Der Gabchopf ist eine auffällige Felsformation hoch über dem Urnerboden. Er befindet sich noch unterhalb vom Zingelfad, also etwas unterhalb der eigentlichen Jegerstöck. Der Zustieg dahin fordert rund 600hm und bietet ausser weglosem Gelände noch keine grossen Schwierigkeiten, die Routen weisen maximal 150m Länge auf, sind gut abgesichert und wurden in den 2000er-Jahren saniert. Alles in allem heisst das, hier gibt's die Jegerstöck Experience in der Light-Version. Keine Abstriche muss man hingegen bei der Felsqualität machen, die ist nämlich weitgehend exzellent, ja die Routen sind hier eigentlich sogar homogener gut wie in der oberen Etage. Nachdem auch am letzten Novemberwochenende nochmals bestes Bergwetter herrschen sollte, entschieden wir uns für 'Diä Gääch', eine Route die man ja nur schon dem Namen wegen einmal geklettert haben muss. Ob sie wohl ihrem Namen gerecht würde?!? Rein von der Papierform her, mit 5 SL bis maximal 6a+, durfte man das durchaus in Zweifel ziehen...
Oh ja! Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und Schnee am Urnerboden (Eis hat es im Moment übrigens trotzdem keines, ist wohl zu trocken), Sonne und sichtbare Wärme an den Jegerstöcken. Dort hinauf wollen wir also so rasch wie möglich!
Eben früh waren wir nicht unterwegs, um 11.00 Uhr starteten wir beim Hotel Tell auf dem Urnerboden. Aber der Skisprung-Trainingstag startete halt nicht früher - Family Business, wer kennt es nicht. Anyway, so mussten wir halt ein wenig schneller laufen. Das klappte bis nach Zingel (ca. 1750m) prima, die letzten 200hm über weglose Wiesen und Geröll brauchten dann noch etwas mehr Zeit und auch Kraft. Nach einer guten Stunde schirrten wir uns am Sockel vom Gabchopf auf. Die letzten Meter zur Wand hinauf sind dann recht steil, die Querung zum Einstieg von 'Diä Gääch' ist dann zusätzlich noch ziemlich exponiert, da liegt kein Ausrutscher mehr drin (ca. T5). Um 12.30 Uhr ging's mit der Kletterei los - ob all diesen Zeiten könnte man meinen, wir seien im Stress gewesen. Das stimmt aber absolut nicht, wir waren guten Mutes, dass das Timing sich locker ausgehen würde, dazu ganz alleine am Berg, bei goldenem Herbstlicht und perfekten Temperaturen - was will man noch mehr!
Bottom-Up-Sicht auf den Gabchopf mit dem Routenverlauf, durch die Perspektive ziemlich verzerrt. Es wäre gut, einmal mit dem Gleitschirm ein adäquates Wandfoto zu knipsen. Hmm, da hätte ich eigentlich die Gelegenheit dazu gehabt, als ich nach der Rapunzel am Rot Nossen oder der Venus am Läckistock zu Tale geschwebt bin.
L1, 40m, 6b (offiziell 6a+): Der Start noch eher von plattiger Natur in prima Fels, bevor man in einer kleinen Verschneidung auf etwas unzuverlässigeres Gestein trifft. Das ist aber nur ein kurzes Intermezzo, denn sobald geht es tatsächlich rechts in die irre steile Wand hinaus. Beste, wasserzerfressene Leistenkletterei folgt und zehrt an den Kräften, erst für die letzten 10m legt sich die Neigung wieder auf die günstige Seite der Senkrechten zurück. Diese Seillänge ist sicherlich jenseits von nur 'hart' für 6a+, sondern eher im Bereich 6b/+ einzustufen. Die Absicherung ist tadellos, um alle Bolts zu klippen sind 14 Express nötig (und nicht bloss 12 wie in den Topos angegeben).
Nach einer steilen Wand folgt in L1 (6b) noch eine sehr schöne Abschlussplatte.
L2, 30m, 6a+ (offiziell 5c+): Hier wartet eine super Platte, doch schon die ersten Moves aus dem Stand sprengen wie vermutet den Rahmen einer 5c+ deutlich. Auch nachher geht's anhaltend dahin. Super Kletterei, bester Fels, direkt über die Haken spielt sich diese Seillänge im Bereich 6a+/6b ab. Vielleicht ginge es etwas linksrum im weniger kompakten Gelände ringer, was aber freilich keinen Sinn macht. Auch hinauf zum Stand muss man sich nochmals richtig festhalten.
Super Kletterei auch in L2 (6a+). Vermutlich wäre es in deren Mittelteil einfacher, links im grasdurchsetzten Gelände zu klettern. Viel schöner, aber auch schwieriger ist es, konsequent rechts im kompakten Fels zu bleiben. Zum Glück wurden anlässlich der Sanierung die Haken so platziert, dass dies auch einwandfrei möglich ist!
L3, 20m, 6c (offiziell 6a): Wow, was für eine richtig coole Seillänge. Senkrechte bis leicht überhängende Kletterei an scharfen Tropflöchern führt unter das markante Dach hinauf. Diverse bouldrige Moves sind echt fordernd und die richtige Sequenz will auch erst einmal gefunden werden. Wir konnten das alle 3 mit etwas unterschiedlichen Lösungen flashen. Nach aller Dafürhalten geht diese Sequenz sicher nicht unter 6b+/6c daher! Unter dem Dach quert man dann an einer Hangelschuppe sehr luftig zum exponierten Stand hinüber. Immerhin, dieser Abschnitt ist einfach und darum sowohl im Vor- wie im Nachstieg trotz dem etwas längeren Hakenabstand unbedenklich. Anlass zu Diskussionen hat hingegen die Hangelschuppe selbst geführt. Ich habe von anderen Kletterern gehört, welche diese als unsicher taxiert haben. Natürlich habe ich mich ihr nicht einfach blindlings anvertraut, sondern zuerst angeklopft. Dieses wirklich grosse Stück Fels (ca. 5m breit, 3m hoch, oben 40cm dick) dröhnt tatsächlich etwas. Ich fand es aber unbedenklich und bin mit absolut gutem Gefühl daran geklettert. Wie solide diese Schuppe wirklich ist, bleibt aber natürlich offen... wie immer in den Bergen, man vertraue auf seine eigene Meinung!
Da fühlt sich jemand zuhause in der vertikalen Welt!
Kathrin hangelt am Corpus Delicti in L3 (6c).
L4, 35m, 6c (offiziell 6a+): Lange Seillänge mit etwas inhomogenen Schwierigkeiten. Der sehr eng gesicherte Wulst gleich zum Auftakt lässt knifflige Moves vermuten. Und ja, während es erst noch geht, konnte ich mich schliesslich nur mit der Brute-Force-Brechstange retten, sprich mit zwei Moves, die eher in eine 7a+ als in eine 6a+ gehören. Aber naja, vielleicht habe ich es schlecht erwischt, doch auch dieser Abschnitt dürfte kaum einfacher als 6b+/6c zu haben sein. Schliesslich folgt gemässigteres Gelände, das einen in die grosse Verschneidung führt. Diese klettert sich dann wie eine ganz brave 6a+, nur beim luftig-athletischen Finish muss man sich nochmals gut festhalten, um das Wandbuch zu erreichen.
Auch zum Schluss von L4 (6c) folgt nochmals eine coole Hangel-Passage.
Wir blättern mit Interesse im Büchlein. In den ersten Jahren nach der Erstbegehung im 1989 gab es einen richtigen Ansturm von lokal kundigen Glarner und Urner Kletterern. Scheinbar wurde dieser Schatz gehütet, denn auswärtige Begehungen gab es damals keine. Die traten erst später auf den Plan, vorerst als einzelne Ausreisser, später dann mit der Publikation im GLclimbs etwas häufiger. Inzwischen hat die Route in den 31 Jahren ihres Bestehens gute 100 Begehungen auf dem Buckel, trotz der Sanierung hat die Frequenz in den letzten Jahren eher abgenommen. Vielleicht mag ihr ja dieser positive Bericht ein neues Leben einhauchen?!? Einzig sicher ist: das Wandbuch ist voll, wir trugen uns auf dem letzten freien Platz der Umschlagrückseite ein. Es mögen die nächsten Besucher ein neues Exemplar mitbringen, Format maximal A6.
