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Samstag, 24. Mai 2025

Bockmattli - Gumpiroute (6b+)

Wenn die Bockmattlitürme in der Abendsonne leuchten, dann zieht es mich seit meinen Jugendzeiten magisch dorthin. Das war an diesem Freitag anfangs Mai wieder einmal der Fall und so wollte ich meinem Begehren gerne nachgeben. Einen Partner für eine Klettertour konnte ich inmitten des langen Weekends nicht finden. Doch mit meinem Rope Solo vom Vorjahr in der Meriba hatte ich ja beste Erfahrungen gemacht. Um es einfach zu halten und mit Blick auf das begrenzte Zeitbudget, entschied ich mich für die Schiberg-Nordkante. Mit minimalem Zustieg und prima Absicherung lässt es sich dort unkompliziert in eisenfestem, unverschämt griffigem Fels klettern.

Der Ausgangspunkt im Wägital mit dem halbleeren See (man könnte den E-Auto und E-Bike-Fahrern die Schuld geben...). Das Bockmattli ist in der linken Bildhälfte schon sichtbar. Scheint zwar weit entfernt, aber mit meiner Konfiguration ist man in einer halben Stunde dort.

Wie inzwischen üblich startete ich bei der Staumauer mit dem Bike und erreichte so nach 5.5km Fahrstrecke in 20 Minuten die Schwarzenegg. Ab da sind es noch 15 Minuten zu Fuss zur Kletterhütte und nur wenige Schritte mehr bis zur Schiberg Nordkante. Tatsächlich musste ich aber noch ein verbleibendes Schneefeld beschreiten, ob all der Unkompliziertheit gab's doch noch ein wenig Alpine Experience 😁 Die zu meinem Hauptziel auserkorene Gumpiroute startet erst auf dem Podest 50m über dem Wandfuss. Die klar lohnendste Möglichkeit dahin zu kommen ist via die ersten beiden Seillängen von Jenelana, was eine ideale 4-SL-Tour mit homogenen Schwierigkeiten im Bereich 6b ergibt. Deren Einstieg befindet sich 20m rechts oben in der Rinne, im ersten BH ist eine Namensplakette integriert. Zum Glück war es dort aper, so konnte ich um ca. 17.30 Uhr trockenen und warmen Fusses mit der Kletterei starten.

Blick auf die Schiberg-Nordkante mit der gekletterten Linie (2 SL Jenelana & 3 SL Gumpiroute)

Jenelana

L1, 25m, 6b: Wandkletterei in schönem, kompaktem Fels, welcher von stumpfen, vertikalen Rissen durchzogen ist. Sieht von unten eher etwas einfacher aus, als es sich dann klettert. So macht wohl noch manch eine/r gern von der kleinen Rechtsschleife nach dem vierten BH Gebrauch. Wer eine zusätzliche Herausforderung braucht, kann diese Passage direkt klettern.

L2, 25m, 6a+: Vom Stand geht's leicht links weg und dann hoch zum ersten BH. Danach folgt steile knapp senkrechte Risskletterei, wobei sich links und rechts immer wieder Griffe und Tritte anbieten. Zum Schluss geht's dann noch griffig über einen Wulst hinweg, bevor man zum bequemen Grasbödeli kommt, wo die Gumpiroute startet. Es gilt, sich auf dem Podest etwa 3-4m nach links zum Stand mit Muniring und Petzl-BH zu verschieben, die Gumpiroute zieht direkt darüber in die Höhe.

Bockmattli-Vibes mit Blick zum Brüschstockbügel und dem Zürisee.

