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Sonntag, 15. Juni 2025

Gross Mythen - Geissstock SE-Pfeiler (7a)

Es war wieder einmal ein typischer Spätfrühlingstag angekündigt. Im Flachland sonnig und warm, doch in den Bergen würden einen ganz bestimmt wieder Quellwolken und starke Thermik noch daran erinnern, dass der Sommer noch nicht da ist. Unter diesen Voraussetzungen entschieden wir uns für eine defensive Planung und wollten wieder einmal am Geissstock in der Südflanke vom Gross Mythen eine Aufwartung machen. Die letzten Male mit der SE-Wand (Bericht von 2010) und dem Mauerläufer (Bericht von 2016) liegen doch schon viele Jahre zurück. Diese Einleitung mag bis zu diesem Punkt uninspiriert wirken und die Tour als Ausweichziel charakterisieren. Das stimmt aber nicht mit den Empfindungen im Gelände überein. Geboten wird rassige, luftige Kletterei, bei welcher einem bestimmt nicht langweilig wird.

Bottom-Up-Shot der Südwand am Geissstock in der Südflanke mit der von uns gekletterten Linie. Zuerst haben wir drei Seillängen der Route Mauerläufer geklettert, um den grasig-brüchigen Originaleinstieg vom SE-Pfeiler zu vermeiden. Aus der Mitte seiner zweiten Seillänge sind wir dann über ihn zum Top geklettert.

Für die Anreise wurden (mehr oder weniger) neue Pfade beschritten. Um die Zeit auf dem Autositz zu begrenzen, entschieden wir uns, nach Brunni im Alpthal zu fahren. Per Seilbahn (oder auch zu Fuss) könnte man von dort die Holzegg erreichen. Zeiteffizienter geht's mit dem Bike in 20 Minuten auf der guten Fahrstrasse durch den Ijenwald, später dann via Müsliegg. Von der Holzegg muss südseitig abgestiegen werden bis zur Strassenkehre auf ca. 1215m im Hasliwald. Auf einem Forstweg geht man in den Wald hinein, an dessen Ende beginnen deutliche, mit roten Punkten markierte Pfadspuren, welche einen hinauf zum Einstieg führen. Die Schwierigkeit ist ca. T4, d.h. grundsätzlich kein schwieriges Gelände, Ausrutscher darf man sich in der Querung am Ende trotzdem nicht leisten.

Hier könnte man vor der Tour einen Kafi trinken. Oder danach Zanderknusperli essen.

Weil die ersten beiden, grasig-brüchigen Seillängen vom SE-Pfeiler in aller vorhandener Literatur (egal ob gedruckt oder digital) als unlohnend und heikel beschrieben werden (was mit dem visuellen Eindruck vom Wandfuss übereinstimmt), entschieden wir uns, lieber mit der Route Mauerläufer zu starten und erst später auf den SE-Pfeiler zu wechseln. Dies versehen mit dem Fragezeichen, wie gut und wo am besten dies möglich wäre... Lassen wir die Katze aus dem Sack: es geht nicht so einfach, wie man gerne möchte. Möglich ist es aber, für die Lösung lese man weiter im Bericht. Um ca. 9.45 Uhr starteten wir bei angenehmen Bedingungen und Sonnenschein mit der Kletterei.

Mauerläufer

L1, 40m, 6c: Gegenüber meiner damaligen Begehung im 2016 wurde die Route auf den ersten beiden Seillängen etwas verändert. Der frühere, 15m kurze Einstiegsabschnitt dient nun als Auftakt zur 3d-Turnerei durch die steile Verschneidung. Diese ist weder so richtig schwierig noch so richtig einfach. Gut planen, gut bewegen und gut auf die Füsse stehen muss das Motto sein. Erwähnt sei, dass die Länge etwas seilzugträchtig ist und zudem recht lange schattig, d.h. es kann kalte Griffel geben. Der Stand befindet sich neu am Ende der Verschneidung.

Tricky Kletterei durch die Verschneidung in L1 (6c) von Mauerläufer.

L2, 25m, 6b: Die Platte zu Beginn dieser Länge musste ursprünglich ohne Sichtkontakt zum Belay und mit zwei Haken weniger bewältigt werden. Damals fühlte es sich also gar nicht entspannt an. Nun, gut gesichert ist es eine vergnügliche Sache und es kam mir nicht sonderlich schwierig vor. Eigentlich hatten wir gehofft, vom Ende der Platte nach rechts in den SE-Pfeiler queren zu können. Dies materialisierte sich nicht. Deshalb weiter nach links hoch zum Stand auf dem Grasband, die zwei Sanduhren sind inzwischen um einen Ring-BH verstärkt worden.

L3, 30m, 6c+: Auch vom Stand war ein Wechsel in den SE-Pfeiler nicht zu bewerkstelligen. So blieb als einzige Option das Klettern einer weiteren Länge, so dass wir abseilend die Route wechseln konnten. Das ist aber natürlich kein Schaden, denn diese Sequenz bietet schon eine coole, piazige Wandstelle mit der Crux. Damals war das sehr ungünstig abgesichert, aber seither ist in der Cruxzone ein zusätzlicher BH "gewachsen". So kletterte sich die Stelle viel angenehmer und fühlte sich gar nicht mehr so schwierig an. Etwas einfacher geht's dann griffig an den Stand.

Hier spriessen auch Grasbüschel, es stört die Kletterei in der Mauerläufer-L3 (6c+) aber kaum.

Um auf den SE-Pfeiler zu wechseln, mussten wir nun einen Abseiler ziehen. Dieser führte uns in die Mitte von dessen L2, wo wir einen soliden Stand an einer Sanduhr, einem NH mit zwei sehr guten Cams einrichten konnten.

SE-Pfeiler

L2/L3, 40m, 6b+ (offiziell 6a+): Ab unserem Startpunkt kletterten wir zuerst also im grasig-schrofigen Gelände von L2 hoch, gegen den Stand hin wird es dann felsiger und man muss richtig klettern. Die Absicherung eher spärlich, geht aber schon. Vom Stand nach L2 zweigt dann links eine neue Route/Projekt (dem Vernehmen nach von Spiri) ab. Wir konnten indessen die relativ kurze dritte Länge gleich anhängen. Erst noch moderat über die Rampe nach rechts hinaus, dann vorerst über noch griffige Risse steil weiter. Der Ausstieg aus diesen an einigen Slopern und schrägen Kanten ist dann heftig athletisch und fordernd, die 6a+ auf dem Topo weit daneben. Ich plädiere für mindestens 6b+ und bin eigentlich der Meinung, dass L3 von Mauerläufer wohl etwa ähnlich schwierig ist.

Kräftige Moves am Ende von L3 im SE-Pfeiler, welche definitiv nicht nur eine 6a+ ist.

L4, 15m, 7a: Kurz, dafür umso steiler. Los geht's mit einer stark überhängenden, flared Verschneidung. Dieser ist mit ein paar harten Piazmoves an soso Seitgriffen und schlechten Tritten zu entkommen. Nach einigem Vor-und-Zurück kann ich mich auf eine Beta festlegen. Funktionieren tut sie mehr schlecht als recht, unter Einsatz aller verfügbaren Kräfte kann ich mich jedoch oberhalb dieser Passage etablieren. Den Pump werde ich nicht mehr los, immerhin sinkt der Puls wieder etwas und ich kann mich nach vorne orientieren. Ganz so schwierig geht's nicht weiter, die überhängende Kletterei an Leisten und grossen Slopern ist aber anstrengend und es folgt kein richtiger Ruhepunkt. Mit dem Laktatlevel am Anschlag und deswegen aufkeimender Übelkeit komme ich arschknapp durch. Meistens muss ich in einer 7a nicht dermassen alle Register ziehen, sprich ich plädiere für mindestens 7a hard. Wobei: man hätte es sicher besser anstellen können, wie ich es gemacht habe...

