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Donnerstag, 30. Januar 2025

Cresciano Bouldering Januar 2025

Während einem substanziellen Teil vom Januar 2025 herrschte im Tessin sonniges Winterwetter. Bei den höher gelegenen Blöcken von Chironico lag Schnee, ebenso ist die bei tiefen Temperaturen willkommene Sonne dort nur für ein kurzes Fenster zu Gast. Mehr frühlingshaftes Ambiente gab's an den Massi von Cresciano, so dass ich diesen den Vorzug gab. Der Nachteil dieser Wahl: man kann nicht auf Strassennähe zählen, die Pads müssen rund eine halbe Stunde hinaufgebuckelt werden. Mit meiner doch noch vorhandenen Alpinisten-DNA kein grösseres Problem. So waren mir drei wundervolle Sessions nach dem Motto "just me, the boulders, the winter sun and the crisp air" vergönnt - fantastisch!

Session 1 in den Sektoren Letamaio & Danilo

Dieser relativ kleinen Sammlung von Blöcken zwischen den beiden populären Sektoren Filo a Sbalzo und Danilo gab ich beim ersten Ausflug den Vorzug. Insbesondere dem grossen Letamaio-Block, wo es vom grossgriffigen 6A-Aufwärmproblem bis zu den High-End-Traversen wie La rondeur de tes seins (8A+) oder der crazy hohen Don't look up (8C) für alle Geschmäcker etwas gibt. Ich werkelte v.a. an der Traversa del Letamaio (7B), einer ziemlich langen Querung mit dem Attribut rasoterra: moderater, schon etwas ermüdender Start, dann eine knallharte Leistensequenz nur knapp über Grund, bevor noch etwas Power für den aufwärts führenden Ausstieg nötig ist.

"Tiefer kannst du nicht sinken...". Am Crimpen in der Traversa del Letamaio (7B).

"Tiefer kannst du nicht sinken", das hatte mir ein auf MSL fokussierter Kollege als Bemerkung zum Video geschrieben. So richtig ernst war das natürlich nicht gemeint. Aber auch wenn... es hätte mich nicht zum Nachdenken gebracht. Begeisterungsstürme zu diesem Video von einem Non-Send an einem No-Name-Dabby-Lowball hatte ich eh keine erwartet. Vor allem aber war ich mit mir total im Reinen: auch nach 35 Jahren im Klettersport macht es mir riesige Freude, an einem solchen Problem "umezchnüble", sprich eine machbare Lösung zu suchen, dabei kleine Erleuchtungen zu haben und den Plan für das Ganze zu entschlüsseln. Warum? Warum nicht! Oder vielleicht auch: weil man kann! In diesem Sinne war das eine absolut grandiose Session 💪🏼. Und eines Tages, da bin ich mir sicher, wird hinter diesen Boulder noch das ✅ gesetzt.

Sessions 2/3 in den Sektoren Naso di Zmut & La Boule

Es dauerte nicht lange, bis es mich wieder magisch durch das Gotthardloch zog. Zur Abwechslung wollte ich dieses Mal zwei der hinteren Sektoren inspizieren. Dem Topo und dem Vernehmen nach wartet da noch man spannende Herausforderung und vor allem hatte ich dieses Gebiet noch gar nie betreten. Schon bei meinem Warm-Up-Bouldern verweilte ich länger als geplant und fügte zum Balancy Froci che non riuscite (6B) einen Sitzstart und dann eine Extended-Version mit Einqueren von rechts hinzu. Steht beides nicht im Topo, dünkt mich aber absolut logisch, wenn man gerne ein paar Moves am Stück macht. So gibt's nicht nur mehr Kletterzeit, sondern auch mehr Schwierigkeit (ca. 6C). Aber vor allem liess sich auch ein Video aufnehmen, welches dem MSL-Kollegen als wertvolles Training für den Pizzo d'Eus verkauft werden konnte - das war nicht so einfach zu kontern.

Eine super Linie im Sektor La Boule: L'altra faccia (7B).

Schliesslich begab ich mich in die kleine Arena, wo mit Bouldern wie La Boulette (7B), Toccami tutta (7A+), L'altra faccia (7B) und Ci credo o non ci credo (7A) gleich mehrere optimale Turngeräte für mich herumstehen. An den mittleren beiden pröbelte und puzzelte ich ausgiebig herum. Schwindende Kraft und verbleichendes Tageslicht verhinderten schliesslich einen Send, motivierten aber zur baldigen Rückkehr. Zum Glück erfolgte diese zeitnah: solides Aufwärmen und dann rein in die Projekte, so lautete das Motto. Ob so viel Zielstrebigkeit den Blick nach links und rechts nicht vergessen jedoch auch. Als Produkt resultierte eine in den Topos nicht verzeichnete Möglichkeit am Block mit dem Boulder L'eliminante (7A+) im Sektor Naso di Zmutt. Vielleicht war das ja ein FA und falls mir das Privileg zusteht, einen Namen zu vergeben, so würde ich das Problem Save the duck (6A, Video) taufen. Wie man am Grad erkennt, schwierig zu klettern ist es nicht - nur die Möglichkeit gilt es zu erkennen.

Eine in den Topos nicht verzeichnete Möglichkeit im Sektor Naso di Zmutt: Save the Duck (6A).

Schon noch rechtzeitig vor dem Ausverkauf von Haut und Kraft widmete ich mich dann aber den Projekten. Wie gewünscht liess sich L'altra faccia nach dem idealen Vorprogramm zügig abhaken (hier geht's zum Video). Natürlich dauerte es nach der erfolgreichen Begehung nur Minuten, bis meine Matten unter dem nächsten Problem platziert waren. Zwar gelang mir mit Mano Lesta Sit (7A+) tatsächlich noch ein weiterer (für mich) schwieriger Boulder. Noch viele mehr blieben aber offen und motivieren, die Reise nach Süden wieder anzutreten, idealerweise gut disponiert, mit reichlich Haut auf den Fingerbeeren und einer ordentlichen Portion "Strom i dä Hose". 

