Für einmal nicht an, sondern hinter die Wendenstöcke: auf der Wunschliste war mein (nach der Route "Fakir" anno 2003) zweiter Besuch am Sättelistock bei Engelberg schon lange, doch immer wieder wurde er zu Gunsten von anderen Gebieten repriorisiert. Doch nun insistierte Jonas, und das machte sich bezahlt. Sämi Specks Route "Physical Gravity" ist wirklich eine tolle, anspruchsvolle Linie in weitgehend hervorragendem Fels.
Nach ziemlichen Verkehrschaos und auf dem Parkplatz dann, nach einigen Nächten mit sehr wenig Schlaf (Kinder, Klettern, Arbeiten...), müdigkeitsbedingter Trödelei, reicht es uns leider erst auf die Bahn um 9.00 Uhr. Wir gondeln nach Ristis, und dann mit dem Sessellift zur Brunnihütte, wo wir uns gleich auf den Weg machen. Zum Sättelistock zieht es sich, zuerst eine lange, horizontale Querung, dann weglos, immer steiler werdend, gegen die Wand hinauf.
Nach langer Trockenheit waren die Zustiegsbedingungen gut, bis zum Südpfeiler geht das wohl als unteres T6 durch. Um etwa 10.30 Uhr sind wir, ob dem hohen Tempo ziemlich verschwitzt, dort. Zur Einstieg der Physical Gravity wartet noch eine gäche Traverse nach rechts. Die ist eigentlich mit Fixseilen ausgerüstet, doch die sind in einem solch erbärmlichen Zustand, teilweise zu Fäden aufgelöst, dass wir sie lieber nicht benützen. Diese Meter würde ich als oberes T6 einstufen, zudem sehr exponiert. Um 11.00 Uhr greifen wir dann an.
Imposante Sättelistock Südwand mit dem steilen Zustieg. Die Route befindet sich rechts des auffälligen Pfeilers in Bildmitte.
Die 1. SL (6b+) startet gleich fulminant mit der Crux, die nun wirklich alles andere als einfach ist. Mir hilft in ziemlicher grosser Not ein Deadpoint, danach geht's dann flott, der Rest ist super-griffige Kletterei im 6a-Bereich. Allerdings stecken auf 30m nur 4 Bolts, bis zum Stand herrscht Groundergefahr, in den Querrillen lässt sich aber der eine oder andere Cam versenken. Die 2. SL (5c) bietet ebenfalls sehr schöne, griffige Kletterei an Querrillen, die 3. SL (4a) ist unspektakulär und schnell erledigt.
Super schöne Kletterei, insbesondere für diesen Grad, in der 2. SL (5c).
Dann beginnt in der 4. SL (6c+) das richtige Business. Die Wand ist steil, sprich betont senkrecht, der rotgelbe Fels mit fetzenscharfen Tropflöchern garniert. Etwa in der Mitte wartet die Crux, die vor allem viel Übersicht erfordert... bis ich diesen Griff endlich gefunden hatte! Doch das Geheimnis verrate ich hier nicht. Auffallen tut diese Länge übrigens auch mit ziemlich weiträumiger Absicherung, vor allem gegen Ende: crazy stuff - aber genial!
Da musste ich doch tatsächlich ein erstes Mal die Reserven anzapfen, und da noch 4 schwere Längen (2 x 6c, 2 x 7a) warten, fürchte ich schon, dass das noch ein Waterloo werden könnte. Wird es dann aber nicht, wie sich im Nachhinein zeigte, war die 4. SL die Strengste. Die 5. SL (6c) wartet mit erneut Premium Quality Kletterei an scharfem Fels auf. Recht homogen, aber nie mega schwer, und mit auch nicht mehr ganz so weiten Abständen. Die 6. SL (6c) hat dann zu Beginn eine Einzelstelle, danach folgen so griffig-tiefe Querrillen, dass es fast wie Leiternsteigen ist: sehr schön, geht gut!
Hammer Felsqualität in der 5. SL (6c).
Dann die nominellen Cruxlängen: die 7. SL (7a) bietet erneut sehr guten Fels. Die Crux ist eine etwas feingriffig-technische Einzelstelle und ziemlich obligatorisch, aber gut gesichert. Die restlichen Meter sind dann deutlich einfacher, somit sind auch die nur 6 Bolts auf 45m kein Problem. Die 8. SL (7a) ist dann nicht mehr ganz von derselben Qualität: anspruchsvoller Beginn (ca. 6c), einfachere Meter, dann eine gesuchte Einzelstelle als Crux, und dann über etwas brüchigen Fels aufs Schuttband hoch: die 4. SL war ein Fight, der Rest ging dann eigentlich problemlos onsight.
Die verbleibenden 3 Seillängen vom Schuttband nach oben sind dann nicht mehr von ganz derselben Qualität. Die 9. SL (6b) ist zu Beginn heikel da eher brüchig, dann folgt eine Traversen-Einzelstelle in gutem Fels, zuletzt dann in einfachem, aber splittrigem Gelände ohne vernünftige Sicherungsmöglichkeit zum Stand - hier würde man sich sehr wehtun, wenn man stürzt! Die 10. SL (6a) führt dann wieder in gutem Fels zum Wandbuch. Achtung, auch hier sind die Abstände sehr weit, und stürzen sollte man seiner Gesundheit zuliebe definitiv nicht.
In der nicht mehr so kompakten 9. SL (6b). Etwas Vorsicht ist durchaus vonnöten hier.
Im Buch stellen wir fest, dass wir die 12. Begehung der Route gemacht haben. Vor uns war Sämi bereits 3x da, und ansonsten stehen da natürlich die üblichen Verdächtigen: gestandene CH-Alpinkletterprominenz, die sich mit Vorliebe auf den vordersten Seiten in solch schwer zugänglichen Schriftstücken verewigt. Von den Erstbegehern wird auch vehement vor der Begehung der letzten Seillänge zum Gipfel abgeraten (brüchig, lose Blöcke, keine Absicherung).
