, routenunabhängige Stationen gerade hinunter geht. Achtung, die Sache ist sehr luftig, Pendeln ist unerlässlich!

Facts

Föhnmauer - Vaterland 8b (7c obl.) - 7 SL, 200m - Daniel Benz 2020 - ****;xxxx

Material: 14 Express, für Rückzug/Abseilen mind. 2x35m bzw. 1x70m-Seil nötig. Obacht, teilweise scharfer Fels und querender Routenverlauf, Doppelseile sind ein Sicherheitsplus!

Steile und anspruchsvolle MSL-Sportkletterei in Talnähe, ideal geeignet für milde Wintertage. Die Route besticht durch einen richtigen Steigerungslauf in Sachen Schwierigkeit, abwechslungsreicher Kletterei mit origineller Linie und meist gutem Fels. Die ersten beiden Seillängen sind noch nicht erste Sahne, die querenden Leistenlängen danach aber powerig-genial und die technisch-crimpigen Schlusslängen bilden Challenge und Schlussbouquet zugleich. Mit Ausnahme der sparsam gebohrten Einstiegslänge ist die Absicherung durchgehend gut bis sehr gut und den Schwierigkeiten angemessen. Trotzdem wartet so manch eine zwingende Stelle, insbesondere muss der technische Fb 7BC-Boulder der Crux obligatorisch gemovt werden... Das zurzeit beste Topo von der Föhnmauer findet man auf der Eastbolt-Seite, allerdings ist's auch nicht mehr ganz aktuell. Einerseits wurden Bewertungen angepasst, andererseits fehlt die hier beschriebene Route (bzw. das Zwischenstück mit den Längen 3 und 4), aber der Verlauf (13, 8, 5, 4 und dann über die neu eingebohrte Passage ins Projekt 3) dürfte trotzdem klar sein, insbesondere mit dem Fototopo oben in diesem Beitrag.

Montag, 7. Dezember 2020

Rätikon - Via Acacia (7c+)

Bei der Via Acacia (9 SL, 7c+) an der 5. Kirchlispitze im Rätikon handelt es sich um die letzte Neutour von Martin Scheel, eingebohrt anno 1988. Viele interessante Dinge kann man über diese  Route lesen, z.B. "die schönste der extremen Routen im Rätikon" oder auch "trotz moderater Bewertung auch heute noch ein grosses Testpiece". Überzeugend ist auf jeden Fall die Linie mitten durch den grauen Plattenpanzer und mit einer herausragenden Felsqualität ist im Rätikon ja sowieso zu rechnen. Nun denn, obwohl die Absicherung gemeinhin als "gut" bezeichnet wird ist schon nur wegen den vielen, anhaltend schwierigen Seillängen klar, dass da eine ganz grosse Herausforderung wartet. Angie konnte mich davon überzeugen, hier an einem Novembertag bei besten Bedingungen einen Versuch zu starten.

Die Südwand der 5. Kirchlispitze im Rätikon mit dem Verlauf der Via Acacia (7c+)

Nach einer längeren Schönwetterperiode waren die Schneefälle von Ende September, welche damals bereits das vermeintliche Saisonende eingeläutet hatten, wieder Geschichte. So konnten wir problemlos auf's Grüscher Älpli kurven, südseitig war auch alles trocken und schneefrei. Perfekte Bedingungen also, trotzdem war  im Rätikon nur wenig los. Nur gerade 4 Seilschaften waren vor Ort und es wurden nur anspruchsvolle Routen angegangen. Konkret Silbergeier, dann eben von uns die Via Acacia, Pandora und Solo Para Locos. Den Einstieg der Acacia kann man entweder direkt über zuletzt ziemlich steile Schrofen (T5) erreichen, etwas einfacher/günstiger ist es von rechts her zu queren, d.h. an den Einstiegen von Haldejohli und Via Pardutz vorbei. Um ca. 9.45 Uhr hatten wir alles parat und stiegen bei angenehmen Bedingungen ein.

Los geht's! Die Luft an diesem Tag voller Saharastaub, daher kein tiefblauer Himmel, aber trotzdem angenehme Temperaturen.