Donnerstag, 23. Januar 2025

Skitour Nüenchamm (1904m)

Der Nüenchamm steht als Pförtner für den Zugang zum Walensee und zum Glarnerland und markiert so eine der am schnellsten erreichbaren Skitouren aus dem Raum Zürich. Trotzdem gibt es da nur ganz wenig Betrieb, was natürlich seine Gründe hat. Einerseits tritt der Gipfel nicht prominent hervor, sondern sieht mit seiner bewaldeten Flanke und dem breiten Plateau am Top mehr wie ein Hügel aus, welcher dem stolzen Mürtschenstock vorgelagert ist. Andererseits führt die Skiroute auf der Nordseite aber doch durch steiles Gelände, wo verschärfte Lawinen- und Absturzgefahr herrscht. So habe auch ich diesen Gipfel in meiner nun doch schon 30 Jahre währenden Skitourentätigkeit erst das zweite Mal angegangen.

Top of Nüenchamm mit Blickrichtung Linthebene.

Die Verhältnisse sind günstig und das Wetter schön, leider bleibt mir für längere Eskapaden keine Zeit. Noch dazu sind nach einer längeren Periode mit guten Bedingungen und ohne Schneefall die gut erreichbaren Skitourenziele zu einem Acker umgepflügt. So erhoffe ich mir, in den steilen Nordhängen am Nüenchamm noch einen Schübel unverfahrenen Pulver zu sichern. Etwas unklar ist, ob der tief gelegene Ausgangspunkt (Filzbach, P.707) tatsächlich schneebedeckt ist. Die Webcams zeigen, dass es gehen sollte. Notfalls könnte man auch via die Strasse zum Talalpsee oder mit der Sesselbahn nach Habergschwänd dem Schnee näher kommen. Das war aber nicht nötig - unten lagen tatsächlich nur wenige Zentimeter der weissen Materie. Da aber kompakt, war dies völlig ausreichend.

Wegen Hartschnee im Absturzgelände war auf 1700m ein Bootpack zwingend.

So stieg ich im Bereich des Sessellifts nach Habergschwänd auf und folgte dann den doch nicht so wenigen Spuren, welche Richtung Chalthüttli und Ober Nüen zogen. Ab dem Abzweiger in die Nüenchamm-Nordflanke war dann aber tatsächlich nur noch eine einzige Spur vorhanden, welche schliesslich auf rund 1600m endete. Es stand mir also rund 3 Wochen nach dem letzten Schneefall sogar die Ehre zu, den Gipfel als erste Person angehen zu können. Ab diesem Punkt wird es richtig steil. Der Aufstieg verläuft entweder über engen und bewaldeten NNE-Grat, oder dem Sommerweg entlang in 40 Grad steilem Gelände zwischen mehreren Felsstufen hindurch. Ich entschied mich für letztere Variante. Eine vor längerer Zeit abgegangene Gleitschneelawine hatte jedoch eine solch harte Unterlage zurückgelassen, dass ich an der steilsten Stelle zu einer Portage von ca. 50hm gezwungen war. Das Gelände ist da exponiert, ein Rutscher wäre nicht zu stoppen gewesen und hätte schliesslich mit dem Sturz über eine Felsstufe geendet. Sprich, das ist eine Skitour für Leute, die sich in alpinem Gelände zu bewegen wissen.

Gleitschneeaktivität mit Anrissmächtigkeit von ca. 1m - hat wohl ganz schön gerumpelt!

Bei der Schulter auf 1740m kann man kurz etwas durchschnaufen, es präsentiert sich ein toller Blick auf den majestätischen Mürtschenstock. Gleich wartet aber das nächste Pièce de Résistance in Form einer weiteren Felsstufe. An diesem Punkt folgte ich der Gratlinie, was nochmals ca. 40hm Portage über eine steile Stufe mit lockerem Schnee erforderte - hier nun eine ziemliche Wühlerei, wo man oft auf den glatten Grasuntergrund durchkam. Nun im Nachhinein kann ich konstatieren, dass es da besser gewesen wäre, dem Sommerweg zu folgen und die Felsstufe westwärts zu umgehen. Oberhalb dieser Stufe trifft man dann auf sanftes Gelände, welches einen zum geräumigen Gipfelplateau führt. Einsamkeit und tolles Ambiente gab es da, super!

Majestätischer Mürtschenstock ab der Schulter auf 1740m.

Schliesslich machte ich mich auf die Abfahrt, denn die weltlichen Verpflichtungen riefen ja leider schon wieder. Aber zuerst gab es noch genussvolle Pulverschwünge. So lange nach dem letzten Schneefall gab es natürlich keinen super fluffy Powder mehr. Manchmal etwas zäh, teilweise etwas vom Wind bearbeitet, aber doch immer gut zu fahren. In der Abfahrt folgte ich dem Sommerweg bis zu den Schüplanggen und stach dann in direttissima zum Habergschwänd runter. Ab da gab es im zentralen Bereich unter dem Lift so etwas wie eine Piste. Kurz die Karte konsultiert um eine eigene und unabhängige Abfahrtslinie zu engineeren. Das gelang tiptop und wurde mit genussvollen Schwüngen in zischendem Oberflächenreif auf einer kompakten Unterlage belohnt. Toll war's, in einem kleinen Zeitfenster hatte ich eine doch etwas abenteuerlich und auch nicht ganz einfache Skitour realisiert und eine genussvolle Abfahrt gehabt!

Gipfelpanorama: Mürtschen, Schiltgebiet, Fronalpstock, Glärnisch und Rautispitz.