Unsere Alpinistenehre lässt ein Auslassen des Gipfels natürlich nicht zu, und es entpuppt sich als nicht halb so schlimm. Brüchig ist es bis auf die letzten, einfachen Meter nicht, die "hängenden Telefonzellen" haben wir nicht gefunden. Haken stecken zwar keine, dafür ist die Schwierigkeit auch maximal ein Vierer, die 5a im Topo ist deutlich zu hoch gegriffen.
Sicht vom Gipfel auf den Schlossberg. Der Nebengipfel in Bildmitte ist P.3093, in dessen schattiger Nordflanke sind wir letzten Winter mit den Ski aufgestiegen und abgefahren (Bericht). Kaum zu glauben aus dieser Perspektive!
Um etwa 16.30 Uhr sind wir oben, machen noch den kurzen Aufstieg zum Gipfel, und seilen dann ab. Dies geht problemlos, 50m-Seile werden allerdings 2x bis zum letzten Zentimeter ausgereizt. Ebenso seilen wir dann vom Einstieg des Südpfeilers noch 3x ab. Auf die letzte Bahn (18.00 Uhr) ab Ristis wird es nicht mehr ganz reichen, doch unser Trumpf ist die weiter östlich gelegene Bordbahn. Die erfordert nur 10 Minuten mehr Abstieg, fährt dafür "on demand", kostet nur 6 CHF pro Person, so dass wir um 18.45 Uhr bereits im Tal sind.
Es herbstelet! Auf dem Abstieg zog der Hochnebel rein und bescherte uns eine mystische Stimmung.
Zum Schluss: herzlichen Dank an Jonas fürs Fotografieren, mein Apparat blieb leider zuhause. Einen weiteren Bericht zur Tour findest du bei chmoser.ch, oder bei obsig.ch. Und das hat Jonas auf gipfelbuch.ch geschrieben.
Auf den ersten 7 Seillängen tolle Kletterei in fantastischem Fels, welcher einen Vergleich mit den eine Kette weiter vorne gelegenen Wendenstöcken keineswegs zu scheuen braucht. Meist plus/minus senkrechtes Gelände, oft mit mehr oder weniger tiefen Querrillen, teilweise auch scharfe Tropflöcher. Die schweren Stellen sind oft obligatorisch zu meistern, aber doch durchdacht und vernünftig abgesichert. Im einfacheren Gelände häufig weite Runouts, auch bei ungünstigem Sturzgelände und schlechten Möglichkeiten zum Legen.
Ein Topo findest du auf der Website vom Erstbegeher Sämi Speck, es ist tiptop! Unten im Bild noch die Routenübersicht am Sättelistock:
Routenübersicht am Gross Sättelistock: das Bild ist ein Hotlink zu www.rugghubel.ch.
Supertramp, die Kultroute, Meilenstein des alpinen Sportkletterns. Und Schauplatz einer Kontroverse bezüglich dem Sanieren. Nachdem von einer Gruppe um den Lokalmatador Benno Kälin in den Jahren 2004/2005 nicht nur das alte Material durch solide Inoxbolts ersetzt wurde, sondern auch mehr als 30 zusätzliche Sicherungspunkte in Form von Bohrhaken den Weg in den Fels fanden, verlangte der Erstbegeher Martin Scheel (hier), dass die Route in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt wird.
Im Herbst 2009 wurde das dann ausgeführt, 28 Bolts wurden abgeflext und die Route bezüglich ihrer Sicherungsabstände wieder (bis auf ein paar Bolts in leichterem Gelände) in den psychisch anspruchsvollen Originalzustand zurückversetzt. Mich erwischte das auf dem falschen Fuss, damit hatte ich nicht gerechnet. Eine solch berühmte Route war natürlich weit oben auf meiner Wunschliste, und nun, im Rückblick beurteilt, wäre sie, mit den zusätzlichen Bohrhaken, auch für mich gut möglich gewesen. Doch dann, mit dem Bericht über die Renaturierung war der Traum von der Supertramp wieder in weite Ferne gerückt. Das günstige Zeitfenster hatte ich schlicht und einfach mit dem Warten auf den richtigen Tag verpennt, wie ärgerlich!
Einstiegsquergang aus der Westschlucht, untere Variante. Schwierigkeit ca. 6b.
Natürlich ging mir die Route nicht aus dem Kopf. Der Entschluss, auch im Originalzustand, als Vorsteiger in der Hauptverantwortung zu probieren, war bereits gefasst. Schliesslich beläuft sich die Maximalschwierigkeit ja auf bloss 6c+, da sollte, mit meinem Anspruch „alle“ 7a‘s zu onsighten, und einem Maximalniveau von 8a, schon etwas zu holen sein. Zur Ausführung dieses Plans kam es dann nicht, denn plötzlich ergab sich die Möglichkeit, die Tour mit Dani kennenzulernen. Er, alpin erfahren, psychisch robust, mit einem Onsightniveau von 7c und Rotpunkt 8b+, würde hier wohl ein leichtes Spiel haben. So ging es frohen Mutes los ans Bockmattli, die Last der Vorsteiger-Verantwortung ruhte nun nicht mehr auf meinen Schultern.
Dani in der ersten, eigentlichen Supertramp-Länge. Mit 6a bewertet, 6b passt wohl besser.
Wir entschieden uns für ein späteres Abseilen über die Tour, transportierten also das ganze Gerödel an den eigentlichen Einstieg in der Westschlucht. Mit einem Ziel einer freien Begehung der ganzen Wand entschieden wir uns nicht für den üblichen Einstieg obenrum, der ein Ablassen beinhaltet, sondern wählten die untere Quergangsvariante. Die ist frei kletterbar (ca. 6a+/6b), aber bereits ziemlich glatt, und nicht geschenkt. Zwei einfache Seillängen im vierten Grad führen dann an den eigentlichen Start der Supertramp.
SL 1, 20m, Original 6a, Subjektiv 6b:
Der Start sieht ja schon einmal ziemlich einschüchternd aus, steil schwingt sich die Platte in den Himmel. Es stecken wohl 3 Bolts, aber mit gebührenden Abständen. Zum ersten ist es weit, es entpuppt sich aber als gangbar. Knifflig-kräftige Crux unmittelbar nach dem zweiten, nach dem dritten ein Runout zum Stand, und voilà, die Ouvertüre ist geschafft.
