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Sonntag, 16. Februar 2025

Skitour Hinter Gassenstock (2541m)

Nochmals top Wetter und sichere Lawinenverhältnisse, damit nach der Tour ins Lachenstock-Couli am Vortag erneut die Gelegenheit für aussergewöhnliches Skifahren. Aus organisatorischen Gründen und weil die Schneedecke am Alpennordhang am solidesten aufgebaut ist, will ich nicht in die Ferne schweifen und entscheide mich für "z'Chlüntl". An sich rasch zugänglich, beim Touren kommt man aber doch zügig in einsam-abgelegenes Gebiet und Abenteuer ist garantiert. Sei es auf alpinen Klettertouren wie dem Ruchenpfeiler, Nordwand-Action am Bös Fulen, (sehr) alpinem Sportklettern wie im Köbis Wäg oder eben Skitouren wie der hier beschriebenen.

Unterwegs im Rossmattertal, kurz vor Chäseren. Mein Gipfelziel ist in der rechten Bildhälfte, sichtbar jedoch nur die Felsbastionen vom Vorder Gassenstock im Vordergrund und dem Bös Fulen im Hintergrund. Der wenig prominente Hinter Gassenstock befindet sich zwischen diesen beiden.

Die Schneekarte vom SLF war bezüglich einem Start von ganz unten eher pessimistisch und sowieso, wer nicht das Automobil-Fahrverbot missachten will, muss zuerst 20 Minuten der flachen Strasse entlang tschalpen. Somit war der Fall klar, das Schneetaxi kommt mit. Es zeigte sich als vortreffliche Entscheidung: zwar gab es ab dem offiziellen Ausgangspunkt gefrorenes H2O als Unterlage, aber das Bike machte die Sache doch einfacher. Zuerst flach über die zu einer Blankeisbahn gefrorene Strasse zu den letzten Häusern. Und dann liessen sich dank der dünnen und harten Schneedecke auch noch die ersten 200hm den Chlüstaldenstutz hinauf auf zwei Rädern meistern. Mir ging es dabei noch nicht einmal in erster Linie um den eingesparten Effort, aber die steile und enge Strasse ist für die Abfahrt unattraktiv, zudem hätte man wegen Schneemangel 2-3x abschnallen müssen und einige weitere Abschnitte wegen knapp eingeschneiten Steinen runtertreten müssen.

Effizienter Tourenstart bis zum Chlüstalden.

Um ca. 12.30 Uhr startete ich mit den Fellen und lief zügig über die bestens eingeschneite Strasse ins Tal hinein zur Chäseren. Der Vorteil von diesem späten Aufbruch war ganz klar, dass ich im nach Süden ausgerichteten Tal die Sonne geniessen konnte, während man morgens alles im Schatten geht. Ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt, ab der Chäseren nicht über Wärben zu gehen, sondern die in der Linkskurve nach den Häusern startende Abkürzung durch den Wald zu wählen. Eine bereits vorhandene Spur liess mich dann nicht zögern, es zu tun. Man spart sich da wirklich etwas an Weg, sofern die raue Waldschneise genügend eingeschneit ist, dünkt mich diese Variante vorteilhaft. An der Jägerhütte vorbei ging's zu den Alpgebäuden von Zeinenstafel, wo sich manifestierte, dass in den Kessel der Zeinenmatt hinauf ebenfalls schon gespurt war. Vor- und Nachteil zugleich, da keine offizielle Route in diese wilde Gegend hinaufführt, hatte ich eher mit noch jungfräulichen Verhältnissen gerechnet (wie am Vortag).

Schon fast im schattig-abgelegenen Kessel der Zeinenmatt. Die Felsmauer in der rechten Bildhälfte gehört dem Bösbächistock. Meine Skitour führt etwas rechts ausserhalb des Bildausschnitts auf einem System von Rampen durch diese Wand hindurch.

Als Detailziele im Kessel der Zeinenmatt hatte ich verschiedene Optionen parat. Als ich mir dann aber gewahr wurde, dass der Hinter Gassenstock bereits gemacht wurde, da war der Fall für mich klar. Der an sich unbedeutende Gipfel im Nordgrat des Bös Fulen kann nur über ein System von Rampen erreicht werden, welche durch eine von Laien durchaus als "senkrechte Felswand" zu bezeichnende Struktur führen. Über 600hm beträgt die Steilheit zwischen 35-40 Grad mit zwei Schlüsselstellen, welche die 45 Grad erreichen oder sogar überschreiten. Diese Parameter machen es deutlich, das ist eine Tour für ausgewählte Momente und ein solcher war mir zum Glück gegeben. Inzwischen habe ich auch herausgefunden, wer da drei Tage vor mir unterwegs war. Die Spur war mir schliesslich nur wenig hilfreich, da grösstenteils wieder zugeweht und meist nur noch knapp erkennbar. Immerhin, um die letzten Zweifel zu vertreiben, es an diesem Tag dort hinauf wagen zu wollen, war sie ein Schlüsselelement.

Das Bild wurde zwar nach der Abfahrt aufgenommen, passt aber chronologisch trotzdem hierher. Ab diesem Punkt in der Zeinenmatt nimmt die Steilheit massiv zu. Die hier knapp sichtbare Abfahrtsspur befindet sich im (unten beschriebenen) "150hm-Hang, mit welchem man sich an die Felswand heranpirscht, bevor es über eine enge Rampe nach rechts geht". Hinweis: auf dem Foto sieht alles ein rechtes Stück flacher aus, als es tatsächlich ist.

Jedenfalls, über 150 schon zunehmend steiler werdende Höhenmeter pirscht man sich an die Felswand heran, bevor es über eine enge Rampe nach rechts geht. Viele Spitzkehren waren in diesem Couloir nötig, im steilsten Abschnitt ob der harten Unterlage mit rutschigem Presspulver drauf sogar eine Portage. Es ist da eben nicht nur so steil, dass es eine lange Schlitterpartie würde, sondern es hat auch noch eingelagerte Felsen über die man purzeln würde und sogar ein Absturz über die begrenzende Felswand scheint nicht komplett ausgeschlossen. Kurzum, Fehler sind da keine erlaubt, weder in Aufstieg noch Abfahrt. Auf 2100m legt sich das Gelände wieder etwas zurück und wird breiter, man wird über 100hm an den steilsten Abschnitt herangeführt: 45-50 Grad, etwas felsdurchsetzt, auch da war nochmals ein Bootpack nötig. Nach gut 50hm kann man wieder durchschnaufen, man erreicht ein wieder flacheres, als Schneeruus bezeichnetes Feld. 

Auf dem sich etwas zurücklegenden, breiteren Gelände bevor es in den steilsten Abschnitt geht. Die gegen 50 Grad steile, felsdurchsetzte Partie in Bildmitte gilt es zu bezwingen. Im Aufstieg war das nur mit Portage möglich, die Abfahrt ging gut mit Ski. Man sei sich bewusst: das Foto bringt die Steilheit und Exponiertheit vom Gelände ganz und gar nicht rüber.

Sodann hat man die Wahl, ob man als Gipfelziel links den gut und etwas schneller erreichbaren P.2506 im Rüchigrat anpeilen möchte oder dem Hinter Gassenstock den Vorzug gibt. Echte Alpinisten mit grosszügigem Zeitbudget hatten vom ersten Skiziel übrigens die Möglichkeit mit einer 1km langen Gratkletterei den exklusiven Bösbächistock (2659m) zu erreichen. Ich hingegen blieb bei meinem Objective vom Hinter Gassenstock. Von der Schneeruus muss ein erneut gegen 40 Grad steiler Hang zur NE-Wand des Bös Fulen hin bewältigt werden, bevor es auf 2470m über eine Rampe nach rechts hinaus geht. 

Auch ein Foto von der Abfahrt mit meiner Spur drin. Sichtbar hier der vorletzte Steilaufschwung, die 'Schneeruus', welche steil zur NE-Wand des Bös Fulen hinaufführt. Zum Gipfel des Hinter Gassenstock heisst es dann vor der Felswand auf einem Schneeband nach rechts abzubiegen (auf dem Foto gut zu erahnen). Dort ist das Gelände nicht ganz so steil, dafür befindet man sich exponiert über der Felswand am rechten Bildrand.

Man erreicht so einen flachen Gratabschnitt (ca. 2545m), welcher höher als der kotierte Gipfel des Hinter Gassenstock liegt und einen durchaus logischen Endpunkt für den Skitourengänger darstellt. Kurz nach meiner Ankunft begrüsste mich ein Adler, der im leichten NW-Wind soarend unmittelbar vor meiner Nase vorbeizog. Bei seiner zweiten Passage, wo er dann schon etwas höher war, hatte ich das Handy dann griffbereit. Auf der ganzen Strecke hatte ich keine Menschenseele angetroffen. Obwohl es im Prinzip nur eine Halbtagestour ist, fühlt man sich in der Zeinenmatt doch ziemlich isoliert und weitab der Zivilisation (es gibt ausser am Gipfel auch keinen Handyempfang!). Und dann kommt der König der Lüfte vorbei um Hallo zu sagen - was für ein grandioses Erlebnis!

Für den Alpinisten scheint es vom flachen Gratabschnitt nicht unmöglich, den Gipfel des Bös Fulen via die Kubli-Route erreichen zu können. Das wäre aber ein grössere Unternehmung. Der kotierte Gipfel P.2541 vom Hinter Gassenstock liegt deutlich näher, ist aber auch nicht trivial: es wartet nochmals ein kurzer Abstieg, und dann ein sehr steiler Schlusshang, natürlich auch noch kammnah. Käme dort etwas ins Rutschen, dann wäre dies wohl das Expressticket ins Tal (Absturz über die darunter liegende Felswand). Alternativ kann man mit einigen kurzen Abweichungen rechtsherum dem linken Grat entlang steigen, welcher aus brüchig-losen Felsen besteht und ebenfalls sehr exponiert ist. Choose wisely, kann man da nur sagen - es ist eine Unternehmung für Leute, welche sich in solchem Gelände sicher zu bewegen wissen. 