Facts

Nüenchamm (1904m) ab Filzbach (P.707)
1200hm Aufstieg, Ski-Schwierigkeit S
Achtung: Steiles, exponiertes Gelände, Lawinen- und Absturzgefahr!
Material: Steigeisen und Pickel können je nach Bedingungen nötig sein

Samstag, 18. Januar 2025

Neujahrstrip 2025 ins Val Pennavaire

Die Lage der Feiertage und der Trainingsplan (von Larina) verschafften uns über den Jahreswechsel 2024/2025 ein Fenster von 7 freien Tagen. Nach etwas Hin und Her fiel die Wahl schliesslich wieder einmal auf das Val Pennavaire. Dieses hatten wir in der Vergangenheit schon mehrfach besucht, allerdings klaffte schon eine Lücke von 5 Jahren seit unserem letzten Trip dahin. Höchste Zeit also, um den steilen und versinterten Felsen im Oltrefinale wieder einmal einen Besuch abzustatten. In der Zwischenzeit waren wiederum zahlreiche neue Sektoren erschlossen worden, einige davon konnten wir dieses Mal kennen lernen.

Marvel Area

Dieser Sektor befindet sich ziemlich hoch oben im Tal und wird von der Ortschaft Alto angegangen. Dabei passiert man zuerst den Sektor Corsia mit seinen kurzen, steilen und harten Boulderrouten, danach die fantastischen Sinterorgeln von Red Up. Wir wollten dieses Mal trotzdem weiter zur Marvel Area, obwohl ich auf dem Netz dazu die Bemerkung "im Allgemeinen sind die neu hinzugekommenen Gebiete nur noch Schrott: kurz und meistens Bouldern am Seil" gelesen hatte. Nein, 40m lange Ausdauerhämmer gibt's in der Marvel Area zwar tatsächlich keine. Die Routen weisen Längen von 15-20m auf und bieten die ortsübliche athletische Kletterei in Graden von 6a+ bis 8b. Die Sonne scheint zum Jahreswechsel von frühmorgens bis 14.45 Uhr an die Wand. Die Frequentierung scheint eher tief, wir waren an dem Tag allein an der Wand - dieses Privileg hatten wir sonst in diesen Ferien nie.

Unsere erste Pennavaire-Route bei diesem Trip: Silver Surfer (7a).

Obwohl wir am Anreisetag noch zwecks einem zu erledigenden 8a-Projekt in Claro geriegelt hatten, waren die Kräfte noch ziemlich frisch. Das wollten wir ausnutzen und wärmten optimistisch gleich in Silver Surfer (7a) auf. Diese Route ist der Blickfang im Sektor und wohl unbestritten auch die beste Route in diesem Grade Range. Als Ziel erkoren hatten wir die Route Flash (8a). Nun, in diesem Stil gelang uns die stark überhängende Verschneidung mit ihrer 3d-Kletterei definitiv nicht. Es erforderte doch einiges an Zeit und Tuning, bis eine (halbwegs) optimierte Sequenz identifiziert war. Bei Larina war es knapp, mir hingegen reichte der Strom nicht mehr für die Realisierung dieses Projekts. Als Trostpreis gingen sich noch die kurz-henklig-athletischen Nemo (7a) und La donna invisibile (7a) aus. Ob es eine weise Entscheidung war, sich diesen Dessert noch zu gönnen? Die nächsten Tage würden es zeigen.

Sagarmatha

Dieses erst kürzlich erschlossene Gebiet befindet sich hoch über Veravo auf rund 800m. Das verspricht viel Sonne bis zum Lichterlöschen, dafür einen relativ langen Zustieg. Die im Topo angegebenen 35 Minuten sind kaum einzuhalten. Es sind nämlich 450hm und auch noch etwas Distanz mit ein paar Flachlauf-Abschnitten zurückzulegen, man stelle sich also eher auf eine volle Stunde Anmarsch ein. Zwei, drei Routen haben bis zu 40m Länge und könnten den Anlass geben, ein 80er-Seil über den langen Weg hinaufzutragen. Die meisten Routen sind aber deutlich kürzer und auch mit einem 50m-Seil gut machbar. Die Kletterei ist eher senkrecht bis leicht überhängend in wasserzerfressenem Fels - also eher so wie wir es uns gewohnt sind und damit unterschiedlich von den henkligen Überhängen und sintrigen Grotten, welche sonst im Pennavaire dominieren.

Sommerliche Bedingungen im Sektor Sagarmatha, der Kletterer in Masherbrum (7b+).

Nach schon zwei harten Klettertagen, dem nicht ganz kurzen Zustieg und einer echt sommerlichen Wärme (um nicht zu sagen Hitze) am Fels war die Frische schon zu Beginn der Session nicht mehr ganz so ausgeprägt vorhanden wie zuvor. Der Optimismus hingegen schon noch, also wurde in Pumori (7a) aufgewärmt. Eine athletische Untergriff-Kletterei, anhaltend kräftig. Larinas Anspruch war, erneut 8a zu klettern. So konnte ich nicht kneifen und stieg auch in Sagarmatha (8a) ein. Ein paar Meter mit sehr kräftigen Zügen an Sinterpinches, Leisten und schmerzhaften Löchern stellen die Hauptschwierigkeit dar. Unser Effort war beiderseits "vergebens", "not on this day" lautete das Fazit. Natürlich ist das Ausbouldern von schwierigen Routen nie vergebens - das demonstrierte uns gleich ein interessierter Beobachter von unserem Tun. Der starke deutsche Kletterer profitierte gerne von der von uns erarbeiteten Beta und spitzte das Ding im Flash weg... so geht das! Zum Trostpreis gab's nicht ganz 8848m, aber doch noch zwei ganz imposante Trophäen: El Chalten (7a) und Masherbrum (7b+). Vor allem letztere ist eine tolle Route mit einem cruxigen Intro und danach 20m an anhaltender 7a-Kletterei in steil-leistigem Gelände.