SL 2, 25m, Original 6c+, Subjektiv 7b
Nun gut, hier ist es, das Pièce de Résistance: fulminant und kraftvoll geht es los, und eigentlich bis zum Stand so weiter. Mit den Füssen meist auf arschglatter Platte stehend, gilt es, dem schräg ansteigenden Riegel in Gegendruckkletterei zu folgen. Meist bedient man schlechte Unter- und Seitgriffe.
Dani hängt die Cruxlänge gleich an, was problemlos geht.
Während die Sicherungsabstände zuerst gar nicht so gross sind, mehr als 2m muss jeweils nicht über die Bolts gestiegen werden, ist die Kletterei aber dennoch psychisch äusserst anspruchsvoll. Die einzunehmenden Positionen sind sehr unangenehm und die Tritte so schlecht und glatt, dass man (zumindest gefühlt) jederzeit abrutschen kann. Zudem ist es auch sehr schwierig, die richtige Sequenz zu erkennen, so dass man sich rasch verheddert und erst recht mit einem Abgang rechnen muss.
Nach dem vierten und letzten Bolt, der nach der Sanierung leider gut 1m tiefer steckt als original, beginnen die schwersten Moves, wenn man mit den Füssen etwa auf Hakenhöhe steht. Die Gegendruck-Kletterei ist jetzt einfach noch anspruchsvoller und kräftiger als zuvor. Nach ein paar Moves lässt es dann nach, doch eine Ruheposition folgt nicht, dafür ein 10m-Runout zum Stand. Zuletzt anhaltend plus/minus 6b schwer. Einen schlechten Friend kann man „schoppä“, aber ob der Halten würde? Der Sturzraum über die glatte Platte ist völlig frei, aber wer möchte einen solchen 20m-Segler erleben... nein, danke!
Ausgiebiges Schütteln zwingend notwendig, bevor die letzten Meter an den Stand folgen
Zum Grad: nachdem Dani im Vorstieg schon mal arg ins Schwitzen kam, aber schliesslich durchzog, war ich gewarnt. Und prompt putzte es mich raus. Schliesslich hatte ich die ganze Länge mit 2 Hängern und am äussersten Limit frei geklettert. Gefühlte Schwierigkeit, mal so salopp gesagt, etwa 7b. Im Originaltopo sind ja die Einzelstellen bewertet, die härteste wird mit VIII-, d.h. 6c+ angegeben. Zwar wird die ganze Länge seit jeher mit 6c+ bewertet, aber ich finde, dem Ausdauerfaktor ist hier durchaus Beachtung zu schenken.
Doch urteile selbst – ich vermute, dass ich diese Seillänge im Vorstieg eher nicht raufgekommen wäre. Es ist alles andere als einfach und den Kopf für diese unsichere Art von Gegendruck-Kletterei habe ich nicht, und werde ich wohl auch nie haben, egal wie hoch mein Klettergartenniveau noch steigen wird. Mit 2 zusätzlichen Bolts wäre es für mich im Vorstieg denkbar, vor allem wären so auch die Anforderungen der Route deutlich homogener...
SL 3, 25m, Original 6a, Subjektiv 6a:
Schöne Seillänge an stark wasserzerfressenem, schwarzem Fels mit einem Bolt zu Beginn, und einem zum Schluss. Dazwischen kann gelegt werden, allerdings ist der Fels nicht immer zu 100% solide.
In der dritten Länge, die einfacher ist, als sie aussieht. Dafür ist die Verschneidung leicht brüchig.
SL 4, 25m, Original 6b, Subjektiv 6b:
Erst ein Rechtsquergang, dann eine knifflige Einzelstelle mit einem Bolt, der fast erst danach eingehängt werden kann. Zum Schluss unglaublich vom Wasser strukturierter Fels. Gut absicherbar.
Vierte Seillänge, knifflige Crux, bevor der Bolt geklinkt werden kann!
SL 5, 25m, Original 6a, Subjektiv 6a:
Schräg hoch, zum Bolt am Dachriegel, darüber hinweg zum 2. Bolt und dann wie weiter? Gerade hoch ist es wohl kletterbar, doch eine 5m-Linksquerung und dann wieder schräg rechts hoch ist deutlich einfacher. Danach übers grosse Quer-Grasband zum Stand.
Auf dem Wanderweg bin dann ich mal vorgestiegen... Nein, nein, auch nicht ganz ohne, die fünfte Seillänge.
SL 6, 40m, Original 5c+, Subjektiv 5c+:
Auf dem Grasband erst einige Meter nach links hinunter, bei einer Schwachstelle über den Überhang rauf und in offensichtlicher Linie nach links hoch. Nicht schwer, aber nicht ganz solide und nicht gut absicherbar. Dann ein Bolt, weiter zu einem zweiten. Von dort nicht die strenge Verschneidung piazen, sondern einfacher links davon in gut strukturierter Wandkletterei, wo auch gut gelegt werden kann.
Und gleich nochmals im Vorstieg in der sechsten Länge. In der Wand einfacher als in der Verschneidung.
SL 7, 35m, Original 6c+ A1, Frei 7b+, Subjektiv ?:
Die obere Cruxlänge: mit dem ersten Bolt kommt die erste, schwere Stelle. Zum zweiten geht’s gut, dann vom Bolt weg knifflig an kleinen Leisten und schlechten Reibungstritten. Nach 2m wird es wohl einfacher, aber es folgen weitere 3m anhaltend schwere, technische Kletterei, bis geklinkt werden kann. Hier wäre ein zusätzlicher Bolt auch Gold wert zur Schonung der Vorsteigerpsyche. Nach dem 3. Bolt bereits sehr glatt horizontal nach rechts zum vierten, dem Pendelbolt: Schwung holen, peeeendeeeeeeeeeln, und weit rechts den 1a-Henkel fassen. Das Video zeigt wie es geht:
Die Pendelei und das Henkel fassen ist wirklich voll obligatorisch, denn man Ende des Quergangs steckt nichts! Man klettert dann einige Meter einfacher hoch, dann folgt nochmals ein Bolt, und zuletzt eine kurze, aber knifflige, sehr glatte Reibungsstelle zum Stand. Diese Stelle, die Freiklettercrux der Länge, habe ich nicht freigeklettert, sondern bin nochmals gependelt, weshalb ich für diese Länge auch keinen sinnvollen Bewertungsvorschlag liefern kann. Für den Teil vor dem Pendelquergang ist 6c ok.