Panorama in Richtung Nordwesten vom flachen Gratabschnitt zwischen dem Bös Fulen und dem kotierten Gipfel P.2541 des Hinter Gassenstock. Bei diesem handelt es sich um die felsige Wand im rechten Bildviertel. Zuletzt wartet nochmals ein sehr steiler Hang, oder man folgt dem teilweise exponierten Grat linkerhand, mit einigen Umgehungen rechtsherum.

Jedenfalls, einige Minuten vor 16.00 Uhr hatte ich meinen Aufstieg vollendet. Auch wenn die Uhr schon vorgerückt war, so war mir ein rascher Rückweg gewiss und ich konnte die Atmosphäre an diesem Ort noch für eine gute Weile aufsaugen und geniessen. Dann aber hiess es zurück zum Skidepot, mit Wechsel von den Steigeisen zurück auf die Bretter. Bald war alles Material festgezurrt und die Ski konnten talwärts gerichtet werden.

Sicht vom Top auf den Glärnisch in der linken Bildhälfte mit dem Ruchen und dem Bächistock. In der Bildmitte befindet sich die Zeinenfurggel, rechts davon der kecke Bösbächistock am zur Position des Fotografen ziehenden Rüchigrat. Der aus der Schneeruus relativ einfach erreichbare P.2506 liegt noch knapp in der Sonne.

Die Abfahrt war dann gut, es ging alles mit den Ski an den Füssen (auch die Steilstufen) und der Schnee war prima fahrbar. "Bester Presspulver", so sagt man das im Jargon - sprich kompakte Unterlage mit weicher Auflage, etwas vom Wind bearbeitet und leicht wechselhaft. Aber natürlich, die 50cm Fluffy Powder hatte ich auch nicht erwartet, bzw. bei solchen Verhältnissen möchte man sich auch lieber nicht in diesem Steilgelände bewegen. Wohlverstanden, es ist keine Extremabfahrt, in den steilsten Stellen gilt es aber doch, konzentriert Schwung an Schwung zu setzen. Schliesslich war ich zurück in der Zeinenmatt, die Hänge zur Chäseren waren genussreich (kompakte Unterlage mit aufbauend umgewandelter Auflage) und unverfahrenes Gelände war vorhanden. Danach ging's im Schuss hinunter zum Bike, bequem mit einem coolen Downhill den steilen Stutz hinunter und vorsichtig über die Eisbahn retour zum Parkplatz (17.00 Uhr). Ein kurzer Ausflug in die Wildnis, ein grandioses Abenteuer - wie cool, dass so etwas möglich ist!

Dienstag, 12. September 2023

Glärnisch / Bächihorn - Köbis Wäg (6c+)

Als "lange Route in totaler Einsamkeit" in einer "geologisch interessanten Gegend", so beschreiben die Erschliesser ihre Route durch die 350m hohe Südwand des Bächihorns am Glärnisch. Vor 11 Jahren wurde sie fertiggestellt, an der mutmasslich sehr spärlichen Frequentierung hat auch die Publikation des Topos im SAC-Kletterführer Glarnerland kaum etwas geändert. Umso mehr waren wir gespannt, was uns da erwarten würde. Kurz resümiert ein modernes Abenteuer, ein Hybrid zwischen Sport- und Alpinklettern mit den Rahmenbedingungen einer Bergtour.

Die Route bietet ein fantastisches Bergerlebnis. Hier unterwegs im Quergang von L10 (6c).

Ja, und eine Bergtour beginnt früh und mit einem langen Anmarsch. Das ist auch hier so, per Pedes sind es nahezu 10km Distanz und 1500hm an den Einstieg. Das Attribut "nur für Lauftüchtige" trifft hier auf jeden Fall zu. Ein bisschen bequemer noch geht's, wenn man das Bike mit in die Tour einbeziehen kann, wovon wir natürlich Gebrauch machten. Dafür wirft dies die Frage auf, wie man dem Zustieg im Detail gestaltet. Uns dünkte es schliesslich am ökonomischsten, das Bikedepot am Glärnischhüttenweg bei auf ca. 1440m zu machen und den Rossmatt-Talkessel im Uhrzeigersinn nach Bächi zu beschreiten. Die Gegenuhrzeiger-Option via Zeinenstafel und Bächistafel verwarfen wir wegen dem längeren Rückweg und da wir es ab Zeinenstafel im Kartenstudium als nicht mehr fahrbar taxierten - das ist aber möglicherweise nicht mehr aktuell, da kürzlich eine auf dem Luftbild noch nicht sichtbare, fahrbare Piste bis nach Bächistafel gebaut wurde.

Durch die eindrückliche, 350m hohe Bächihorn-Südwand führt mit Köbis Wäg nur eine einzige Route.

Naja, irgendwann und irgendwie wird man es nach Bächi geschafft haben. Auch von da sind es nochmals 500hm hinauf zum Einstieg ins Radtäli. Durch dieses war ich bei früherer Gelegenheit schon 2x anlässlich von Skitouren gegangen (Link zum Bericht). Erstaunt nahm ich zur Kenntnis, wie dieses bei guter Schneelage ebenmässig ausgefüllte Gelände im Sommer ein Chaos von riesigen Blöcken ist. Trotzdem, es ist auch zu Fuss ganz ordentlich begehbar, selbst die letzte Geröllhalde hinauf zum Einstieg war keine üble Schinderei. Der Einstieg liess sich mit den angegebenen Koordinaten und dem Wandbild im Originaltopo problemlos auffinden, er ist mit einem einzelnen, rostfreien BH mit Irniger-Plättli markiert. Wir waren zwar deutlich schneller wie die 3h welche auf dem Topo stehen, ziemlich genau 2:00h brauchten wir aber doch. Wir bereiteten uns zügig vor und starteten um 8.30 Uhr mit der Kletterei. Noch im Schatten übrigens, die Sonne erreicht den Einstieg anfangs September erst um ca. 10 Uhr.

Wildes Ambiente im Radtäli mit viel Schotter und steilen Felswänden - im Sommer kaum besucht.

L1, 40m, 6a+: Gebannt von der riesigen, durchaus etwas einschüchternden Wand stiegen wir ein. Immerhin präsentieren sich die ersten Meter wie auch die Absicherung als gutmütig, der Fels deutlich solider wie der Pessimist vom Wandfuss vermutete. Die Querung am Ende hat es dann in sich, ein paar feine Moves sind nötig. Ebenso wie eine durchdachte Wahl von Griffen und Tritten - als Sicherungsmann suchte ich instinktiv und gerne die Deckung auf.

Die ersten Meter in L1 (6a+). Gut abgesichert und freundlich zu beklettern.

L2, 45m, 6c: Entlang einer überhängenden Verschneidung geht's gleich volle Kanne los. Es wartet für den ganzen Körper anstrengende und komplexe 3d-Kletterei, ich fand es sehr fordernd für den Grad! Leider ist die linke Verschneidungswand nur durchschnittlich solide, so ist man trotz der guten Absicherung auch mental gefordert... geht aber schon. Nach einem Verschnaufer folgt dann der zweite Teil mit gutgriffiger, überhängender Wandkletterei - cool zu klettern, recht schöner Fels, aber auch da ist nicht alles bombensolide.

Überhängende, grossgriffige Kletterei im oberen Teil von L2 (6c).

L3, 35m, 5c+: Eine der schlimmeren Seillängen... hin und her mäandrierend sucht sich die Route den besten Weg zwischen den hohl tönenden Felszonen hindurch. Alleine schon die Linie gäbe einiges an Seilzug, zudem stecken dann einige Bolts auch noch blöd ausserhalb, weshalb man am Ende selbst mit Verlängerungen kaum mehr vorwärts kommt. Vermutlich gab's aber wegen der schlechten Felsqualität oft keine bessere Placement-Alternative. Ich empfand diese Länge eher als 6a+ wie 5c+, aber vielleicht habe ich im Nachstieg nicht so gut geschaut. Fazit: da muss man durch.

Das Ambiente überzeugt hier in L3 (5c+) deutlich mehr als die Felsqualität.

L4, 35m, 6c: Dieser Abschnitt ist über weite Strecken nicht schwieriger oder sogar einfacher wie der vorherige, die 6c-Crux gibt's allerdings durchaus. Das Originaltopo liefert den Hinweis "die Lösung liegt im Gras". Somit darf man das hier durchaus verraten. Wobei es eben wirklich kaum eine Alternative gibt, als die grosse Grasmutte in die Sequenz einzubauen. Der Fels dünkte uns wieder etwas besser als in L3, gerade in der Crux soll es aber auch wohlüberlegt sein, an welchen Strukturen man seine Kraft an den Fels bringt... vor allem weil man da mehr oder weniger zwingend auch an ein paar kleineren Dingen zu ziehen braucht.

Am Ende von L4 (6c) hat man den überaus steilen Wandsockel überwunden.

L5, 40m, 5b: Man wechselt am Beginn dieser Länge vom grauen Kalk in schwarzbraunes, sandsteinartiges Gestein. Sie bietet relativ einfache und unkomplizierte Kletterei. Etwas verwirrlich sind die (zwar auf dem Topo markierten) Verhauer gerade hinauf, welche von unten gesehen der offensichtliche Verlauf sind. Nach der relativ dicht gebolteten Crux (mit dumpf tönenden Schuppen darum herum) quert man über eine Art Rampe mit einem Riss nach links hinauf - hier findet sich einer der wenigen, längeren Hakenabstände und der Stand links um die Ecke ist nicht gut sichtbar.

Am Ende von L5 (5b) der rissdurchzogenen Rampe nach links hinauf folgen!

L6, 40m, 6c+: Wir stimmen mit dem Topo überein, dass sich hier die schwierigste Einzelstelle der Route befindet. Schon mal nicht ganz trivial geht's aus dem Stand raus bis dahin. Der technische Boulder erfordert dann etwas Einfallsreichtum für die zu wählende Sequenz und präzise Fussarbeit. Zum Glück hat man vor dieser Passage etwas Zeit, um sich eine Lösung auszudenken, ebenso kann man im fast schwarzen, körnigen Gestein auf eine exzellente Reibung für die Fusssohlen zählen. Nach der Schlüsselstelle geht's einfacher nach rechts querend hinaus zu Stand.