Terminal

Diesen Fels kennen sicher alle, welche das Val Pennavaire schon einmal besucht haben. Denn er ist nicht neu und zudem steht er auch bestens sichtbar direkt über der Strasse am Taleingang. Das war denn auch der Hauptgrund für unseren Besuch. Nach den Erfahrungen vom Vortag lautete die Vorgabe der Teenies auf "maximal 5 Minuten Zustieg". Während es zwar nicht weit ist, war das Zeitlimit nur im Laufschritt einzuhalten... wenn einem das lieber ist, wie 10 Minuten normal zu gehen, warum nicht. Die Lage nahe an der Strasse und tief im Tal bringt auch ihre Nachteile mit: viel Andrang und um den Jahreswechsel ein nur kurzes Sonnenfenster von ca. 2-4h (je nachdem auf welches Ende des ca. 300m langen Felsriegels man schaut). Die Sache mit der Frequentierung entschärft sich durch die Präsenz von 100 Routen in den Graden 5a bis 8c+ mit bis zu 40m Länge und während ein bisschen Sonne am Vormittag zum Warmwerden hübsch war, so kamen die guten Bedingungen für die Hardmover sowieso erst mit dem Schatten.

Im Terminal haben wir keine Fotos gemacht: das ist die Flash (8a) in der Marvel Area.

Drei Tage Vollgas bis zum Abwinken, an diesem Tag plädierte ich von Beginn an auf Schonung und wollte als quasi "Semi-Restday" nicht in schwierige Routen einsteigen. Doch "maybe it was me" oder ich hatte die Rechnung nicht in Terminal-Graden gemacht. Schon die Newark (6b+) zum Aufwärmen war zäh, in der selten gemachten Torp (7a+) übersah ich Trottel die rettend-entscheidende Leiste und musste nochmal ein zweites Mal ran. Auch in Gimpo (7a+) fehlte mir im Onsight die Intuition für die korrekte Sequenz und zum Drüberbügeln der Extrastrom, ergo war auch eine zweite Runde nötig. Erst als es eigentlich schon fast komplett dunkel war, gelang mir in der Pablo Picasso (7a) endlich der gewünschte Sofortdurchstieg in einer Siebnertour - vorher hatte ich die besten Bedingungen lieber Larina überlassen, welche sich in der Alice Springs (8a) versucht hatte, wenn auch leider ohne Punkt am Ende.

Rocca della Garda / Austria Team, Papapuk, Inferno

Dieser Fels befindet sich wie der Sagarmatha hoch über Veravo in sehr sonniger Lage. Er ist unterteilt in mehrere Sektoren, wobei wir dem rechten Teil mit den drei unmittelbar angrenzenden Abschnitten Austria Team, Papapuk und Inferno den Vorzug geben wollten. Zuerst einmal darf man unseren Besuch dort aber als Beleg für meine Überzeugungskraft sehen. Denn nach nur einem Tag "Pause" im Terminal war der jüngere Teil der Familie schon wieder bereit, da hinauf zu laufen! Immerhin waren wir nun schon trainiert dafür und (das war ein gewichtiges Argument) es sind auch ~120hm weniger. Trotzdem, die 25 Minuten aus dem Topo schafft man auch hier mit sportlichem Gehen deutlich nicht. Insgesamt findet man rund 40 Routen von 5c bis 8a mit Längen zwischen 15m bis zu 35m. Oft nicht allzusteile Wandkletterei in wasserzerfressenem Topfels, wobei es auch ein paar stark überhängende Routen mit Sinterstrukturen und/oder Henkeln gibt.

Schöpferische Pause in der Killer Cath (8a).

Mit Selbstvertrauen ging's los, zurecht. Mit der Applausi (7a) war die Aufwärmroute nicht ein zu hoch gestecktes Ziel, sie ist gutmütig und obendrein top abgesichert. Wundervolle Felsstrukturen gibt's auch in der Muro della meraviglie (7a), wobei man dort gleich zu Beginn ein paar recht fingerkräftige Moves ausführen muss. Die Daltonmania (7b+) ist die meistbegangene Route im Sektor Austria Team. Durchaus eine lässige, sehr athletische Turnerei mit weiten Moves an passablen Griffen, manche davon aber leider chipped. Auch nicht alles natürlich ist in der Killer Cath (8a) nebenan, welche Larina sich als Projekt auserkoren hatte. Kurz vor dem Eindunkeln gelang ihr im als final deklarierten Go des Tages der Durchstieg. Zwischen ihren Versuchen reichte es für mich jeweils für den Onsight-Durchstieg der technisch-kleingriffigen Dedalo (7a) und der kurzen aber sehr powerigen Sinterroute Iracondi (7a). Fünf Routen durften also schliesslich auf die Ticklist geschrieben werden, im Nachhinein bin ich mir aber doch etwas reuig, nicht doch auch bei der Killer Cath mitgemacht zu haben...

Euskal

Die Wand von Euskal und die wenig oberhalb liegenden Sektoren Colosseo und Basura sind auch sehr traditionelle, schon früh erschlossene Pennavaire-Gebiete mit hohem Zuspruch. Total gibt es gut 100 Routen von 4a bis 8c+, welche zumeist überhängende, gutgriffige und athletische Kletterei bieten. Wer ab 7c aufwärts klettern will, ist im Euskal am besten aufgehoben. Das war für uns bisher nie der Fall, denn im Colosseo und im Basura waren wir schon mehrmals zugange, an der Powerwand aber noch nicht. Die Routenlängen betragen bis zu 25m, bis etwas nach 15 Uhr gibt es auch um den Jahreswechsel reichlich Sonne und die früher luftig (und offenbar auch etwas fies) gehaltene Absicherung wurde im Rahmen einer kürzlichen Sanierung verbessert. Was will man noch mehr?!?

Gewaltsdächer im Sektor Euskal: Larina in der Escalar Fanatico (8a).