Zu gepumpt gewesen, um nach L4 noch das Handy zu zücken und ein Foto zu schiessen 🥴🤪. Daher muss hier dieses Übersichtsbild herhalten. Der SE-Pfeiler verläuft mehr oder weniger im Bereich der markanten Kante in Bildmitte (eher leicht auf der linken Seite). Aber man sieht: das Terrain ist da schon richtig steil!

L5, 15m, 6c: Grosso modo steile Risskletterei, jedoch mit etwas Wandanteil. Als eigentlich einzige der Seillängen fand ich diese hier mehr oder weniger korrekt bewertet. Sprich, mit ein paar gekonnt gesetzten Jams geht der erste Teil relativ kommod über die Bühne. Die Hauptschwierigkeit kommt zum Ende, wo sich der Riss zum Off-Width erweitert. Ob man sich darin geschickt festklemmen könnte, vermag ich nicht zu sagen, aber man findet auch einige Leisten, damit man nicht darauf angewiesen ist. Entgegen dem Topo im SAC-Tourenportal würde ich auf jeden Fall empfehlen, am Ende dieser Passage an den zwei modernen BH Stand zu beziehen. Klettert man weiter (sprich die angegebenen 30m aus), so ist man auf zwei altertümliche Ring-BH angewiesen.

L6, 30m, 6a: Es wird ganz klar einfacher, wobei man sich für die propagierte 6a auch hier durchaus noch anstrengen muss. Schon rechts aus dem Stand raus ist es trotz guten Griffen steil. Später passiert man dann eben den altertümlichen Stand mit den beiden Ringhaken, um auf eine erneut fordernde Passage auf einer Art Rampe neben einer kleinen Verschneidung zu treffen. Der Stand befindet sich etwas links aussen. Weil ein alter Schlaghaken auf eine Möglichkeit direkt hoch hindeutet, habe ich ihn beinahe übersehen.

Der Exit über die Rampe am Ende von L6 (6a, oder auch ein bisschen mehr).

L7, 30m, 5c+: Coole Seillänge mit steiler, griffiger Kletterei in rauem Fels, welche leicht nach rechts oben zu Stand an der Pfeilerkante führt. Dabei kreuzt man unterwegs eine neue (oder neu sanierte?) Route mit rostfreien Petzl-Bohrhaken, welcher man schon zu Beginn in L4 einmal nahe gekommen ist. Und auf der linken Seite ist auch das Spiri-Projekt nicht weit weg - schade, dass man über diese Routen nichts weiss. Ich finde, wer in etablierten Sektoren Routen erschliesst, sollte auch ein Topo veröffentlichen. Erst recht, wenn diese neuen Routen nahe der anderen verlaufen, gemeinsame Standplätze haben oder sie sogar kreuzen.

Für den Grad sehr steile und luftige Kletterei wartet in L7 (5c+).

L8, 50m, 5b: Dieser Abschnitt ist eher von der Sorte "zum Abgewöhnen". Erst rechtsrum in mässig solidem Blockgelände, dann aufwärts in botanischem Terrain, bevor es wieder steiler und felsiger wird. Da dann doch noch recht vergnügliche Kletterei, dies jedoch bei eher mangelhaft-weiter Absicherung. Zum Schluss steigt man etwas heikel in den steilen Wald aus (Standmöglichkeit), besser ist es wohl gleich weiterzugehen, bis man einen halbwegs flachen Platz erreicht und an einem Baum sichern kann.

Die Uhr war inzwischen in die Gegen von 15.45 Uhr vorgerückt, damit hatten wir doch fast 6:00 Stunden für die total 9 Seillängen Kletterei plus ein Abseilmanöver gebraucht. Scheint mir ziemlich lange, wo die ganze Zeit geblieben ist, kann ich mir im Nachhinein auch nicht erschliessen. Jedenfalls war die Begehung glatt gegangen und ich hatte die Route onsight geklettert. Für alle jene, die von Süden anreisen, ist das Abseilen über den Mauerläufer sicher die effizienteste Variante, um zurück ins Tal zu kommen. Dessen Ausstiegsstand ist gut auffindbar. Wir indessen stiegen weiter auf zum Gipfel vom Geissstock und wählten dann die blau markierte Wegspur, welche rechts vom Wyss Nollen hinaufführt und auf rund 1700m nach rechts zum Mythenweg quert. Über diesen ging's retour zur Holzegg, direkt am Weg passiert man dabei einen (auch nicht publizierten, aber immerhin vor Ort angeschriebenen) Klettergarten mit ca. 8 Routen im Bereich 6b-7b. Das ist dann einmal etwas für einen nebligen Herbsttag. Für uns hiess es, nach Hause zu gehen. Mit einer rasanten Bike-Abfahrt waren wir zügig zurück in Brunni, von wo es nur eine kurze Fahrt zurück ins Züri Oberland war.

Facts

Gross Mythen - Geissstock - SE-Pfeiler 7a (6a obl.) - 8 SL, 200m - Anderrüti/Grüter 1960 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, evtl. Cams 0.3-1

Luftige Route aus der Schlaghaken- und Leiterlizeit, welche mit der BH-Sanierung von 1991 in ein lohnendes Freikletterziel verwandelt wurde. Nach einem grasig-brüchigen Einstieg, welcher nur etwas umständlich lohnender über die benachbarte Route Mauerläufer umgangen werden kann, folgen steile Seillängen mit toller, kräftig-athletischer Kletterei an Rissen, Slopern und Henkeln. Zu erwähnen ist die nach heutigen Massstäben doch eher strenge Bewertung. Mauerläufer ist viel höher eingestuft, so viel einfacher ist der SE-Pfeiler komplett freigeklettert dann auch wieder nicht. In den schwierigen Seillängen ist die Absicherung mit rostfreien BH eng gehalten. Zusätzlich gibt es auch noch NH-Relikte aus vergangenen Zeiten, so dass das Hochkommen dort kein Problem darstellen sollte. Die einfacheren Seillängen sind hingegen eher knapp abgesichert. Dazulegen ist aufgrund der Felsstruktur nur selten und kaum zuverlässig möglich. Dazu braucht es ein gewisses Verständnis und Sicherheit im Beklettern von alpinem Gelände, wo nicht jeder Griff und Tritt fest sitzt. Das aktuellste Topo bzw. die genausten Infos zur Route findet man im SAC-Tourenportal (kostenpflichtig für Nichtmitglieder). 

Sonntag, 8. Juni 2025

Gonzen / Wangwand - Milzbrand (7c)

Diese Route wurde im Jahr 2001 von Thomas Wälti und Gefährten erschlossen. Zu grosser Bekanntheit hat sie es meines Wissens nie gebracht. Persönlich habe ich nur eine kleine Kontroverse um drei oder vier mit der Bohrmaschine hergestellte Kunstgriffe wahrgenommen (zu diesem Thema unten mehr). Und noch dazu einmal mitgeteilt erhalten, die Route sei eher mit 8a als mit 7c zu bewerten. So befand sie sich auch nicht auf der oberen Hälfte meiner Projektliste. Doch Daniel aspirierte auf die bisher vermutlich noch nie ausgeführte, komplette RP-Begehung und so nahm ich dankbar die Gelegenheit an, dieses Stück Fels kennenlernen zu können.

Hinweis: die Route wurde nach unserer Begehung von Daniel Benz im April 2025 saniert. Dabei hat er in Absprache mit dem Erschliesser Thomas Wälti in L1 drei zusätzliche und in L2 einen zusätzlichen BH gesetzt, in allen anderen Seillängen ist die Absicherungssituation gleich geblieben. Den schon getippten Erlebnisbericht von unserer Begehung habe ich jedoch nicht abgeändert.

Schöner Blick zum Pizol und ins Sarganserland, während Marcel in L1 (5c+) folgt.