Gumpiroute

L3, 20m, 6a+: Der Start ist etwas komisch, denn linksrum befindet sich ein tief steckender BH, zum Klettern einfacher wäre es aber rechtsrum. Item, es folgt steile, griffige und recht athletische Kletterei an Henkelschuppen und Rissspuren. Die Absicherung ist sehr gut mit BH, teils könnte man sich auch an den noch steckenden, originalen NH behelfen. Teils sind die BH jedoch hoch gebohrt. Und das sagt der berüchtigtste BH-Hochbohrer der Alpennordseite, das will wohl etwas heissen 😎. Für kürzer gewachsene gibt es m.E. recht zwingende Stelle nahe der Hauptschwierigkeit. Das Umkehrmaillon im Haken darunter spricht jedenfalls Bände... wobei es gutes Sturzgelände ist und auch kein weiter Abstand, man kann riskieren und es ist "gut abgesichert", aber A0 geht da nicht. Am Ende dann einfachere Linksquerung zu Stand mit Muniring und BH.

Mit Fotos ist's beim Ropesolo immer ein wenig schwierig. Dieses hier zeigt aber meine dritte gekletterte Seillänge oder eben L1 (6a+) der Gumpiroute: steile, griffige und athletische Kletterei, ein tolle Sache. Links im Bild ist der Namenlose Turm gut sichtbar, wo wir im 2024 die Kairos eingerichtet haben.

L4, 25m, 6b+: Die ersten Meter sind gut zugänglich in einer Art Verschneidung, nachher geht's dann gerade hinauf mit athletischer Power-Kletterei an strukturiertem, griffig-henkligem Gestein. Wirklich eine absolut affengeile Turnerei, mir kam es für die angegebene 6b+ doch ziemlich hart vor und ich musste durchaus in die Trickkiste greifen, um das stabil klettern zu können: Heelhook, Toehook und 1-2x hart anziehen. War das nur der Ropesolo-Bammel oder ist es tatsächlich so taff?!? Die Absicherung ist an sich super, wobei man beim härtesten Abschnitt aber nicht ganz direkt über die Haken klettert und es deshalb doch etwas Courage brauchte. Vermutlich funktioniert die Strategie A0 da aber mit Einbezug von einem verbliebenen BH aus der Zeit der Erstbegehung gut.

Verbliebenes Relikt aus der Zeit der Erstbegehung...

Von hier kann man über die Gumpiroute abseilen (besser in 2 Manövern) oder alternativ:

L5, 20m, 4a: Optionale Seillänge nach rechts zu gut sichtbarem BH und weiter horizontal zum Muni am Top von Andromeda, alternativ (meine Variante) vom BH Richtung 14 Uhr hinauf und um die Kante zum Top von Jenelana (mit Wandbuchkontrolle, leider fehlt aktuell bzw. schon seit einiger Zeit ein funktionierender Stift, das Buch ist hingegen noch tiptop in Ordnung). 

Nach vermutlich etwa 2:00 Stunden hatte ich das Ropesolo-Programm (2x Klettern und 1x Abseilen) absolviert und konnte mich darum kümmern, wieder zum Wandfuss zu kommen. Mit Doppelseilen reichen dazu 2 Manöver, mit meinem Einfachseil musste ich hingegen 4 Stück ziehen. Achtung, während man vom Andromeda-Stand mit 1x50m klar kommt, ist vom Jenelana-Stand zwingend ein 1x60m-Seil nötig. Sehr zufrieden konnte ich meine Sachen packen, vom aussichtsreichen Kamm die letzten Blicke in die Nordwände geniessen und dann in rauschender Fahrt zu Tale brausen.

Meine liebste Jahreszeit? Natürlich die, in welcher After-Work-MSL möglich sind!

Von diesem Anblick kann man nie genug kriegen... [dieses Bild ist allerdings vom Hinweg].

Facts

Bockmattli - Gumpiroute 6b+ (6a+ obl.) - 4-5 SL, 115m - Braun/Müller/Villiger 1974 - ***;xxxxx
Material: 1x50m-Seil, 10 Express, Cams/Keile nicht nötig

Absolut lässige, kurze MSL-Tour in eisenfestem, steilem und sehr griffigem Kalk. Wem es nach mehr gelüstet, kann auch noch die beiden oberen Seillängen von Andromeda und Jenelana klettern, so gibt's dann doch ein volles Tagesprogramm mit homogenen Schwierigkeiten. Zu erwähnen sind der minimale Zustieg vom Kletterhüttli, die schattige Lage (je nach Jahreszeit gar keine oder nur spätabends Sonne) und die sehr gute Absicherung mit rostfreien Bohrhaken. Topos findet man entweder im SAC-Tourenportal oder im Plaisir Ost aus dem Filidor-Verlag.