Rote Punkte sammeln natürlich, doch ob der schwer über einem drückenden Wand fühlt man im Euskal schon bereits einen ersten Pump in den Armen, wenn man am Einstieg steht. Das muss wohl der Grund sein, warum wir zum Aufwärmen relativ moderat mit der Donostia (6b+) starteten. Es reichte dann aber doch nicht ganz für die optimale Betriebstemperatur, weshalb auch noch die homogene Ausdauertour Tapas (7a+) zu Rate gezogen wurde. Kletterei fast wie in der Halle, zumal auch noch alle Griffmöglichkeiten deutlich mit weissen Chalkflecken identifiziert sind. Das eigentliche Ziel (von Larina) war der Klassiker in diesem Sektor, Escalar Fanatico (8a). Es hingen fixe Exen, über deren Zustand man bereits vom Boden aus besorgt sein konnte. Wie sich wenig überraschenderweise zeigte zurecht: Alu-Fixkarabiner, dachartiger Überhang, staubiger Boden und viele Begeher ist einfach eine komplett untaugliche Kombination. Ich habe den Müll gleich entsorgt, bitte, gerne, de nada, niente. Mir gelang der Linkausstieg Fanatico equipador (7c), welcher neben viel ultrasteilem Henkelgelände mit einem One-Move-Wonder an der Dachkante aufwartet, das ich mit der Reichweite austricksen konnte. Die 8a-Variante bleibt hingegen im Projektstatus, bei schon fast düsterem bis inexistentem Licht zogen wir zum Ausklettern hingegen noch die Sexto Sentido (7a+).

Terminal

An unserem letzten Klettertag betätigten wir uns vor der Heimfahrt nochmals im Terminal. Dessen Charakter ist ja oben bereits beschrieben. Zum Aufwärmen wagte ich mich gleich in die Cristoforo Colombo (7a). Larina meinte: "wenn sie eine kontinuierlich schwieriger werdende Wettkampfroute kreieren wollten, dann ist ihnen das gut gelungen". Pumpige Sache, die Crux am Ende dünkte mich auch im leider nötigen zweiten Go noch taff. Wir verschoben uns nach rechts zu den Wänden, welche durch eindrücklich grosse Sintersäulen geschmückt sind. Entlang von diesen verläuft die Kotoko (7b). Weitgehend geht's recht gechillt dahin, am Ende heisst's dann aber noch Zupacken. Ein leichter Schauder überkam mich an dieser Stelle auch: der Riesensinter rechts weist oben nämlich einen deutlichen Riss auf und hohl wie eine Klangschale tönt er auch. Da kann man nur hoffen, dass die Erde nicht im falschen Moment einen Niesanfall kriegt... Unsere Ferien wurden schliesslich mit der Weeze (7a) noch etwas weiter rechts beschlossen. Ein schöner und gutmütiger Ferienabschluss entlang von Sintersäulen mit einer kurzen Crimpy-Crux.

Goodbye und bis zum nächsten Mal!

Sehr zufrieden, mit einem schönen Strauss an Sends, aber wie immer mit grosser Wehmut machten wir uns auf den Heimweg. Die Strassen waren frei und es ging zügig vorwärts. Es blieb Zeit zum Denken und Einordnen des Erlebten: grandios war es wie immer, klettertechnisch auch recht ergiebig. Wobei ich die ersten drei Tage vielleicht fast ein wenig stark auf die Tube gedrückt hatte und dies nachher ein wenig büssen musste. Tja so kommt es, wenn man der Jugend nacheifern will...

Dienstag, 7. Januar 2025

Jahresrückblick 2024

Das alte Jahr ist rum und das neue ist schon wieder zügig gestartet. Bevor es schon wieder zu spät ist, folgt an dieser Stelle der traditionelle Rückblick auf das vergangene Bergjahr. Dies hat sich durch allerlei Kletteraktivität vom Bouldern über das Sport- und Wettkampfklettern bis hin zu Mehrseillängen inklusive vieler Neutouren charakterisiert. Zur Erholung und zum Genuss wurde das Menü um einige sehr schöne Skitouren bereichert. Was wie schon in den letzten Jahren fehlt, sind alpine Grosstaten und klingende Gipfelnamen auf der Tourenliste.

Passt zum Jahreswechsel - zum Glück gab's in meinem Bergjahr 2024 viel Licht und kaum Schatten.

Sportklettern

Vor einem Jahr hatte ich mich etwas enttäuscht über die magere 2023er-Ausbeute gezeigt und Besserung für das 2024 gelobt. Und die ist mir nachhaltig gelungen. Mit 8b, 8a+ und 6x 8a rotpunkt sowie 5x 7c onsight gelangen mir viele wertvolle Begehungen, dazu kamen noch 127 weitere Sends in den Graden 7a-7c. Und das, obwohl ich subjektiv gesehen gar nicht so oft Sportklettern war. Auch längere Trips machten wir nur zwei: nämlich die (immerhin ziemlich ausgedehnten) Sommerferien in den Hautes-Alpes und eben erst vor dem Jahreswechsel im Val Pennavaire.

Aus den Sommerferien 2024: Hannah in der Ciao Criquet (8a) im Gebiet Rue des Masques.

Woher kommt dann diese grosszügige Ausbeute? Zwei Aspekte kommen mir in den Sinn: während ich mich Indoor schon seit langem weitgehend aufs Bouldern beschränke, war ich im 2024 auch Outdoor öfters an den Blöcken unterwegs. Der Traum, auch da mal noch ein paar (persönlich) schwierige Projekte zu realisieren lebt und hat wohl einen nicht zu unterschätzenden Trainingseffekt. Zweitens hatte ich im Herbst 2023 plötzlich und erstmalig milde Schulterbeschwerden. Laut der Kletterphysio waren diese auf Überlastung wegen muskulären Defiziten zurückzuführen. Also habe ich diese konsequent mit Krafttraining auszumerzen versucht. Das ist in Bezug auf die Beschwerden vollständig und nachhaltig gelungen, als sehr willkommener Nebeneffekt ist es auch meinem Kletterlevel zu Gute gekommen.