So machts der Nachsteiger, mit Ablassen am Seilschwanz. Ein Fixkarabiner ist dort, es geht also bequem.
Ob diese Seillänge wohl komplett frei machbar wäre? Für einen wie Manolo vielleicht, oder einen Youngstar wie Adam Ondra? Es sieht schon sehr übel glatt aus, aber nicht völlig ohne Struktur. Eine Umgehung etwas weiter unten, oder weiter oben sieht sogar noch etwas möglicher aus. Wunder nimmt mich auch, was Martin Scheel dort alles probiert hat!
Nachtrag: gemäss persönlicher Mitteilung hat Martin Scheel sich damals problemlos mit dem Pendelquergang abgefunden, und gar nicht lange nach einer frei machbaren Lösung gesucht. Eine komplett freie Begehung, oder gar ein Rotpunkt stand nicht im Zentrum, "das hat man damals auf Alpintouren nicht gemacht". In der Tat war es dann der legendäre Wolfgang Güllich, der die Tour einige Jahre später, mutmasslich als Erster, (jedoch ohne den Pendelquergang) Rotpunkt geklettert hat.
Nachtrag: Die erste, offiziell verbürgte, komplette Rotpunkt-Begehung der Supertramp inklusive der Stelle mit dem Pendelquergang fällt im Sommer 2016 David Lama zu. Hier im Video sind Sequenzen dazu sichtbar, es sei "nicht wirklich leicht, aber auch nicht wirklich schwer" - und das heisst konkret 7b+. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass von früheren freien Begehungen dieser Stelle gemunkelt wird, siehe die Kommentare zu meinem Folgeartikel The Supertramp History.
SL 8, 20m, Original 6a, Subjektiv 6a+:
Kleine Verschneidung, die schwieriger ist, als sie aussieht. Im zentralen Teil stecken 3 Bolts, davor und danach kann/muss man selber legen.
Erste Sonnenstrahlen in der kleinen Verschneidung der achten Seillänge.
SL 9, 40m, Original 6b, Subjektiv 6b:
Hier klettert man ein N, rauf, schräg rechts runter, und wieder rauf. Ich hatte darüber gelesen „ein N braucht auch vom Nachsteiger Nerven“. Stimmt, nach dem oberen rechten Hochpunkt folgt nämlich, sobald der Bolt ausgehängt ist, eine heikle Reibungstraverse. Wohl dem, der einen Vorsteiger hat, der für seinen Nachsteiger Cams platziert. Die Crux dann beim rechten, unteren Tiefpunkt, danach leichter, in etwas lottrigem Fels, zum Stand.
Nicht das "N", sondern bereits die folgende, 10. Seillänge. Dani in der Crux zu deren Anfang.
SL 10, 40m, Original 6a+, Subjektiv 6a+
Gleich nach dem Stand die etwas griffarme Crux, danach leichter links aufwärts einem Riss folgend, wo selbst abgesichert werden muss. Zuletzt nochmals ein Bolt, und einige schwierigere Züge an den Stand.
Und dann lässt er es wieder nach Wanderweg aussehen. Schwierigere Stelle (ca. 6a) kurz vor dem Ende der 10. SL.
SL 11, 30m, Original 6b, Subjektiv 6c
Nach links raus und im Winkel athletisch über die grosse Verschneidung bzw. den Dachriegel hinweg (3 BH). Massiv schwieriger und kräftiger, als es zuerst den Eindruck macht... auch Du wirst Dich täuschen! Danach in einfacherem Fels, mit 2 zusätzlichen Bolts, zum Stand.
Ich sage nur "es tüüscht". Kräftige, schwere Crux der 11. SL.
SL 12, 50m, Original 3a, Subjektiv 5a
Auf dem Originaltopo sind die letzten 50m zum Gipfel gar nicht drauf, und es steht lakonisch, es sei ein 3er. Ich denke eher mindestens 5a, der Fels ist mässig solide und verlangt Aufmerksamkeit, seit der Sanierung stecken 4 Bolts.
Am letzten Stand angelangt, nur ein paar Schritte fehlen zum Gipfel
Gipfel & Abstieg
Und dann sind wir oben! Ein geniales Gefühl, die schon lange erwünschte Traumroute geschafft zu haben. Wir lassen uns etwas Zeit und geniessen die Atmosphäre. Aber dennoch, die Stunde ist schon vorgerückt, Zeit um an den Abstieg, bzw. ans Abseilen, zu denken.
Die Abseilerei geht bis eine Strecke unter das Querband gut, die 50m werden aber mehrmals voll ausgenützt. Da wir nicht die Einstiegslängen der alten Nordwandroute nicht zurückklettern wollen, halten wir dann pendelnd weit rüber an den ersten Stand des Freetrips. Von da reicht es mit gestreckten 50m an den Stand nach dem Einstiegs-Abseiler, wo man mit Seilzug in die Schlucht rauskommt. Die letzten beiden Abseiler direkt ins Grüne hinunter sind dann Formsache. Auf nach Hause, bis wir beim Auto sind, ist es bereits dunkel.
Auf der Fahrt dann die Gelegenheit zum Rückblick: wir finden, dass die Route in erster Linie von ihrem Nimbus, ihrer Geschichte und der kühnen Linie lebt. Andererseits sind Fels und Schönheit der Kletterei zwar durchaus ok, aber eindeutig nicht allererste Sahne. Meine Route Prachtsexemplar stufe ich da hinsichtlich Gestein und Moves als klar besser ein.
Runter geht's. Abseilen geht recht gut, ist aber nicht völlig trivial. Dani liest die Anleitung.