Das wär's doch noch, ein Wandbuch wo jeder ein Selfie einkleben muss/darf/kann ;-)
L5, 30m, 6a (offiziell 5c+): Nun denn, vor lauter Geschichte dürfen wir die letzte Seillänge nicht vergessen. Man biegt rechts um die Ecke in etwas ghüdriges Gelände, über welches man ungesichert ebenfalls auf den Gipfel steigen könnte (expo, heikel!). Doch die Route überquert nach dem zweiten BH die Kante nach links auf die Abschlussplatte, die nochmals interessante Moves in etwas glattem, abwärtsgeschichtetem Fels bereithält. Auch hier, für 5c+ ist das kein Geschenk, doch für einmal ist die Bewertung nicht ganz so weit von der Realität entfernt wie in den unteren Seillängen.
Frau Dettling junior auf der Abschlussplatte (L5, 6a), just mit den letzten Sonnenstrahlen.
Mit den letzten Sonnenstrahlen sind wir etwas nach 15.30 Uhr alle auf dem Gipfel, das macht gerade rund 3:00 Stunden an sehr genussvoller und interessanter Kletterei. Wären die Tage ein wenig länger (oder wäre man tageszeitlich früher unterwegs), so liesse sich gut noch eine zweite Route am Gabchopf anhängen, oder wie ich es auch schon gemacht habe, zum Rot Nossen hinaufsteigen und dort noch eine Route angreifen (ca. 15 Minuten, T5). Für uns heisst es hingegen Abseilen. Dafür sind 4 Manöver fällig, den Station nach L3 kann/muss man auslassen, allerdings muss jener von L2 angependelt werden - die Wand ist überhängend und der Stand ist etwas seitlich versetzt. Immerhin ist so auch auf dem Rückweg für etwas Spannung gesorgt. Am Einstieg trödeln wir nicht mehr lange, packen unsere Sachen und machen uns auf die Suche nach dem feinkörnigen Geröll, über welches wir möglichst bequem auf die Alp Zingel abfahren können. Das gelingt ganz ordentlich. Nun heisst es noch zum Urnerboden absteigen, ein toller Vollmondaufgang sorgt für geniale Bergstimmung. Ein paar Minuten nach 17.00 Uhr sind wir retour beim Hotel Tell, das Timing ging also perfekt auf, ohne dass wir die Stirnlampe hätten zücken müssen. Bald auf dem Heimweg tauchen wir in die Dunkelheit und eine dicke Nebelsuppe. Die Erinnerungen an diesen goldigen Spätherbsttag sind so aber nur umso mehr wert!
Der Geröllhaldensprint sollte doch eigentlich olympische Disziplin werden ;-)
Material: 2x50m-Seile, 14 Express, Cams/Keile nicht nötig
Schöne, steile und eindrückliche Kletterei, die ihrem Namen absolut gerecht wird. Allerdings sollte man sich hier wie aufgrund der offiziellen Topos zu vermuten auf eine gemütliche Plaisirroute einstellen, sondern auf alpines Sportklettern. Dieses kriegt man in meist bestem Fels geboten, die für den Klausenpass üblichen Ausreisser mit minderer Felsqualität beziehen sich auf wenige Meter. Seit der Sanierung in den 2000er-Jahren ist die Route fair und solide abgesichert. Einziger Wermutstropfen: die inzwischen verpönten, originalen Sondi-Ringhaken der Erstbegeher wurden alle belassen, somit klettert man die schwierigsten Moves an den schlechtesten Bolts. Passt aber dank der üppigen Absicherung schon. Alles in allem dank der sonnigen Lage auf ca. 1950m ein tolles Ziel für sehr früh oder sehr spät in der Saison. Ein schematisches Topo und Infos zu weiteren Routen am Berg findet man im SAC-Kletterführer Glarnerland.
Die westliche Südwand am Frümsel ist ein bisher wenig beachtetes Stück Fels. Sie liegt ein wenig verborgen im komplexen System der zahlreichen Nebengipfel in diesem Massiv und ist nur aus der Luft sowie allenfalls vom Gipfel des benachbarten Silberi so richtig gut einsehbar. Im Jahr 2000 hatte das Duo Wälti/Angst mit der Ameghino (8a, 4 SL) eine erste Route durch die Wand gelegt und damit auch den achten Franzosengrad an den Churfirsten eingeführt. Daniel hatte mir von bestem Tropflochfels, wild wendenmässig überhängendem Fels und der Gelegenheit für eine Neutour vorgeschwärmt. Genau dies wollten wir an einem Tag Mitte November probieren, nach Möglichkeit in Form einer 1-Tages-Erstbegehung. Was daraus geworden ist, darüber wird an dieser Stelle berichtet...
Das Frümsel-Massiv mit Routenverlauf und Zustiegsmöglichkeiten. Foto: Alpin_Rise @ hikr.org
Zustieg
Für den Zugang stehen gleich mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Man kann einerseits von Süden (Walenstadtberg/Hochrugg, 1290m) unter den Silberi hinaufsteigen und dann steil und exponiert im T6-Gelände durch die Silbergrube, idealerweise etwas rechts ausholend, zur Wand hinaufsteigen. Die besten Schliche sind in diesem hikr-Beitrag beschrieben. Einfacher und kürzer ist der Zugang von Norden. Als Ausgangspunkt wird in der Literatur die Alp Torloch (1786m) beschrieben. Nur eine sehr schmale, steile und nicht asphaltierte Strasse führt dorthin. Es gibt jedoch kaum Parkmöglichkeiten, während der Alpzeit stört man den Betrieb und muss damit rechnen, dass das Vieh das Fahrzeug beschädigt. Somit ist es die bessere Option, entweder schon bei P.1561 zu starten und den Wanderweg via Brisizimmer zu nutzen, oder die Parkmöglichkeit kurz vor P.1598 zu wählen. Hinweis: die Strasse dahin ist taxpflichtig (10 CHF in Münzen bereithalten).
Will man von Norden zu Fuss zum Einstieg, so ist P. 1561 der richtige Ausgangspunkt und die Scharte zwischen Frümsel und Brisi, bzw. der Bereich wenig unter dem Einstieg der Frümselkante das Ziel. Von dort über ein exponiertes Grasband unter den Felsen südseitig queren, hinter einem Turm durch und über Schrofen zur Wand hinauf (T5+, Bericht und Foto auf hikr.org). Eine sehr gute, ja sogar die einfachste Möglichkeit besteht darin, die Route im Verdon-Prinzip zu klettern. Dazu geht man am besten von P.1598 nach Torloch, nimmt man den Wanderweg zum Frümsel, verlässt diesen 20hm unter dem Gipfel und quert horizontal nach Westen. Mit ein paar Kletterzügen geht's über eine Abbruchkante hinunter, wenig später erreicht man die Graskuppe des westlichen Frümsel-Nebengipfels (insgesamt T4). Nur 5m unterhalb befindet sich gut sichtbar der Ausstiegsstand. In 3 steilen, ja wild überhängenden Abseilmanövern (siehe Topo) erreicht man den Einstieg.
Morgenstimmung auf dem Gipfel!
An dieser Stelle ca. 20-25hm unter dem Gipfel steigt man vom Frümsel-Rücken mit ein paar Kletterzügen in nicht exponiertem Gelände über die Felsstufe hinunter, um danach in wenigen Schritten zum westlichen Nebengipfel (Standort des Fotografen) mit dem Ausstieg der Pro Specie Rara zu gelangen. Im Hintergrund der Säntis.
Der Zustieg von oben bietet eine steile, wilde Abseilfahrt, vermeidet dafür steiles Grasgelände.