Mittwoch, 21. Mai 2025

Magic Wood am 1. Mai

"Steine besteigen statt Steine werfen", so unser Motto für den 1. Mai 2025. Während unsere Frauen in Innsbruck weilten, konnte ich Jerome von seinem ersten Besuch in diesem Boulder-Mekka überzeugen. Wobei ich gestehen muss, dass ich zuvor auch noch nicht viel öfter da war: nämlich nur ein einziges Mal, auf der Rückreise von der Via Cassin am Pizzo Badile. Und das liegt schon beinahe 20 Jahre zurück. Mit meiner aufgeflammten Liebe zum Outdoor-Bouldern eine gewaltige Bildungslücke und ich freute mich sehr, diese ein wenig zu füllen.

Die Gesellschaft im Magic Wood an diesem 1. Mai war so farbenfroh wie dieses Schild hier 😊

Ein Konglomerat von Wünschen an machbaren und interessanten Bouldern, Nähe zum Bach, Gelegenheit zum Sonnenbad und den Empfehlungen von Adi führte uns schliesslich in den Sektor Beach bzw. Riverbed. Wir liessen uns zuerst am Block mit dem Klassiker Grit de Luxe (7A+) nieder. Wie man es sich denken kann: schöne Umgebung und interessante Boulder heisst viele Leute. Was den Vorteil mit sich bringt, dass schon viele Matten liegen und alles parat wie in der Halle ist. Andererseits muss man den Andrang als positiven Nebeneffekt zum Beta Sharing und zum sozialen Austausch sehen (was für uns absolut der Fall war). 

Impressionen aus der Beach Arete (6C).

Neben ein paar einfacheren Aufwärmern war dann die Beach Arete (6C) das erste seriöse Projekt. Wie tief man da für den Start "sinken" muss, ist mir nicht ganz klar. Viele Mitstreiter:innen wählten eine bequeme Standstart-Variante etwas links an offensichtlichen, guten Griffen. Falls ein Sit erforderlich sein sollte: ich habe es gemacht, auch wenn dieser etwas glitschig und unkommod ist. Zu erwähnen ist auch, dass sich der Exit von diesem Boulder hoch anfühlt und es einen grossen Vorteil darstellt, wenn viele Matten liegen. Klein beigeben musste ich hingegen in Grit de Luxe (7A+). Den Würgi-Start mit kräftigem Mantle und kippeligem Etablieren in der Wand ging (ca. 6C), aber die kleinen Leisten danach mit Anlaufen auf der aalglatten Platte... puh, next time!

Impressionen aus der Beach Arete (6C).

Als nächstes ging die Crew in Richtung vom unweit direkt am Wanderweg gelegenen Dyno Block weiter. Es war bequem mit der Welle mitzureiten. Und tatsächlich konnte ich sowohl den Magic Dyno (6C+) und auch den Magic Hook (6C) ziehen. Das erstere Problem kann man fast als "Training für die Halle" bezeichnen, voll genial einen solchen Move outdoor zu machen. Die Rechtsvariante mit dem Hook ist hingegen einiges technischer, aber auch toll. Hier die Moves vom Dyno auf Video (Youtube-Link).

Crux Move im Magic Dyno (6C), hier die animierte Version.