Es waren erst zwei Wochen vergangen, seit wir unsere Neutour Heimspiel an der Wangwand abgeschlossen hatten. So konnten wir den Zustieg routiniert angehen, für nähere Infos verweise ich auf meinen damaligen Beitrag. Am Ende steigt man jedoch nicht die Geröllrinne bei Beginn der Natursteinmauer hinauf, sondern schlägt an deren Ende den Erzweg ein, welcher einen unter die Nasenlöcher bringt. Dort gilt es am Wandfuss noch ca. 40m nach links zu queren. Der Start der Route ist nicht so einfach zu lokalisieren, weil der Einstieg nicht gekennzeichnet ist und der erste BH gute 15m ab Boden steckt. Somit ist es schwierig, in dieser Hinsicht konkret weiterzuhelfen. Topo interpretieren und nach oben spähen sind die besten Ratschläge. Um ca. 8.30 Uhr stiegen wir in die Route ein.

Bottom-Up-Blick auf die Wangwand mit dem ungefähren Verlauf der Route Milzbrand.

L1, 50m, 5c+ (-,x): Wenn man die Route mit einem Grafikprogramm bearbeiten könnte, dann würde man diesen Abschnitt ausschneiden und ein besseres Element reinposten. Es handelt sich um eine geneigte Platte, der Fels ist lottrig und die Kletterei unschön. Sowas könnte man noch hinnehmen, doch leider ist auch die Absicherung noch stark ungenügend. Wie erwähnt weit zum ersten Haken: erst zwar easy, am Ende vor dem Klipp aber dann doch nicht mehr. Und wenig nach dem Einhängen bewegt man sich schon wieder in No-Fall-Terrain, das eher zu schwierig und zu brüchig für solcherlei Tun ist. Augen zu und durch, muss das Motto lauten. Hinweis: nach der Sanierung stecken hier nun 9 BH und die Absicherung ist akzeptabel.

Unschöne, eher brüchige und (zu) knapp abgesicherte Kletterei an diesem Vorbau in L1 (5c+).

L2, 30m, 6b+ (**,xxx): Die gute Nachricht ist: es kommt deutlich besser, und zwar schon hier auf dieser Seillänge. Der Start noch nicht ganz einwandfrei, aber doch ordentlich, die Kletterei irgendwie weder einfach noch wirklich schwierig. Für die Crux würde ich hingegen nicht dieselben Attribute wählen. Sie ist einerseits zwingend zwischen den Haken zu meistern. Klar ist die Passage schlussendlich nicht extrem schwierig, aber doch wacklig und alles andere als trivial, mit schwierig zu erkennender Lösung. Eine sehr harte 6b+ nach Th. Wälti Bewertung um die Jahrtausendwende. Zum Ende hin dann toller Fels mit schönen Schlitzen. Hinweis: nach der Sanierung klettert sich diese Seillänge nun deutlich freundlicher.

Bis zu diesem Punkt in L2 (6b+) ist die Kletterei noch nicht so schwierig und auch noch nicht so toll. Das ändert sich beides, für eine 6b+ warten da echt fordernde Moves, das schwierigste Teilstück ist auch noch zwingend zwischen den Bolts mit einem gegen oben einfacher werdenden Runout.

L3, 40m, 6b (****,xxxx): Ein typischer Gonzen-Quergang entlang der Querfugen von rechts unten nach links oben, wie man ihn aus manch anderer Route (z.B. Ablöscher, Miss Marple) kennt. Hier ist die Felsqualität nun prima mit griffig-rauem Gestein. Gleich im ersten Stück bevor es nach links geht, kommt schon mal eine zupfige Stelle, umsonst stecken da nicht zwei Haken mit <2m Abstand. In der Folge geht die Kletterei mal besser und mal weniger einfach von der Hand. Ebenso stecken die Haken mal eng und mal weiter - die beiden Attribute korrespondieren allerdings nicht zu 100%. Gerade gegen Ende hin sieht man sich am hinteren Seilende doch einem fetten Pendler ausgesetzt. Die Kletterei da fühlte sich für eine 6b doch heftig pumpig an - Mindgame oder tatsächlich unterbewertet?

Sehr schöner Fels, tolle Ambiance und eine harte Bewertung warten in L4 (6b).

L4, 25m, 7c (****,xxxxx): Immerhin, das mit den tief(gestapelt)en Bewertungen ist nun vorbei. Diese Seillänge hatte Daniel im Zuge von weiteren "Hausaufgaben" gründlich ausgecheckt. So lief das bei ihm sehr flüssig und die Länge war im Nu gepunktet. Da war ich ja sehr gespannt, was auf mich wartete. Kurzum, es handelt sich um kräftige Wandkletterei an kleinen und kleinsten Leisten, wobei doch immer mal wieder ein Griff kommt, wo man sich Übersicht verschaffen kann. Wenn es hier ein Copy-Paste gab, dann könnte es das "Wagenrennen" (L5, 7c) von der Ben Hur gewesen sein. Vielleicht ist die Felsqualität hier am Gonzen nicht ganz so gut wie im Pendant an den Wendenstöcken, aber doch sehr schön. Mir lief es hier übrigens auch sehr gut: mit einem kurzen Hänger konnte ich die Länge in zwei überlappenden Hälften durchziehen, da war der Flash nicht weit weg. Somit: sicherlich nicht so hart bewertet wie die Längen davor.

Auf dem Foto wirkt die Felsqualität in L4 (7c) nicht so überzeugend wie von mir im Text beschrieben.

L5, 30m, 7b (****,xxxx): Nochmals ein Prunkstück, der mit Querschlitzen gebänderte Fels sieht schon vom Stand aus richtig toll aus. Los geht's dann gleich volle Kanne mit einer so richtig fordernden Querung aus dem Stand raus. Dann heisst's Leistern ballern in den Querschlitzen. Und dabei zusehen, dass man die Übersicht über die Tritte behält und nicht irgendwo an miesen Slopern versauert. Ich wage hier den Hinweis, dass wir auf (die im Topo aufgezeigte und auf den ersten Blick einfachere) Traverse nach links an die Schuppe und wieder zurück verzichtet haben, Daniel hatte das so ausgebouldert. Was nun wirklich der einfachere Weg ist, bleibt an dieser Stelle ungeklärt. Nach diesem Abschnitt legt sich das Gelände dann etwas zurück, und wird damit gemässigter - wobei der Fels zunehmend etwas glatt und die Kletterei weniger attraktiv wird. Ich kam da gerade knapp im Nachstiegsflash durch, viel einfacher wie L4 kam es mir nicht vor.

Blick auf die steile, mit seichten Querschlitzen gespickte Wand in L5 (7b).

L6, 30m, 6b (**, xxx): Hier gelangt man in die Zone einer grossen Terrasse (zuerst) und des Wangwandbandes (danach). Dementsprechend sieht das ein bisschen nach Gemüsegarten aus, wobei dann doch vorwiegend in kompaktem Fels geklettert wird. Erst über eine Platte nach links, dann von den Terrassenausläufern in eine Wand hinein mit einem Move, der für eine 6b noch reichlich tricky ist. Auch in der oberen Wand muss man sich eine Sequenz überlegen, wobei es gerade genügend an positiven Leisten gibt, damit die Kletterei im komfortablen Bereich bleibt. Der Fels ist nicht sonderlich schön da, aber insgesamt ist es doch noch ein witziger Abschnitt. Am Ende dann auf's geröllige Wangwandband, welches wir damals als Zustieg beim ersten Bohrtag vom Heimspiel genutzt hatten.

Sieht einfach aus, klettert sich aber schwieriger wie man meint: L6 (6b).

