Eigentlich müsste man in dieser Wärmeperiode früh auf und hoch hinaus, wenn man auf Skitour wollte. Doch was, wenn aufgrund von vielen Verpflichtungen nur gerade ein Nachmittag zur Verfügung steht?!? Ja, ohne mein Flug-Zeug im Gepäck wäre ich wohl nicht auf die Idee gekommen, es entgegen aller Vernunft doch mit einer Tour im Klöntal zu probieren, zum "Lumpensammeln" an bisher verschmähten, kleinen Gipfelchen. Naja, das tönt jetzt fast nach einer Verzweiflungstat, herausgekommen ist aber ein tolles Erlebnis mit vielem, was einen schöne Bergtour ausmacht.
Welche eine fantastische Stimmung über dem Schwialppass! |
Ein paar Minuten nach 15 Uhr startete ich in Hinter Richisau (1135m). Es liegen dort noch ca. 60cm Schnee, dem es aber bei diesen warmen Temperaturen zügig an den Kragen geht. Über die Gampeleggen lief ich auf kompaktem Schnee zur Unter Schwialp, einzig der folgende, steilere Hang war im Aufstieg aufgrund von faulem Schnee kurz etwas mühsam zu begehen. Auf der Mittler Schwialp öffnet sich das Gelände, die Spuren leiteten alle direkt zum Brüschbüchel. So zog ich meine eigene Linie über die flachen Böden der Brüschalp in wunderschöner Stimmung durch monochromes Licht der von Saharastaub getrübten Nachmittagssonne. Noch vor dem Schwialppass zweigt man rechts ab und steigt über attraktive Rücken hinauf zum Wannengrat, ich kam in einen richtigen Flow! Nach gut 90 Minuten war ich am Gipfel, den ich auf meiner Wägital-Rundtour untenrum umgangen hatte. Eine Pendenz erledigt, könnte man sagen. Allerdings lohnt sich dieses zentral gelegene Gipfelchen dank seiner Rundumsicht ins Wägital, das Pragelgebiet und den Glärnisch durchaus.
Quel touriste! Aber der Portrait-Modus bei meinem neuen Smartphone wollte einmal getestet sein. |
Im Aufstieg wurde mir Gewahr, dass der Schnee wohl feucht, aber eben auch kompakt und ohne Deckel war. Mein initialer (Sumpfschnee-)Plan bestand darin, vom Wannengrat gleich mit den Fellen hinüber zum Brüschbüchel zu wechseln, um dort dann einen Abflug zu machen. Aber die Gelegenheit, auf einem dieser Rücken noch eine schöne Spur mit Kurzschwüngen zu ziehen, konnte ich dann doch nicht auslassen. Klar, fluffiger Pulver war das nicht, aber doch echt lässiges, genussvolles Skifahren - hätte ich aus der Ferne nie so erwartet. Bei der Brüschalp kamen meine Bretter erst einmal zum Stehen. Klar, von hier hätte man nun auch ins Tal abfahren können, das wäre wohl nicht mehr ganz so genussvoll, aber sicher nicht die grosse Qual gewesen. Aber ich "musste" ja noch auf den Brüschbüchel und mit dem Gleitschirm ins Tal fliegen, also montierte ich wieder die Felle.
Idealer Startplatz (alle Richtungen möglich) am Brüschbüchel. |
Über weitere 250hm stieg ich diesem aufs Haupt und war gerade noch rechtzeitig da, bevor sich die Sonne hinter den Sihltaler Gräten verstecken wollte. Der Vorteil vom Brüschbüchel als Gleitschirmberg ist definitiv, dass man in quasi alle Richtungen starten kann. Von Starkwind und sonstigen Unbillen einmal abgesehen, sollte da also nichts anbrennen. Wobei kein einziger Luftzug ging und ich somit die Qual der Wahl in Sachen Absprungrichtung hatte. Bald war ich in der Luft und konnte gemütlich zurück zum Ausgangspunkt gondeln, ein paar Minuten vor 18 Uhr landete ich unmittelbar neben dem Auto. Ja, mit minimalen Erwartungen war ich heute gestartet, doch mit einem schönen Aufstieg mit selbst angelegter Spur in interessantem Gelände, Bergeinsamkeit abseits der Zivilisation am Schwialppass, wunderschönen Monochrom-Stimmungen in der Saharastaub-Luft, einer wirklich lohnenden Skiabfahrt, zwei erstmals besuchten Gipfeln und einem gelungenen Gleitschirmflug wurde ich sehr üppig entschädigt.
Ha, bei mir ist langsam auch Ende 40 ;-) Der Windsack aus alten Tagen leistet bei solchen Gelegenheiten immer noch und immer wieder gute Dienste. |
Facts
Hinter Richisau - Brüschalp - Wannengrat - Brüschalp - Brüschbüchel
Ca. 1000hm Aufstieg, Ski-Schwierigkeit WS, 2 kurze Passagen 30 Grad auf 20-40hm