Gleich in der Nähe vom Dyno-Block findet sich mit The Slice (6A) eine interessante Scheibe. Für den Grad ein echt cooler Boulder, wo man sich mit Compression festklammern muss. Der Riss rechts davon (The Cleft, 5) ist leider fast etwas kurz, 1x etwas schmerzhaft die Griffel verklemmen reicht schon. Mich reizte aber vor allem der "Kasten" zwischen den beiden Bouldern. Allem Anschein nach war der noch nicht begangen worden. Das musste ich fast versuchen... nach dem Putzen und etwas Tüfteln gelang es mir schliesslich. Ich vermute, dass diese Variante bisher noch nicht geklettert wurde - obwohl so offensichtlich zwischen zwei anderen Problemen und direkt am Wanderweg gelegen. Falls mir die Ehre zusteht, so wäre das Le Frigo (6B). Hier der Link zum Youtube-Video.

Le Frigo (6B), auch hier gibt's eine animierte Version auf Video.

Das wars, es war ein magischer Tag im Zauberwald, wir kommen sicher bald wieder!

Dienstag, 6. Mai 2025

Skitour Piz Alv (2769m)

Eine anhaltende Schönwetterperiode beschliesst einen für einmal sehr freundlichen April und es riecht noch einmal nach guten Tourenbedingungen. Selbst im Hochgebirge wäre so gut wie alles machbar, doch um dahin aufzubrechen fehlt mir einerseits die Zeit und andererseits auch das Mindset als (primär) Kletterer und Hobby-Skitüüreler. Schliesslich ist es dann so, dass ich nach einer brettharten Projektsession in einer 8a+ am Vorabend ziemlich geschlaucht bin und das Vorhaben früh aufzustehen in Frage stelle. Schlussendlich finde ich aber mit dem Piz Alv einen guten Plan mit einer relativ rasch zugänglichen, moderat langen Tour, wo die Abfahrt über NW-Hänge verläuft. Somit reicht Aufstehen um 6.00 Uhr und das ist auch nach den abendlichen Efforts bis zum Eindunkeln eine gerade noch akzeptable Grösse.

Frühlingstour bei absolut perfekten Sulzbedingungen - hier eine Impression von der Abfahrt.

Schliesslich starte ich um 8.00 Uhr ausgangs Andermatt, wo es ca. 200m vor der Abzweigung ins Unteralptal Gratis-Parkplätze gibt. Natürlich ist da längst der Frühling eingekehrt, doch das Schneetaxi bringt mich in bewährter Manier zügig über 6.5km und netto 500hm bis nach Tros auf 1900m. Wie ich vom Bericht von j_sp (welcher mich zu dieser Tour inspiriert hat, danke!) schon weiss, muss ich nur 1x kurz über einen Lawinenkegel schieben und später noch für ca. 5 Schneefelder à je 5-20m vom Rad. Von dessen Depot sind es noch zwei, drei Minuten zu Fuss, bis ich die Bretter anziehen kann und auf hart gefrorener, tragender Schneedecke über den Vermigelboden schreite.

Die verwaiste Vermigelhütte und Blick auf eine tolle Linie am Rotstock (2858m). Das war auch wieder so eine Tour, wo man nicht eine Möglichkeit weniger auf der To-Do-Liste hat, sondern mindestens fünf mehr. 

Ab da hatte ich verschiedene Tourenoptionen in petto, der Piz Alv schien mir dann die beste Wahl. Somit stieg ich über die Gätschplanggen im Bereich vom Sommerweg auf. Dies bei noch durchgehender Schneedecke, wobei die aperen Flecken in diesem Hang so langsam dabei waren, die Überhand zu gewinnen. Ab der Verflachung von Porggeren war es dann noch richtig winterlich mit einer formidablen Atmosphäre und einer schön glatten Schneedecke, wie ein Teppich. Für den Weiterweg zum Piz Alv gibt's ab da verschiedene Optionen: entlang der Tourenroute via Maighelspass, diesen abkürzend direkt zu P.2490 oder noch kürzer über eine Route, welche südlich von P.2590 passiert. 

Blick zurück in Richtung Maighelspass, bzw. Richtung Maighelshütte - fantastisches Ambiente!