Route
Wir waren um 7.45 Uhr von Torloch aufgebrochen und hatten in 45 Minuten den Frümsel-Nebengipfel erreicht. Für uns war der Zugang von oben absolut logisch, da wir so nochmals einen Blick auf den geplanten Routenverlauf werfen konnten. Am Gipfel trafen uns die ersten Sonnenstrahlen, mit etwas Wind war es aber durchaus noch frisch. Einmal am Einstieg konnten wir uns aber den Kleiderschichten wieder entledigen. Hier war es angenehm und wie wir es vermutet hatten, präsentiert sich die Wand als ein ideales Ziel für Spätherbsttage - Sonnenschein gibt's hier von früh bis ultimo. Nachdem wir das Bohrgear sortiert und die Haulbags gepackt hatten, stiegen wir um 10.00 Uhr ein.
L1, 35m, 6b: Die Route startet am selben Punkt/Stand wie Ameghino, zieht dann aber diagonal nach rechts hinaus. Die allerersten Meter noch nicht das Gelbe vom Ei, wird der Fels bald kompakt und wartet schon am zweiten BH mit einer technisch-kniffligen Stelle auf. Aus der Patsche hilft schliesslich ein Wunderwerk der Natur. Da war es, das "Supertropfloch", welches Thomas Wälti auf S.110 im Buch "Churfirsten - über die 7 Berge" von Emil Zopfi so schön beschreibt. Weiter geht's mit griffigen Rissen, die wir komplett mobil absichern konnten und clean belassen haben (Keile und/oder Cams 0.3-3). Am drohenden Dach geht's rechts vorbei und schliesslich einfacher zum Stand.
Das Projekt ist gestartet, unterwegs in L1 (6b), bald an den clean belassenen Rissen.
L2, 30m, 6b+: Über plattigen Fels geht's an die Steilzone heran, wo bald wieder prima Steilfels wartet. Ohne mutig zu Cliffen war das nicht einzubohren, zum Klettern sind sicherlich nicht ganz so ausgefeilte Tricks nötig, auch wenn man über ein paar Meter durchaus dranbleiben muss! Nach einer kurzen Verschnaufpause folgt eine knifflige Linksquerung, bevor es an einem Damoklesschwert vorbei (bitte vor Ort lassen!) zum bequemen Stand auf dem Mittelband geht. Hier befindet sich auch die Gamelle mit dem Routenbuch. Diese Seillänge ist komplett eingebohrt, dazulegen ist kaum möglich.
Man at work in L2 (6b+), oben droht definitiv das steile Gemäuer!
L3, 40m, 6b+: Vielleicht das Herzstück der Route, auf jeden Fall die wesentliche Motivation um dieses Projekt anzupacken! Hier wartet nämlich ein Riss, welcher die stark überhängende Wand durchzieht. Dank seinem Verlauf kommt man für die Steilheit des Geländes mit erstaunlich moderater Schwierigkeit durch. Der Auftakt noch in der Wand und im 6b-Bereich in scharfem Fels. Dann der Riss, der sich als wahres Highlight entpuppt. Erstens bestens mobil abzusichern (natürlich haben wir ihn clean belassen!) und zweitens mit aussergewöhnlichen Handklemmern. Ja, dass man im Kalk auf diese Weise jammen kann, ist (zumindest für die Region) doch sehr aussergewöhnlich, Crack Gloves sind auf jeden Fall empfehlenswert! Dieses ganze Setup hat natürlich auch zum Routennamen inspiriert. Zuletzt dann 2x um die Ecke und über die wasserzerfressene Platte zum Stand. Zur mobilen Sicherung kommt man hier mit 1 Set Cams 0.3-3 plus allenfalls Keilen durch, sofern man in überhängend-athletischer Jam-Kletterei nicht mehr Sicherungen legt, wie wenn es Bolts hätte. Die Grössen 0.4-2 zu verdoppeln, kann sicher hilfreich sein. Wer möchte, kann den Riss wohl komplett technisch begehen. Ein Wort noch zur Bewertung: bei der RP-Begehung bzw. auf dem offiziellen Topo schlug das Churfirsten-o-Meter nur bis auf 6b+ aus, mir persönlich kam es beim Durchstieg als Seilzweiter am Bohrtag eher wie eine 6c+ vor - time will tell...
Das Herzstück, der Jam-Riss in L3 (6b+) hilft durch die stark überhängende Wand.
Bester Tropflochfels im Ausstieg von L3 (6b+)
L4, 35m, 7a+: Der Riss in L3 das Highlight, die überhängende Wand in L4 dafür die Challenge. Athletische Kletterei in wasserzerfressenem Fels an Auflegern, Seitgriffen, Leisten und Rissspuren wartet. Pumpig und technisch fordernd zugleich, auch zu lesen ist die Sequenz nicht sonderlich einfach. So befanden wir es jedenfalls. Nach 20 anstrengenden Metern legt sich das Gelände zurück, einfacher geht's hinauf und nach dem 6. BH nach links in ein paar Metern Traverse zum Ausstiegstand der Ameghino, welcher den besten Zugang zum Gipfel vermittelt. Zu Beginn und zwischen dem 4./5. Bolt kann man hier die Sicherungssituation noch mit kleinen Cams und/oder Keilen verbessern. Hinweis: die letzte Seillänge kann auch über Ameghino umgangen werden. Dazu hält man sich beim letzten BH in L3 wenige Meter nach links an deren Stand. So ergibt sich ein (auf dem Papier) moderat schwieriger Wanddurchstieg mit sehr homogener Einstufung im Bereich 6b+.
L4 (7a+) ist steil und pumpig, so musste beim Bohren mit Schichtwechsel gearbeitet werden.
Die Gegenperspektive in L4 (7a+) - würde man sagen, es sei an den Wenden, es wäre glaubhaft!
Um 16.45 Uhr erreichten wir 'just in time' mit dem Sonnenuntergang den Gipfel. Wow, was für ein Erlebnis in diesem wunderbaren Herbstlicht, mit einer tollen Neutour in der Tasche und dem Gefühl, das gesteckte Ziel der 1-Tages-Erstbegehung realisiert zu haben. Geholfen haben uns dabei die gut 50m, welche komplett mobil abgesichert werden können, so dass wir bzw. die Route mit total nur 24 BH auskommt. Andererseits waren manche Bolts im überhängenden Steilgelände zu setzen, was immer wieder eine fordernde Sache ist. Ja, an den Bammel beim erstmaligen Belasten von ein paar Cliff- und/oder Pecker-Placements zum Bohren werde ich mich sicher noch lange erinnern - always gives me the creeps!
Perfektes Timing - Erstbegehung vollendet 'just in time' mit dem Sonnenuntergang!
Magische Momente am Top - auch mit dem Panoramamodus nur schwierig einzufangen!
Während der Vorsteiger also zum Bohren und auch zum Rasten nach der Hakenplatzierung jeweils technische Hilfsmittel nutzen musste, konnte der jeweilige Nachsteiger die Seillängen frei durchsteigen. Somit war also auch die Befreiung eigentlich schon geglückt. Den endgültigen Abschluss des Projekts vollzog Daniel dann 4 Tage später zusammen mit Thomas Wälti mit einer durchgehenden RP-Begehung im Vorstieg. Der Autor hatte arbeitsbedingt leider keine Zeit, um bei diesem Event dabei zu sein und sich ebenfalls die Punkte gutschreiben zu können. Somit muss diese Pendenz wohl auf die kommende Saison (oder später einmal) verschoben werden. Am Bohrtag blieb uns noch der Abstieg über den Frümsel-Wanderweg nach Torloch. Obwohl nicht weit, war es schon dunkel bis wir da waren. Es verblieb noch, das Chaos in unseren Haulbags vor dem Alpstall wieder zu bereinigen, dann ging's hochzufrieden nach Hause zu unseren Familien in die warme Stube.
Was für ein Tag, was für ein Erlebnis!
