Ziemlich genau 8 Jahre ist es her, seit es dereinst Thai-ai-ai geheissen hat! In aller Regel steige ich in Routen, welche ich einst nach Projektieraufwand am Limit durchsteigen konnte, nicht mehr ein. Denn es geht ja dann sowieso nicht mehr einfach so wieder und hinterlässt nur das schale Gefühl von "unsend" und "ich bin schlechter geworden". Bei der Thai City war dann aber im Winter 21/22 ein starker Mann zur Installation eines Topropes gefragt, so dass Frau (Dettling) in dieses mögliche Projekt schnuppern konnte 😁 Und genau bei diesem Anlass kam mir die Idee, einen Rechtsausstieg einzurichten. Ein erster Augenschein zeigte manch nutzbare Struktur an und verhiess, dass es machbar sein sollte.
Ob Stadt oder Land, jetzt kann jeder nach seinen Präferenzen leben 😎 |
Jedenfalls kam kurz darauf der Sommer, in welchem ich den Galerie Waldsektor nicht frequentiere. Viele Monate später sanken die Temperaturen dann endlich wieder auf Werte, welche das Klettern im kleingriffig-scharfen Kalk möglich machen. Natürlich erinnerte ich mich sogleich an die Idee vom letzten Winter - nur nicht mehr an die Sequenz der Moves, welche ich damals erkannt hatte. Die Sache entpuppte sich nämlich aus äusserst knifflig und ich war schon kurz davor, das Handtuch zu werfen, da sich das Projekt als oberhalb von meiner Kragenweite zu befinden schien. Dem geduldigen Neni und meiner Hartnäckigkeit sei Dank hatte ich aber nach 2 vollen Sessions dann doch eine Beta draussen, welche für mich aufging.
Galerie Waldsektor, eine coole Wand. Der Akteur ist allerdings in der Craigh na Dun (8a). |
Somit bestand die Aufgabe "nur" noch darin, die Linie auch Rotpunkt zu klettern. Schon bei der ersten Gelegenheit gab es einen ziemlichen Setback. Der Grip war super, meine Kraft auch gut beeinander. In der Cruxzone riegelte ich den Gegebenheiten entsprechend an den Sloperleisten. Und schnipp, schon war ein tiefer Cut in der Hautfalte am ersten Fingerglied. Meine Fingerkraft ist ja alles andere als legendär. Aber offenbar ist die Reissfestigkeit meiner Fingerhaut noch tiefer - denn das war keine mechanisch induzierte Verletzung, sondern die Haut wurde auf Zug einfach auseinander gerissen. Logischerweise war dann Geduld gefragt. Dick eingetapt war zwar Trainieren bald wieder möglich, auch das Bouldern in der Halle ging nach ein paar Tagen wieder. Doch wieder auf genau dieselbe Art und Weise an den Leisten im Projekt zu zerren erforderte mehr Zurückhaltung.
Winterliche Stimmung am Walensee. |
Immerhin war mir klar, welcher Griff der Bösewicht war. Ich nahm mir vor, an einem Tag maximal 3x im Rahmen von fokussierten Versuchen daran zu ziehen und nicht im (eigentlich sowieso sinnlosen, aber beim Projektieren so verlockenden...) Serienfeuer-Style verzweifelt daran herumzuzerren. Sowieso war ich eigentlich soweit, dass ich mit ernsthaften Rotpunkt-Versuchen anfangen konnte. Doch so einfach war die Linie nicht zu haben. An ziemlich jedem der schwierigen Moves scheiterte ich ein- oder mehrmals. Aber immerhin waren meine Fortschritte konsistent, d.h. ich kam jedes Mal bis zu meinem bisherigen Highpoint oder einen Move höher. Nach 4 weiteren Sessions hatte ich dann plötzlich den Griff in der Hand, wo ich dachte, dass man dann ganz bestimmt nicht mehr fallen kann. Doch wie es doch so oft kommt: "completely powered out" war ein Weitersteigen zum Top dann doch nicht nur Formsache. Doch ich konnte die Nerven und die Ruhe behalten, kurz schütteln und dann entschlossen die verbleibenden Moves anpacken - genau so ging es, der Erfolg war Tatsache und ein interessantes Projekt zur Realität geworden!
Facts
Galerie Waldsektor - Thai Village (8a)
Die Linie verläuft bis zum 6. BH (d.h. der zweiten Fixexe) mit der Thai City gemeinsam. Dann leicht rechtshaltend und gerade hinauf. Der schwierige Abschnitt ist vielleicht leicht kürzer als im Original, dafür sind die einzelnen Moves eher schwieriger. Eine Bewertung ist wie immer schwierig, wenn man eine Neutour ganz alleine etabliert hat. Ich denke aber, es die Schwierigkeit ist vergleichbar mit der Thai City und schlage darum auch eine 8a vor. Wie so oft wird die empfundene Schwierigkeit aber auch von den persönlichen Präferenzen und den körperlichen Gegebenheiten abhängen. Hier dürfte es entscheidend sein, wie gut man mit ein paar kleinen Löchern umgehen kann und welche Fusstritte man für die härtesten Moves am Cruxwulst nutzen kann - unmöglich für mich zu sagen, wie sich das für andere Kletterer anfühlen wird. Aber ich bin natürlich sehr gespannt, davon zu hören!
PS: Der Stand vom Thai Village lässt sich auch erreichen, indem man die Via Anja bis zu deren Stand klettert, dann an ein paar Löchern gerade hinauf zieht, um schliesslich mit einer Linksquerung die Untergriffe und die Ausstiegshenkel zu erhaschen. Das wäre dann die Via Anja Extension und somit eine weitere Möglichkeit im Waldsektor. Die Schwierigkeit beläuft sich auf ca. 6c/7a. Ob das jetzt eine sinnvolle Quality Addition zu den Möglichkeiten im Waldsektor ist, bleibe dahingestellt. Es ist aber ein bequemer Weg, um mit einer Aufwärmroute das Material ins Thai Village zu hängen und es musste nichts neu gebohrt werden, da ein bereits bestehender Anker von einer Hakenreihe genutzt werden kann, welche beim ursprünglichen Einrichten des Sektors entstand.