Für dieses Wochenende war aus speziellem Anlass Damenwahl angesagt. Und diese führte uns ins Berner Oberland an sonnig-warme Felsen. Schon verrückt, diese schnellen Wetterwechsel. Gerade 1 Woche ist es her, seit wir (fast) im Flachland im Eis geklettert sind und von der Haustüre auf Skitouren gingen. Und nun konnte man sich schon den ganzen Tag leicht bekleidet genussvoll am Fels aufhalten, das macht ja dann schon auch richtig Laune. Unsere Destination lautete Interlaken, gelobtes Land mit vielen steilen Felsen, doch für uns leider ausserhalb vom Tagestrip-Range. So konnten wir sogar zwei Gebiete kennenlernen, denen wir bisher noch nie einen Besuch abgestattet hatten.
Brüggetli
Dieses Gebiet befindet sich ca. 350hm über dem Thunersee an sonniger Lage und wurde vor 10-15 Jahren erschlossen. Zugestiegen wird vom Parkplatz der Beatus-Höhlen (5 CHF/Tag, Münzen bereithalten) über den gut markierten Wanderweg. Nachdem man ein Felsband via eine Treppe erklommen hat, geht man noch ca. 50m leicht abwärts weiter, bis ein Trampelpfad steil in den Wald hinaufführt. Ein klapprige Eisenleiter führt auf exponierte, mit Fixseilen gesicherte Bänder, über welche man nach links zum Hauptsektor traversiert (nichts für Kinder!). Auch zum Sichern muss man sich für diverse Routen anbinden, bei andern ist das Gelände grosszügiger und insbesondere gibt's einen bequemen Rastplatz. Das Gebiet ist grundsätzlich sehr sonnig gelegen, einige Routen/Einstiege sind jedoch im Schatten der Bäume, so dass an ganz kalten Tagen vielleicht nicht alle Optionen offenstehen. Geklettert wird in Kalkfels, ähnlich wie man ihn z.B. am Pilatus findet.
Tolle Stimmung über dem Thunersee am Brüggetli, derweil sich die Sonne hinter dem Niesen verabschiedet. |
Angefangen haben wir mit dem Moralapostel (6b+). Der Name kommt nicht von ungefähr, eine Stelle klettert sich an einem flutschigen, gebohrten Loch und auch sonst macht die Route im unteren Teil einen etwas murksigen Eindruck, dafür ist das Finish dann richtig cool. Da war die Fledermaus (6b+) daneben die schönere Aufwärmroute mit abwechslungsreichen Moves an Tropflöchern und einem kräftigeren Finish an einer Seitgriffrippe. Der erste Test folgte in der Vitamino (7a). Hier klettert man anhaltend in einer leicht überhängenden Wand, meist an eher kleinen, dafür positiven Griffen. Diese Prüfung im Onsight bestanden, wagte ich mich in den Drachenzahn (7c). Zu Beginn warten punchy Bouldermoves an Seitgriffen, dann kann man an guten Griffen wieder etwas zu Puste kommen, bevor nochmals ein kniffliger Abschnitt mit weiten Moves an Seitgriffzangen folgt. Im 2nd Go konnte ich durchsteigen und mir den ersten, ambitionierteren Rotpunkt im 2021 sichern.
Schmocken
Dieser schon etwas ältere Klettergarten befindet sich weniger als 1km vom Brüggetli entfernt, aber trotzdem "in einer anderen Welt". Man erreicht ihn vom Beatenberg, konkret vom Altersheim in der Nähe der Niederhorn-Bahn in wenigen Minuten absteigend. Die Beschreibungen vom Zustieg sind gar nicht so präzise, so richtig deutlich Wegspuren gibt's auch nicht, schliesslich gelang es uns aber doch onsight. Der Einstiegsbereich ist richtig bequem (ideal kindertauglich) und sehr sonnig, auch wenn auch hier an ganz kalten Tagen die eine oder andere Route fies im Schatten der Bäume sein mag. Wobei kalte Temperaturen hier nicht schaden: der für die Region typische Kalksandstein wartet mit manch einem glatten Aufleger auf, wo guter Grip sehr hilfreich ist. Berüchtigt ist das Gebiet für seine harten Bewertungen bei überdies gewöhnungsbedürftiger, technisch anspruchsvoller Kletterei. Vielleicht waren wir deshalb fast alleine?
Sandsteinige Formen im Garten von Schmocken am Beatenberg. |
Eingeklettert wurde mit Viktors Programm (6b). Die ersten Meter deutlich schwieriger wie es aussieht und bereits ordentlich poliert, später dann lässige, sandsteinige Kletterei. Die Indra (6c) fand ich eine richtige Perle: schieben, stemmen, drücken heisst es in diesem Groove, da kann man wirklich das ganze Bewegungsrepertoire nutzen. Der 7a-Klassiker am Fels ist die Yukon (7a). Auch hier gilt, schon der Start ist deutlich schwieriger, wie man meinen könnte und die Crux fordert dann an runden Seitgriffen und abschüssig-polierten Tritten erst recht. Leider waren zwei entscheidende Seitgriffe noch schlonzig-nass, der Punkt somit leider nicht zu erzielen. Eher unterbewertet kommt das Gloggäspiel (7a) daher: nach gemütlichem Auftakt erfordert die Crux Vertrauen in die Füsse, abgefahrene Moves sowie schlicht und einfach auch Power. Nachher geht's an einer seichten Verschneidung wieder besser voran, bis der Klipp vom Umlenker nochmals tricky ist. Nachdem ich die Griffe in der benachbarten Silester (7c) bereits inspiziert hatte und sie ja eigentlich "gar nicht so schlecht" aussahen, startete ich dort meinen nächsten Go. Der klappte sogleich, 7c im First Go, tolle Sache mit Bouldercrux am markanten Dach.
Epilog
Endlich wieder einmal ausgiebig am Fels, nachdem es für viele Wochen kalt und winterlich mit Bedingungen nur für richtig Hartgesottene gewesen waren! Natürlich, trainiert hatten wir schon daheim und rein nach den messbaren Kriterien wäre eine gute Leistungsfähigkeit durchaus vorhanden gewesen (meinen Test-Score konnte ich jedenfalls gegenüber der letzten Messung erhöhen). Aber trotz langjähriger Erfahrung am Fels schien es mir, dass ich ~2 Monate ohne schwierige Felskletterei dann doch nur schwierig kaschieren konnte. Es fehlt einfach das letzte Quäntchen Effizienz, ein wenig auch das Vertrauen und so verwandelt sich das Plus in den Leistungsparametern rasch in ein Minus in der Gesamtbilanz. Nichts zu klagen jedoch, jetzt kommt ja die Zeit, in welcher man wieder regelmässig Sportklettern kann - so geht's hoffentlich wieder aufwärts :-)
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