L7, 25m, 7a (***, xxxx): Es geht gleich kontrovers los, nämlich mit einem Bohrmaschinengriff. Oberhalb vom Band bestehen die ersten ca. 2m aus sehr mürbem Gestein. Irgendwie macht es den Eindruck, als ob es ohne den gebohrten Griff gar nicht so wirklich schwieriger wäre (täuscht aber evtl.), aber es wäre uncool, sich auf das Roulette einzulassen, ob das Gestein dem Boulderzug dann auch standhalten würde. Somit würde ich dieses Kunstwerk an der Stelle auf jeden Fall als sinnvoll bezeichnen - es stört wirklich gar nicht. Nachher trifft man dann auf prima rauen, wasserzerfressenen Fels. Nicht immer ganz so einfach, teils wendet man auch die Strategie an, welche die Ski-Weltcup-Fahrer als "hinters Tor fahren" und "in die Linie investieren" bezeichnen. Am härtesten fand ich jedenfalls im Rückblick schon den Start, der Rest der SL fühlte sich nicht mehr schwieriger an wie z.B. L3 oder L8.

Eine schöne und ziemlich ausdauernde Querung wartet am Ende von L7 (7a). Wenn der Vorsteiger keinen Cam legt wie im Bild sichtbar, so könnte es im Nachstieg dann doch einen fetten Pendler geben.

L8, 25m, 6c, (***, xxx): Coole Wandkletterei, hart bewertet! Die Auftaktpassage ist gleich steil. Auch wenn es optisch nach recht grossgriffigem Gelände aussieht, so manifestiert sich dies nicht wie gewünscht. Kurzum, es heisst richtig Guzzi zu geben, erst recht für eine 6c. Nach ca. 10m lässt es dann etwas nach. Es gilt noch, die Linie links um einen Dachausläufer herum zu finden, bevor man oberhalb von diesem auf einer nicht allzu schwierigen Rampe mit einem Runout nach rechts hinaus traversiert.

Diese Rampe gilt es am Ende von L8 (6c) zu beschreiten.

L9, 25m, 7a, (****, xxx): Kaum eine der Seillängen bietet so viel Abwechslung wie diese. Der Start mit einer Wandstufe schon einmal etwas öttelig. Der Fels ist zwar scharf aber gleichzeitig auch sloprig, mit meinem Tapes hatte ich da etwas Mühe, den nötigen Grip zu finden. Weiter traversiert man nach links über eine Platte - ziemlicher Runout da, aber das Gelände wird zum Glück einfacher. Als nächster Punkt wird eine Wandstufe angepackt, ein paar Leistenmoves um 6b+/6c werden gefordert. So kommt man zum Dach, welches sehr athletisch überwunden wird. Die nötigen Griffe sind aber da. Die logische und auch einfachste Kletterlinie nutzt dann die mässig gut im Spalt ob dem Dach verwachsenen Blöcke. Im Topo steht da "tief hinausqueren", was dann wohl gleich eine ganze Ecke schwieriger wäre?!? Nun denn, die Blöcke blieben an ihrem Ort und werden das bestimmt weiterhin tun. De fakto ist all das aber nur das Vorgeplänkel für die finale Crux, welche rätikonlike mit ein fetzenscharfen Zäcklein aufwartet und fussreibungstechnisch fordernd ist - eine geniale Passage, ob dem super Fels geht's auch an einem Hauch von Nichts!

Eine super Slab wartet am Ende von L9 (7a).

L10, 25m, 7c, (**, xxxxx): Zum Dessert nun noch die schwierigste Seillänge, welche leider nicht so ein Genuss ist. Hier ändert der bis zu diesem Punkt bestens strukturierte und raue Fels zu eher glatt, kompakt, geschlossen, blank und irgendwie auch unschön. Vorerst hilft ein Riss über die ersten paar Meter noch zu zügigem Fortschritt, bei dessen Ende und der da nötigen Linksquerung ist dann aber subito fertig mit lustig. Tritte gibt es fast keine mehr, als Griffe stehen (zumindest vor meinem geistigen Auge) zwei aufgebesserte Leisten im Zentrum. Diese müssen gekonnt geriegelt werden, um im nächsten Abschnitt an einem in die blanke Wand gebohrten Dreifingerloch trittlos auf üble Sloper zu ziehen, welche schliesslich den Exit in flacheres Gelände erlauben. Über dieses zunehmend grasig und zuletzt etwas mühsam hinauf in den Wald, wo man das Routenende bei 1 BH und einer Seilschlinge findet. Im Topo war diese Länge mit "7c (?)" bewertet. Daniel meint, dass die 7c schon stimme könne, man müsse halt genau wissen, was zu tun sei. Ich bin nicht in der Position, wirklich einen Bewertungsvorschlag einzubringen, da ich die schwierigsten Moves zu wenig ausprobiert habe. Sicherlich ist es klar die schwierigste Seillänge der Route und ich würde mich in dieser Hinsicht noch auf die Äste rauslassen, dass wenn L4 eine 7c ist, man für L10 eher zu einer höheren Einstufung greifen müsste.

Von L10 (7c) gibt's keine repräsentativen Fotos, hier der Exit in den Wald am Ende.

Um ziemlich genau 16.00 Uhr und damit nach 7:30h Kletterei hatten wir es geschafft. Wie gewünscht konnte sich Daniel die durchgehend sturzfreie RP-Begehung der Route sichern. Nach unserem Wissen war diese Leistung bisher noch nie vollbracht worden, in der letzten Seillänge stand sogar eine freie Begehung der Moves noch aus. For the record: Daniel hatte die Route im Jahr 2006 und damit 19 Jahre zuvor bereits einmal Ground-Up begangen (kein RP) und kürzlich an 3 Tagen die schwierigsten Seillängen (jeweils von oben kommend im Toprope-Solo) ausgecheckt und eingeübt. Alles dann gleich beim ersten Go im Vorstieg umzusetzen und durchzuziehen ist aber hohe Schule - eine Topleistung, höchsten Respekt! Meinerseits verbleibt auf den ersten 9 SL ein einziger Hänger in der 7c von L4, den Rest konnte ich im Nachstieg flashen - damit war ich sehr zufrieden. In L10 verdient meine "Leistung" dann wenig Würdigung: ich habe nicht alle Moves freigeklettert, bzw. es gar nicht ernsthaft probiert. Der eher unschöne Fels, die Kunstgriffe und die knallharte Natur der Sache luden wenig dazu ein. Zudem war Daniel mit leichtestmöglichem Gepäck/Kleidung in diese Crux gestartet und war nun am zugigen Ausstieg den Elementen der Natur ausgeliefert. Da wechselte ich gerne in den Wasserträger-Modus und schloss so zügig wie möglich ans Top auf.

Das Abseilen geht leider nicht immer so smooth wie hier über die steile L4 (7c).

Wir hielten uns nicht länger auf, sondern machten uns subito ans Abseilen. Dieses gestaltete sich nicht ganz so gäbig, wie man es gerne hätte. Beim ersten Manöver ist das Seilabziehen schwierig, dann sind die Standplätze im steilen Gelände seitlich versetzt, im Bereich der Terrasse unterhalb des Wangwandbands stören Sträucher und Bäume und beim Abziehen am Stand nach L1 droht eine sehr hohe Gefahr für einen Seilverhänger. Dieser blieb uns erspart (mit Glück, nicht mit Verstand!) und so hatte uns Terra Firma wieder. In Retrospekt wäre es gar nicht unklug, am Top die etwa 20-30m zum Ausstieg vom Heimspiel zu wechseln, wo sich das Abseilen deutlich effizienter und kommoder gestaltet. Die so fällige Geröllquerung im Einstiegsbereich könnte man hinsichtlich des Komfortgewinns beim Abseilen gerne hinnehmen. Das spielte nun aber keine Rolle mehr. Wir trabten retour zu den Bikes und gönnten uns wie 2 Wochen davor wieder den fägigen Gonzen-Downhill. Ich bin jetzt schon gespannt, welches Abenteuer mich als nächstes in dieses Gebiet zurückbringen wird.