Facts
Frümsel - Pro Specie Rara 7a+ (6c obl.) - 4 SL, 140m - Benz/Dettling 2020
Eher kurze, aber eindrückliche und lohnende Route durch die steile, westliche Südwand am Frümsel. Im Angebot stehen Steilplatten, athletische Tropflochkletterei und längere Passagen an hervorragenden Jam-Rissen, die clean belassen wurden. Diese sind mit Cams und allenfalls Keilen prima abzusichern, die Wandpassagen sind solide mit Inox-Bohrhaken eingebohrt, so dass der Sicherungslevel mit den mobilen Gerätschaften die Stufe xxxx erreicht. Wessen Kletterhunger für mehr als 140m reicht, findet mit der benachbarten Ameghino, der Frümselkante, Sibir oder Anchorage weitere, ähnlich lange Routen am Berg, so dass einem ausgefüllten Tag nichts im Wege steht.
Naja, manchmal hat man nichts Besseres zu tun oder die Behörden befehlen einem, dass man nicht Besseres zu tun habe (nicht für uns, aber für manche Leser mag dies zutreffen...). Wie auch immer, als Magnus Midtbø sein Video mit dem ultimativen Kletterfertigkeitstest publiziert hatte, machten wir uns ans Ausprobieren. Wir hatten viel Spass dabei! Und ich muss sagen, dafür dass es nur gerade 4 Übungen sind, so stimmten die Scores doch erstaunlich genau mit unserem Klettervermögen überein. Check it out, vielleicht habt ihr ja auch Freude an dieser Spielerei.
Damit ihr nicht das ganze (wenn auch unterhaltende) halbstündige Video ansehen müsst, hier die einzelnen auszuführenden Übungen für den Test. Vielleicht ist aber das Verstehen der verwendeten Fachsprache auch nicht ganz so trivial ;-)
1 RM 5s Half Crimp Max Hang in % Body Weight
1 RM Pull-Up in % Body Weight
L-Sit or Front Lever Time to Failure
2 Arm Bar Hang Time to Failure
Wie die Leistungen in Punkte umgemünzt werden und welcher Gesamtscore welchem Schwierigkeitsgrad entspricht, ist auf YouTube in der Beschreibung zum Video angegeben. Alternativ findet man auch ein schon vorbereitetes Spreadsheet. Persönlich konnte ich für 8a scoren, geklettert bin ich effektiv schon ein bisschen mehr. Das ist sicherlich möglich, schlussendlich habe ich es auch jahrelang darauf angelegt, Routen gerade noch knapp hinaufzukommen, die an der absoluten Grenze meines physischen Potenzials waren. Der andere Fall (weniger Kletterleistung als der Score verspricht) ist aber sicher typischer, denn trotz physischer Stärke fällt einem ein Projekt am Limit ja nicht einfach zu, da muss man dann schon entsprechend Zeit und Energie (v.a. auch mentale) investieren. Ein paar Dinge sind mir beim Test aufgefallen:
Am schwächsten war ich in der Finger Strength, da hat mich sogar meine Frau deutlich geschlagen (sowohl relativ als auch in absoluter Zuladung). Und dies obwohl es beim Klettern kaum je einen Griff gibt, den sie halten kann aber ich nicht, der umgekehrte Fall tritt deutlich häufiger auf. Aber mit diesen kleinen, glatt-glitschigen Holzleisten kann ich einfach wenig anfangen, gerade mit langen Fingern und weicher Haut ist das einfach sooo hart (<-- a.d.R: dafür ist er in den Ausreden richtig gut und verdient mindestens 9 Punkte ;-))
Die Progression vom L-Sit zum Front Lever dünkt mich ziemlich happig. Die Zeit für 6 Punkte beim L-Sit kann ich problemlos erfüllen, ja sogar weit übertreffen. Von der Wertung für 7 Punkte mit einem sauberen 5s Front Lever mit gestreckten Armen bin ich dann aber gefühlt weit, weit weg.
Die unangenehmste Übung ist eindeutig das minutenlange, zweiarmige Hängen an der Stange. Erst fühlt sich das noch ganz kommod an, doch bald wird es einfach schmerzhaft und es artet zum puren, ja richtig ekligen Durchbeissen aus. Denke diese Übung würde man viel besser an einer drehbaren Stange (Turntillburn) machen, das gäbe repräsentativere Resultate und würde weniger Leidensfähigkeit erfordern. Ah ja, und bei diesem Exercise waren Kathrin und ich schlechter wie unsere beiden Kinder... könnte darauf hindeuten, dass die Sache vielleicht auch ein wenig gewichtsabhängig ist?!?
Den Gesamtscore durch Addition zu bestimmen ist wohl eher nicht die sinnvollste Aggregation. 3x10 und 1x0 ergäbe eine 30 (entspricht 8c-Niveau), mit einem Nuller in der Fingerkraft ist das aber komplett unrealistisch. Erreicht man den Gesamtscore von 30 mit 7+8+7+8, so stehen die Chancen 8c zu punkten sicher massiv besser. Multiplikativ zu aggregieren wäre sicher geeigneter, das belohnt dann jene, die sehr ausgeglichen bzw. nirgendwo schlecht sind (trifft auf mich persönlich zu).
Ich habe noch ein wenig die Kommentare gesichtet, wo andere über ihre Tests berichten. Natürlich gibt es manche, die stark wären, aber ihr Potenzial (noch?) nicht ausgeschöpft haben, aus welchen Gründen auch immer. Auffallend ist auch, dass viele Underperformer beim Ausdauertest stark abfallen - hat fürs Routenklettern sicher etwas, solange man zwar nicht so stark ist, sich aber im Zweifelsfall noch ewig festkrallen kann, so hilft das mancherorts sicherlich schon einmal ziemlich viel (trifft auf mich persönlich zu).
Ein wunderbarer Martinisommer lädt Mitte November noch zum Klettern. Der HiGla bietet sich idealerweise für eine solche Spätsaison-Begehung an, zumindest sofern die Passstrasse noch geöffnet ist. Mit einem kurzen Zustieg warten gut 250m an lotrechter bis überhängender Kletterei in meist bestem, rauem Klausenfels und die Wand steht von 8.30 Uhr bis kurz vor Sonnenuntergang im Licht. Als Projekt wählten wir für diesen Tag die Let's Go (7b, 6 SL), da wir hier mit einem Mix von einfacheren und schwierigeren Seillängen ideal im Überschlag klettern konnten und zudem auch noch eine lässige Freikletter-Herausforderung wartete.
Die Wand am Hinter Glatten mit dem Verlauf von Let's Go (6 SL, 7b)
Nachdem die ganze Familie Dettling verschlafen hatte und mein Kletterpartner leider auf mich warten musste, starteten wir schliesslich wenige Minuten nach 9.00 Uhr bei der letzten Kehre auf der Glarner Seite (P.1888), ca. 1km vor dem Klausenpass. Obwohl seit meinem letzten Besuch doch auch schon wieder 5 Jahre vergangen waren, kenne ich hier Weg und Steg. Wobei der Clou eben ist, dass kein Weg zum Einstieg führt und man sich ohne Spuren hinauf zum Einstieg zu begeben hat. Im Aufstieg geht dies über weite Strecken am bequemsten im Bachbett, erst oben geht's auf den grasigen Sporn rechts und zuletzt über Geröll zum Wandfuss. In 30 Minuten Gehzeit hatten wir die ~350hm erledigt und obwohl auf Einstiegshöhe nur etwa 2 Grad an Lufttemperatur vorhergesagt waren, herrschte dank windarmem Sonnenschein perfektes Ambiente. Den Einstieg im linken Wandteil hatten wir bald identifiziert. Ein nochmaliger Kontrollblick von Routenverlauf und Topo zeigte schliesslich, dass wir uns beinahe in die Ellman verkoffert hätten. Achtung, die beiden Einstiege liegen nur ca. 5m auseinander, beide sind mit gebohrten SU-Schlingen gekennzeichnet, wobei jener von Ellman deutlich offensichtlicher ist. Um nach den spärlichen Haken zu spähen, welche inzwischen felsfarbig angelaufen sind, braucht es hingegen gute Augen. Ein paar Minuten vor 10.00 Uhr fiel der Startschuss.
Super Ambiente mit dem Clariden im Hintergrund (die Skitour wäre mit 200-300hm Portage möglich!)