So erreicht man ein namenloses Kar, welches in Richtung Passo Bornengo zieht. Von diesem gilt es noch den steilen Gipfelhang zu erklimmen, wobei man am besten in Gratnähe bleibt. Trotzdem beträgt die Neigung bis zu 35 Grad, bei guten Bedingungen ist das aber natürlich absolut problemlos. Um 10.45 Uhr war ich am Top, welches durch ein Gipfelkreuz mit Buch geschmückt ist. Ich war etwas erstaunt festzustellen, dass dieser No-Name-Gipfel doch erstaunlich häufig besucht wird. Wobei, Lage und Aussicht sind schon fabelhaft. Dazu war es windstill, mild und perfekt sichtig. Oder mit einem Wort: Traumbedingungen.

Auf dem Gipfel mit Blick zurück Richtung Unteralptal und Andermatt, wo ich herkam. Rechts der rechten Skispitze befindet sich das Sustenhorn, das nächste Massiv rechts davon bilden der fantastische Kletterberg Salbitschijen und das Rorspitzli, wo ich auch schon auf Skitour unterwegs war.

Diese traf ich wenig später auch auf der Abfahrt an: ich fuhr kurz dem Nordgrat entlang ab, bevor man nach links in die NW-Hänge abbiegen kann. Dazu sind verschiedene Optionen möglich: es gibt erst steile Couloirs ( >45 Grad), am gutmütigsten ist die Rampe auf 2700m. Doch auch dort gibt's auf der Quote von 2600m noch eine kurze, steile Stelle (40-45 Grad) in den Talgrund hinunter. Es folgten dann traumhafte Hänge bei perfekten Sulzbedingungen bis nach Porggeren. Dort galt es kurz hinüber schieben zu  P.2218, bevor die noch etwas abscheiniger ausgerichtete Gätschplangge ebenfalls Al-Dente-Schnee bis runter zum Vermigelboden bot.

Wie ein samtener Teppich, genial zu fahren!

Zuletzt war noch ein bisschen Skating und ein kurzer Fussmarsch zurück zum Bike gefragt, unterbrochen von der Beobachtung der überaus zahlreichen und aktiven Amphibien an einem eben von Schnee befreiten Tümpel. Nach der Bikeabfahrt schloss sich meine Runde schon vor Mittag beim Ausgangspunkt. Weniger später gab's in Andermatt einen Zmittag als Grundlage für einen produktiven Nachmittag. Ja, ein wenig zu faulenzen wäre schon gewesen, aber die Arbeit rief. Nach einem solchen Start in den Tag lässt sich aber auch dieser Teil des Lebens erquickt bestreiten.

Finito for the day, und vielleicht bald auch für die Saison?

Freitag, 2. Mai 2025

Schattenwand - Chupferhode (6b)

Daheimbleiben an Ostern? Das hatten wir in der Vergangenheit nur gezwungenermassen im Pandemiejahr 2020 gemacht, sonst waren wir immer irgendwo unterwegs. Anders im 2025: mit der Selektion für die internationalen Boulderwettkämpfe ging Larina die Verpflichtung ein, voll aufs (Indoor-)Bouldern zu setzen und für die demnächst bevorstehenden Events zu trainieren. Das geht prima von daheim aus und rein wettertechnisch gab die Ostschweiz auch das her, was für des Vaters Outdoor-Zeitvertrieb nötig war. So blicke ich trotz Daheimbleiben auf sehr gelungene Ostern 2025 zurück. Zwei Vollgas-Indoor-Sessions mit Larina, einen 8a-Send am Fels und ein Bike & Climb Ropesolo-Tüürli, über welches an dieser Stelle berichtet wird.

Blick auf die Schattenwand. In deren linkem, etwas grasigem Teil befinden sich einige einfachere MSL in den Graden 5b/5c. Auf der kompakten Platte rechts aussen gibt's einige weitere Möglichkeiten. Dort bewegen sich die Schwierigkeitsgrade meist im Bereich von 6b bis 7a. 