Neutouren

Erneut darf ich ein fantastisches MSL-Neutourenjahr bilanzieren. Mit Guido konnte ich zuerst zwei plaisirtaugliche Erstbegehungen im 6b-Bereich verbuchen, welche hier auf dem Blog schon publiziert wurden: nämlich zuerst die Kairos am Bockmattli, nach den Sommerferien dann das Donnerwetter am Brisi. Und als dritten Streich realisierten wir im November noch eine 11-SL-Route im Rätikon. Deren Begehung mit leichtem Gepäck und Rotpunktambitionen gelang nicht mehr vor dem Wintereinbruch und steht für die Saison 2025 auf der Agenda. Man darf dort mit Schwierigkeiten bis in den Bereich 7a rechnen, auf jeden Fall ein sehr interessantes Ziel für das MSL-Sportklettern, welches sicher viele Seilschaften begeistern wird.

Guido, immer mit viel Freude dabei, danke! Hier im Rätikon-Projekt aus dem November 2024.

Vor ziemlich genau 1 Jahr, um die kürzesten Tage herum, hatte ich mit Daniel ein Bigwall-Projekt am Gonzen begonnen. Metermässig machten wir damals gute Fortschritte. Es wurde dann aber doch April, bis der Schnee geschmolzen war und wir die Linie komplettieren konnten. Zu einer RP-Begehung ist es bisher jedoch nicht gekommen. Ganz einfach wird diese auch nicht zu haben sein, mit 7c aufwärts muss man mindestens rechnen. Die Route ist somit eher der Kategorie Special Interest zuzuordnen. Unmittelbar nach dem Sommerferien kam ich dann ziemlich unverhofft noch zu zwei Neutouren mit je 3 SL an der Roskirche in den Churfirsten. Daniel war an diesem kecken Felszahn aktiv und lud mich dazu ein, bei der Erschliessung vom Massnahmenpaket (7a+) und Sinnfrage (7a) mitzutun. Hier stehen schon alle Infos bereit, an der Roskirche gibt es inzwischen mehr als genug zu tun für einen langen MSL-Klettertag - wahlweise an der Sonne oder im Schatten.

Top of Brisi, nach Abschluss vom Donnerwetter. Die Weite stehe sinnbildlich für alle die weiteren Ideen, welche noch ihrer Realisierung harren. 

Der vorletzte Paragraf in diesem Neutourenabschnitt gebührt den Tradrouten. Beim Einrichten der Kairos waren meine Blicke beim Sichern immer wieder auf den eleganten Turmschartenwächter am oberen Ende der Kleinen Chäle gefallen. Das mussten wir einfach probieren und tatsächlich: er liess sich in 3 SL gut klettern, ohne dass wir den Bohrer zum Einsatz hätten bringen müssen. Weiter bin ich mit Viktor schon seit einigen Jahren am Breakfast Buffett aktiv, wo uns im 2024 die Neutouren #5 und #6 gelangen. Inzwischen gibt es dort ~30 Trad-Seillängen, welche alle ohne eine einzige gebohrte Zwischensicherung auskommen. Dank zugänglichen Schwierigkeiten und einwandfreier Absicherbarkeit wird das sicher ein Eldorado für Liebhaber von diesem Genre. Natürlich werden alle nötigen Infos hier auf diesem Blog publiziert, wenn die Zeit dafür reif ist. Noch haben wir aber ein paar interessante Ideen in diesem Gebiet, welche wir zuerst realisieren möchten.

Guido klettert auf den letzten Metern der Kairos, hoch über dem Kleinen Turm.

Im Klettergarten habe ich hier und da ein wenig gemacht - nichts was hier zwingende Erwähnung erforderte, der interessierte Leser findet die vollständige Auflistung auf der entsprechenden Blog-Seite. Ein paar bereits im Klettergarten-Fels steckende BH warten auch noch darauf, dass sie beim Klettern "nicht wirklich gebraucht werden" - hoffentlich dann im 2025. Im vergangenen Jahr war ich wie schon erwähnt vermehrt am Bouldern. Natürlich ist auch da mein Entdeckergeist präsent und immer auf der Suche nach etwas Neuem und Aussergewöhnlichem. Ein paar Videos von (mutmasslichen) First Ascents sollten eigentlich schon lange einmal hier präsentiert werden. Und noch dazu habe ich ein Blockfeld entdeckt, wo bisher allen Anzeichen nach nicht oder zumindest kaum gebouldert wurde. Ich freue mich darauf, da noch viele tolle Linien und Sequenzen zu identifizieren.

MSL

Ob all den bisher erwähnten Aktivitäten erstaunt es vielleicht nicht so sehr, dass das Wiederholen von MSL-Routen einen nicht ganz so umfassenden Raum einnahm wie auch schon. Zwar startete die Saison schon am 28. Januar an der Föhnmauer, im Frühling ging dann aber wetterbedingt lange nicht so viel. In den kurzen Schönwetterfenstern konnten wir mit der Ground Zero (7b+) an den Gastlosen und der Buuchfrei (6c) am Hundstein aber trotzdem zwei geniale und auch sehr lange Touren realisieren. In unseren Sommerferien waren wir ein paar Mal auf Multipitch, dies aber meist zur Erholung vom Sportklettern. Die Ausnahme stellt die L'usure du temps (7c+) am Tour Termier dar. Einfach der Hammer, was für Touren ich mit Larina inzwischen angehen kann. Bzw. könnte, denn meistens bleibt es aufgrund vom Trainingsplan und Wettkämpfen in dieser Hinsicht beim Konjunktiv. Nach den Sommerferien war ich dann, wenn ich in hohen Wänden unterwegs war, mit wenigen Ausnahmen beim Einrichten bzw. in Neutouren unterwegs. Spezielle Erwähnung findet an dieser Stelle jedoch die Dos Idiotas (7a) am Chli Bielenhorn, eine wirklich geile Granitroute mit allem was man an diesem Genre liebt. Am Ende der Saison stehen 19 gekletterte MSL-Routen und natürlich der Wunsch, im 2025 so oft wie möglich in hohen Wänden unterwegs zu sein.

Mit Kathrin an der Föhnmauer in der Je Suis (7a), beim MSL-Auftakt Ende Januar.