L1, 6c, 35m: Ein anspruchsvoller Auftakt! Die ersten, noch moderat schwierigen Meter in etwas lottrigem Fels bringen einen an die steile Wand. Nach dem zweiten BH muss man sich in Wandkletterei scharf nach rechts halten, die Rissschuppe direkt hinauf ist der falsche Weg. In ortstypischer Kletterei an Leisten und rauen Auflegern gewinnt man sehr schön an Höhe - recht anhaltende Sache mit ein paar spicy Sektionen und zwar guter, aber auch verpflichtender BH-Sicherung. Nach rund 25-30m heisst es dann, nach links auf den Pfeiler zu wechseln. Ziemlich tricky und die ersten Moves am Pfeiler waren für mich die Crux der Länge. Mein Nachsteiger wechselte erst ein paar Meter weiter oben so richtig auf den Pfeiler, das schien einfacher, wäre aber für den Vorsteiger in Bezug auf Seilverlauf bzw. Sturzraum unangenehm. Achtung, diese Länge ist etwas seilzugträchtig, unbedingt die erste Exe verlängern und nachher schadet es auch nicht (sofern man sich denn traut).
Da wird einem warm ums Herz als Kletterer! Let's Go (L1, 6c)
L2, 6b+, 40m: Die Route führt nun direkt über den Pfeiler in die Höhe, wobei sich dieser bald in der Wand verliert. Der erste Haken muss etwas weit aber vergleichsweise gemütlich angeklettert werden. Doch dass da zwei Bolts so kurz hintereinander stecken, lässt etwas vermuten. Nämlich eine knifflige Stelle, wo man ein paar abschüssige Leisten identifizieren und zwicken muss. Fortan geht's wieder besser dahin, eine weitere, etwas einfachere Stelle mit zwei nahen Bolts fordert mehr fusstechnisch. Zuletzt dann an einem Riss/Schuppe hinauf, mit nochmals einem unterhaltenden Rätsel kurz vor dem Stand.
Links vom Pfeiler wieder in die Wand hinein heisst es in L2 (6b+).
L3, 6c+, 35m: Man wechselt hier vom Stand weg über den breiten Riss/Verschneidung hinaus in die rechte Wand. Diese präsentiert vorerst noch nicht die grossen Schwierigkeiten. Der Fels hat hier einen Anflug von der berüchtigten Klötzliware - fand das aber nicht weiter schlimm, mit etwas alpiner Erfahrung problemlos. The 'meat of the pitch' folgt dann auf den letzten 15m mit überhängender, athletischer Ausdauerkletterei an der Kante des markanten Turms. Die Griffe sind zwar schon durchwegs (recht) gut, zeigen aber oft in die falsche Richtung und man muss sich mit dem Körper durchaus mehrere Male hin- und her positionieren. Ich fand das noch eine zähe 6c+, konnte mit einem doch durchaus fühlbaren Pump aber onsight passieren.
Hinauf auf den steilen Turm in L3 (6c+). In Originalauflösung erkennt man auch 2 Adler über uns!
L4, 4a, 35m: Kurzes Überführungsstück an den oberen Wandteil. Erst gibt es noch ein paar schöne Moves in kompaktem Fels, dann wird das Gelände grasig, lottrig und einfach - dafür ein guter Platz für eine Pause und um nochmals Kräfte zu tanken für das Finale. Den laut (Original)topo vorhandenen, zweiten Standhaken konnten wir nicht auffinden - entweder Tomaten auf den Augen oder er existierte noch nie...
Nein, solch kompakten Tropflochfels findet man in L4 nicht, das Foto ist von L1 (6c).
L5, 7b, 40m: Auf dem Netz haben wir schon gelesen, dass die Crux der Route sich am Wulst ein paar steile aber gutgriffige Meter über dem Band befindet. So auf den ersten Blick denkt man sich zwar eher "kann das wirklich so schwierig sein?", denn sonderlich steil wirkt die Stelle nicht und gar nicht mal so wenige, griffig scheinende Seitleisten erkennt man bereits aus der Ferne. Tja, wie schon befürchtet liegt das Problem darin, seine Füsse über den Wulst zu bringen und auf der wenig strukturierten Wand Gegendruck zu erzeugen. Wer kühn und stark ist, packt das so gleich im ersten Go. Das blieb mir verwehrt, ich konnte aber nach einigem Pröbeln eine elegante und tragfähige Lösung entschlüssen, wo ich onsight sicher nicht darauf gekommen wäre - also zurück an den Start! Schliesslich konnte ich die Stelle klettern und stand dann vor dem "Problem", nun noch den Rest der Länge onsighten zu müssen. Vorerst klettert man einfach an einem Riss (mit Cams zu sichern), gefolgt von einem griffig-pumpigen, eng gebolteten Steilstück. Uh, oh, so viele Körner waren nicht mehr übrig... zum Glück legt sich das Terrain wieder etwas zurück und fordert eher mutiges Antreten. Dies vor allem, weil hier ein 10m-Runout folgt. Dank dem unpräzisen Topo und den kaum sichtbaren Haken war ich auch gleich noch ahnungslos, welche Richtung anzupeilen wäre (ca. 1 Uhr, direkt hinauf!). Nun folgen nochmals drei eng steckende BH und wie man es sich denken kann, eine richtig schwierige, kleingriffig-technische Wandstelle. Meines Erachtens neben dem Wulst die zweitschwierigste Kletterstelle der Route, am Ende noch gewürzt mit einem netten Quergang (v.a. für den Nachsteiger). Achtung, diese Länge ist stark seilzugträchtig!
Am Ende von L5 (7b) darf sich auch der Nachsteiger engagieren!
L6, 6b, 35m: Die im Nachmittagslicht stehende Abschlussplatte wirkt sehr attraktiv und bietet tatsächlich nochmals sehr schöne Kletterei. Sie ist offiziell mit 6a bewertet, was ich aber klar zu tief finde. Mit grosszügigem Riesenslalom zu den (auch nicht etwa üppig steckenden) Bolts geht's vielleicht noch etwas einfacher, aber direkt in Hakenlinie durchaus eine nicht zu unterschätzende 6b. Vorsicht dann am Ende: bei deutlich nachlassender Felsqualität klettert man die letzten 8m gerade über den BH empor zum Stand - im Sturzfall knallt man ungebremst aufs Band. Klaro, schwierig ist das nicht, aber ein Fehler (v.a. in der Griff-/Trittwahl) liegt da nicht drin.
Sehr schöne Kletterei über die Abschlussplatte in L6 (6b).
Um 14.50 Uhr waren wir schliesslich beide am Top der Route, somit hatten wir doch fast 5:00 Stunden gebraucht für nur gerade 6 Seillängen. Das Gelände ist aber anhaltend steil und fordernd, geschenkte Meter gibt es ganz wenige. Vor allem hatte ich mir die Zeit genommen, alles freizuklettern und die Cruxlänge in mehreren Versuchen zu punkten. Bedingungen und Ambiente waren aber perfekt und so konnten wir hochzufrieden zum Fist Bump ansetzen. Über die Route könnte man rein aufgrund vom Verlauf zwar durchaus abseilen, die Stände sind aber weder verbunden noch mit Abseilringen ausgestattet. So wechselten wir ca. 100m hinüber zum Top von Königswasser, wo die steile Abseilpiste verläuft. Der Beginn ist mit einem Steinmann markiert, der Stand liegt ca. 5m weiter unten in der Wand, man kann/muss den Zugang mit einer Block-Sanduhr sichern! Dann geht's zügig in die Tiefe, in der steilen Wand positioniert sich das Seil stets selbst und so sind die 5 Manöver (25m, 35m, 40m, 50m, 50m) im Nu erledigt. Allerdings: das Material auf dieser Abseilpiste ist nicht mehr taufrisch, insbesondere neue Schlingen an den Standplätzen wären kein Luxus. Am Wandfuss war bereits der Schatten eingekehrt und auch der Tag neigte sich schon bald dem Ende entgegen. So stiegen wir zügig über die weglosen Hänge ab und erreichten bald hochzufrieden unser Automobil.