Der Autor gerade in der Crux der Route (L6, 6c+), das Foto ein bisschen ein Onsight-Spoiler 😘

L7, 40m, 5a: Erst kurz links ausholend hinauf, dann in einem grossen Quergang nach rechts. Unschwierig, teils etwas grasig, der Fels ist aber gut und eigentlich überall solide.

In L7 (5a) folgt die Route der natürlichen Linie, welche dafür etwas grasig ist.

L8, 40m, 5c+: Ziemlich steil geht's hier gutgriffig hinauf, wobei die Linie einige Ecken drin hat. Auch hier ist der Fels erfreulich solide. Es könnte ziemlich beruhigend sein, dies zu wissen, turnt doch der Vorsteiger über längere Zeit direkt über dem Stand herum und man steht da ziemlich exponiert.

Jonas in der schönen und gutmütigen L8 (5c+), aber oben droht die irrwitzig steile Headwall.

L9, 35m, 6b+: Nun hat man die von unten wahnwitzig steil erscheinende Abschlusswand erreicht. Wie das wohl wird? Der Fels ist stark strukturiert und weist dementsprechend viele Griff- und Trittmöglichkeiten auf. Die Frage scheint allerdings oft, woran man denn ziehen kann, ohne dass es einem gleich entgegen springt - und das sind halt oft nicht die besten Griffe. Unerschrockene Gemüter würde wohl einfach an allem zerren, was den Fingern Widerstand bietet. Wie lange das wohl gutgehen würde? Meine Einschätzung ist nicht allzu lange, aber vielleicht bin ich da zu pessimistisch veranlagt. Auch hier stecken die Haken ziemlich kreuz und quer (Seilzug!), am Ende dann weiter rechts wie ich vermutete.

Ausstieg aus L9 (6b+), die vermeintliche Engagée-Sektion wird durch einen versteckten BH rechts entschärft.

L10, 25m, 6c: Erst ein markanter Quergang nach links, dann gerade hinauf. Da wieder dasselbe Spiel wie vorher. Ein erfolgreicher Durchstieg erfordert nicht nur einfach 6c-Klettern. Sondern ausgehend von einem Haltepunkt tastet und klopft man alles Griffmaterial in Reichweite ab und entscheidet sich das für das solideste, was man halten kann. Das erfordert nicht nur Ausdauer, sondern auch eine gewisse Geduld. Und logischerweise verwendet man so eben öfter nicht die grössten Griffe und Tritte. Das Finish der Länge bietet dann erfreulicherweise besseres Gestein, ja es ist richtig cool, wie im kompakt-grauen Kalk sich genau an der richtigen Stelle ein paar Löcher befinden.

Coole Moves in schönem Fels am Ende von L10 (6c).

L11, 30m, 6b+: Hier besteht die Hauptschwierigkeit im Boulder aus dem Stand raus, nachher heisst es an guten Griffen noch eine Weile dran zu bleiben. Der Fels an dieser Stelle wirkt mit seinen Leisten klausenmässig und ist von prima Qualität. Am Ende verflacht sich das Gelände, Richtung 1 Uhr findet man nach dem längsten Hakenabstand der Route den nicht gut sichtbaren Stand - einfach da hin klettern, wo einem das Gelände leitet.

L12, 30m, 5b: Ein relativ kurzes 2-Bolt-Rüteli ohne besondere Schwierigkeiten. Jedenfalls wenn man am Ende nicht direkt klettert, sondern die logische Linie links herum wählt. Aber Vorsicht, die grossen verkeilten Schuppen da sind durchaus bedenklich und vor allem direkt über dem Standplatz. Hier investiert man möglicherweise besser etwas mehr Effort und klettert direkt?

Ein mega Ambiente am Ende von L12 (5b).

L13, 40m, 5c+: Der Horizont legt sich zurück und man kann das Ende dieser grossen Wand vermuten. Allerdings stellt sich einem durchaus nochmals ein Hindernis in den Weg. Und zwar nicht in Form von schwierigen Kletterstellen, sondern im Mitteldrittel von doch arg mürbem Fels. Im Vorstieg dank der eng gehaltenen (kreuz und quer)-Absicherung fast eher weniger bedenklich wie für die Sicherungsperson, welche am Standplatz weder Schutz- noch Ausweichmöglichkeit hat...

Die letzte Länge (L13, 5c+) erfordert einen umsichtigen Vorsteiger, damit die Sicherungsperson nicht in Lebensgefahr gerät. Hier befindet sich doch allerhand an Material, welches man problemlos in die Tiefe schicken kann und der ungeschützte Standplatz befindet sich direkt unterhalb.

Um 14.50 Uhr und damit nach 6:20h Kletterei waren wir wohlbehalten auf das flache Plateau am Gipfel des Bächihorns ausgestiegen. Mir war die ganze Route onsight (alle schwierigen SL im Vorstieg) bzw. flash (einfachere SL im Nachstieg) gelungen. Das ist immer toll, wenn einem dies beim Durchstieg einer solch hohen und eindrücklichen Wand gelingt. Nun könnte man sagen, was soll das schon, bei nur ein paar Seillängen im 6c-Bereich... aber hier fühlte ich eine besondere Genugtuung. Denn den Grad 6c gut klettern zu können, reicht m.E. für einen erfolgreichen Durchstieg im Köbis Wäg bei weitem nicht. Da braucht es das jahrelang geschulte Auge und die gesamte alpine Erfahrung, um die Route ohne Sturz wegen Griff- und Trittausbruch zu klettern. Natürlich hilft einem dabei ein höheres Kletterniveau durchaus, weil man a) mehr Zeit hat für die Auswahl der Strukturen und b) natürlich auch wählerischer sein kann. Als weiterer, erschwerender Faktor kommt hier noch dazu, dass man mit Rucksack klettert und die Schuhe und das ganze sonstige Geraffel mitführt, was bei der steilen Kletterei durchaus ein Faktor ist.

Top of Bächihorn (2638m), im Hintergrund der Bächistock (2914m) mit seinen letzten Eisresten.

Das Ambiente am Top war absolut grandios - die Nahblicke ins Glärnischgebiet, die anderen Glarner bzw. Schwyzer Berge und das Panorama bis zu den Berner Alpen. Vermutlich verirrt sich ja kaum je eine Menschenseele auf diesen Nebengipfel am Glärnisch, aber richtig schön und vor allem einsam ist es da wirklich. Allem Genuss zum Trotz, der Abstieg rief. Denn einerseits ist der Abstieg lang und verspricht laut Topo/Literatur T6-Gelände, andererseits hatte ich um 19 Uhr noch einen fixen Termin. Der nordseitige Fussabstieg ist weder besonders schwierig noch lange anhaltend in schwierigem Gelände. Die Challenge besteht fast mehr in der Orientierung. Man verlässt den Gipfel ostwärts haltend und steigt dann etwas rechts ausholend ab. Ziel ist das diagonale Band der Kubli-Route, über welches man die folgende Steilstufe links absteigend überwindet. Der Einstieg in dieses Band befindet sich ca. bei den Koordinaten 2'717'290/1'206'285 (CH LV95) bzw. 46.99725/8.98081 (WGS84) auf 2550m. Vom Gipfel bis dahin fanden wir keine Markierungen vor, in der Rampe selber gab es dann wenige Steinmänner und BH. Ob es wirklich ein T6 ist, bleibe mal dahingestellt. Bei schneefreien Bedingungen geht's ganz ordentlich, exponiertes Absturzgelände ist es allerdings durchaus. Und eben, falls nötig hat es die Verankerungen zum Sichern.

Blick auf die Nordseite des Bächihorns, über welche sich der Abstieg vollzieht. Aus dieser Perspektive ist es kaum zu glauben, dass die Steilzone seilfrei im Kraxelgelände begangen werden kann. Es geht aber tatsächlich ganz ordentlich. Hinweis: mittig, dort wo 2 Varianten gezeichnet ist, haben wir die obere Querung gewählt. Die direktere Variante sollte aber vermutlich ebenso funktionieren.

Schon knappe 100hm weiter unten ist die Absturzgefahr gebannt. Es wartet einiges an weglosem Geröllgeholper über das Gletschervorfeld, wobei es stets nach rechts zu halten gilt, um schliesslich auf den markierten Trail vom/zum Vrenelisgärtli zu erreichen. Auf diesem hinunter zur Hütte bzw. im Sommer 2023 dem Basecamp-Provisorium. Nach einer 15-minütigen Einkehr gab's gleich nochmals "Kehr", nämlich viele derer hinunter zum Bikedepot, wo wir um 16.55 Uhr eintrafen. Die rauschende Talfahrt, vorbei an einigen Hochtourengängern mit bereits nicht mehr sehr rundem Schritt, nahm keine Viertelstunde in Anspruch. Wow, das war ein Abenteuer! Vielen Dank Jonas für deinen Abenteuergeist und den Vorschlag zu dieser Tour.

Zurück beim Bikedepot im Rossmatter Kessel. 

Facts

Bächihorn - Köbis Wäg 6c+ (6b obl.) - 13 SL, 475m - Balsiger/Bär 2012 - **;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, evtl. Cams 0.3-0.75

Eines ist sicher, wegen der grandiosen Felsqualität muss man diese Route nicht klettern. Es warten viele verschiedene Gesteinsarten, nicht alle davon sind bombensolide. Ich würde das Unternehmen nur Leuten empfehlen, welche solide Alpinerfahrung aufweisen und im Umgang mit unsicherem Gestein versiert sind. Daher gibt es auch nur eine 2*-Bewertung. Man verstehe mich aber nicht falsch: die ganze, abenteuerliche Unternehmung, die riesige Wand, das Ambiente, viel lässige Kletterei und teils auch sehr schöner Fels lieferten mir persönlich einen 5*-Tag. Nun, im Wissen darum wie es ist, würde ich die Tour erst recht angehen - ich finde man muss einfach wissen, was einen erwartet und sie ist nicht für jedermann geeignet. Die Absicherung mit rostfreien BH ist sehr gut ausgefallen - die schwierigsten Passagen sind auf xxxxx-Niveau gebohrt und nicht obligatorisch und auch im einfacheren Gelände gibt es keine weiten Abstände. Die Mitnahme von mobilen Sicherungsmitteln ist daher nicht wirklich nötig (wir hatten keine dabei). Hin und wieder wäre es aber schon möglich, noch einen kleinen bis mittleren Cam zu versenken. Ein Abseilen/Rückzug über die Route ist bis Stand 9 ohne Schwierigkeiten möglich. Die Standplätze sind auch danach zum Abseilen eingerichtet, wegen dem querenden Verlauf im Steilgelände wird ein Rückzug aber aufwändig und mühsam. Der Fussabstieg vom Top ist sicher die viel bessere Variante, jedoch nur im Spätsommer bei schneefreien Verhältnissen ohne alpine Ausrüstung möglich. Auch wenn man nicht abseilt, so sind 2x50m-Halbseile zu empfehlen (mehr Sicherheitsreserve bei Steinschlag, teils Halbseiltechnik zur Vermeidung von Seilzug nötig). Unten das Topo vom (mir persönlich bekannten) Erschliesser Fredi Balsiger. Vielen herzlichen Dank für all eure Arbeit und Chapeau für die Courage und das Durchhaltevermögen, in dieser Wand eine solche Route einzurichten. Wer so etwas noch nie selber gemacht hat, kann sich kaum vorstellen, wie viel Effort und Herzblut dafür nötig sind.