Nun ja, Larina nahm sich den Rat der Trainer zu Herzen, jeweils kurzfristig am Morgen zu entscheiden, ob ein weiteres Training oder ein Ruhetag angesagt wäre. Für diesen Tag fiel die Entscheidung auf Restday, und so durfte ich mich nach einem Outdoor-Alternativprogramm besinnen. Der Situation entsprechend konnte/wollte ich nicht gar nicht so viel klettern. Aber nur Biken oder Laufen war mir dann doch ein bisschen zu wenig Salz in der Suppe. So entschied ich mich, zur von mir noch nie besuchten Schattenwand zu radeln und dort eine (oder mehrere) der kurzen, bestens abgesicherten MSL-Routen zu klettern. So kurzfristig und an Ostern einen Kletterpartner aufzutreiben war natürlich illusorisch, somit war ein Ropesolo die Methode der Wahl. Das ist aber eine Konzession, welche ich gerne zu Gunsten von Larinas flexibler und optimaler Trainingsgestaltung eingehe.

Unterwegs auf den Trails der Neuenalp. Gerade voraus Wisswand (wo ich im 2024 im Rahmen einer weiteren Bike & Climb Ropesolo-Tour unterwegs war), im Bildzentrum der Rotsteinpass und rechts der Wildhauser Schafberg.

Es ist schon fantastisch, welche Möglichkeiten wir in der Schweiz und ihrem dicht ausgebauten Flurtrassen- und Wegnetz haben. So konnte ich im Nesslau starten und komplett abseits vom Verkehr via Steinerberg - Neuenalp - Passhöhe P.1404 zum Gräppelensee und schliesslich steil hinauf zum Bikedepot beim Rietgarten P.1584 gelangen. Von da ist es nur eine kurze Traverse hinüber zur Alp Mutteli, von wo man mit 70hm und ein paar wenigen Minuten Aufstieg an die Schattenwand gelangt. Ein bisschen erstaunt war ich, dass zwei Seilschaften im linken Teil der Wand aktiv waren. Das erklärt sich aber bestimmt dadurch, dass diese im Plaisir Ost als ideale MSL-Einsteigertouren beschrieben sind.

Haha, auf wessen Gefahr denn sonst?

Im rechten Teil der Wand mit den schwierigeren Routen war hingegen niemand aktiv. Ich wollte den optischen Eindruck entscheiden lassen, wo ich einsteigen würde. Die attraktivsten Linien schienen mir jene der zuerst erschlossenen Agaraturm (6c+ A0) und Chupferhode (6b) zu sein. Schliesslich gab ich der letzteren mit ihrer sehr attraktiven Doppel-Wasserrille in L1 und einem superkompakten Plattenschild in L2 den Vorzug. Um 14.20 Uhr hatte ich alles parat und stieg ein.

Immer noch von der Biketour auf der Anreise, hier am Gräppelensee.

L1, 35m, 6a: Los geht's gemässigt über einige Stufen hinweg zur schon erwähnten Doppel-Wasserrille. An dieser geht's dann gleich heftig zur Sache. Heieiei, für eine 5c+ (SAC-Führer Alpstein) bzw. 6a (Plaisir Ost) ist das ganz schön schwierig. Ich konnte die Länge zwar onsighten, aber das fühlte sich für mich eher wie eine taffe 6b an. Und es ist auch noch zu erwähnen, dass ich nur den ersten Abschnitt (wo dies zwingend ist) rein an den Rillen kletterte. Nachher kann man sich einiger Griffe in den Rissen rechterhand bedienen. Auch in meinem Nachstieg war es jenseits von meinem Können, diese komplett zu ignorieren. Vielleicht ginge es mit Oldschool-Kletterfinken besser, welche sich ideal in den Rillen verklemmen lassen?!? Meine Treter sind sicher nicht erste Wahl für derlei Kapriolen.