Facts

Wangwand - Milzbrand 7c (6c obl.) - 10 SL, 300m - Th. Wälti / Chr. Angst / U. Götz - ***;xxx-xxxxx
Material: 2x50m-Seile, 13 Express, evtl. kleine Cams & Cam 2

Bisher selten begangene Route, welche mit Ausnahme von L1 und L10 in weitgehend tollem Fels verläuft. Insgesamt als absolut lohnend einzuschätzen mit vielen coolen Metern an steiler Kletterei in prima wasserzerfressenem Fels. Der Wermutstropfen sind ein paar durchzogene Abschnitte und die Kunstgriffe, wobei zu sagen ist, dass es ohne diese definitiv nicht ginge. Die Absicherung ist etwas wechselhaft, von fordernd im einfacheren Gelände bis zu den eng gebohrten, A0 machbaren Cruxlängen. Im Vergleich dazu ist das Heimspiel im moderaten Gelände besser gesichert, in den schwierigen Passagen hingegen anspruchsvoller. Mobile Absicherung ist nicht zwingend nötig, in den Quergängen aber (auch für den Nachstieg) angenehm. Hier der Link zum Topo, welches Daniel im Anschluss an die Sanierung angefertigt hat.

Links zu früheren Gonzen-Berichten

Planggwand / Silence (1996)
Gonzenwand / Ä guats Gfühl (2001)
Erzhus / Nimbostratus (2007)
Gonzenwand / Wachmeister Studer (2007)
Gonzenwand / Metronom (2011)
Gonzenwand / Miss Marple (2012)
Gonzenwand / Django (2016)
Gonzenwand / Plattänani (2020)
Gonzenwand / Füürsetzer (2020)
Gonzenwand / Ablöscher (2020)
Annagrethli / Gretchenfrage (2024)
Wangwand / Heimspiel (2025)

Mittwoch, 4. Juni 2025

Jedermensch Cup 2025

Der Jedermensch-Cup im Elys Boulderloft passte anfangs Mai 2025 perfekt in unsere Familienagenda. Garantiert werden einem viele tolle Boulder in allen Schwierigkeiten und ein stimmungsvolles Finale. Mit guten Vibes reisten wir nach Basel und wollten sehen, was wir erreichen konnten. Dieser Beitrag schildert nicht nur unsere Erlebnisse, sondern beleuchtet die Grundsatzfrage, wie die Gestaltung von Kletterwettkämpfen mit Stärkeklassen ablaufen könnte.

Kathrin bouldert im Plaisir-Finale am Jedermensch-Cup 2025. Foto: Elys Boulderloft.

Grundsätzlich gibt's bei diesem Wettkampf zwei Kategorien, nämlich Plaisir und Elite. Einteilen kann man sich (mehr oder weniger) nach Selbstdeklaration. In meinem Fall ist es zwar vielleicht nicht restlos klar, ob ich alle Attributen von einem typischen Plaisirmenschen aufweise. Nur eines ist sicher, zur Elite gehöre ich ganz bestimmt nicht. Jedenfalls attackierte ich die 20 Plaisir-Boulder, welche ich schliesslich in der 6 Stunden dauernden Quali alle komplettieren konnte. Daneben galt es noch die 10 Jedermensch-Boulder zu absolvieren, welche sowohl für Plaisir wie Elite auf dem Menü standen. Acht Stück davon konnte ich bezwingen und die Konsequenz dieser Performance war zu erahnen: zu stark für Plaisir, d.h. meine Teilnahme wurde annulliert und ich war nicht für das Plaisir-Finale zugelassen.

Mein wertvollstes Top war diese (echt schwierige) Slab hier, welche Balance, Fusstechnik und Dynamik abfragte. Was man im Sinne meines Beitrags sagen muss: eigentlich machte dieser Boulder im Plaisir-Set herzlich wenig Sinn, da für die dort vorgesehenen bzw. zugelassenen Athlet:innen deutlich zu schwierig. Bzw. wer diesen Boulder eben schaffte, war nach der Definition der Veranstalter kein Plaisirmensch mehr. Und damit eben zum Widerspruch bei diesem Anlass: welchen Sinn macht es, diesen Boulder ernsthaft zu probieren und alles zu geben, wenn der Erfolg darin die Teilnahme in der Kategorie annulliert? Bild: Elys Boulderloft.

Fair enough, damit konnte und kann ich natürlich gut leben. Schliesslich ging es mir nicht um das Finale oder die Rangliste, sondern darum eine gute Bouldersession zu haben. Und dazu war dieses Set von 30 Bouldern einfach perfekt für mich. Von den Elite-Bouldern wären die meisten jenseits von meinem Können und meinem Style gewesen, die hätten mir deutlich weniger Spass gemacht. Sprich, auch in Retrospekt würde ich mich erneut für die Plaisirkategorie entscheiden. Trotzdem kann ich die Ereignisse nicht unkommentiert lassen, welche sich erst noch an einem Event abspielten, der mit seinem Namen und Charakter voll auf Inklusion macht. 

  • Ich meine, wenn es Kategorien gibt, so funktioniert (zur Zeit) nur die Teilnahme nach Selbstdeklaration. Wenn man nicht möchte, dass sich starke Athlet:innen in die tiefere Kategorie einschreiben, so muss man die höhere halt entsprechend attraktiv machen.
  • Jeder Versuch einer Objektivierung der Einteilung ist m.E. zum Scheitern verurteilt, solange es beim Klettern nicht wie in anderen Sportarten (z.B. Tennis) ein Ranking bzw. eine Klassierung gibt, welche aufgrund vergangener Wettkampfresultate ermittelt wird. 
  • Insbesondere ist ein ein Widerspruch am Wettkampfgedanke an sich, wenn eine gute Performance am Event selbst einen von der Teilnahme ausschliesst. Man kann nicht gleichzeitig versuchen, eine möglichst gute Leistung zu zeigen, aber dann doch nicht zu stark für die Kategorie zu sein.

Am Jedermensch-Cup ist die Idee, dass die Anzahl geschaffter Jedermensch-Boulder darüber entscheidet, in welche Kategorie man gehört. Wenn dies 6 bzw. 7 oder mehr sind (die Angabe war nicht einheitlich), so gehört man zur Elite. Doch einerseits wurde dies auch nicht konsequent gehandhabt im Sinne, dass man mit nur 5 Jedermensch-Bouldern aber 20 Plaisir-Bouldern eben doch auch ausgeschlossen wurde da "zu gut für Plaisir". Somit wirkten die Entscheidungen schlussendlich auch etwas willkürlich und der Versuch Gerechtigkeit und Chancengleichheit zu kreieren in der Plaisirkategorie schaffte wiederum neue Ungerechtigkeiten.

Bei Larina stellte sich die Kategorien-Frage nicht. Aber weil ich mit ihr "dabei" und im Austausch war, weiss ich umso genauer, dass die allermeisten der Elite-Boulder für mich einfach nix gewesen wären und mir dieses Set ganz sicher viel weniger Spass bereitet hätte. Bild: Elys Boulderloft.

Ein weiterer Aspekt: wie erwähnt lag für mich der Fokus auf einer optimalen Session mit maximalem Spass. Und dies beisst sich leider mit dem Regularium bzgl. den Jedermensch-Bouldern. Denn ich gehe progressiv vor, mache erst die einfachen Boulder, gefolgt von allem was flashbar ist. Und zuletzt sind dann die harten Geräte dran. Somit wusste ich erst am Ende, in welcher Kategorie ich mich aufgrund der Leistung einzuordnen hatte. Und dann wäre es sowieso zu spät gewesen, um diese noch zu wechseln. Es war a priori alles andere als offensichtlich für mich, dass ich die (progressiv nach Schwierigkeit geordneten) Jedermensch-Boulder #7 und #8 würde toppen können.

Immerhin, einen der Elite-Boulder habe ich also dann doch noch geschafft. Und das erst noch in meinem Antistyle (Campus 🫠) und quasi schon auf dem Heimweg in den Sandalen. Solange sie dafür nicht die kleinen Leisten nehmen, sollte ich vielleicht meine Kategorienwahl für das nächste Mal doch überdenken...