Skitouren

Sehr grosse Ambitionen habe ich beim Skitouren nicht. Aber ich gehe dieser Aktivität mit grossem Genuss nach, im Jahr 2024 waren es 22 Tourentage. Dabei beschränke ich mich auf Gelegenheiten mit guten Verhältnissen. Bei Sturm, diffuser Sicht, Nebeltreiben oder Deckelschnee kümmere ich mich lieber um die Kletterform, denn solche Bedingungen schränken meines Erachtens das Tourenerlebnis massiv ein. Meine Ausflüge sind ein Mix von aussergewöhnlichen Touren und regionalen Standardrouten "im passenden Moment". Bei ersteren schrecke ich nicht vor exotischer Routenwahl zurück, welche auch etwas Flachlauf oder vermeintlich wenig attraktives Tourengelände inkludiert. Zwei tolle Beispiele aus dem 2024 sind die Salginatobel-Rundtour und der Trip zum Magerrain. Ebenso ist es mir verschiedentlich gelungen, die Gunst der Stunde zu nutzen. So habe ich z.B. Rosswies und Firzstock bei genialsten Conditions erwischt - welche aber auch nur 1 Tag angedauert haben. Sowieso erscheint es mir, als ob Wetter und Verhältnisse immer öfter Kapriolen machen und man im richtigen Moment parat sein muss. Mit dazu gehört da auch die echt gute Skitour am 15. September 2024 ab der Weglosen. Es ist eine Herausforderung, diese Möglichkeiten zu erkennen und gebührend zu nutzen - aber es macht auch sehr viel Spass.

Die Gunst der Stunde genutzt: First Line bei Traumbedingungen am Firzstock Ende März 2024.

Damit sind meine wesentlichen Bergaktivitäten beschrieben. Ein nicht unerheblicher Teil davon wurde zu Blogs verarbeitet. Vom Trainieren, Sportklettern und Bouldern schreibe ich jedoch in der Regel nicht, vom Erschliessen auch nur selektiv und weil diese Tätigkeiten entsprechend Raum einnehmen, gibt es hier auch einen Minusrekord von nur 45 Beiträgen. Aber das ist ja immer noch fast einer pro Woche. Manche Leser werden sich schon lange gefragt haben, wo der Dettling die Zeit dafür hernimmt. Ehrlich gesagt geht's mir immer öfter auch so... aber meine herausragenden Tourenerlebnisse schriftlich festzuhalten ist nicht nur Tradition, sondern viel mehr eine Passion, welche ich kaum so bald aufgeben werde. Ich möchte an dieser Stelle all jenen herzlich danken, welche im 2024 mit mir das Seil, den Weg oder die Spur geteilt haben. Auf ein tolles Bergjahr 2025!

Samstag, 4. Januar 2025

In Amden geht die Post ab!

Ein kleiner Bericht, um ein paar schöne Erlebnisse aus der Vorweihnachtszeit festzuhalten. Während dieser war es im Jahr 2024 weder so richtig winterlich noch so richtig sommerlich. Das ist aber nicht negativ zu werten, waren so doch sowohl Skitouren wie auch Sportklettersessions in der unmittelbaren Nähe von daheim möglich. Im Idealfall lässt sich dann auch noch beides kombinieren: vom Modus Ski + Bloc hatte ich ja erst kürzlich geschrieben, nun gibt's hier ein Ski + Climb. Oder man könnte auch wieder einmal das Après-Skitouring (eben das Sportklettern nach einer Skitour) zu Rate ziehen. Das passt prinzipiell auch, wobei der Fokus dieses Mal eher bei der Après-Aktivität lag.

Skitour Flügenspitz (1702m)

Ein bis in die Haarspitzen motivierter Kollege versuchte mich von einer Galerie-Session zu überzeugen. Die Prognose und noch viel weniger die Webcams verhiessen Gutes, dichter Nebel lag auch über dem sonst oft sonnigen Walensee. Es würde schon noch kommen, meinte er. Und sonst könnten wir ja trotzdem eine Session machen, Kälte-Resistenz würde ich als altgedienter Alpinist doch schon ein wenig mitbringen. Da konnte ich natürlich nicht nein sagen. Weil mein Zeitbudget etwas grosszügiger als seines dimensioniert war, entschloss ich mich dazu, als Aufwärmer zuerst ein Skitüürli ab Arvenbühl zu geniessen. Und im schlimmsten Fall bliebe so am Ende nicht nur eine kalte Nebel-Klettersession als Resultat des Tages. Die von mir ausgewählte Route zum Flügenspitz umfasst nur knappe 500 Höhenmeter und ist als Schneeschuhtour ausgeschildert. Grosser Alpinismus findet da also definitiv keiner statt. Viel Sonne, viel Genuss und schöne Pulverschwünge gab es aber auf jeden Fall: small, but beautiful!

Wunderschön zu fahrender Schnee auf der Abfahrt vom Flügenspitz.

Galerie - Festland (7c)

Um 13.00 Uhr war Basti am Draht und teilte mir den Entscheid zum Go mit, weil an der Galerie die Sonne schiene. Mit dem Go hatte ich gerechnet, mit seinem Argument dafür hingegen weniger. Für mich, der oberhalb von Amden an der Sonne war, tönte es kaum glaubhaft - der Nebel war nämlich immer noch sichtbar präsent. Mit Hilfe der Webcambilder liess ich mich aber überzeugen, dass das wärmende Gestirn tatsächlich durch eine (von meiner Position nicht sichtbare) Lücke in der Talmitte auf die Felsen schien - erst noch mit Tendenz zur Besserung. Also los, ab 14 Uhr ging es ans Werk: als Projekt wurde die Route Festland (7c) erkoren. Steil, kurz und knackig sind die Attribute dafür. Was man auch sagen muss: sie verläuft in wenig ansprechendem Fels, der sich auch teil etwas bröcklig-lotterig zeigt. Abgesehen vom Visuellen ist die Route aber echt cool und vor allem war es für diesen Tag genau das richtige Projekt. Wir konnten abwechselnd rasch getaktete Versuche geben, so blieben wir trotz tiefer Temperatur immer warm. In gemeinsamer Arbeit konnten wir alle Moves entschlüsseln und zimmerten eine prima Beta. So wurde geriegelt, bis es dunkel war, es war eine richtig produktive Session. Zurück beim Auto zeigte die Temperaturanzeige dann 1 Grad...