Rückblick auf die tolle Wasserrille in L1 (6a hard). Nur den Abschnitt über die ersten drei BH muss man zwingend an der Rille klettern, dies ist die Crux. Bei den drei letzten Bolts bis zur Position des Fotografen wird es etwas steiler - da habe ich es nur mit den beiden Rillen nicht geschafft, sondern musste in die grasigen Risse (von hier aus gesehen) links greifen. Was natürlich vollkommen legitim ist, nur wäre es ohne noch schöner.

L2, 35m, 6b: Puh, nochmals schwieriger bewertet, das konnte ja heiter werden. Dieser kompakte Steilplatten-Schild à la Rätikon ist sicherlich das absolute Highlight der Route. Über eine längere Strecke ist die Kletterei anhaltend und es gilt, sauber auf der gefinkelten Wand anzutreten und kleine Kratzer und grössere Sloper zur Stabilisierung zu nutzen. Angst und Bange muss einem dabei aber nicht werden, die Absicherung ist in diesem Abschnitt hallenmässig und fast übertrieben gut - es stecken ca. 16 BH auf dieser Länge. Im oberen Drittel lassen die Schwierigkeiten dann etwas nach, die Kletterei bleibt aber bis zum Schluss sehr attraktiv.

Rückblick auf den Crux-Teil von L2 (6b), anhaltende Steilplatte mit seichten Wasserrillen, super!!!

L3, 30m, 6a: Die letzte Seillänge wartet nochmals mit schöner Kletterei auf, ist aber in ihrem Anspruch deutlich tiefer als die beiden vorangehenden. Als die Crux empfand ich eine Passage in der Mitte über einen kleinen Wulst hinweg. Zuletzt endet die Route ziemlich abrupt bei einem unbequemen Stand, bevor das Gelände oberhalb schrofig wird.

Griffstrukturen in L3 (6a) - fantastisch!

In der Gegend von 16.10 Uhr und damit nach etwas weniger als 2 Stunden Kletterei hatte ich das volle Ropesolo-Programm (Vorstieg, Abseilen, Nachstieg) erledigt und die Route onsight geklettert. Für den Weg zurück an den Einstieg sind 3 Abseilmanöver à 30m auszuführen. Ich hatte korrekt spekuliert, das von mir mitgeführte 60m-Seil war gerade genügend lang. Aber Achtung, wer es mir gleichtut: es reicht jeweils nur knapp. Weil die Wand inzwischen ihrem Namen gerecht im Schatten lag, ein lästig-kühler Föhnwind aufgekommen war und die Zeit auch schon fortgeschritten war, entschied ich mich gegen eine zweite Route. Ich war gut auf meine Kosten gekommen und das gemeinsame Abendessen daheim war die attraktivere Wahl. Somit retour zum Bike, auf dem Heimweg verzichtete ich auf Umwege über Trails und fuhr möglichst direkt (via Laui - Unterwasser) ins Tal - eine nur kleine Klettertour war es, aber doch ein absolut gelungener und spassiger Ausflug!

Glücklich darüber, diesen Ausflug in einer solch schönen Ausflug genossen haben zu können 🥰

Facts

Schattenwand - Chupferhode 6b (5c+ obl.) - 3 SL, 100m - Ott/Wiesmann 1988, saniert 2007 - ***;xxxxx
Material: 1x60m-Seil, 14 Express

Kurze, aber sehr schöne MSL-Route in vorzüglichem Schrattenkalk à la Rätikon. Die Kletterei an Wasserrillen und über Steilplatten begeistert absolut. Seit der Sanierung im Jahr 2007 ist die Absicherung mit vielen rostfreien Bohrhaken fast übertrieben gut. Weitestgehend kann man die Schwierigkeiten A0 bewältigen, wer es also einmal probieren will, hat hier die Chance. Um die Route dann aber freizuklettern, muss man hingegen im plattig-technischen 6b-Gelände schon einigermassen versiert sein. Gleich nebenan gibt's noch weitere Möglichkeiten für attraktive 3-SL-Routen, so ergibt sich falls gewünscht ein voller MSL-Tag. Details zum Gebiet und den Routen findet man im Plaisir Ost oder im SAC-Kletterführer Alpstein.