Vielleicht fragt sich mancher nun ob der Sinnhaftigkeit von diesem Beitrag. Naja, ich möchte nicht den Event an sich oder die Entscheidungsträger kritisieren. Ich war ja auch freiwillig da, mir dem "Problem" schon im Vornhinein bewusst und es hat meine Freude an dem Tag auch nicht getrübt. Das eingesetzte System finde ich aber unlogisch und inkonsistent, das darf gesagt sein. Ebenso wie dass Kathrin gut genug aber nicht zu gut für die Teilnahme am Plaisir-Finale war und sich dabei den dritten Platz sicherte, bravo! Da bleibt nur noch das Schlusswort: nächstes Jahr kommen wir (vielleicht) wieder. Und wenn das der Fall ist: ich werde wohl wieder auf die Plaisir-Boulder setzen und den resultierenden Konsequenzen harren 😎

Es bitzli warm aagleit für Indoor. Dieser Tooly-Boulder war ein Side-Event zum Wettkampf. Beim Toppen der Route hätte man die teure Daunenjacke behalten können. Ich war zwar gut genug, um eine Weile an der Wand zu bleiben und die schöne Jacke zünftig zu verschwitzen. Doch für das Top fehlten dann doch einige Körner. Immerhin, ein schönes T-Shirt hat es als Obulus für meine Leistung, danke @Kaemp. Spät wurden also meine früheren Efforts bei feuchter Kälte in dieser Disziplin doch noch honoriert 🤪

Montag, 2. Juni 2025

Schweiz Extrem West (Band II, 2025) & Plaisir West (Band II, 2025)

News aus dem Hause Filidor! Vor kurzem steckten der Extrem West Band II und der Plaisir West Band II in meinem Briefkasten. Für mich war das nicht gänzlich überraschend, war ich doch mit der Durchsicht der Topos von einigen Gebieten schon im Voraus involviert. Der MSL-Teil vom Extrem West wird ganz sicher von vielen Kletterern mit grosser Spannung erwartet. Die letzte Ausgabe datiert nämlich aus dem Jahr 2010 und seither hat sich enorm viel getan im Berner Oberland und der angrenzenden Region. In manchen Gebieten wurde ausgiebig saniert und auch fast überall wurden neue Routen erschlossen. Auch meine Zambo an den Wendenstöcken und die Adam und Evi in der Eigernordwand sind nun zum ersten Mal in gedruckter Literatur verewigt. 

Die beiden brandneuen Kletterführer aus dem Filidor-Verlag 🤗

Die wichtigsten Neuerungen aus dem Extrem West Band II hier kurz zusammengefasst:

Gastlosen: viele neue MSL-Touren auf der NW-Seite (meist ab 7b aufwärts)
Rote Fluh: einige neue Möglichkeiten für jene, die schon alles kennen
Niderhorn/Stockenfluh: viele neu erschlossene MSL-Touren von kurz bis lang
Halpi: auch im Gasterental kann man MSL klettern (nicht nur im Eis)
Gällihorn: in der schattigen NE-Wand gibt's etliche sanierte MSL
Lauterbrunnental: die ganz harten finden da (oder oben am Rotbrätt) ihre Geräte
Eiger Nordwand: hier gibt's inzwischen >20 sportlich orientierte Hochsommer-MSL
Engelhörner: viele Sanierungen und mehrere neue Loooonglines
Tällistock/Wenden: ein bisschen Neues / Saniertes, aber viel mehr und präzise Infos
Mittagfluh: die steile und schattige Westwand kommt so wieder auf den Radar
Handegg: einige Neutouren und sanierte Klassiker auf dem glatten Parkett
Hannibal: da gibt's nicht nur Plaisirtouren, auch Extreme kommen auf die Kosten
Bielenhörner: da gibt's manch eine bisher unpublizierte Granit-Neutour
Graue Wand: alles auf dem neusten Stand, eine sehr interessante Neutour
Sanetsch: steile Neutouren im linken Wandteil, dazu viele Sanierungen
Petit Clocher du Portalet: eine klare Komplettbeschreibung aller Routen

Wie üblich ist der Extrem West Band II sauber produziert: klare schematische Topos, präzise Skizzen zum Zustieg, schöne Fotos. Die Textbeschreibungen sind hingegen knapp gehalten, so dass das Werk kompakt bleibt und auch im Rucksack mitkommen kann. Ich freue mich, möglichst viele der (neu) beschriebenen Touren bald klettern zu können! 

Gleichzeitig ist auch die 6. Auflage des Plaisir West Band II erschienen. Dieser deckt 64 Gebiete vom Lac d'Annecy bis ins Oberwallis ab, wobei Klettergärten und MSL enthalten sind. Hier stammte die letzte Auflage aus dem Jahr 2019. Doch auch hier gibt's viele News zu sanierten oder neu eingerichteten Routen, oder Felsen die erstmalig im Plaisir beschrieben werden, wie z.B. Douves Rousses im Val d'Arolla und der Klettergarten in Oberwald. Wer die Kletterführer bestellen möchte, kann dies gleich direkt beim Verlag machen (Link zur Webseite). Natürlich sind die Topos auch im Bergsportfachhandel zu erwerben. Vielen Dank an Sandro von Känel für deinen Einsatz und deine saubere Arbeit zur Dokumentation der Klettergebiete in der Schweiz und im angrenzenden Ausland!

Samstag, 24. Mai 2025

Bockmattli - Gumpiroute (6b+)

Wenn die Bockmattlitürme in der Abendsonne leuchten, dann zieht es mich seit meinen Jugendzeiten magisch dorthin. Das war an diesem Freitag anfangs Mai wieder einmal der Fall und so wollte ich meinem Begehren gerne nachgeben. Einen Partner für eine Klettertour konnte ich inmitten des langen Weekends nicht finden. Doch mit meinem Rope Solo vom Vorjahr in der Meriba hatte ich ja beste Erfahrungen gemacht. Um es einfach zu halten und mit Blick auf das begrenzte Zeitbudget, entschied ich mich für die Schiberg-Nordkante. Mit minimalem Zustieg und prima Absicherung lässt es sich dort unkompliziert in eisenfestem, unverschämt griffigem Fels klettern.

Der Ausgangspunkt im Wägital mit dem halbleeren See (man könnte den E-Auto und E-Bike-Fahrern die Schuld geben...). Das Bockmattli ist in der linken Bildhälfte schon sichtbar. Scheint zwar weit entfernt, aber mit meiner Konfiguration ist man in einer halben Stunde dort.

Wie inzwischen üblich startete ich bei der Staumauer mit dem Bike und erreichte so nach 5.5km Fahrstrecke in 20 Minuten die Schwarzenegg. Ab da sind es noch 15 Minuten zu Fuss zur Kletterhütte und nur wenige Schritte mehr bis zur Schiberg Nordkante. Tatsächlich musste ich aber noch ein verbleibendes Schneefeld beschreiten, ob all der Unkompliziertheit gab's doch noch ein wenig Alpine Experience 😁 Die zu meinem Hauptziel auserkorene Gumpiroute startet erst auf dem Podest 50m über dem Wandfuss. Die klar lohnendste Möglichkeit dahin zu kommen ist via die ersten beiden Seillängen von Jenelana, was eine ideale 4-SL-Tour mit homogenen Schwierigkeiten im Bereich 6b ergibt. Deren Einstieg befindet sich 20m rechts oben in der Rinne, im ersten BH ist eine Namensplakette integriert. Zum Glück war es dort aper, so konnte ich um ca. 17.30 Uhr trockenen und warmen Fusses mit der Kletterei starten.