Das Topo der Erschliesser, vielen herzlichen Dank! Es ist auch als PDF verfügbar.


Samstag, 25. Februar 2023

Skitour Mättlistock (1911m)

Am Vortag hatten wir am Quadrel Rock Rodeo alles gegeben - bis wir daheim und im Bett waren, schlug es schon Mitternacht. Mit einer solchen Megasession im Gepäck ist ein frühes Aufstehen am nächsten Tag nicht unbedingt das Höchste der Gefühle. Zwar verhiess der Wetterbericht in den inneren Alpen durchaus Sonnenschein. Doch wegen dem Mangel an Schnee und dessen miserabler Qualität schien eine Top-Skitour kaum machbar. Auch um in den Genuss von Sonnenschein zu kommen tönte es danach, einen grossen Fahraufwand in Kauf nehmen zu müssen. Also hiess das Motto für den Tag Ausschlafen, gemütlich Frühstücken und Weiterschauen.

Der grandiose Blick vom Mättlistock auf Klöntalersee und die imposante Glärnisch-Nordwand.

Bei diesem letzten Programmpunkt zeigten die Webcams aber sogar im nahen Glarnerland prima blauen Himmel. Also lag mit einem Start am späteren Vormittag auch noch etwas drin. Meine Lust, auf einem zerfurchten Tourenacker aufzusteigen und abzufahren war aber gleich null, somit musste ein etwas exotisches Ziel her. Und dieses fixierte ich im Hinter Klöntal. Über die sehr sonnig exponierten Hänge der Mutteristock-Kette wollte ich starten. Mit einem Ausgangspunkt auf nur 1030m könnte man das im Februar 2023 als hoffnungsloses Unterfangen taxieren. Das war mir natürlich bewusst, deshalb hatte ich das Bike dabei mit welchem ich bis zum Schnee pedalen wollte - in der Hoffnung, dass die Übergangszone zwischen 'nicht mehr Bike-fahrbar' und 'noch nicht Ski-fahrbar' möglichst klein sein würde. 

Pedalend geht's auf gut fahrbarer Alpstrasse dem Schnee entgegen - so geht Skitouren im Winter 23.

Diese Strategie ging schliesslich ganz ordentlich auf. Mit einem Start um 12.15 Uhr gwann ich die ersten 250 Höhenmeter wie gewünscht auf 2 Rädern. Bis zu den Ställen von Ratlis galt es nur einige Mini-Schneeresten zu überqueren, auch danach kam ich noch gut weiter bis zum Bikedepot exakt bei P.1292. Und tatsächlich, ab da konnte ich fellend aufsteigen - mit 2x einige Schritte übers Kies treten konnten die Bretter permanent an den Füssen bleiben. Bis zum P.1554 gewinnt man auf dem Trassee der Alpstrasse durchgehend an Höhe. Ab da geht's dann für 1.5km mehr oder weniger flach hinein in die Kammer des Sulzbachs. Auf dieser Strecke war's mehr eine Skiwanderung - aber eben eine eindrückliche. Das Terrain war unberührt, man befindet sich hier in abgeschieden-einsamer Lage, ohne Talblick zu haben. Ganz alleine auf weiter Flur so zu schreiten ist immer ein eindrückliches Erlebnis und gibt das Mini-Feeling einer Arktis-Expedition. Natürlich, die Zivilisation ist nur ein Katzensprung entfernt, überstrapazieren soll man den Begriff nicht - wobei manchen Zeitgenossen wohl schon so viel an Einsamkeit und Abgeschiedenheit in der Natur viel zu viel wären.

Bei der Alphütte von Unter Längenegg, hinein in die abgeschiedene Kammer des Sulzbachs. Hinten der Sattel ca. 1760m.

Mit wieder etwas mehr Steigung geht's hinauf zur Einsattelung (ca. 1760m) nördlich des Mättlistocks. Und hier wurde ich Zeuge von einem eindrücklichen Naturerlebnis. Dass an den Südhängen vom Chrutlistogg ein Adler über mir kreiste, hatte ich bereits wahrgenommen. Plötzlich stach er im Sturzflug davon, zu den Schattenhängen vom P.1884. Dort attackierte er eine ausgewachsene Gämse, wohl mit der Absicht sie bei der folgenden Flucht zum Absturz im Steilgelände bringen zu können. Diese hatte jedoch ausreichend geländetechnische und körperliche Reserven, so konnte sie den Angriff parieren. Als drei weitere Attacken auch nicht den gewünschten Effekt zeigten, begab sich der Gefiederte wieder in die thermodynamischen Aufwinde - bestimmt um von hoch oben nach einem nächsten, potenziellen Opfer für eine gehörige Mahlzeit zu spähen. Tja, so ist die Natur - verhungern oder gefressen werden, einer muss unweigerlich darben. Da haben wir Menschen es gut, so wie wir uns mit Supermarkt, Krankenhaus und allen Versicherungen von dieser grausamen Umwelt abgekoppelt haben. Oder ist dies nur ein Kartenhaus und wann fällt es zusammen? Über solche Fragen lässt es sich auf einer einsamen Tour hervorragend sinnieren.

Auf dem Mättlistock - mit Blick vom Kreuz zum höchsten Punkt. Sehr schön da oben!

Mir stand noch der Schlussaufstieg über die steilen Nordhänge zum Gipfel bevor. Dieser umfasst eine kurze Passage von 40 Grad Steilheit, die sich nicht umgehen lässt. Dank günstigem Bulletin und in dieser Exposition vernünftiger Schneedecke machte es an diesem Tag keine Sorgen. So gelangte bald das Gipfelkreuz in Sichtweite (14.30 Uhr). Es steht nicht am höchsten Punkt des Berges und wird fast ausschliesslich von einheimischen Liebhabern aufgesucht. Trotz nur 1911m Gipfelhöhe ist es ein spekakulärer Ort. Man hat eine aussergewöhnliche Vogelperspektive zum Klöntalersee zu Füssen, gegenüber präsentiert sich stolz die Glärnisch-Nordwand - da konnte ich mit meinen Touren im Chalttäli und am Ruchenpfeiler in tollen Erinnerungen schwelgen. 

Heimwärts - mehr gemütliches Gleiten als genüssliches Schwingen, passt so bei den aktuellen Verhältnissen.

Nach gütlicher Rast besuchte ich noch den höchsten Punkt vom Mättlistock, schnallte meine Bretter an und machte mich auf den Rückweg. In der Nordflanke durfte man die Tätigkeit durchaus Skifahren nennen, auch wenn es wegen etwas wechselhaftem, meist zähem Schnee kein Highlight war. Hinunter in den Boden der Längenegg war dann Spurfahren angesagt - ob dem feuchten Pflutterschnee kein Verlust. Die Flachpassage erforderte einiges an Stockeinsatz, dann gab es auf dem Alpstrassen-Trassee wieder Geradeausfahrt, die effiziente Strecken- und Höhenmeter-Vernichtung erlaubte. Um die Bretter zu schonen, trug ich diese die letzten 80hm im nur noch knapp schneebedeckten Gelände zum Bikedepot, von wo es in rasanter Fahrt zum Ausgangspunkt ging. Fazit: das war bei kleinem Aufwand ein absolut tolles Naturlerlebnis bei idealem Wetter gewesen - skifahrerisch definitiv kein Highlight, aber ein solches hätte sich in der CH derzeit wohl sowieso kaum finden lassen.

Facts

Mättlistock (1911m) ab Schwändeli (1030m) im Hinter Klöntal

Bis auf den kurz 40 Grad steilen Gipfelhang einfache Skitour in wenig steilem Gelände. Am lohnendsten sicher bei schnellen Frühlingsverhältnissen, d.h. tragend-gefrorener Schneedecke. Bei tiefem Schnee gleicht das Unternehmen über weite Teile mehr einer Skiwanderung - auch das kann natürlich genussvoll sein. Die untersten, stark besonnten Hänge sind üblicherweise bald einmal aper.

Montag, 3. September 2018

Glärnisch - Ruchen Nordpfeiler (TD, 5c/6a, 1000hm)

'Soll ich, oder soll ich nicht', treffender kann man einen Bericht zum Nordpfeiler am Ruchen (2901m) im Glärnischmassiv nicht beginnen. Unbestritten handelt es sich um eine Kingline in dieser 2000m hohen und 8km breiten Wand. Doch nach einem (bereits sehr alpinen) Zustieg warten noch 1000hm Kletterei am Pfeiler selbst. Diese weisen Schwierigkeiten im 5c/6a-Bereich auf, auf fixe Absicherung kann man nicht zählen, insbesondere gibt es keine eingerichteten Standplätze. Somit ist man bezüglich der Wegfindung herausgefordert, ein Rückzug ist nicht möglich und während es durchaus schöne Kletterstellen gibt, so muss man hier auch mit Bruch, Schotter und Steilgras klarkommen. Wir haben es also mit einer Abenteuerroute durch und durch zu tun, welche in ihren Dimensionen durchaus mit den grossen Nordwänden der Alpen à la Matterhorn, Grandes Jorasses oder Civetta vergleichbar ist. Natürlich ist das nicht etwas für jedermann, trotzdem ist's erstaunlich, dass eine solche Paradetour nur ein paar wenige Male pro Jahrzehnt Besuch erhält!