L1, 40m, 6c: Zuerst noch durchzogenes Gelände, nach ca. 15m dann aber der Wechsel zu Bombenfels mit steilplattiger Rätikonkletterei erster Güte. Da dann recht anhaltend und auch eher luftig gesichert. Die Bolts stecken aber fair und sinnvoll, doch ein Sturz vor dem nächsten Klipp wäre dann doch eher meist ziemlich unangenehm. 

Der obere Teil von L1 (6c) bietet steilplattige Kletterei in Top-Rätikonfels, allerdings luftig gesichert.

L2, 35m, 7c+: Sehr verzwickte Linienführung! Der Einstiegsquergang erfordert Beweglichkeit, löst sich aber für die angedrohte 8- im Originaltopo prima auf. Dann geht's nicht direkt über den Haken, sondern mit einem Loop rechtsherum, was dann wiederum für die 7 sehr hart ist. Nun etwas leichter voran, einer Art Riss/Schuppe folgend in etwas splittrigem Fels. Dann aber links hinaus in die kompaktere Wand und eine Art Rampe hinauf. Hier wird es subito schwierig, wobei 2 Lösungen möglich sind (auf der Rampe oder links davon, unklar welche besser ist, 9-). An deren Ende Rechtsquerung (9-, unübersichtlich, kleingriffig, kaum Tritte - tough!). Der zweitletzte Bolt schwierig zu klippen, bis man fast daran vorbei ist, zuletzt leichter zum Stand. Diese Länge ist eng à la Klettergarten abgesichert, daher wenig zwingend. Trotz der deutlich höheren Bewertung fand ich sie eher zugänglicher als L5 und L6.

Genau hinschauen heisst es in L2 (7c+) mit ihrer verzwickten Linienführung, gerade beim Loop hier.

L3, 30m, 7b+ (oder 6c A0): Aus dem Stand einfache Querung nach links, selbst der Klipp vom zweiten BH löst sich entgegen aller Befürchtungen gut auf, vor allem gibt's da noch einen erstaunlich guten Seitgriff. Nun heisst es aber auf die Trittmulde beim Seitgriff zu manteln, ohne dass noch gross andere Strukturen beim Aufrichten helfen würden. Haben wir beide als einzige Stelle der Route (soweit wir gekommen sind) nicht freiklettern können. A0 geht der Mantle kommod, ach wie gerne hätten wir einen Könner an dieser Stelle (9-) beobachtet... wobei es dann vermutlich aber doch nur unspektakulär aussieht. Danach eine zwar nicht harte, aber unangenehme Stelle zum (zu) weit links in einer Mulde steckenden Haken. Dies gefolgt von einer grossen Rechtsschleife, bevor es in Riesenslalom-Manier einfacher diagonal links hinauf geht - zuletzt mit einer Mutprobe über die glatte Platte, Seilzug inklusive...

Über diese abschüssig-glatte, nahezu grifflose Platte musst du am Ende von L3 (7b+) gehn...

L4, 55m, 6c+: Über 50m lange Seillänge, eine richtig gute Möglichkeit für einen Zwischenstand bietet sich jedoch tatsächlich nicht an. Mit einem 60m-Seil aber gut zu machen. Erst kurzer Boulder in den Graskanal hinunter, diesen ein paar Meter hinauf zu BH #1. Die unscheinbare Passage dort hat es in sich (eine Scheel 7+ Einzelstelle gibt's nicht geschenkt). Nun leichter und etwas grasig zu Aufschwung (BH), gefolgt von einem unschön-splittrigen Abschnitt. Nach nochmals etwas Gras wird der Fels dann aber top. Erst erstaunlich gutgriffig, dann plötzlich knifflig (8-) und schliesslich etwas schlabbrig in Top-Rätikonfels hinauf. Erst zuletzt wird das Gelände wieder grasdurchsetzt und einfach, man erreicht schliesslich das Mittelband.

Der erste Teil der langen L4 (6c+) bietet nicht Top-Kletterei, bei der Position der Akteurin ist es dann aber super!