Facts
Hinter Glatten - Let's Go 7b (6b+ obl.) - 6 SL, 230m - Pfenninger/Müller 1994 - ***;xxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Express, Camalots 0.3-2
Sehr schöne Klausenroute mit athletischer Kletterei in meist prima Fels mit seinen ortstypischen Leisten, rauen Auflegern und flachen Henkeln. Wie üblich gibt es auch hier ein paar Meter von minderer Gesteinsqualität und ein Intermezzo über ein schrofiges Band, was aber nicht weiter stört. Die Route bietet anhaltende 6bc-Kletterei, gewürzt mit 2 schwierigeren Einzelstellen in L5. Die Absicherung ist an allen Stellen >=6c sehr gut ausgefallen (xxxx). Darunter auch meistens gut (xxx), stellenweise gilt es mit Cams zu ergänzen, vereinzelt muss auch einmal ein paar Meter in nichttrivialem Gelände 'marschiert' werden. Überwiegend handelt es sich um verzinkte Bolts, nur an den Ständen und im oberen Teil steckt teils rostfreie Ware. Sie sind aber 26 Jahre nach der Erstbegehung von aussen betrachtet noch in gutem Zustand. Hinweis: ein Rückzug über die Route sollte zwar gut möglich sein, zum Abseilen ist aber nichts eingerichtet, somit käme man nur mit Materialverlust runter. Ein Topo findet man im Extrem Ost oder im SAC-Kletterführer Glarnerland.
Die gewaltige Gonzenwand ist vom Tal aus sehr prominent sichtbar. Trotzdem gab es hier bis Anfangs der 1990er-Jahr nur die klassische Steiger/Abderhalden als Gesamtdurchstieg und die Wand war als grasig, brüchig, gefährlich und unlohnend verschrien. Als erste moderne Route wurde schliesslich die Diretissima 'Gonzo' von oben eingerichtet, sie fand jedoch wegen ihrer Schwierigkeit, der Absicherung und ihrem Erschliessungsstil nie Popularität. Den eigentlichen Startschuss zur klettersportlichen Entdeckung der Wand gab dann aber der treffend benannte 'Füürsetzer' im Herbst 1996. Die kurz darauf eingerichtete Fortsetzung im oberen Wandteil wurde 'Ablöscher' getauft. Die logische Herausforderung besteht nun darin, die Begehung der beiden Routen zu kombinieren, was (je nach Aufteilung der Seillängen) einen rund 20 SL langen Gesamtdurchstieg ergibt. Soweit uns bekannt ist, wurde diese absolut suggestive Kombination bisher nur wenige Male ausgeführt und die Trophäe für eine komplette RP-Begehung an einem Tag war auch noch zu holen. Nun denn, genau diese hatten wir uns zum Ziel gesetzt...
Die Gonzen-Südostwand mit dem Verlauf von Füürsetzer (12 SL, 7a) und Ablöscher (9 SL, 7a).
Zuerst wollte der Tagesablauf geplant werden: im Text-Wetterbericht war am Abend von möglichen Schauern die Rede. Konnten wir dem glauben? Zweifel streute die Radar-Animation, sie zeigte nämlich nur am frühen Morgen eine Schauerperiode, während es nachher den ganzen Tag trocken bleiben sollte. Auf welches Pferd sollten wir also setzen? Mit einem frühen Aufbruch machte man potenziell weniger falsch als umgekehrt, so liefen wir bei stark bedecktem Himmel um 6.30 Uhr vom P.730 am Anfang vom Gonzenwald los. Auf den Forststrassen und zuletzt dem Bergweg ging's zum Cholplatz (P.1155), von wo man die nach W führende, deutliche Wegspur Richtung Follaplatten und Wandfuss einschlägt. Nach ca. 100-150m führt eine undeutliche Wegspur direkt in den Wald hinauf. Sie führt ultimativ in die Gemsweid-Route und stellt auch für den Weg zum Füürsetzer auch eine zeitsparende Abkürzung dar. Auf ihr erreicht man den Wandfuss etwas rechts (östlich) des Einstiegs, muss also zuletzt etwas nach links hinauf aufsteigen, bis man die deutlich sichtbare Treppe, die man früher zum Erzabbau in den Fels gehauen hat, erreicht.
Regenwetter aussitzen im Gonzenwald. Naja, die Gemütlichkeit lässt sich in etwa erahnen. Halbwegs trocken war es aber.
Es kam wie es kommen musste: schon während dem Zustieg fielen erste Tropfen und als wir uns nach 45 Minuten Gehzeit dem Wandfuss näherten, mussten wir schlicht und einfach konstantieren, dass es nun richtig zu regnen begonnen hatte und zumindest vorerst nichts mit Klettern los war. Es blieb nicht anderes übrig, als sich mit Komplettmontur in den rudimentären Regenschutz einer mächtigen Buche zu setzen und einmal abzuwarten. Früher wäre man wohl umgehend wieder nach Hause gegangen. Doch die Radar-Animation auf dem Smartphone gelobte Besserung. In etwa 40 Minuten sollte es wieder zu Regnen aufhören, schliesslich schob sich dieser Zeitpunkt noch etwas weiter nach hinten, aber nach einer guten Stunde rumsitzen war endgültig fertig mit der Tropferei. Die Wand war aber noch nass, so dass wir uns vorerst noch am Fuss der Gonzenwand ein wenig die Füsse vertraten und auf Entdeckungstour gingen - das ist hier interessanter als anderswo am Fusse von Bergen, da man allerhand Spuren und Installationen des früheren Bergbaus entdecken kann. Nachdem nun sogar erste Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke blitzen, ging es mit der Felstrocknung voran und wir konnten um 9.15 Uhr schliesslich losklettern. Aufgrund des Regenschauers hatten wir also bereits rund 2:00 Stunden an Zeit verloren, nicht gerade optimal für unser Vorhaben.
Hier geht's los! Allzu auffällig ist die Plakette vor Ort jedoch nicht...
Füürsetzer
L1a, 25m, 6b: Einstieg in der Mitte des offensichtlich sichtbaren Teils der Treppe, eine Namensplakette ist vorhanden. In gemässigten Schwierigkeiten zu einem ersten Dächli, dessen Überwindung gar nicht mal so einfach ist und am besten mit einem beherzten "Biss ins Gras" gelingt. Nach einer weiteren kniffligen Stelle über die steile Verschneidungswand hinweg erreicht man den (Zwischen)stand.
Die Sonne scheint, der Fels ist trocken, endlich kann es losgehen. In L1a (6b), im Vordergrund das kleine, schon einmal nicht ganz triviale Dächli. Der Akteur an der im Text erwähnten Stelle über die Verschneidungswand hinweg.
L1b, 25m, 6b: Es geht nach rechts an die griffige Schuppe, wo diese ausläuft muss in zwingender und fordernder Reibungskletterei linkerhand eine vergammelte Sanduhrschlinge erreicht werden. Etwas hinauf, nochmals fordernd nach rechts bevor einen die Verschneidung an den Stand führt. Um die ganzen 50m an einem Stück zu klettern ist es zwingend erforderlich, fast ausschliesslich auf 60cm verlängerbare Alpine Draws zu verwenden und Halbseiltechnik zu verwenden. Der Zwischenstand ist sicherlich nicht sonderlich bequem, dürfte aber für die meisten die bessere Lösung darstellen.
Mein Seilpartner wollte die Herausforderung annehmen, die Monstergeräte (L1, L3 & L5) in einer Sequenz zu klettern und zu punkten. Es gelang und ist damit also bei entsprechenden Reserven möglich. Persönlich würde ich die Zwischenstände nutzen, denke das macht durchaus Sinn. Hier im Nachstieg in L1b (6b), gleich hinter dem Akteur ist klar die in den Fels gehauene Treppe sichtbar, ab welcher die Route startet.
L2, 50m, 6a+: Zuerst muss in geneigtem, grasigem Gelände selber abgesichert werden (mit Cams 0.5, 0.75 gut möglich), bevor eine Plattenstelle mit Sanduhr & BH folgt. Diese ist links umgehbar, was vielleicht gar nicht die schlechteste Lösung darstellt. Ein Sturz würde nämlich vermutlich auf dem Grasband darunter enden, was schmerzhaft sein dürfte. Über eine Verschneidung/Rampe klettert man zum markanten Riss, der mittels einer plattigen Querung erreicht wird. Ein paar schöne Klemmer bringen einen zum Placement für den Camalot 3 und schliesslich zum Stand.