Die imposante, total 8km breite und 2000m hohe Glärnisch Nordwand mit dem Verlauf des Nordpfeilers am Ruchen. Foto: justus @ hikr.org
Nachdem wir schon seit einem Jahrzehnt in Phasen von höherer oder tieferer Intensität über den Ruchenpfeiler diskutiert hatten, einigten wir uns im 2018 auf einen Versuch nach Ende der Sommerferien. Schliesslich kam der benötigte, warme Schönwettertag mit 0% Gewitterrisiko und mit ihm nochmals die drängende Frage 'soll ich, oder soll ich nicht'. Meine Bedenken lagen weniger an den Schwierigkeiten dieser Route, sondern drehten sich mehr darum, ob die Sache nicht zu heikel-brüchig-gefährlich-haarsträubend sei. Aber irgendwann muss man einfach 'jetzt oder nie' sagen und so einigten wir uns auf einen Treff um 4.00 Uhr am Rhodannenberg. Eine Viertelstunde später schritten wir vom Hinter Saggberg (1040m) bei angenehmen Bedingungen in die dunkle Nacht. Auf der Standardroute geht's ins Chalttäli bis auf 1600m, das konnten wir effizient erledigen. Von dort stellt sich die Frage, wie man zum Einstieg auf Darliegg (bei P.1919) gelangt. Es handelt sich um steilstes Schrofengelände, in welchem es 'die Optimallinie' wohl kaum gibt. Soweit uns bekannt, versuchten die meisten bisher, direkt über die Osthänge zum markanten Gratzug des Darliegg aufzusteigen, mit gewagten Steilgraspassagen bis T6+. Wir wollten uns dagegen viel weiter links über die weniger steilen NE-Hänge versuchen und am Schluss über Bänder zum Einstieg queren. Adrian hatte diesen Weg verdankenswerterweise zuvor rekognosziert, denn um sich auf Experimente einzulassen, wäre es definitiv der falsche Zeitpunkt gewesen. Tatsächlich war's bis hinauf aufs oberste Querband gut machbar, vor der letzten Querung (T6) hatten wir aber beide leer zu schlucken - aber es ging dann doch gut. Nach einer Pause begannen wir um 6.40 Uhr mit der Kletterei, weniger als 2:30 Stunden nach unserem Aufbruch beim Auto.

Kurz vor dem Einstieg in die eigentliche Kletterei muss dieses sehr abschüssige Felsband traversiert werden. Die gute Nachricht: es geht besser,  wie man aufgrund vom Foto befürchten könnte. Die schlechte Nachricht: die deutlich haarigste Stelle ist nicht sichtbar, diese befindet sich im Einschnitt zwischen der Graskanzel im Hintergrund und dem Band. Foto: 3614adrian @ hikr.org
Morgenstund hat Gold im Mund! Wir hatten uns einen wettertechnischen Traumtag ausgesucht (macht absolut Sinn hier!)
Gleich am Einstieg wartet ein erster Test: steiler Fels, mässig solide, schwierig abzusichern, für Vor- und Nachsteiger psychisch fordernd. Doch für uns gab es keine Zweifel, aufwärts sollte es gehen! Danach folgen im Wechsel schwierige und einfachere Passagen, schöne Kletterstellen und brüchiges Gelände, solche die sich gut absichern lassen und andere, wo dies schwieriger ist. Von weitem würde man auch kaum glauben, dass es am Ruchenpfeiler doch auch diverse Abschnitte mit quasi verschärftem Gehgelände gibt (siehe genaue Routenbeschreibung unten!). Dem ganzen Handling von Seil und Absicherung kommt hier eine eminente Bedeutung zu, wenn's ums effiziente Vorwärtskommen geht. Während sich die schwierigen Kletterpassagen entlang von Rissen und Verschneidungen in solidem Fels meist recht gut mobil absichern lassen, so steht man danach in flacheren Zonen oft in schuttigem, wenig solidem Fels, wo es schwierig ist, Standplätze zu bauen. Dasselbe gilt natürlich auch für die einfacheren und oft brüchigen Abschnitte. Es gilt beständig abzuwägen, wann und wo wie gesichert werden soll. Wir haben diverse Teilstücke auch seilfrei begangen, da wir uns so einerseits sicher fühlten, andererseits eine wirklich effektive Sicherung auch nur schwierig machbar gewesen wäre. Schliesslich gelangten wir um Schlag 12.00 Uhr und damit nach 5:20h Kletterei aufs Band, welches den hellen, oft ziemlich soliden Kalk des unteren Wandteils vom oberen, brüchig-braunen Wandteil abgrenzt.

Einfachere und schwierige Abschnitte wechseln sich im unteren Teil des Ruchenpfeilers ab. Eines ist jedoch allen Abschnitten gemeinsam: man klettert in einem grandiosen, wilden Ambiente und der Tiefblick auf den blau-grünen Klöntalersee fehlt nie. 
Ausstieg aus der Seillänge, welche im SAC-Führer als Crux bezeichnet wird. Hier ist der Fels richtig gut und die Kletterei absolut lässig wie auch vernünftig abzusichern. Aus diesem Grund habe ich andere Abschnitte der Route als anspruchsvoller wahrgenommen. Es bietet nämlich schon nicht jeder Meter Plaisir-Kletterei - spannend und interessant ist's jedoch immer.
Vor diesem hatten wir a priori einen grossen Respekt gehabt. Dem Vernehmen nach würden zwar nicht mehr die grossen Kletterschwierigkeiten warten. Dafür aber eben sehr unzuverlässiger Fels und noch schlimmer: es hatte sich aus den bisherigen Begehungen noch keine eindeutige Route herauskristallisieren können. Die einen gingen hier (z.B. alles möglichst dem Grat entlang), die anderen da (z.B. erst in die Schlucht und dann rechts hinaus). Doch eigentlich alle fanden danach, dass es eine bessere Route geben müsse, da ihr Pfad nun doch höchst unangenehm gewesen sei. Man nehme dazu noch die Tatsache, dass es hier oben nun wirklich ein Labyrinth von Schluchten, Graten und brüchigen Felstürmen gibt und fertig ist das Rätsel, wo man nun denn entlangklettern soll. Wir machten uns auf eine Querung nach rechts, um das ominöse Fixseil aufzuspüren. Dieses war schliesslich unschwierig zu finden, er eröffnet den Weg über einen Wulst hinweg zu den Schluchten und Türmen oberhalb. Bei dieser Stelle handelt es sich (freigeklettert) eindeutig um die technische Crux der Route. Es ist schwierig, eine Bewertung für diese Stelle anzugeben. Unter Bedienung aller vorhandenen Griffe wäre es eventuell so im Bereich VI oder VI+. Allerdings bricht das, was am meisten hervorsteht auch am ehesten ab. Weil man an dieser Stelle aber überhaupt nicht absichern kann und ein Sturz nicht drinliegt, beschränkt man sich lieber auf solidere, auflegerige Strukturen. Was dann heisst, dass man vermutlich eher etwas in der Gegend von VII oder VII+ klettert. Oder eben, diese 7-8m am dünnen Fixseil hochhangelt, so lange es noch da und unbeschädigt ist (der Mantel ist an einer Stelle bereits durch und der Kern tritt hervor). Befestigt ist's an einem Profilhaken, das Körpergewicht dürfte es auch weiterhin halten. Ob und wo man diese Stelle umgehen könnte, ist mir nicht restlos klar. Kleinräumig (+/-30m links oder rechts) jedenfalls eher nicht.

Wo geht's weiter?!? Am Sperbern auf dem Band am Ende des hellen Kalks, bevor es in den brüchig-braunen Abschnitt geht. An sich ist die Route durch den Mangel an fixer Absicherung und durch die schieren Dimensionen der Wand kaum vorgegeben und 'die Ideallinie' dürfte hier auch kaum so eindeutig existieren. Trotzdem, für ein geübtes Alpinistenauge (und ein solches ist absolut nötig!) gibt's eben doch einen logischen Verlauf. Foto: 3614adrian @ hikr.org
Unangenehmes Gelände nach dem Wulst mit dem Fixseil. An sich warten keine grossen Schwierigkeiten. Doch der Fels ist brüchig, schuttbedeckt und nur schwierig abzusichern. Konzentriert steigen und keine der seltenen Gelegenheiten auslassen, wo man eine mobile Sicherung oder einen zuverlässigen Haken anbringen kann, heisst die Devise! 
Nach dem Fixseil-Wulst geht's Richtung der Ausstiegsschlucht. Da ja bisher noch niemand in diesem Bereich eine als 'gut' taxierte Linie beschrieben hatte, wollten wir es tatsächlich mitten durch die Schlucht probieren. Dort, wo hin und wieder das Wasser läuft, ist der Fels in der Regel ja eher fester. Trotzdem, es handelt sich immer noch um vogelwildes Gelände, mit einigen höhlenartigen Gufeln und nachfolgendem Steilgelände. Das Gestein auch sehr speziell, da man einer Art Quarz- oder Calcitader folgt. Jedenfalls, nach einer Weile standen wir an einem Geröllplatz und erblickten ein Stück oberhalb von uns die markante Scharte im braunen Grat. Dort mussten wir hin, der Weg schien gangbar, somit hatten wir die Passage durch den oberen Wandteil gefunden. Um etwa 13.45 Uhr hatten wir den Grat schliesslich erreicht. Diesem gegen die Schlusswand hinauf zu folgen war kein grösseres Problem, es handelt sich um einfaches Gelände. Die Schlusswand hingegen sieht aus dieser Perspektive nochmals richtig fordernd aus. Doch wie so oft beim Bergsteigen, was von Weitem abschreckend aussieht, präsentiert aus der Nähe dann doch einen gangbaren Weg. Die ersten 2-3 Seillängen an der Schlusswand sind gutmütig und rasch erledigt. Die letzten 70-80m sind dann aber nochmals fordernd, insbesondere mit einer originellen, athletischen Boulderstelle 30m unter dem Grat. Dann war's aber geschafft, um 15.15 Uhr und damit ziemlich genau 11:00 Stunden nach unserem Aufbruch auf dem Hinter Saggberg konnten wir am Gipfel abklatschen. Das war jetzt wirklich ein grandioses Abenteuer gewesen!