L5, 30m, 7b+: Über eine Sanduhr in die sehr schöne Tropflochwand hinein, die nach dem Einstiegsboulder vorerst verschwenderisch griffig daherkommt. Bald werden die Strukturen kleiner und schon fordernd geht's unter den Wulst hinauf (original 7 und 7+). Die "erste Welle" geht noch gut, dann folgt aber die 8+ Crux: Seitgriff - Löchlein - Zange (leider etwas staubig), die Frage ist bloss, wohin mit den Füssen und wie kommen diese über das Overlap?!? Kräftig weiter an Seitgriff und hepp an den Thank-God-Jug. Der Rest, vorwiegend ausdauernd an Seitgriffen, dann etwas einfacher zum unbequemen Hängestand. Zwar gut abgesichert, an der Crux aber trotzdem recht zwingend. Ich fand diese Stelle hart, die Seillänge insgesamt nicht leichter wie L2.

Aussichten auf L6... superkompakt, supertechnisch, leider kein Action-Foto von L5 (7b+) gemacht.

L6, 30m, 7b+: Es wird etwas weniger steil, dafür extrem technisch in super Fels. Erst an scharfen Seitgriffschüpplein hinauf, die einfachste Linie verläuft etwas links der Haken, natürlich zum Preis einer kniffligen Rechtsquerung vor dem dritten Klipp. Die 8+ Stelle danach hat uns grosse Probleme bereitet... schwierig in schlechten Seitgriff reinkommen, auf kleinsten Rauigkeiten hoch anlaufen und irgendwie die offensichtliche Schuppe links oben fassen - nach zig Versuchen ging es dann doch, gefolgt von heiklem Klipp. Anhaltend technisch geht's weiter, von gutem Seitgriff wieder plattig anlaufen und auf Tropflöcher, der nächste Abstand eher über seichte Wasserrillen, dann eine Wandstelle wo eine Schuppe ausgebrochen ist, bis uns schliesslich die 8+ Stelle nach dem BH #7 dieser Länge endgültig ausgebremst hat. Vom Haken weg ein paar Meter schwierig, man käme schliesslich zu seichten Wasserrillen und nach heikel aussehendem Mantle zu einem weiteren Bolt (sprich, es stecken auch hier mehr Bolts als laut Originaltopo, sie sind aber trotzdem weit auseinander!). Leider ist gerade dieser entscheidende Bolt #7 zu wenig tief gebohrt und steht ziemlich weit vor... wenn der dann auch noch versagen würde, so würde es definitiv unangenehm bei einem Sturz. Alles in allem dünkte uns diese Länge extrem taff, sehr zwingend und trotz an sich vernünftiger Sicherung psychisch anspruchsvoll. Zudem ist sie für kleiner gewachsene möglicherweise gleich nochmals schwieriger.

Brutal fusstechnisch an Mikrokratzern ist L6 (7b+) - hier mit Pause, nachdem eine zwingende Stelle nach zig Versuchen geglückt ist.

Tja, inzwischen war es bald 16.00 Uhr, unsere Reserven an Kraft, Haut, Psyche und natürlich Tageslicht waren aufgebraucht. Auf dem Programm wären erst noch 2 weitere, laut Topo vermeintlich etwas einfachere Seillängen (6c+, 7a), das Grande Finale im Bereich 7c+/8a und die Ausstiegslänge (6a+) der Via Pardutz zum Gipfel gestanden - ein happiges Restprogramm für 2 ausgepowerte Athleten. Somit gab es für einmal eine (wenn auch im voraus absehbare) Schlappe - wie immer fuxt es mich gewaltig, eine Route nicht beenden zu können. Heisst aber natürlich nicht, dass es nicht dennoch ein toller Klettertag und eine gewaltige Horizonterweiterung war. Unter dem Strich machten wir in den athletisch schwierigen Sektionen der Route die beste Figur, mit etwas Übung wäre das zu meistern. Aber diese extrem (fuss)technisch-koordinativen Steilplatten, da fehlt (mir) vielleicht einfach das ultimative Können dafür. Und logo, sofern man eben das Rüstzeug nicht hat, um auf Minidellen an der Haftgrenze des Schuhs präzise, balanciert und trotzdem mit der nötigen Dynamik zu moven, so fühlt sich das dann mangels Kontrolle auch für die Psyche sehr herausfordernd an, was dann auch noch zu Lasten der notwendigen Lockerheit in diesem Gelände geht. Auf jeden Fall, so viel ist sicher: die Acacia ist keine Route, wo man mit brutaler Leistenpower zum Erfolg kommt. Da braucht es Klettertalent und die nötige Souplesse. Aber wie schön, dass der Klettersport solch vielfältige Challenges bereithält!