L3a, 25m, 6b+: Der Auftakt an Seitgriffschuppen geht noch relativ gemässigt über die Bühne, zusätzlich lässt einen die vorerst gute Absicherung ohne aufgestellte Nackenhaare voranschreiten. Das ändert sich für die Crux, vor welcher leider nur ein zweifelhafter Profil-Schlaghaken steckt. Ca. 1m höher in Richtung 11 Uhr passt noch ein mässig sitzender, kleiner Cam. Dann heisst's aber Vertrauen haben. Die plattigen Moves an kleinen Silexeinschlüssen sind genial - allerdings muss man hoffen, dass es nach den ersten, prekären Aufstehern dann auch irgendwie weitergeht, denn bis zum Zwischenstand wartet doch noch ein ordentlicher Runout. Ich schweige mich hier einmal über die Details der zu wählenden Lösung aus (...), die unsichere Perspektive, die Zweifel ob die letzte Sicherung hält und das suboptimale Sturzgelände erfordern hier schon einmal gehörig Selbstvertrauen.
Super Plattenkletterei wartet in der dritten Seillänge, hier bereits im Teil L3b (6c oder auch etwas mehr...).
L3b, 25m, 6c: Die zweite Portion der dritten Seillänge ist ein Plattenknaller erster Güte. Es warten sehr anspruchsvolle Moves über die Steilplatte hinweg, ohne 100% Vertrauen in die Füsse und einem soliden Nervenkostüm geht hier nichts. Zum Ende hin werden die ohnehin schon nicht kurzen Abstände noch weiter, zudem muss die Linie richtig interpretiert werden. Meines Erachtens definiert dieser Abschnitt den für den Vorsteiger forderndsten Part der ganzen Route, ich würde hier auf jeden Fall eine 6c+ wenn nicht sogar 7a geben. Darüber hinaus dünkt mich der Zwischenstand auch hier wieder sehr empfehlenswert. Ohne 60er Alpine Draws und Halbseiltechnik geht's sicher nicht in einem Stück und wenn auf diesem anspruchsvollen Reibungsgelände ganz am Ende will man sicher nicht auch noch mit Seilzug kämpfen.
L4, 25m, 6c+: Sehr schöne Seillänge, die etwas athletischer und besser gesichert als andere daherkommt. Technisch geht's unter das Dächlein, mit kniffligen Moves darüber hinweg. Hier braucht es alles: Athletik, Beweglichkeit und Vertrauen in die Füsse. Der Fels ist mega, inklusive einem Fingerloch. Zum Stand hin wird es dann wieder eher reibungslastig, die Moves lösen sich allerdings prima auf. Der im Topo verzeichnete Schlaghaken am Ende war noch da - als ich ihn klippen wollte, sprang er mir jedoch gleich entgegen. Somit fehlt er nun, es geht aber auch gut ohne.
Supercoole Kletterei bei luftiger Exposition in L4 (6c+).
L5a, 20m, 6b: Hier mogelt man sich zuerst nach rechts, der nachfolgende Runout geht gut über die Bühne und auch die Steilzone zum Zwischenstand fordert weniger wie man meinen könnte, hier könnte man auch ohne allzu grossen Sorgen die Sicherungen grosszügig verlängern. Der folgende Zwischenstand ist hier sicherlich sehr unbequem - doch ausser wenn man von seinen Fähigkeiten überzeugt ist, nimmt man ihn vielleicht doch lieber in Anspruch (auch wenn so L5b eigentlich nur noch als 6c+ gilt...).
Schon beinahe wendenmässige Dimensionen bietet der Ausblick auf L5a (6b), der Akteur gerade etwa beim Zwischenstand.
L5b, 30m, 7a: Der zweite Abschnitt in der fünften Seillänge bietet die Hauptschwierigkeiten, aber auch geniale Kletterei. Der Fussarbeit kommt immer noch eine wesentliche Komponente zu, hier ist die Kletterei aber schon weniger reibungslastig, zudem gibt's mit Tropflöchern und wasserzerfressenen Griffen auch handfestes Material zum Festkrallen. Insgesamt erschien mir dieser Abschnitt etwas zugänglicher wie L3b, sowohl von den klettertechnischen wie auf von den mentalen Anforderungen her. Zuletzt geht's dann an eine Rippe heran, wo der Fels auf dem letzten Meter nicht mehr ganz so perfekt ist. Ein abstehende Schuppe erscheint verlockend, aber ob sie wohl hält?!? Im Sturzfall wäre man auch nur durch ein besonderes Exemplar von einem Profilhaken gesichert (immerhin ist die Wand hier absatzlos, steil und der letzte BH ist nicht weit weg). Mangels Alternativen hat wohl bisher jeder Begeher nach Momenten des Zweifels die Schuppe gekrallt und ja, sie ist noch dort!
Suuuper Kletterei in L5b (7a), hier die Sequenz über die letzten 2 Haken hinweg an die im Text erwähnte Rippe.
L6, 35m, 6a+: Der Auftakt irgendwie so ein undefiniertes Gemisch aus "jetzt ist Ende der Schwierigkeiten" und "ist ja doch nicht so einfach" - gut abgesicherte Kletterei in etwas glattem Fels mit ein paar Schlitzen und Löchern. Dann geht's mit einem Runout zwischen zwei Schuppen hinauf, ein bisschen bewachsen, Cams sind dienlich. Schlussendlich wird's endgültig grasig und einfacher, nur zum Schluss prüft eine glatte Platte nochmals den Haftreibungskoeffizienten. Ob diese wirklich so schwierig ist, wie sie einem im Vorstieg mit dem Gewicht des Seils, ungutem Sturzpotenzial und sich ausser Sichtweite befindlichen Partner vorgekommen ist, beantwortet der Nachfolgende dann, indem er sie fast freihändig hinaufspaziert. Das Erzband beim Stand ist wirklich sehr interessant, das Wandbuch hingegen hat leider das Zeitliche gesegnet und ist abgestürzt.
L7, 40m, 5b: In recht gutem Fels geht's über die Wand gleich oberhalb vom Stand. Einen grossen Linksschlenker (wie im Topo) muss man nach dem zweiten Bohri nicht einlegen. Der dritte befindet sich ziemlich direkt oberhalb des Wulstes an der linken Begrenzung der Felszone, man muss nicht um die Ecke herum. Danach geradeaus weiter zum Stand.
Tiefblick auf Sargans aus L7 (5b).
L8, 40m, 4c: Über geneigte Platten mit gutem, etwas glattem Fels geht's hier zwischen viel Gras hindurch in die Höhe. Die Büschel nutzt man bisweilen gerne als Griff oder Tritt. Sonst wäre es nämlich bestimmt schwieriger wie 4c und auf der eigenen Bananenschale auszurutschen wäre denn trotz der vernünftigen Absicherung längst nicht überall empfehlenswert. Der Stand dann ziemlich unscheinbar leicht rechts - da weder der Kollege "Seil aus" ruft und einem das Gelände weiterlockt, könnte man in gut verpassen.
L9, 50-60m, 2a: Wer das Mittelband erreichen möchte, um im oberen Wandteil noch eine Route zu klettern oder einen Fussabstieg zu machen, der muss noch eine weitere, grasig-einfache Seillänge ohne Zwischensicherungen klettern. 50m reichen gerade, um zur oberen Wand zu kommen und dort einen BH zu klippen. Zum Beginn vom Ablöscher geht's jedoch noch ein Stück nach links, wozu längere Seile oder gemeinsames Steigen nötig sind. Wer die Kletterei nach dem Füürsetzer beenden möchte, seilt wohl am bequemsten nach L8 wieder ab. Die Abseilerei dürfte relativ gefahrlos (in Bezug auf Steinschlag) sein, man kann ohne Gepäck klettern und zeitlich ist das Rausqueren über das Mittelband und ein Fussabstieg über Leiter vermutlich nicht allzu viel schneller.