Toller Ausblick aufs Vrenelisgärtli (2904m) auf dem Verbindungsgrat zur Schlusswand.
Daumen hoch, der Gipfel ist erreicht! 11 Stunden nach Aufbruch vom Auto komplettieren wir die letzte Seillänge! Ganz zum Schluss warten nochmals zwei richtige Kletterseillängen mit Schwierigkeiten bis V+, ja sogar ein überhängend-athletischer Boulder stellt sich einem noch in den Weg. Hier in diesem letzten Abschnitt klettert man wieder in hellem und solidem Kalk.  
Nun gut, zu Ende ist die Tour erst, wenn man wieder im Tal ist (oder vielleicht besser, zuhause). Im Falle vom Ruchen ist der Abstieg zwar nicht schwierig, aber dafür ziemlich weit. Ich hatte im Vorfeld hin und her überlegt, ob ich meinen Ultraleicht-Gleitschirm für einen bequemen Abstieg mitführen solle. Bedenken hatte ich einerseits wegen dem Zusatzgewicht - es sind zwar nur 1.7kg für das komplette Flugmaterial, aber für eine solche Kletterei eben doch auch 1.7kg. Andererseits war auch die Windprognose mit der vorherrschenden Richtung aus SW nicht überaus günstig. Ich hoffte darauf, dass der Wind schlussendlich so schwach wäre, dass ich vom Schwander Grat nach NW starten könnte um dann gleich nach rechts übers Chalttäli abzudrehen. So hätte ich retour zum Hinter Saggberg fliegen können. Doch mit den gut 20km/h, die mir am Gipfel aus SW ins Gesicht bliesen wurde dieser Plan zu Makulatur, für diese Windrichtung und -stärke gibt's weder einen geeigneten Startplatz noch Flugweg. So blieb mir nichts andere übrig, als zusammen mit Adrian über den Glärnischfirn bis ins Steintäli auf ca. 2250m abzusteigen. Die Startvorbereitungen dort kosteten mich ob dem steilen Gelände und dem hohen, extrem krautigen Gras wo sich ständig die Leinen darin verhakten zwar auch noch etwas Geduld. Doch schliesslich konnte ich mir doch noch die mühsamen 2/3 des Abstiegs mit einem schönen und bequemen Gleitflug ersparen. Adrian war tüchtig gelaufen, so dauerte es nicht lange, bis wir wieder vereint waren. Nachdem wir uns logistisch gut organisiert hatten, konnten wir uns schon bald auf dem Heimweg machen. Das war jetzt alles wirklich wie am Schnürchen gelaufen - absolut keine Selbstverständlichkeit bei einer solch wilden und anspruchsvollen Tour!

Abstieg über den aperen, im Sterben liegenden Glärnischfirn. Wie dieses Foto zeigt, ist das Ambiente aber auch heute noch super und die Eisfläche nach wie vor gross. Trotzdem, wenn ich es mit meinen Erinnerungen und den Fotos meiner ersten Glärnisch-Besteigung vor 25 Jahren abgleiche, dann ist es erschreckend, wie viel Eis bereits abgeschmolzen ist.
Diese Perspektive auf den Klöntalersee gibt's nur vom Gleitschirm! Nach einigem Abwägen hatte ich mich dazu entschieden, den Ultraleichtschirm (komplett 1.7kg) auf dem Rücken durch die Wand zu tragen. Die Windverhältnisse liessen (nicht unerwartet) einen Start im Gipfelbereich nicht zu. Etwas weiter unten im Steintäli kam ich dann jedoch in die Luft und konnte auf den restlichen zwei Dritteln des Abstiegs bequem die Beine baumeln lassen.

Facts

Glärnisch Ruchen (2901m) - Nordpfeiler (TD, 6a) - ca. 1000hm, 1600 Klettermeter - Fischli/Schindler 1964

Eine reinrassige Abenteuerroute durch die imposante Glärnisch Nordwand. Schon der Zustieg erfordert Können und Mut im Steilgras. Die Kletterei danach weist so gut wie keine fixen Sicherungen auf. Sie bietet einen Mix von stellenweise schönen Passagen in recht gutem Fels mit einfacherer Kletterei an brüchigem Gestein. Ebensowenig fehlen schuttige Abschnitte und Sequenzen im Steilgras. Kurzum eine Tour, bei der man auf alles vorbereitet sein muss.

Rückblick auf die gewaltige Wand. Die Pfeile markieren den Einstieg in den Felsteil und den Gipfel.

Wissenswertes

Seil: mindestens 50m-Seil, damit kommt man durch. Je länger jedoch das Seil ist, desto mehr erhöht man seine Optionen, nach einem geeigneten Standplatz zu suchen, was ja oft nicht einfach ist. Ein Rückzug bzw. Abseilen ist komplett utopisch, daher ist ein Doppelseil kein Muss. Natürlich bietet dieses Vorteile bzgl. Steinschlagsicherheit und Seilverlauf. Andererseits hat das Einfachseil Vorteile im Handling und Gewicht. Also Geschmackssache...

Exen: wie viele Exen man auf solche Trad-Routen mitnimmt ist ja auch immer ein wenig Geschmackssache und hängt davon ab, wie viel man schlussendlich legt und bastelt. Jedenfalls ist die Kletterei selten anhaltend schwierig und sowieso gibt's oft nicht viele Sicherungsmöglichkeiten. So 10-12 Stück sind ausreichend. Alles verlängerbare Alpine Draws, normale Sportkletterexen taugen hier wenig bis nix. Genügend Schlingen o.ä. für den Standplatzbau nicht vergessen!

Der Klettergurt mit allem Material (Exen, Cams, Keile, Hammer, Haken, Schuhe) wog fast 10kg! Das Bild zeigt den Vorstieg an der zweiten Stufe (Schwierigkeit ca. IV). Bild: 3614adrian @ hikr.org
Mobile Sicherungen: wir sind die Route mit 1 Set Camalots von 0.3-4 und einem Satz Keile geklettert. Den Camalot 4 habe ich zwar durchaus ein paar Mal eingesetzt, würde ihn aber im Rückblick nicht mehr mitnehmen. Dafür passt gefühlt der Camalot 1 in jeden Riss an diesem Berg und man könnte ihn ungefähr 27-fach brauchen. Darum die Grössen 0.5-1 auf jeden Fall doppelt, evtl. 0.3, 0.4 und 2 ebenfalls. Die Keile waren immer wieder einmal nützlich.

Hammer und Haken: würde ich auf jeden Fall mitnehmen! Ich habe unterwegs ca. 10-15x einen Haken geschlagen, damit ich an diesen Stellen in weiterem Umkreis überhaupt eine Sicherung anbringen konnte, der Fels akzeptiert bei weitem nicht überall Cams & Keile. Bis auf einen einzigen haben wir alle wieder mitgenommen. Daher hätte es auch die 10 Haken, die ich dabei hatte, nicht zwingend gebraucht, 3-4 Stück wohlsortiert hätten ausgereicht.

Der Standhaken am Fuss des braunen Wulstes mit dem Fixseil ist der einzige, den wir belassen haben. Hier haben wir doch ein paar Minuten und 2 Fehlversuche gebraucht, bis ich einen zuverlässigen Schlaghaken platzieren konnte. Bild: 3614adrian @ hikr.org
Schuhe: total Geschmackssache! Ich bin mit normalen Zustiegsschuhen zum Einstieg gelaufen, war von dort zum Gipfel in Kletterfinken unterwegs. In den schwierigen Seillängen muss man durchaus plattig antreten, was für mich in schweren Schuhen deutlich langsamer, unangenehmer und weniger sicher wäre. Würde ich auf jeden Fall wieder so machen, sonst wird die Route wohl meistens in Bergschuhen geklettert. Für solche habe ich nirgends Bedarf verspürt.

Gletscherausrüstung: braucht es nicht! Der Glärnischfirn hat sich bereits stark zurückgezogen. Im Sommer könnte man an seinem rechten Rand absteigen, ohne das Eis überhaupt betreten zu müssen. Schneller und bequemer geht's jedoch, über das flache und apere Eis zu laufen, was mir jetzt in jeglicher Art von Schuhwerk problemlos scheint. Achtung: einige (problemlos umgehbare) Löcher hat es aber durchaus, wenn noch Schnee liegt herrscht Spaltengefahr!

Blick vom Gipfel auf den ausgeaperten Glärnischfirn. Wenn man wollte, könnte man ihn rechts im felsigen Gelände vermeiden. Bequemer und schneller ist es freilich, wenn man übers flache und apere Eis läuft, was absolut keinerlei Schwierigkeiten bietet. Bild: 3614adrian @ hikr.org
Zeitmanagement: wir brauchten gut 2:00h zum Einstieg und von dort rund 8:30h Kletterzeit zum Gipfel, was mit den Pausen dazwischen 11:00h vom Auto zum Gipfel ergibt. Für den Abstieg ins hintere Klöntal sind dann nochmals 2:30h zu veranschlagen. Man kann sicher sowohl schneller als auch langsamer wie wir sein. Wir haben den Weg überall gut gefunden, uns keine Verhauer geleistet und waren effizient unterwegs. Andererseits haben wir uns auch immer die Zeit genommen, um die Kletterpassagen solide abzusichern und zuverlässige Standplätze zu bauen (was oft einiges an Zeit in Anspruch nimmt!).

Logistik: Start- und Endpunkt der Tour sind nicht identisch! Vom Endpunkt sind es dem See entlang und hinauf zum Hinter Saggberg nochmals 1:30-2:00h Fussmarsch. Es gibt einige wenige öV-Verbindungen (jedoch nicht spät am Abend), man kann evtl. ein Taxi rufen, auf Autostopp vertrauen (spätabends bestimmt nicht mehr so einfach), ein Velo/Auto platzieren oder dann halt doch laufen.