Die fixe Absicherung ist wohl knapp, aber durchaus einigermassen vernünftig. Auch die berüchtigte zweite Länge ist bis auf den einfacheren Runout an deren Ende „ganz ordeli“ behakt, wenn auch sehr obligatorisch. Wie bereits beschrieben, ich traue mir diese Länge im aktuellen Zustand im Vorstieg nicht zu.
Dort zwei Bolts mehr, und in der Pendelquergangslänge ein weiterer mehr, so wäre die Sache bezüglich der Anforderungen deutlich homogener, und für mich (und viele andere) auch im Vorstieg mit Genuss, aber immer noch viel Anspruch, machbar. Wer weiss, wenn bei der Sanierung nur diese 3 Zusatzbolts gesetzt worden wären, so wären sie vielleicht geblieben – die 28 zusätzlich gesetzten waren halt der (nicht wirklich nötige) Overkill, der mit der technisch sauber ausgeführten Renaturierung behoben ist.
Kultroute und Meilenstein des alpinen Sportkletterns. Das Kernstück der Tour ist die harte und psychisch sehr anspruchsvolle Gegendruck-Kletterei in der zweiten Seillänge. Die restlichen Seillängen stellen weniger hohe Ansprüche, und lassen sich trotz nicht allzu viel fixem Material zumeist auch gut absichern. Der Fels ist grundsätzlich von fester, guter Qualität; generell aber reibungsarm, stellenweise etwas grasig und vor allem entlang der Verschneidungen teilweise auch etwas brüchig.
Topo der Supertramp am Bockmattli. Die hochaufgelöste PDF-Version gibt es hier: klick!
Zuletzt Einige kaum bekannte Hinweise und Gedanken zur Geschichte dieser Route gibt es hier: klick!
Klettern ist schon etwas unglaublich diverses und hat so viele Facetten, dass es einem mit Sicherheit nie langweilig wird. Und falls man von ständigem Bohrhaken-Klippen irgendwann genug hat, die alpine Szenerie bereits langweilig geworden ist, aber dennoch Lust auf Klettern und Abenteuer hat, so wäre das doch was: der "Old Man of Hoy", ein Felsturm vor der schottischen Küste.
Die Herausforderungen dort scheinen von mannigfaltiger Art zu sein: eine lange Anreise, kompliziert-abenteuerlicher Zustieg, extrem instabiles Wetter, krümeliger Sandstein der auf den Tritten Kugellager-Eigenschaften hat, eine grosse Möwen-Population, welche um ihr Habitat zu verteidigen die Kletterer auf Distanz hin (pardon) ankotzt, etc..
Der Erlebniswert muss aber sehr hoch sein, investieren Begeher doch in der Regel 1 Woche für die bloss 4-5 Seillängen Kletterei im Schwierigkeitsgrad 6a - ob 6a für eine E1 5b, an diesem Ort und in diesem Fels die richtige Übersetzung ist, bleibt dahingestellt. 30-40 Begehungen bekommt der Turm pro Jahr, so wie die Voraussetzungen sind, eigentlich erstaunlich viele. Und falls die Begehung schnell gelingt, oder man dabei auf den Geschmack kommt: es gibt an der britischen Küste noch viele weitere solche Türme, und sogar ein Topo dazu.
Die Temperaturen sinken, der erste Schnee fällt. Zeit, um an den Winter und ans Eisklettern zu denken. Das ist ein Teil, aber nicht die wahre Motivation für diesen Bericht. Unter heisser Sonne, aber an einer schattigen Wand hatten wir in Kalymnos wieder einmal Eismeister Urs Odermatt getroffen. Thema war dabei unter anderem unsere "Fläscheposcht" im Sihltal, welche in einem sehr schönen Beitrag Aufnahme in seinen Eiskletterführer Schweiz: Band Ost fand.
Zusammen mit Jonas hatte ich kurz danach noch zwei weitere tolle Fälle im Gebiet begangen. Leider verpassten wir es daraufhin, diese Begehungen auch zu publizieren, so dass sie im Führer keine Aufnahme fanden. Schade, aber selber schuld. Doch nun ist Zeit, um diesen Fauxpas zu beheben, und es wird hier das aktuelle Topo aus dem hinteren Sihltal präsentiert.
Das Topo vom Sihltal. Eine hoch aufgelöste PDF-Version gibt es auch: klicke hier!
Wir haben damals zuerst den "Fläschegeischt" angepackt. Vom Depot sind zuerst weitere ca. 200m Kletterstrecke an Zustieg zu bewältigen. Es handelt sich meist um etwa 45 Grad steile Schneehänge in einer Art Couloir, teilweise hat es aber auch etwas Eis, und auch den Fels berührt man. Wir begingen dieses Stück seilfrei, mir hat es sehr viel Spass gemacht!
Der Fall beginnt dann fulminant, mit einer ersten Seillänge in ca. 80 Grad steilem Eis (WI 3+). Sofort fiel die eher schlechte Eisqualität auf: nach unserer Begehung der "Fläscheposcht" gab es einen föhnigen Wärmeeinbruch, bevor die Kälte zurückkam. Dementsprechend war das gefrorene Nass etwas morsch und hatte Lufteinschlüsse, so dass man den Pickel teilweise bis zum Schaft versenken konnte.
Die zweite Seillänge ist dann eine einfachere Schrägtraverse (WI 2) an den Fuss der eindrücklichen, breiten und fast 100m hohen Schlusswand. Diese ist mit 80-85 Grad Neigung ordentlich steil. Wir begingen sie in 2 Seillängen (WI 4- und WI 4), in der Mitte bot sich eine nicht komplett zugefrorene Felsnische als Standplatz geradezu an. Die Ausstiegslänge endet dann mit einer fast senkrechten Stufe, vor allem die letzten Züge in dünner werdendem Eis waren nicht unspannend.
Kathrin in der "Fläscheposcht". Von den anderen beiden Fällen gibt es leider keine Kletterbilder.
Glücklich darüber, den ersten Fall bereits gemeistert zu haben, seilten wir (von unten gesehen) rechts davon durch gestuftes Gelände an Bäumen ab. Vor allem Jonas wollte es nicht entgehen lassen, auch noch den steilsten Zapfen im Gebiet zu versuchen - d.h. die Linie, die jetzt als "Fläschebier" bekannt ist. Nach 2 Abseilmanövern und kurzer Traverse zu Fuss ist man bereits am Einstieg.