Time to go home with the promise to come back...

Facts

5. Kirchlispitze - Via Acacia 7c+ (7b obl) - 10 SL, 370m - Martin Scheel et al. 1988 - *****;xxx

Material: 2x60m-Seile, 10 Express, evtl. Camalots 0.2-0.75

Eine Scheel-Nimbusroute durch den kompakten Plattenpanzer der 5. Kirchlispitze. Es wartet für das  Rätikon typische Steilplattenkletterei, vielfach in rauem Topfels. Soweit wir gekommen sind, haben wir auch einige Stellen angetroffen, wo das Gestein mal etwas splittrig, staubig oder grasig war, aber das ist kein Stilbruch, so dass aufgrund von Position und Nimbus die vollen 5* sicher berechtigt sind. Die Kletterei ist auf weite Strecken extrem (fuss)technisch und diffizil, d.h. sie erfordert viel Vertrauen in die Reibung, Balance und Koordination. Etwas Athletik schadet natürlich nie, sie kann aber nur vergleichsweise schwierig an den Fels gebracht werden, somit sicherlich nicht das dankbarste Projekt für reine, starke Überhang-Sportkletterer. Die Absicherung der Route ist an sich gut, nur im einfacheren Gelände unter ca. 6bc gibt es weite Abstände. Da konnten wir in den Längen 1-4 noch den einen oder anderen kleinen Cam zur Beruhigung der Nerven versorgen, Könner kommen vermutlich ohne aus. Doch auch in den schwierigen Passagen, wo die Route gut abgesichert ist, ist die Kletterei oft zwingend und psychisch anspruchsvoll. Gute, bzw. überhaupt so richtig nutzbare Griffe fehlen eben oft und man bewegt sich beständig an der Abschmiergrenze, das fühlt sich halt einfach immer speziell an. Doch auch hier gilt, wer's richtig drauf hat, für den ist vielleicht alles halb so wild. In Sachen Topo ist das hier abgebildete Original von Martin Scheel nach wie vor die Referenz.

Originaltopo der Via Acacia von Martin Scheel @ azoom.ch.

Sanierung

Aufgrund der Bilder von der Erstbegehung wurde die Via Acacia mit der Maschine gebohrt. Verwendet wurden aber (bis auf ganz vereinzelte Exemplare) nicht die heute üblichen Expansionsdübel, sondern so etwas à la Kronenbohrhaken, wo eine flache Schraube kleineren Durchmessers in den M10-Dübel geschraubt ist. An den Standplätzen handelt es sich um rostfreie Ware, die Zwischenhaken sind aber nur verzinkt und öfters rostig. Immer mal wieder trifft man auf ein Exemplar, welches zu wenig tief gebohrt wurde, d.h. wo das Plättli wackelt/dreht bzw. der Dübel etwas vorsteht (das bedeutet sicherlich erhöhte Bruchgefahr). Unter dem Strich: das Hakenmaterial hat >30 Jahre nach der Erstbegehung ein Update verdient. Natürlich 1:1, d.h. blosser Ersatz der Haken. Trotzdem ist das eine Herkulesaufgabe, denn einerseits stecken total 90 BH, andererseits kann man die neuen Bolts ja nicht genau an demselben Platz wie die bestehenden positionieren. Oft entscheiden hier aber Zentimeter über Klippbarkeit und Anspruch der Route, d.h. die Ausführenden müssen sehr sorgfältig arbeiten und es kommt ihnen eine grosse Verantwortung zu, dieses Monument zu pflegen. An gewissen Stellen (z.B. L2, L3) gibt es auch ein gewisses Optimierungspotenzial der Hakenpositionen (in Bezug auf geradlinigen Seilverlauf), ohne dass der Charakter der Route geändert würde... ein Job für Eastbolt?

Rostfreier Kronen(?)bohrhaken, dieser Typ kam an den Standplätzen zum Einsatz. Die Zwischenhaken sind leider weitgehend von deutlich schlechterer Qualität.