Die Sicht von Vorauen (am hinteren Ende des Klöntalersees) auf den im Profil gut sichtbaren Ruchenpfeiler wirkt fast ein wenig mediterran. Wohl dem, der hier auf die eine oder andere Weise fahrend zurück zum Ausgangspunkt auf dem Hinter Saggberg gelangen kann. Zu Fuss gehend wartet nämlich noch eine ziemlich lange Wanderung. Bild: 3614adrian @ hikr.org
Gleitschirm: auf dem Ruchen zu starten ist eher schwierig, falls kein Schnee mehr liegt, da sehr geröllig. Der beste Startplatz ist bei P.2859 auf dem Schwander Grat, wo man danach rechts ins Chalttäli abbiegen und zum Ausgangspunkt fliegen kann. Das ist jedoch nur bei leichten Wind aus Sektor Nordwest bis Nord möglich. Der Flug über den Glärnischfirn ist vom Gleitwinkel her (zu) knapp. Weiter unten (Steintäli, oberhalb der Glärnischhütte) lässt es sich gut nach SW starten und ins hintere Klöntal fliegen. Zurück zum Ausgangspunkt reicht es so aber nicht.


Routenbeschreibung

Zustieg: vom Hinter Saggberg auf gutem Bergweg via Tschingel und Vorder Schlattalpli nach Mittelstafel. Von hier auf dem horizontal verlaufenden Weg ins Chalttäli queren. Durch dieses weglos hinauf zur Munggenplangge. Zuletzt über Geröll zum Einstieg in den Grasteil, der sich bei den Koordinaten 719'180/208'450 (CH1903) bzw. 47.01639/9.00619 (WGS84) auf 1685m befindet (Kartenlink).

Den Zustieg haben wir noch in dunkler Nacht gemacht. Dank Ortskenntnissen kein grösseres Problem. Unten sind die Lichter im Glarnerland erkennbar. Bild: 3614adrian @ hikr.org
Grasteil: Im Fels hinauf (II), leicht rechtshaltend auf einen ersten, etwas grasigen Rücken (total ca. 30hm). Der folgende Kessel wird deutlich rechtshaltend in felsig-gerölligem Gelände gequert, mit dem Ziel, die markanteste, teils buschbewachsene Grasplangge zu erreichen (ca. 60hm zu Beginn derselben, T5). Über die Plangge hinauf bis ganz an deren oberes Ende (1925m, ca. 150hm, T6). Nun auf dem meist problemlos gangbaren Band horizontal nach rechts (ca. 160m, T5) zu einer markanten Graskanzel. Nun folgt über 40m ein schmales, abschüssiges, schuttig-felsiges Band, das man horizontal traversiert (T6). Dann in Kürze leicht aufsteigend zum Einstieg.

Blick (am 1.8.2018) von kurz vor Mittelstafel auf den Ruchenpfeiler im Morgenlicht. Hier ist auch der von uns gewählte Weg zum Einstieg gut erkennbar und mit den 3 blauen Punkten markiert. Beim Punkt links unten geht's los, über den gut erkennbaren Rücken hinauf zum mittleren Punkt. Dann horizontal nach rechts zum dritten Punkt, wo sich der Einstieg in den Felsteil befindet. Üblicherweise steigt man weiter rechts auf den grasigen Rücken auf und quert dann nach links zum Einstieg. Bild: 3614adrian @ hikr.org 
Eine andere Perspektive auf den Grasteil. Hier erkennt man auch, dass das Gelände weiter rechts noch steiler ist. Bild: 3614adrian @ hikr.org
1. Stufe: vom Einstieg 10m steil und etwas brüchig empor (V, H zu Beginn, dann schlechte Sicherungsmöglichkeiten) zu schwach ausgeprägtem Band mit losen Felsen. Diesem linkshaltend für 40m folgen (I-II), dabei zuletzt eine Rinne überqueren, Stand an der Rippe (schlechte Sicherungsmöglichkeiten). Nun diagonal in einfachem, grasdurchsetztem Gelände nach rechts hinauf an den Fuss der folgenden Steilstufe (ca. 60m, T5-T6, II), zuletzt ein wenig nach rechts queren zu schöner Rissverschneidung.

Kein berauschend gutes Foto. Es zeigt aber den Einstieg in den Felsteil mit der 1. Stufe (hinauf, dann Querung nach links).
Das 'einfache, grasdurchsetzte Gelände (ca. 60m, T5-T6, II)', welches diagonal nach rechts hinauf zur 2. Stufe führt.
2. Stufe: die Rissverschneidung mit guten Sicherungsmöglichkeiten hinauf (IV), bei der Gabelung des Risses nach links und hinauf in schuttbedecktes Gelände und einfach (T5) zur nächsten Felsstufe (ca. 50-55m), Stand an deren Fuss auf bequemem Band.

Adrian folgt im einfachen Gelände nach der 2. Stufe. Es ist oft so, wie es hier ist: man klettert die Stufe in solidem und schön zu bekletterndem Fels und steht dann unvermittelt auf einem grasig-schuttig-brüchigen Hang, wo es schwierig ist, einen Standplatz einzurichten. Hier hat das Seil jedoch bis hinauf zum Beginn der nächsten Stufe gereicht.
3. Stufe: man kann entweder direkt an einem breiten, steilen Riss klettern, oder dann einfacher an der Rissverschneidung, welche 10m weiter rechts ansetzt (IV). An dieser hinauf mit Ausstieg nach links (ca. 30m). Es folgt nun ein einfacherer, teils fast gratartiger Abschnitt, der zum Fuss des nächsten, kompakten Aufschwungs führt (II-III, ca. 70m).

Blick auf die Rissverschneidung der 3. Stufe (ca. IV), die auch gut abzusichern ist.
Das 'einfache, fast gratartige Gelände (II-III, 70m)', das an den Fuss der bereits gut sichtbaren, 4. Stufe führt. Bild: 3614adrian @ hikr.org
4. Stufe: vom bequemen Stand am Fuss in steiler Kletterei an sehr gutem Fels mit athletischen Zügen 20m aufwärts (2H, gute Sicherungsmöglichkeiten, V+). Man gelangt zu einem schwierigen Überhang. Entweder a) diesen direkt an einem Riss erklettern (VI?) oder b) 4m nach links queren und einen etwas weniger ausgeprägten Überhang an Riss ersteigen oder c) 10m nach links queren um dann hinauf auf den Absatz zu steigen, wo man das Frifad erreicht (IV, total 40m).

Ausblick auf die 4. Stufe mit ihrer sehr schönen Kletterei in kompaktem Fels (V+). Die von uns gekletterte Variante c) ist mit den roten Punkten markiert. Man könnte auch schwieriger direkt aufsteigen (Variante a zum blauen Punkt, Variante b zum grünen Punkt). Man landet oberhalb jedoch mit jeder der Varianten wieder am selben Ort.
Steile und kompakte Kletterei an der 4. Stufe (V+). Bild: 3614adrian @ hikr.org
5. Stufe: vom Frifad in einfacherem, gratartigen und grasigem Gelände hinauf (T5, II). Man überklettert eine Stufe aus auffälligen, hellen Felsen (II-III) und gelangt über grasiges Gelände zum Fuss der nächsten Stufe aus dunklem Gestein (total ca. 100m vom Frifad). Entlang einer Verschneidung hinauf (IV), unter der überhängenden Zone über eine kompakte Platte nach links (V, gut absicherbar) und in einfacherem Gelände ans obere Ende der Stufe (50-55m). Erst über Gras, dann über Fels und schliesslich im Schotter an den Fuss der nächsten, eindrücklichen Steilstufe, zuletzt nach rechts querend (total ca. 100m).

Nach der 4. Stufe gelangt man aufs Frifad, ein Band welches die ganze Glärnisch Nordwand durchzieht. Hier folgt zuerst einfacheres Gelände zu den hellen Felsen (II-III), danach die eigentliche 5. Stufe in den dunklen Felsen (V). Weiter oben am Horizont ist auch schon die mächtige 6. Stufe erkennbar.
Die dunklen Felsen der 5. Stufe werden zuerst an der markanten Verschneidung geklettert. Der abschliessende Überhang wird links über die kompakte Platte umgangen, wobei eine feine und luftige Stelle (V) wartet. Bild: 3614adrian @ hikr.org
6. Stufe: dies ist die höchste Stufe, sie wird von rechts nach links auf logischem Weg via eine Art Rampe erklettert. Erst über geneigte, griffige Felsen (IV+, einige Cam-Möglichkeiten), dann kurze Linksquerung in etwas grasiges Gelände und etwas heikel über glatte, ausgewaschene Felsen steil hinauf (V+, schlechter H, bescheidene Sicherungsmöglichkeiten, evtl. besser rechts in kompakterem, auf den ersten Blick schwierigeren Fels klettern?). Man kommt zu einem Band, auf welchem man noch 10-15m nach links zu Stand an 2H quert (total 50-55m). Vom Stand in steiler, schöner und griffiger Kletterei 20m gerade hinauf (V), dann entlang von einem Riss zu einer kleinen Gufel (H), nach links querend plattig aus dieser hinaus (IV+) und über schuttbedecktes Gelände zum Fuss der nächsten Stufe (50-55m).

Ausblick auf das grasige Gelände, das nach der Beschreibung noch zur 5. Stufe gezählt wird, sowie die mächtige 6. Stufe. Man kann den Routenverlauf auf diesem Foto jedoch nicht allzu gut einsehen. Der Einstieg befindet sich ziemlich weit rechts und führt dann diagonal nach links querend empor. Die zweite Seillänge an der 6. Stufe ist hier sichtbar, wenn auch ziemlich stark verzerrt.
In der ersten Seillänge an der 6. Stufe (V+). Zu Beginn kann man noch recht gut für Sicherheit sorgen, bei der Stelle über die letzten 3 roten Punkte hinweg ist dies dann jedoch bei schwieriger Kletterei (V+) in ausgewaschenem Gestein nicht mehr so gut möglich. Dies war für mich definitiv eine der Schlüsselstellen. Eventuell geht's besser, wenn man beim zweiten roten Punkt nach dem Kletterer gerade hinauf steigt. Der Fels ist dort kompakt und steil, dafür aber auch fest, eventuell griffig und möglicherweise besser abzusichern. Bild: 3614adrian @ hikr.org
Nach der 1. Seillänge an der 6. Stufe erreicht man ein bequemes Band, wo sich ein guter Stand einrichten lässt.
7. Stufe: diese nur ca. 10m hohe Stufe wird etwas rechts durch vom Wasser dunkel gefärbtes, griffiges Gestein ersteigen, zuletzt über einen kleinen Überhang hinweg (V, schlechter/alter H, gute Cam-Möglichkeiten). Man gelangt auf ein grosses Schuttband. Darüber hinauf zum Fuss der mächtigen Steilstufe zu Stand an Cams (50-55m, schlechte Kommunikation mit dem Nachsteiger).