So hiess es nun nur noch, den Durchstieg an Land zu ziehen. Fünf Tage später konnten Basti und ich für eine weitere Session losziehen. Dieses Mal bei deutlich milderen Bedingungen, ja auf der Galerie schon einer fast sommerlichen Wärme. Der Verlust an Grip wog die eingesparten Kleiderschichten nach meinem Gusto nicht ganz auf - trotzdem lief es ganz ordentlich. Dreimal scheiterte ich knapp am letzten harten Zug. Es war aber kein Grund für einen Frust, sondern es reichte halt einfach nicht ganz - hier der Link zum Video von jenem Tag. Leider sollte im Anschluss das Wetter drehen, Schneefall bis in tiefe Lagen war angekündigt. Doch es gab eine letzte Chance. Im Föhnfenster vor Eintreffen der Front konnte ich mit Kathrin noch einen Go geben. Der Föhn war zwar ein eher laues Lüftchen, ja es gingen sogar schon erste Regenschauer nieder. Die störten in der stark überhängenden Route jedoch nicht, und ohne Sonne und bei tieferen Temperaturen war auch der Grip wieder besser. Nachdem ich das Material in die Route gehängt hatte, gelang mit der Durchstieg solide im ersten scharfen Go des Tages. Gleich im Anschluss entledigte sich Kathrin mit dem Pizzabuch (7a) von einem längst vergessenen Uralt-Projekt ihrerseits. Froh darüber, "Weihnachten nicht auf hoher See verbringen zu müssen", konnten wir uns in die warme Stube zurückziehen und uns ob der nun tanzenden Schneeflocken erfreuen. Für eine Reflektion über den Schwierigkeitsgrad von Festland sollte es auch reichen: in den Guidebooks steht 7c, aber meines Erachtens könnte es auch eine 7c+ sein. Die harte Einstiegspassage bis zum guten Seitgriff, von wo man den fünften BH klippt, würde ich als (mindestens) 7A bloc einschätzen. Und da kommt dann noch der taffe Klipp vom vierten BH mit hinzu. Das Finish vom erwähnten Seitgriff zum Top ist dann gutgriffig und braucht nur noch etwas Athletik (ca. 6B bloc). Das Verdikt von Darth Grader zu diesem Breakdown: 7c+.

Skitour Gulmen (1788m)

Der erwähnte Schneefall bildete die Grundlage, dass wir weitere zwei Tage später ein nächstes kleines Zeit- und Wetterfenster für die Skitour vom Restaurant Schäfli in Amden zum Gulmen nutzen konnten. Eine einfache Standardtour mit nur 850hm. Bei schöner Wetterstimmung und einer idealen Schneedecke (solide Unterlage mit fluffig-leichtem Pulver) gab das aber trotzdem ein super Erlebnis her. Und mit ein wenig Linien-Engineering war es dann auch ein leichtes, auf komplett unverfahrenen Flächen in die Tiefe zu rauschen. Zum Ende der Tour hatte sich der Himmel schon wieder überzogen. Wir fuhren talwärts, bis wir am Parkplatz der Galerie ein bekanntes Gefährt sichteten. Welcher Desperado nun das wohl war?!? Der Dettling ja offensichtlich nicht - aber natürlich sein Kollege, der sich auch noch einen Weihnachtsplatz auf dem Festland sichern wollte... die Details dazu lassen wir mal aussen vor 😜

Amden, the place to be! Sicht über den (nicht sichtbaren) Walensee hinweg zu Mürtschen und Co.

Skitour Redertengrat (ca. 2170m)

Item, die Wolken brachten auf Weihnachten nochmals eine gute Ladung Schnee. Zwar nicht in Amden, aber im nahen Wägital konnte ich diesen am Weihnachtstag dann gebührend nutzen. In tief verschneitem Gelände ging es direkt via Schwantli und durch den Schlunenwald hinauf zur Rinderweid. Anstatt dem schon gut ausgetretenen Trassee zu folgen lockte mich eine weiter links verlaufende Spur in Richtung Lauibüel. Dies in vollem Bewusstsein, dass ich so möglicherweise komplett ins Offside geriete. So war es dann auch: der Track führte nicht weiter in Richtung Redertengrat. Natürlich hätte ich wieder hinüber zur Normalroute wechseln können. Aber die verlief im Schatten des Muttrirückens und als etwas später aufgebrochenem kamen einem da schon wieder die ersten Tourengänger entgegen. Beides behagt mir wenig. So war ich bald mit mir im Reinen, stattdessen eine eigene Spur gerade-voraus-direkt-hinauf im sonnigen Gelände zu legen. Eine bessere Entscheidung hätte ich nicht treffen können: bei perfektem Ambiente und wunderschönem Powder schritt ich durch das leicht baumbestockte Gelände und landete schliesslich auf 2170m am Grat. Das war nun Soul-Touring vom Feinsten gewesen! Und selbstverständlich war auch die Abfahrt mit First-Line-Garantie bis zur Rinderweid ein Hochgenuss. Selbst von da bis hinunter ins Tal liessen sich noch unbefahrene Sektoren finden, so gut habe ich diesen Abschnitt tatsächlich noch nie erwischt. Skitourenmässig war das Jahr 2024 mit dieser Tour beendet. Nun folgte das Fest Packen der Koffer, dann ging's in den Süden zum Sportklettern - doch das ist eine andere Geschichte für einen (vielleicht) folgenden Blog.

Diese Spur lockte mich in Richtung Lauibüel, wo dann aber finito war...

...es wartete nur noch jungfräulicher Schnee, aber absolut winderschöner...

...in diesem sonnigen Winter-Wonderland war die Spurarbeit ein Riesengenuss!