Die erste Seillänge führt von dort an den Fuss der steilen Säule. Es bestehen unterschiedliche Routenmöglichkeiten. Die linke, direkte Linie erreicht auch 85 Grad und ist etwa WI 4-. Rechts davon kann man aber auch die Schwachstellen ausnützen, und kommt wohl mit WI 3/3+ durch. Am Fuss der Säule gibt es einen bequemen und sicheren Stand, an welchem erst mal mein vaterländischer Kuhnagel behoben werden musste.
Jonas packte dann erfolgreich die auf 25m anhaltend steile Säule (gut 85 Grad, WI 4+) an und konnte sie erfolgreich ohne zu ruhen durchsteigen - Chapeau! Zuletzt erreicht man über einige einfachere Meter und etwas Schnee den ersten Baum. Von dort kann man weiter aufsteigen und dann links an den Bäumen abseilen wie zuvor, man kann den Fussabstieg über den Sommerweg erreichen, oder auch unsere Variante wählen.
Wir seilten nämlich über den Fall ab, was am mittleren Stand allerdings das Einrichten einer Sanduhr erforderte. Am Einstieg angelangt, steigt man dann erst über Schneehänge zu Fuss ab, bevor über die letzte Steilstufe nochmals 50m abgeseilt wird. Das "Fläschebier" lässt sich auch von unten erreichen indem man den Einstieg der "Fläscheposcht" benützt und dann quert. Weiter links sind auch wilde, teilweise steile, aber etwas inhomogene Varianten möglich (120m, 40-75 Grad).
Das war es dann mit unserem Ausflug ins Sihltal, ein toller Eisklettertag mit 260 "richtigen" Eisklettermetern, und etwa 200 einfacheren Zustiegs-Klettermetern, für die etwa die Hochtourenbewertung ZS gilt. Ein Enchainement der beiden Fälle ist für genügend schnelle und fitte Seilschaften sicher die aktuelle Königstour im hinteren Sihltal.
Alle Facts und nützlichen Hinweise entnimmt man meinem extra angefertigten PDF: klicke hier!
Was ist Dein Kletterziel für die nächsten 5 Jahre? Welchen Grad willst Du bis dann draufhaben? Die meisten von uns haben sich das wohl noch nie so genau überlegt. Anders aber Paul, der in seinem Blog "The Road to Céüse" von seiner Absicht erzählt, in 5 Jahren zu einer Rotpunktbegehung des Meilensteins "Realization" (9a+, erstbegangen 2001 durch Chris Sharma, Video) zu kommen.
Nun gut, warum nicht, mag man denken. Wenn man aber weiss, dass der Mann dieses Vorhaben mit einem Niveau von 5c (bzw. 5.8 in der amerikanischen Skala) startet, so wird klar, wie weit der Weg ist. Und sein Plan ist steil und ambitiös:
2009: 5c
2010: 7b
2011: 8a
2012: 8b+
2013: Realization (9a+) ausbouldern
2014: Realization (9a+) punkten
Ist das realistisch? Natürlich nicht. Von den wenigen Leuten, welche die Route bisher begehen können, alles sehr talentierte Spitzenkletterer, hat jeder viel länger als 5 Jahre gebraucht, um auf den Level zu kommen. Und insbesondere haben sie nicht erst mit >30 Jahren und >20kg (selbst deklariertem) Übergewicht auf dieses Ziel hinzuarbeiten begonnen.
Paul am Trainieren - Hotlink von seinem Blog.
Dem Auto ist aber selber klar, dass sein Vorhaben utopisch ist. Er klettert aber intensiv und mit Freude, aktuell gerade in Squamish (British Columbia, Kanada) - wo ich mich übrigens auch schon während 10 Klettertagen im vorzüglichen, oft selber abzusichernden Granit bewegte :-). Auch deshalb, für und wegen der Geschichten und Bilder, lohnt sich ein Besuch auf seinem Blog.
PS: sein aktuelles Niveau (2011) bewegt sich im 6b-Bereich.
Eines meiner Ziele für die Kalymnos-Ferien war es, dort eine Neutour einzurichten. Der Platz für die Bohrmaschine im Koffer musste zwar etwas verteidigt werden, doch schliesslich hatte ich 15 Bolts, einen Stand und die kleine Uneo mit dabei. So musste nur noch entsprechendes Felspotenzial gefunden werden...
Nach wie vor gibt es viel Potenzial auf Kalymnos, allerdings auch nicht mehr ganz so viel wie dereinst. In vielen Sektoren ist die komplette Resterschliessung inzwischen abgeschlossen. Und an jenen Orten, wo die Gebrüder Remy eingerichtet haben, ist wie üblich jeder Quadratzentimeter Fels bereits ausgenützt. Mit etwas Umschau halten waren aber dennoch rasch mehrere Möglichkeiten identifiziert.
Mir schwebte vor, natürlich eine lohnende und logische Linie einzurichten. Gerne auch in versintertem Gelände mit athletischer Kletterei und in einem Schwierigkeitsbereich, der für mich persönlich auch noch eine interessante Herausforderung darstellt. Mit der erschlossenen Linie im Sektor Amphitheatre im Gebiet Arginonta ist das voll und ganz gelungen.
Topo der Route. Die hochauflösende PDF-Version gibt es hier: klick!
Die Tour teilt den Einstieg und die ersten paar einfachen Moves mit der benachbarten Electra, führt dann aber bald vollkommen eigenständig und unabhängig weiter. Athletik ist gefragt, aber auch Technik und Übersicht - ich finde, dass die Tour für Kalymnos-Verhältnisse eher schwierig zu onsighten ist. Aber vielleicht ändert sich dieser Eindruck auch, wenn wie sonst üblich alle Griffe sauber angechalkt sind, und die Tritte mit Gummiabrieb markiert.