Um 14.15 Uhr und damit nach 5:00 Stunden Kletterei hatten wir das Mittelband erreicht. Bisher war uns alles Rotpunkt gelungen und während das Wetter zwar nicht eitel Sonnenschein versprach, so schien es doch noch zu halten. Einem Versuch im oberen Wandteil stand somit nichts im Wege, zumal man hier auch ziemlich subito mit wenigen Abseilern das Band wieder erreicht, wo man zur Not Schutz vor dem Wetter finden könnte.
Mittelband-Impressionen: unterwegs auf dem letzten Abschnitt von L9 im unteren Teil. Das Mittelband selber würde man ungefähr dem Seilverlauf entlang verfolgen. Es bietet nirgendwo grosse Schwierigkeiten, ist aber doch über weite Strecken exponiert (T5). Wenn man rausquert, so geht man später unter dem sichtbaren Felsriegel durch und erreicht die bewaldete Bergschulter im Hintergrund.
Ablöscher
L1, 50m, 6a: Eine sehr spezielle Seillänge, nämlich ein mordslanger Quergang, der sich nur wenige Meter über dem Mittelband vollzieht. Der Beginn sieht auf den ersten Blick gut gesichert aus, jedoch steckt der erste BH tief und der Weg zum zweiten ist etwas heikel-nichttrivial. Nach dem dritten hat man sich schliesslich auf den Querfugen etabliert, über welche man weit nach links quert. Klar ist das nicht so schwierig, man kann schon fast von "Gehen im Fels" sprechen. Die Absicherung ist aber spärlich, der Fels nicht überall restlos zuverlässig und die Schlitze bisweilen etwas staubig. Gerne platziert man noch den einen oder anderen Cam in den Querfugen - ein Sturz zur Unzeit könnte sonst zu einem Grounder führen.
Ein langer Quergang mit luftiger Absicherung bildet den Auftakt zum Ablöscher (L1, 6a).
L2, 20m, 7a: Auch hier wartet nochmals ein aussergewöhnliches Programm. Athletische Moves führen durch eine Dachzone. Nicht ganz simpel ist der Klipp des zweiten Hakens, der etwas abseits der gängigsten Kletterlinie steckt. Und der verführerische Block danach ist also nicht gut verwachsen, doch schon manch einer (der wohl seltenen Begeher dieser Route) wird sich in Not und Verzweiflung seiner bedient haben. Die enge Absicherung in der Dachzone bezahlt man danach mit einem Runout in der ansetzenden Verschneidung. Es wartet fordernde, fusstechnische Kletterei mit Potenzial für einen ziemlichen Abflug, puh! Zuletzt dann (scheinbar?!?) etwas unlogisch nach rechts zum Stand. Wer im Füürsetzer in den Monsterlängen ohne die Zwischenstände ausgekommen ist, kann diesen hier problemlos überspringen und weiterklettern - es ist eher besser möglich als im unteren Teil, einzig den Stand kann man so natürlich nicht klippen.
In L2 & L3 (die wir verbunden haben, 7a) wartet teilweise fantastische Kletterei.
L3, 20m, 6c+: Zuerst wartet superschöne, gonzentypische Querschlitzkletterei. Einfach die Übersicht behalten, wo die Füsse zu platzieren sind, so geht das ohne grosse Mühe vonstatten. Die Klimax folgt dann zum Ende hin, wo kleinere Griffe und Reibungstritte zu bedienen sind. Der direkte Weg vom letzten BH zum Stand wäre nur ca. 3m, doch das dortige Umkehrmaillon spricht Bände. Zu klettern ist die Stelle nämlich nur linksherum heikel einer Schuppe entlang, wobei man zuletzt fast etwas absteigend zum Stand gelangt. Insbesondere der letzte Schritt auf die kleine Standleiste ist nochmals richtig fies, so dass hier trotz nominell gutmütig scheinendem Abstand richtig Psyche nötig ist!
L4, 40m, 6a+: Am vorletzten BH dieser Seillänge endete unsere Begehung. Schon der Weg dahin will sich erkämpft werden! Die Hakenabstände betragen hier gute 7-8m bei fordernder, steilplattig-fusstechnischer Kletterei. Wie immer bei solch luftiger Absicherung besteht auch die Gefahr, deutlich über der letzten Sicherung in eine Quasi-Sackgasse zu geraten. Wenn dann Rückwärtsfahren nicht erlaubt bzw. möglich ist, so hiesse das dann, weitab vom letzten Bolt gleich nochmals schwierige Moves wagen zu müssen. Ebenfalls unangenehm ist die Tatsache, dass diverse der besseren Griffe fragil wirken - da überlegt man sich dann 2x, ob man meterweit über dem Haken so richtig herzhaft daran ziehen mag, um Druck auf die Füsse zu bringen. Ein Sturz zur Unzeit könnte hier 15m in die Tiefe führen - nicht etwa mit einem stilvollen Segler, sondern mit Anprall an die Wand und Kontrollverlust. Den grössten Teil der Länge mit dem Herz in der Hand schon bewältigt, musste schliesslich beim BH Nr. 5 doch noch die Wahrscheinlichkeitsrechnung bemüht werden. Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass mir der heikle Aufsteher 3m über der Sicherung gelingt? Wie gross ist sie, dass danach die nächsten 3m zum Rettungsanker auch noch machbar sind (denn ein zurück wäre nach dem Move sicher nicht mehr möglich...)? Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, den drohenden Sturz so glimpflich zu überstehen, um noch selbständig zu Tal zu kommen? Solche Gedanken sind immer der Anfang vom Ende... und genau so kam es. Keinem von uns schien es verantwortlich, das Risiko einzugehen - eine bittere Pille. Andererseits muss man einfach wissen, wann Schluss ist und die Konsequenzen ziehen. Einmal überehrgeizig zu weit zu gehen, könnte noch viel unangenehmere Folgen haben.
Das war's... auf dem Heimweg mit Ausqueren über das Mittelband.
Das Paradoxe war ja noch, dass wir bis dahin alles hatten Rotpunkt klettern können und nominell die Hauptschwierigkeiten längst hinter uns hatten. Aber das half uns natürlich in dieser Situation auch nicht weiter. Eine Opfergabe (alter Karabiner) und einen 50m-Abseiler später standen wir wieder auf dem Mittelband, könnten die Schuhe schnüren und von dannen trotten. Der Weg hinaus über die Gemsweid zur Wang war uns von früheren Touren im oberen Wandteil bestens bekannt. Via den Direktabstieg nach Älpli gelangten wir zur Leiter, stiegen diese ab und erreichten so wieder unseren Ausgangspunkt. Auch wenn das ultimative Ziel unerfüllt blieb, so war es doch ein prima MSL-Tag mit vielen Klettermetern gewesen und immerhin hatten wir ja den Füürsetzer komplett geklettert. Da dürfen wir dem Erstbegeher dankbar sein, dass er für den unteren und den oberen Wandteil je einen separaten Namen vergeben hat - das war ein echt smarter Move, danke Thomas :-)
Sehr schöne und anhaltend anspruchsvolle Plattenkletterei in weitgehend gutem bis sehr gutem Fels, nur die einfacheren Abschnitte sind etwas grasig. Die Absicherung darf man als "gut" bezeichnen, aber geschenkt wird einem hier nichts. Wie wir es uns in Routen von Thomas Wälti gewohnt sind, ist die Bewertung der plattigen Abschnitte hart und die dortigen Abstände fordernd.
Abwechslungsreiche und spektakuläre Linie mit luftiger Linienführung durch die obere Gonzenwand. Von Quergängen über athletische Passagen bis hin zur abschüssigen Steilplatte wird das ganze Programm geboten und fordert den kompletten Kletterer. Die Absicherung ist an den schwierigen Stellen recht gut, wenn auch sehr zwingend. An den einfacheren Stellen hilft aber oft nur das Motto "Augen zu und durch" bzw. der mutige Schritt vorwärts, auch weit über der letzten Sicherung und bei ganz klar suboptimalem Sturzgelände.