Die vergleichsweise niedrige 7. Stufe wartet mit interessanter, griffiger und steiler Kletterei auf (V). Bild: 3614adrian @ hikr.org
8. Stufe: die Überwindung dieser kompakten und mächtigen Steilstufe bildet gemäss den Informationen im SAC-Führer 'den Schlüssel der Besteigung' und erfolgt 'leicht links durch eine abdrängende Rissverschneidung in hellem Gestein'. Während zweiteres absolut zutreffend ist, lässt sich über das erstere diskutieren. Zuerst 15m aufwärts in noch etwas losem, braunem Gestein, dabei einen kleinen Überhang meisternd (H) zu einer Art Höhle (H). Athletisch an guten Griffen im nun hellen Kalk daraus hinaus (H) und dem sich zu einer Verschneidung entwickelnden Riss entlang in sehr schöner Kletterei weiter (gut absicherbar, V+). Standmöglichkeiten nach 40m, 45m oder am besten sehr luftig nach 50m an 2H (wovon 1 mies ist, jedoch gute natürliche Sicherungsmöglichkeiten vorhanden). Weiter in schöner Kletterei der Verschneidung entlang (V, 1 H, gut absicherbar) und zuletzt in graduell einfacher werdendem Gelände hinauf zum Band zu Beginn der braunen, brüchigen Felszone (30m, schlechte Standmöglichkeiten an mobilen Sicherungen, Haken schlagen!). Nachtrag vom 9.3.2023: Daniel hat mir folgende Info zukommen lassen: "Ich bin au dem Band nach der 8. Stufe ein paar Schritte nach links ums Eck gegangen. Dadurch steigt man ein wenig 'nach hinten ab' und könnte vermutlich gut über den Körper nachsichern. Ich habe dort jedoch in etwa 2m Höhe einen guten Haken in soliden Fels schlagen können und diesen belassen. Leider sieht man ihn erst, wenn man die paar Schritte übers Band nach links gegangen ist und auch nur wenn man dann hinauf schaut."

Unser Weg über die 8. Stufe. Im SAC-Führer wird dieser Abschnitt, insbesondere der Überhang am Off-Width-Riss aus der Höhle nach dem 4. roten Punkt als Schlüsselstelle bezeichnet. Wobei diese Stelle einem kompetenten Sportkletterer vergleichsweise einfach fallen wird. Der Fels ist nämlich gut, die Absicherung in Ordnung und es hat ordentliche Griffe, wo man seine PS auf den Fels bringen kann.
Der Höhlenüberhang mit seinem Off-Width-Riss aus der Nähe gesehen.
Auch die zweite Seillänge an der 6. Stufe wartet zu Beginn mit schöner Kletterei in gutem Fels auf (V).
Mit dem Ausstieg aus der 8. Stufe endet die Herrlichkeit im schönen Fels. In diesem Bruch ist es schwierig, einen guten Stand einzurichten. Ohne Schlaghaken, d.h. nur mit Cams/Keilen hätte ich hier keine Möglichkeit gesehen. Man beachte jedoch den Nachtrag im Text oben, bzw. das Foto gleich unterhalb!
Der neue Schlaghaken von Daniel zum Nachsichern am Band nach der 8. Stufe. Um ihn zu finden muss man auf dem Band ein paar Schritte nach links gehen, d.h. quasi 'nach hinten absteigen'. Dort befindet er sich in 2m Höhe, d.h. er fällt nicht auf den ersten Blick auf.

Zum Fixseil am braunen Wulst: auf dem Band quert man 50m gut gangbar nach rechts (T5) und steigt über geneigte Felsen 50m hinauf (II) zum braunen Wulst mit dem ominösen Fixseil, welches sich direkt in Falllinie der Schlucht befindet. Hier haben wir einen Standhaken am Fuss der Steilstufe des braunen Wulsts geschlagen und belassen.

Auf diesem Band quert man nach der 8. Stufe nach rechts. Es ist besser begehbar, wie man aufgrund vom Foto meint (T5).
Brauner Wulst mit Fixseil: die Steilstufe mit dem ca. 8m langen, an einem NH befestigten Fixseil bildet die klettertechnische Crux (VI oder VI+, alternativ A0 am Fixseil). Es bestehen keine weiteren Sicherungsmöglichkeiten, ein Sturz liegt nicht drin und der Fels ist mässig solide. Eine Bewertung ist schwierig, da man sich aus Sicherheitsgründen nicht die besten, sondern die solidesten Griffe auswählen muss (d.h. in freier Kletterei ca. VII obligatorisch!). Oberhalb vom Wulst einfacher in den ausgewaschenen Beginn der Schlucht klettern (IV, keine Sicherungsmöglichkeiten, heikel). Nach 45m Standmöglichkeit an Cams.

Blick vom Ende der Querung nach der 8. Stufe. Zuerst einfache Felsen, die zum braunen Wulst mit dem Fixseil führen. Oberhalb geht es dann in die Schlucht hinein, die vermeintlich zur Scharte zwischen den beiden Türmen leitet. Allerdings hält man sich in einem Kessel dann wieder rechts, der Grat wird erst viel später erreicht.
Der braune Wulst mit dem Fixseil (in voller Auflösung erkennbar) bildet die klettertechnische Crux auf der von uns begangenen Route. Wenn man diese vermeiden möchte, so muss man höchstwahrscheinlich auf dem Band unter dem braunen Wulst nach links queren, bis man über brüchige Felsen (im Profil sichtbar) auf den Turm in der linken Bildhälfte steigen kann.
Durch die Schlucht: nun ca. 100m in einfachem, teils schuttig-brüchigem Gelände durch eine Art Kessel zwischen verschiedenen Türmen durch die hier einfache Schlucht hinaufsteigen (II-III). Zum Schluss steilt sich diese wieder auf und weist mehrere Gufeln und Steilstufen auf (spezieller, kristallhaltiger und einigermassen solider Fels). In einer Seillänge von 50m (V, einige Sicherungsmöglichkeiten) zum Ende dieser Schluchtreihe bei einem Geröllplatz.

Dieses Foto wurde vom im Text erwähnten 'Kessel' aufgenommen. Der braune Streifen mit den dunklen Höhlen markiert den weiteren Aufstieg durch die 'Schlucht'. Hier auf dem Foto sieht's zwar nicht so schluchtmässig aus, in Realität passt der Begriff jedoch schon. Die Steilstufen aus den Höhlen heraus stellen logischerweise die schwierigsten Kletterstellen dar (V). Insgesamt aber schon gut machbar - links und rechts daneben sieht das Gestein schauderlich brüchig aus, einfacher wäre es dort bestimmt nicht.
Am Ende der Schlucht. Hier könnte man über diese Steilstufe nach oben gelangen (wohl ca. IV). Einfacher und vor allem schneller ist es jedoch, diese Stelle rechts zu umgehen. 
Hinauf zum Grat: rechtshaltend 20-30m aufwärts, und a) entweder direkt über die 10m hohe Stufe (V, wenig exponiert aber kaum Sicherungsmöglichkeiten) oder b) diese in einem Rechtsbogen über geneigt-schuttiges Gelände umgehen (III). Nun erst schuttig-lose nach rechts hinauf (I-II), dann rechts der markanten, zur Turmscharte führenden Rinne über eine Art Rippe in braunem Gestein hinauf zum Grat (ca. 100-150m, III).

Hier ist der braune Grat zu sehen. Unsere Aufstiegslinie verläuft über eine Rippe, welche den Grat rechts der Scharte rechts des markanten Doppelturms erreicht (im rechten Bildviertel zu sehen). Wenn man über den Grat geht, so wartet vom Doppelturm entweder eine schlecht eingerichtete Abseilstelle oder eine sehr unangenehm aussehende Abkletterei.
Da, aus dem Schatten, kamen wir her. Andere Seilschaften haben den Grat, der in der Sonne liegt, auch schon komplett begangen. Das ist ganz sicher zeitaufwändiger und wenn man den Beschreibungen glaubt, auf keinen Fall angenehmer oder sicherer wie der von uns gewählte Weg.
Über den Grat: dem Grat folgend in einfacher Kletterei (max. II) und teils in Gehgelände (T5) in 10-15 Minuten (ca. 200-300m) an den Fuss der Gipfelwand, ein etwas schwierigerer Turm wird dabei SE-seitig umgangen.

Das ist der obere, einfachere Teil vom braunen Grat, den wir ebenfalls begangen haben. 
Der letzte Teil vom Grat, der zur Schlusswand führt. Diese haben wir entlang der roten Punkte begangen.
Schlusswand: die wieder aus hellem, solidem Kalk bestehende Gipfelwand wird entlang einer rampenartigen, diagonal nach rechts ziehenden, weniger steilen Zone angepackt. Die ersten ca. 100m ist das Gelände gutmütig (III), geneigt und etwas schuttbedeckt. Man trifft auf einem H, ab diesem folgt eine sehr schöne Seillänge in gutem, rauem Gestein. Zuerst an Rissen und über Wandstellen hinauf (V), zuletzt mit einem Boulder athletisch nach links auf die geneigte Platte (V+, H) zu Stand an Cams (50m). Erneut athletisch über eine Stufe (IV+) und hinauf zum Grat (30m), den man wenig westlich vom Gipfelsteinmann erreicht.

Gutmütiges Gelände zu Beginn der Schlusswand (ca. III).
Gegen oben hin wird das Gelände an der Schlusswand nochmals steil und bietet schöne Kletterei (V).
Der letzte Boulder (IV+) wartet zu Beginn der letzten Seillänge.

Zum Schluss

Diesen Tourenbericht gibt's, was den von mir geschriebenen Text betrifft, identisch auf dem Portal hikr.org (klick!), zusätzlich findet man dort auch noch eine Einschätzung von meinem Tourenpartner Adrian sowie einige zusätzliche Fotos.