Die Rotpunktbegehung der von oben eingerichteten Tour gelang mir schliesslich "erst" im zweiten Versuch - meine vermutete Lösung für die Crux stellte sich im ersten Versuch als doch nicht tauglich heraus. Daher vermute ich, dass der Grad 7b zutrifft. Kathrin und Stefan R., welche sich auch an der Route probiert haben, bestätigten diesen Eindruck.
Noch gesagt sei, dass die Route bezüglich der Anforderungen nicht ganz unähnlich wie der Abstauber (7b) im Wald ob der Galerie erscheint. Auch dort hat man (bzw. hatte ich) den Eindruck, dass es eigentlich gar nicht so wild sei, doch die Sache ist im Durchstieg schliesslich doch einigermassen knifflig. Und ähnlich ist eben auch die Kombination von Technik und Athletik, die gefragt ist.
Wir entschieden uns, die Tour unserem Freund Xaver zu widmen, dessen wunderschönes Haus unsere Bleibe beim Aufenthalt auf der Insel war. Wir haben dann den Namen noch etwas "eingegriechischst", damit er sich optimal einfügt - ich hoffe mal, er hat auf Griechisch nicht irgendeine unpassende Bedeutung. Nachtrag: gemäss den Infos von Lokalmatador und Kletterführerautor Aris Theodoropoulos hat Xaveri auf Griechisch keine Bedeutung.
Der Kenner hat es bereits im letzten Post erkannt, wir sind auf Kalymnos! Ein Besuch in der Sikati Cave ist noch eine zu bereinigende Altlast vom letzten Mal (2008). Da wir im Stress, den Flieger in Mailand zu erwischen, die Fahrausweise im Auto liegen liessen, gab es damals keinen Scooterfun – und für die 2x15km lange Velotour waren unsere Velos zu schlecht, oder wir einfach zu faul...
Heute aber brachte uns unser gelber Stinker, wenn auch knapp, über den Pass, und mit einer gestreckten halben Stunde Zustieg (2km Distanz, 150m Höhendifferenz) ist man da: erwartet hatte ich einen engen Schacht, doch mit Dimensionen von 200x100m, mit einer Tiefe von 10-80m ist das ein Riesenloch.
Sikati Cave - irre steile und lange Routen an Sinterpnöppeln warten auf die Begeher
Zuerst aufgewärmt in „El Choco Loco“ (6b+, hübsch und nicht geschenkt), dann ein souveräner Onsight in „Mort aux Chevrès“ (7b, steile Sinter, Boulderstellen, etwas Ausdauer und gute Rests) und dann noch ein Kampf-Onsight in „Morgan“ (7c, 45-Grad-Überhang mit einem „Tufa-Forest“, Boulderstellen und Ausdauer, doch mit Kreativität gibt es viele gute Rastpositionen). Begehungszeit über eine Stunde, danke Kathrin für die Geduld, und an Gwen & Knut für die Unterhaltung der Sicherungsfrau.
Dann (im Toprope) nochmals dasselbe in Grün (oder eher, Blau) zum Ausräumen: für „von oben“ ist es viel zu steil und die praktischen Fixexpressen wie im Magletsch sind hier in der Sikati leider nicht vorhanden – dommage, man will ja die Route mit müden Armen zum Ausräumen nicht zwingend gleich nochmals klettern! Auf Speed angelegt, hat es dann für die Cruxsequenz auf den letzten 10 Metern doch deutlich nicht mehr gereicht.
Unterwegs in Morgan (7c) - bad quality pic, ich weiss, doch für einen Eindruck taugt es trotzdem. Es ist übrigens massiv steiler, als es hier den Anschein macht. Man stelle sich vor, man liege in einem Liegestuhl auf dem Rücken und schaue dem Kletterer an der Decke oben zu - etwa so wurde das Bild aufgenommen.
Nachteil am Gebiet ist, dass man nach dem Klettern, „grausam uf de Schnurre“ noch fast 40 Minuten in der brütenden Nachmittagshitze den Berg hinauflaufen muss – die Wasservorräte waren längst der Tierliebe wegen draufgegangen: den Geissen muss man den Tod nämlich nicht wünschen („Mort aux Chèvres“), die krepieren von selbst: zwei Kadaver befinden sich bereits in der Cave, eine dritte, halblebige und halbvertrocknete war auch noch da. Im Eiltempo hat sie 2.5 Liter Wasser weggespitzt, und tatsächlich hat es ihre Lebensgeister wieder geweckt – eine eindrückliche Beobachtung.
Facts:
Sikati Cave – 31 Touren zwischen 4a und 8c
Ziemlich abgelegen mit für Kalymnos langer Anfahrt und langem Zustieg, doch sehr sehenswerte, geologisch einmalige Formation. Es ist in eigentlich allen Graden für einen Klettertag genügend Auswahl da. Die leichteren Touren sind zwar nicht schlecht, aber auch nicht überragend, und zudem am Nachmittag in der Sonne – für die steilen, superben, ganztags schattigen Sinterlinien muss man im Minimum 7a drauf haben – bei teilweise richtiggehend weiten Hakenabständen.
Drei Tage sind wir jetzt unterwegs: einer davon Anreise, zwei zum Klettern. Ein erstes Fazit: keine Kraft mehr, keine Haut mehr, den Bizeps leicht gezerrt und am linken Mittelfinger einen üblen „Flapper“, der mit seinem Blut-Eiter-Sekret (en Guete!) das Klettern auch nicht gerade einfacher macht. Dazu diverse Abschürfungen und Hämatome von Stürzen bzw. Knieklemmer-Rests. Und noch keine einzige (für mich) schwere Route gepunktet, sondern nur Frust und heisse Finger geerntet.
Defekte Wurstfinger... in 3-Finger-Löcher passen jeweils auch nur 2 davon
Während ich in der Vergangenheit während den Kletterferien häufig in Topform war, wie z.B. zuletzt im Tessin, wo in einer Woche eine 7c+ und zwei 8a rotpunkt gingen, lief es hier vom ersten Griff an nicht „smooth“. Gab es auch schon bei früherer Gelegenheit, an einzelnen Tagen zuhause, oder in den Kletterferien in Siurana während einer ganzen Woche. Warum weiss ich auch nicht wirklich, eine echte Kontrolle über meine Form habe ich ganz offensichtlich nicht – in der Vergangenheit hatte ich aber deutlich häufiger Glück als Pech.