Blick auf die Schiberg-Nordkante mit der gekletterten Linie (2 SL Jenelana & 3 SL Gumpiroute)

Jenelana

L1, 25m, 6b: Wandkletterei in schönem, kompaktem Fels, welcher von stumpfen, vertikalen Rissen durchzogen ist. Sieht von unten eher etwas einfacher aus, als es sich dann klettert. So macht wohl noch manch eine/r gern von der kleinen Rechtsschleife nach dem vierten BH Gebrauch. Wer eine zusätzliche Herausforderung braucht, kann diese Passage direkt klettern.

L2, 25m, 6a+: Vom Stand geht's leicht links weg und dann hoch zum ersten BH. Danach folgt steile knapp senkrechte Risskletterei, wobei sich links und rechts immer wieder Griffe und Tritte anbieten. Zum Schluss geht's dann noch griffig über einen Wulst hinweg, bevor man zum bequemen Grasbödeli kommt, wo die Gumpiroute startet. Es gilt, sich auf dem Podest etwa 3-4m nach links zum Stand mit Muniring und Petzl-BH zu verschieben, die Gumpiroute zieht direkt darüber in die Höhe.

Bockmattli-Vibes mit Blick zum Brüschstockbügel und dem Zürisee.

Gumpiroute

L3, 20m, 6a+: Der Start ist etwas komisch, denn linksrum befindet sich ein tief steckender BH, zum Klettern einfacher wäre es aber rechtsrum. Item, es folgt steile, griffige und recht athletische Kletterei an Henkelschuppen und Rissspuren. Die Absicherung ist sehr gut mit BH, teils könnte man sich auch an den noch steckenden, originalen NH behelfen. Teils sind die BH jedoch hoch gebohrt. Und das sagt der berüchtigtste BH-Hochbohrer der Alpennordseite, das will wohl etwas heissen 😎. Für kürzer gewachsene gibt es m.E. recht zwingende Stelle nahe der Hauptschwierigkeit. Das Umkehrmaillon im Haken darunter spricht jedenfalls Bände... wobei es gutes Sturzgelände ist und auch kein weiter Abstand, man kann riskieren und es ist "gut abgesichert", aber A0 geht da nicht. Am Ende dann einfachere Linksquerung zu Stand mit Muniring und BH.

Mit Fotos ist's beim Ropesolo immer ein wenig schwierig. Dieses hier zeigt aber meine dritte gekletterte Seillänge oder eben L1 (6a+) der Gumpiroute: steile, griffige und athletische Kletterei, ein tolle Sache. Links im Bild ist der Namenlose Turm gut sichtbar, wo wir im 2024 die Kairos eingerichtet haben.

L4, 25m, 6b+: Die ersten Meter sind gut zugänglich in einer Art Verschneidung, nachher geht's dann gerade hinauf mit athletischer Power-Kletterei an strukturiertem, griffig-henkligem Gestein. Wirklich eine absolut affengeile Turnerei, mir kam es für die angegebene 6b+ doch ziemlich hart vor und ich musste durchaus in die Trickkiste greifen, um das stabil klettern zu können: Heelhook, Toehook und 1-2x hart anziehen. War das nur der Ropesolo-Bammel oder ist es tatsächlich so taff?!? Die Absicherung ist an sich super, wobei man beim härtesten Abschnitt aber nicht ganz direkt über die Haken klettert und es deshalb doch etwas Courage brauchte. Vermutlich funktioniert die Strategie A0 da aber mit Einbezug von einem verbliebenen BH aus der Zeit der Erstbegehung gut.

Verbliebenes Relikt aus der Zeit der Erstbegehung...

Von hier kann man über die Gumpiroute abseilen (besser in 2 Manövern) oder alternativ:

L5, 20m, 4a: Optionale Seillänge nach rechts zu gut sichtbarem BH und weiter horizontal zum Muni am Top von Andromeda, alternativ (meine Variante) vom BH Richtung 14 Uhr hinauf und um die Kante zum Top von Jenelana (mit Wandbuchkontrolle, leider fehlt aktuell bzw. schon seit einiger Zeit ein funktionierender Stift, das Buch ist hingegen noch tiptop in Ordnung). 

Nach vermutlich etwa 2:00 Stunden hatte ich das Ropesolo-Programm (2x Klettern und 1x Abseilen) absolviert und konnte mich darum kümmern, wieder zum Wandfuss zu kommen. Mit Doppelseilen reichen dazu 2 Manöver, mit meinem Einfachseil musste ich hingegen 4 Stück ziehen. Achtung, während man vom Andromeda-Stand mit 1x50m klar kommt, ist vom Jenelana-Stand zwingend ein 1x60m-Seil nötig. Sehr zufrieden konnte ich meine Sachen packen, vom aussichtsreichen Kamm die letzten Blicke in die Nordwände geniessen und dann in rauschender Fahrt zu Tale brausen.

Meine liebste Jahreszeit? Natürlich die, in welcher After-Work-MSL möglich sind!

Von diesem Anblick kann man nie genug kriegen... [dieses Bild ist allerdings vom Hinweg].

Facts

Bockmattli - Gumpiroute 6b+ (6a+ obl.) - 4-5 SL, 115m - Braun/Müller/Villiger 1974 - ***;xxxxx
Material: 1x50m-Seil, 10 Express, Cams/Keile nicht nötig

Absolut lässige, kurze MSL-Tour in eisenfestem, steilem und sehr griffigem Kalk. Wem es nach mehr gelüstet, kann auch noch die beiden oberen Seillängen von Andromeda und Jenelana klettern, so gibt's dann doch ein volles Tagesprogramm mit homogenen Schwierigkeiten. Zu erwähnen sind der minimale Zustieg vom Kletterhüttli, die schattige Lage (je nach Jahreszeit gar keine oder nur spätabends Sonne) und die sehr gute Absicherung mit rostfreien Bohrhaken. Topos findet man entweder im SAC-Tourenportal oder im Plaisir Ost aus dem Filidor-Verlag.

Mittwoch, 21. Mai 2025

Magic Wood am 1. Mai

"Steine besteigen statt Steine werfen", so unser Motto für den 1. Mai 2025. Während unsere Frauen in Innsbruck weilten, konnte ich Jerome von seinem ersten Besuch in diesem Boulder-Mekka überzeugen. Wobei ich gestehen muss, dass ich zuvor auch noch nicht viel öfter da war: nämlich nur ein einziges Mal, auf der Rückreise von der Via Cassin am Pizzo Badile. Und das liegt schon beinahe 20 Jahre zurück. Mit meiner aufgeflammten Liebe zum Outdoor-Bouldern eine gewaltige Bildungslücke und ich freute mich sehr, diese ein wenig zu füllen.

Die Gesellschaft im Magic Wood an diesem 1. Mai war so farbenfroh wie dieses Schild hier 😊

Ein Konglomerat von Wünschen an machbaren und interessanten Bouldern, Nähe zum Bach, Gelegenheit zum Sonnenbad und den Empfehlungen von Adi führte uns schliesslich in den Sektor Beach bzw. Riverbed. Wir liessen uns zuerst am Block mit dem Klassiker Grit de Luxe (7A+) nieder. Wie man es sich denken kann: schöne Umgebung und interessante Boulder heisst viele Leute. Was den Vorteil mit sich bringt, dass schon viele Matten liegen und alles parat wie in der Halle ist. Andererseits muss man den Andrang als positiven Nebeneffekt zum Beta Sharing und zum sozialen Austausch sehen (was für uns absolut der Fall war). 

Impressionen aus der Beach Arete (6C).

Neben ein paar einfacheren Aufwärmern war dann die Beach Arete (6C) das erste seriöse Projekt. Wie tief man da für den Start "sinken" muss, ist mir nicht ganz klar. Viele Mitstreiter:innen wählten eine bequeme Standstart-Variante etwas links an offensichtlichen, guten Griffen. Falls ein Sit erforderlich sein sollte: ich habe es gemacht, auch wenn dieser etwas glitschig und unkommod ist. Zu erwähnen ist auch, dass sich der Exit von diesem Boulder hoch anfühlt und es einen grossen Vorteil darstellt, wenn viele Matten liegen. Klein beigeben musste ich hingegen in Grit de Luxe (7A+). Den Würgi-Start mit kräftigem Mantle und kippeligem Etablieren in der Wand ging (ca. 6C), aber die kleinen Leisten danach mit Anlaufen auf der aalglatten Platte... puh, next time!