Wo wir überhaupt in den Ferien sind? Der Kenner erkennt es sofort! Ansonsten: Auflösung im nächsten Eintrag. So sieht es übrigens jeden Morgen beim Aufstehen auf. Und frühes Aufstehen ist Pflicht, wenn man gute Bedingungen will.
Wenn nicht noch ein kleines Wunder passiert, so gibt es in diesen Ferien für mich keine Route mit einer französischen 8 vorne dran und eine mit einer zweistelligen UIAA-Einstufung grad erst recht nicht. Der „mit dem Kopf durch die Wand“-Stil hat in den letzten 2 Tagen rein gar nichts gebracht, und um jetzt 3 Ruhetage zu machen und es nochmals zu probieren, dafür fehlt mir die Geduld. Also: vorerst Abbruch der Übung.
Objektiv betrachtet ist es eigentlich voll genial hier, super Wetter, prima Unterkunft, tolle Leute.... Zeit also, um das wahrzunehmen und in den Genussmodus zu wechseln. In jenem gelangen dann nach der Aufgabe des Projekts am selben Tag doch noch je eine 40m lange 6c+, 7a und 7a+ onsight, das ist doch schon mal ein Anfang :-).
28 Grad und Sonne satt sind angesagt, unmittelbar vor den Ferien zwar, aber mit einigen Verrenkungen und einer nachgelagerten Nacht-Pack-Session ist dann alles gedeichselt für einen Versuch im „Sturmfrei“-Projekt. Vielleicht der letzte, so warme Spätsommertag im 2011, vielleicht die letzte Chance für lange Zeit.
Kathrin folgt in SL 1 (6c+)
Kathrin ist mit von der Partie, was mich freut – aber uns auch in ein recht enges Zeitfenster zwingt. Wiederholte Versuche in einer Seillänge liegen eigentlich nicht drin – weil ich Trottel das Seil im Kofferraum liegen lasse, und dies erst am Einstieg bemerkt wird, gibt es erst eine kleine runter-rauf Strafaufgabe, und die Möglichkeit von einem Second Go ist bereits definitiv verspielt.
Toller Fels und geniale Kletterei: SL 2 (6c+)
Spielt dann aber auch keine Rolle, weil ich mich auf der Höhe der Aufgabe befinde. Die Sache erweist sich für mich als leichter, als ich beim Bohren gedacht hatte, und mühelos ziehe ich es sturzfrei und Rotpunkt durch. Bewertungsvorschlag: 6c+ / 6c+ / 6a / 6b / 6a+ / 6a+/ 6a. In den ersten beiden Seillängen ist jeweils nur eine Einzelstelle schwer, mit je 1 p.a. gehen die auch als 6b durch. Obligatorisch ist etwa 6a+, und die Absicherung ist gut.
Cruxpassage in SL 4 (6b) gleich nach dem Stand
Vamos! Erneut in SL 4 (6b)
Facts & Topo Chöpfenberg - Sturmfrei 6c+ (6b mit 2 pa, 6a+ obl.) - 7 SL, 230m - Dettling/Rütsche 2011 - **; xxxx Material: 2x50m-Seile, 10 Express, evtl. Camalots 0.3-0.75 Sportklettertour mit alpinem Touch durch die schattige NW-Wand des Chöpfenberg. Hier lässt es sich auch an warmen Tagen gut klettern, oder man geniesst die Tour an einem Sommerabend in der Sonne. Der typische Bockmattlifels ist fast durchgehend von guter Qualität und bietet abwechslungsreiche, technische Wandkletterei, angereichert mit ein paar athletischen Gegendruck-Passagen. Einige Stellen, v.a. im oberen Wandteil, sind auch etwas grasig. Wir haben die Route jedoch soweit wie möglich in den kompakten Fels und über die interessanten Kletterstellen gelegt. Die Absicherung ist als gut bis sehr gut zu bezeichnen. Die schweren Klettermoves sind mit soliden Inox-Bolts abgesichert, an ein paar einfacheren Stellen muss auch etwas zwischen den Haken geklettert werden, jedoch nie bösartig. Wer will, kann die eine oder andere Stelle mit einem kleinen Cam noch entschärfen, wir empfinden dies jedoch nicht als zwingend. Wer dazu bereit ist, bei den eher kurzen Schlüsselstellen in L1 und L2 kurz in die Haken zu greifen, muss dann maximal im Grad 6b klettern.
Hochsommer, endlich, doch mal noch, im August 2011. Hitzewelle sogar – während das Klettern in höher gelegenen Südwänden durchaus möglich ist, ist jetzt die Zeit der Schattenwände. Die wohl berühmteste Nordwand weit herum ist diejenige des Eigers. Mein Seilpartner Hans zeigt sich begeistert von der Idee, die dortige Ambiance kennen zu lernen. Für mich wird es bereits die dritte Tour in der Wand sein, aber an diesen Ort kehrt man gerne und immer wieder zurück.
Eiger Nordwand am 20.8.2011 - deutlich tritt der Genfer Pfeiler hervor, an welchem die Freakonomics empor führt.
Der vollständige Bericht mit zahlreichen Fotos zu dieser Tour wurde zu früherem Zeitpunkt bereits auf dem Portal hikr.org publiziert - wo es übrigens viele weitere Tourenberichte aus meiner Feder gibt: klick! Ich verzichte darum darauf, den ganzen Inhalt zu duplizieren, und poste nur noch Kurzeinschätzung und Topo der Route:
Tolle Tour mit grossartiger Ambiance! Unten steile Platten- und Wandkletterei, die beiden schweren Seillängen sind überhängend und athletisch. Im oberen Teil folgt die Routen einer klassischen Verschneidungs-, Riss- und Kaminlinie. Meiner Meinung nach eher milde bewertet. An den schweren Stellen gut bis sehr gut abgesichert, an etlichen einfacheren Stellen ist Eigeninitiative mit Friends gefragt. Grundsätzlich guter, meist fester Fels, aber etliche Schuttbänder mit losen Steinen.