Impressionen aus der Beach Arete (6C).

Als nächstes ging die Crew in Richtung vom unweit direkt am Wanderweg gelegenen Dyno Block weiter. Es war bequem mit der Welle mitzureiten. Und tatsächlich konnte ich sowohl den Magic Dyno (6C+) und auch den Magic Hook (6C) ziehen. Das erstere Problem kann man fast als "Training für die Halle" bezeichnen, voll genial einen solchen Move outdoor zu machen. Die Rechtsvariante mit dem Hook ist hingegen einiges technischer, aber auch toll. Hier die Moves vom Dyno auf Video (Youtube-Link).

Crux Move im Magic Dyno (6C), hier die animierte Version.

Gleich in der Nähe vom Dyno-Block findet sich mit The Slice (6A) eine interessante Scheibe. Für den Grad ein echt cooler Boulder, wo man sich mit Compression festklammern muss. Der Riss rechts davon (The Cleft, 5) ist leider fast etwas kurz, 1x etwas schmerzhaft die Griffel verklemmen reicht schon. Mich reizte aber vor allem der "Kasten" zwischen den beiden Bouldern. Allem Anschein nach war der noch nicht begangen worden. Das musste ich fast versuchen... nach dem Putzen und etwas Tüfteln gelang es mir schliesslich. Ich vermute, dass diese Variante bisher noch nicht geklettert wurde - obwohl so offensichtlich zwischen zwei anderen Problemen und direkt am Wanderweg gelegen. Falls mir die Ehre zusteht, so wäre das Le Frigo (6B). Hier der Link zum Youtube-Video.

Le Frigo (6B), auch hier gibt's eine animierte Version auf Video.

Das wars, es war ein magischer Tag im Zauberwald, wir kommen sicher bald wieder!

Dienstag, 6. Mai 2025

Skitour Piz Alv (2769m)

Eine anhaltende Schönwetterperiode beschliesst einen für einmal sehr freundlichen April und es riecht noch einmal nach guten Tourenbedingungen. Selbst im Hochgebirge wäre so gut wie alles machbar, doch um dahin aufzubrechen fehlt mir einerseits die Zeit und andererseits auch das Mindset als (primär) Kletterer und Hobby-Skitüüreler. Schliesslich ist es dann so, dass ich nach einer brettharten Projektsession in einer 8a+ am Vorabend ziemlich geschlaucht bin und das Vorhaben früh aufzustehen in Frage stelle. Schlussendlich finde ich aber mit dem Piz Alv einen guten Plan mit einer relativ rasch zugänglichen, moderat langen Tour, wo die Abfahrt über NW-Hänge verläuft. Somit reicht Aufstehen um 6.00 Uhr und das ist auch nach den abendlichen Efforts bis zum Eindunkeln eine gerade noch akzeptable Grösse.

Frühlingstour bei absolut perfekten Sulzbedingungen - hier eine Impression von der Abfahrt.

Schliesslich starte ich um 8.00 Uhr ausgangs Andermatt, wo es ca. 200m vor der Abzweigung ins Unteralptal Gratis-Parkplätze gibt. Natürlich ist da längst der Frühling eingekehrt, doch das Schneetaxi bringt mich in bewährter Manier zügig über 6.5km und netto 500hm bis nach Tros auf 1900m. Wie ich vom Bericht von j_sp (welcher mich zu dieser Tour inspiriert hat, danke!) schon weiss, muss ich nur 1x kurz über einen Lawinenkegel schieben und später noch für ca. 5 Schneefelder à je 5-20m vom Rad. Von dessen Depot sind es noch zwei, drei Minuten zu Fuss, bis ich die Bretter anziehen kann und auf hart gefrorener, tragender Schneedecke über den Vermigelboden schreite.

Die verwaiste Vermigelhütte und Blick auf eine tolle Linie am Rotstock (2858m). Das war auch wieder so eine Tour, wo man nicht eine Möglichkeit weniger auf der To-Do-Liste hat, sondern mindestens fünf mehr. 

Ab da hatte ich verschiedene Tourenoptionen in petto, der Piz Alv schien mir dann die beste Wahl. Somit stieg ich über die Gätschplanggen im Bereich vom Sommerweg auf. Dies bei noch durchgehender Schneedecke, wobei die aperen Flecken in diesem Hang so langsam dabei waren, die Überhand zu gewinnen. Ab der Verflachung von Porggeren war es dann noch richtig winterlich mit einer formidablen Atmosphäre und einer schön glatten Schneedecke, wie ein Teppich. Für den Weiterweg zum Piz Alv gibt's ab da verschiedene Optionen: entlang der Tourenroute via Maighelspass, diesen abkürzend direkt zu P.2490 oder noch kürzer über eine Route, welche südlich von P.2590 passiert. 

Blick zurück in Richtung Maighelspass, bzw. Richtung Maighelshütte - fantastisches Ambiente!

So erreicht man ein namenloses Kar, welches in Richtung Passo Bornengo zieht. Von diesem gilt es noch den steilen Gipfelhang zu erklimmen, wobei man am besten in Gratnähe bleibt. Trotzdem beträgt die Neigung bis zu 35 Grad, bei guten Bedingungen ist das aber natürlich absolut problemlos. Um 10.45 Uhr war ich am Top, welches durch ein Gipfelkreuz mit Buch geschmückt ist. Ich war etwas erstaunt festzustellen, dass dieser No-Name-Gipfel doch erstaunlich häufig besucht wird. Wobei, Lage und Aussicht sind schon fabelhaft. Dazu war es windstill, mild und perfekt sichtig. Oder mit einem Wort: Traumbedingungen.

Auf dem Gipfel mit Blick zurück Richtung Unteralptal und Andermatt, wo ich herkam. Rechts der rechten Skispitze befindet sich das Sustenhorn, das nächste Massiv rechts davon bilden der fantastische Kletterberg Salbitschijen und das Rorspitzli, wo ich auch schon auf Skitour unterwegs war.

Diese traf ich wenig später auch auf der Abfahrt an: ich fuhr kurz dem Nordgrat entlang ab, bevor man nach links in die NW-Hänge abbiegen kann. Dazu sind verschiedene Optionen möglich: es gibt erst steile Couloirs ( >45 Grad), am gutmütigsten ist die Rampe auf 2700m. Doch auch dort gibt's auf der Quote von 2600m noch eine kurze, steile Stelle (40-45 Grad) in den Talgrund hinunter. Es folgten dann traumhafte Hänge bei perfekten Sulzbedingungen bis nach Porggeren. Dort galt es kurz hinüber schieben zu  P.2218, bevor die noch etwas abscheiniger ausgerichtete Gätschplangge ebenfalls Al-Dente-Schnee bis runter zum Vermigelboden bot.

Wie ein samtener Teppich, genial zu fahren!

Zuletzt war noch ein bisschen Skating und ein kurzer Fussmarsch zurück zum Bike gefragt, unterbrochen von der Beobachtung der überaus zahlreichen und aktiven Amphibien an einem eben von Schnee befreiten Tümpel. Nach der Bikeabfahrt schloss sich meine Runde schon vor Mittag beim Ausgangspunkt. Weniger später gab's in Andermatt einen Zmittag als Grundlage für einen produktiven Nachmittag. Ja, ein wenig zu faulenzen wäre schon gewesen, aber die Arbeit rief. Nach einem solchen Start in den Tag lässt sich aber auch dieser Teil des Lebens erquickt bestreiten.

Finito for the day, und vielleicht bald auch für die Saison?