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Freitag, 29. Januar 2021

Wieder einmal im Eis!

Schon fast 2 Jahre ist es her, seit das letzte Mal die Pickel geschwungen wurden, dies am Allmenalpfall (WI4) in Kandersteg und wie ich jetzt wahrnehme, steckt der fertig redigierte Blog dazu schon für eine kleine Ewigkeit im Entwurfsmodus. Naja, das zeigt etwas, welch (nicht)zentrale Stellung diese Disziplin in der vergangenen Zeit genossen hat. Mit Jonas war heute der richtige Partner am Seil und wir stellten uns die Frage, wohin es denn gehen sollte. In meinem letzten Beitrag hatte ich ja noch die Ziele abseits des Mainstream gepriesen. Doch wir waren im Zweifel, ob abseits der Hotspots denn auch gute Bedingungen herrschten, während in Kandersteg augenscheinlich erfolgreich und mit Genuss geklettert wurde. Auf ein Anbrennen aufgrund mangelnden Eises, dem Abräumen von Dezimeter dicker Schneekruste oder dem Herumpickeln auf hohl tönenden Eisschildern wollten wir uns aber nicht einlassen. Im Gegenteil, da waren die gut ausgehackten Kandersteger Fälle gerade das richtige Programm, um wieder in die Gänge zu kommen.

Wie cool, wieder einmal diese Perspektive zu haben - am Fuss vom Pingu (WI5+) in Kandersteg.

Einige Fragezeichen gab es aber doch: in der Woche davor gab es auch in Kandersteg eine Föhnphase,  wo die Temperaturen während rund 48h deutlich im positiven Bereich, ja durchgehend zwischen 5-10 Grad lagen. Für mich tönte das a priori stark abschreckend, doch wir wussten aus sicherer Quelle, dass nach wie vor alles im grünen Bereich und viele Fälle bestens begehbar wären. Natürlich erklären diese Zweifel auch, warum wir in der Wahl des Tourenziels wie oben dargestellt auf Innovation lieber verzichteten, schliesslich hatte ich mit eigenen Augen gesehen, wie z.B. bei uns zuhause im Tösstal das Eis von den Wänden geputzt wurde. Anyway, ich kann an dieser Stelle bestätigen, dass die Bedingungen in Kandersteg tatsächlich einwandfrei waren. Nur nützt das leider auch nicht so viel, mit der aktuellen Regen-Warmfront werden die Karten neu gemischt.

Temperaturdiagramm aus Kandersteg mit der  48h dauernden Föhnphase markiert (Quelle).

Nun denn, wir liefen in den Oeschiwald. Zwar durchaus mit gewissen Absichten, aber genaue Ziele zu haben ist eher schwierig, da jene ja vielleicht schon durch andere Kletterer besetzt sind. Ziemlich genau so entwickelte sich die Lage. Da Kletterer, dort Kletterer, nur im Pingu war gerade niemand zugegen. Diese Route hatte ich bereits im Januar 2013, damit also vor 8 Jahren bei meinem allerersten Besuch in diesem Eisklettermekka, begehen können (siehe Blog). Nun, eigentlich mag ich es deutlich lieber, in meinem Tourenbuch eine noch nie zuvor gekletterte Route hinzufügen zu können, aber nun war das schlicht und einfach die logische und vernünftige Wahl. Zudem ist's im Eis ja weniger entscheidend, weil die Route(n) sich doch jedesmal wieder anders präsentiert. Noch dazu war ich damals noch am Beginn meiner bescheidenen Eiskletter-"Karriere", so konnte ich gerade prüfen, welche Entwicklung sich durch etwas regelmässigeres Pickeln und Toolen gefolgt von 2 Jahren Abstinenz ergeben hatte.

Vorstieg in der ersten Länge der oberen Routenhälfte.

Pingu (III, WI5+, 200m)

Einen Tourenbericht habe ich ja bereits das letzte Mal geschrieben, das wird an dieser Stelle nicht komplett wiederholt. Der Fall war dieses Mal deutlich fetter gewachsen, das Eis solide aber strukturiert und mit bereits vorhandenen Begehungsspuren - vermutlich ist die Route in diesem Zustand näher bei einer WI4+ als bei der offiziellen WI5+. Die erste Seillänge (35m) kletterten wir wieder zum linken Stand, der inzwischen top saniert ist. Im zweiten Abschnitt (50m) war erneut diese rampenähnliche Struktur vorhanden, welche eine elegante Passage von rechts nach links über die Steilstufe erlaubt. Im oberen Routenteil kletterten wir die dritte Seillänge (40m) dieses Mal komplett anders von rechts nach links zu einem BH-Stand am linken Rand. Das folgende, vierte Teilstück (35m) bietet dann anhaltend steile Meter auf ein Plateau, bzw. zu Stand an Baum rechts aussen. Die einfachere Abschlusslänge war tief verschneit und offenbar schon länger nicht mehr begangen worden. Das sah nicht attraktiv aus und so schenkten wir uns diese letzten 30m, obwohl ich sie das letzte Mal als interessante Herausforderung erlebt hatte.

Classic Shot! Nachstieg in der ersten Länge vom oberen Teil.

Der Plan war nun, noch einen zweiten Eisfall zu klettern. Arbonium, Rattenpissoir, Haizähne, Reise ins Reich der Eiszwerge,  alles  wurde bekrabbelt und beklettert - das ist halt der Nachteil davon, in einem Hotspot unterwegs zu sein. Unter dem Strich wäre es wohl das Schlauste gewesen,  die Gelegenheit im gerade verwaisten und mir noch unbekannten Namenlos zu nutzen. Wir aber wollten dem weniger bekannten Bärentritt einen Go geben, insbesondere als wir sahen, dass eine Seilschaft dort gerade mit der letzten Länge beschäftigt war und somit danach freie Bahn herrschen müsste. Für den Zustieg kann ich nur empfehlen, dem Doldenhorn-Hüttenweg möglichst lange/weit zu folgen und auf jegliche direkter erscheinende, abkürzenden oder "dem Wandfuss entlang" Varianten zu verzichten. Das endet nur in unerquicklichem Kondi-Schneegestapfe zwischen den Büschen hindurch. 

Bärentritt (WI5+), mit Kletterer auf den letzten 15m.

Nun denn, die andere Seilschaft hatte nicht eben ein hohes Tempo an den Tag gelegt, doch bis wir parat waren, wäre die Bahn frei gewesen. Aber nun ja, anstatt die Bühne den nächsten, am Einstieg bereit stehenden zu überlassen, entschieden sie sich dann, den Fall ab der Mitte nochmals zu klettern. Kann man natürlich machen, aber ob man unbedingt muss?!? Gehört vielleicht in dieselbe Kategorie wie die ungebührlichen Sitten, auf einer Skitour den Nachfolgenden die Spur zu verfahren (bzw. sie nicht so gut wie möglich zu schonen) oder als Nachfolgender frühzeitig umzudrehen, um den Spurenden die First Line zu stehlen :-/ Naja, deswegen durften wir uns nicht den Tag vergällen lassen - es war alles in allem ein tolles Erlebnis an einem richtig kalten Wintertag gewesen und der Pingu war leicht von der Hand gegangen, das war eine sehr erfreuliche Erkenntnis. Nun hoffen wir, dass die Regenfront nicht alles  Eis schmilzt und die Pickel diese Saison nochmals zum Einsatz kommen.

Montag, 25. Januar 2021

Skisafari ums Schnebelhorn (1291m)

"Muss man" grosse Touren reissen, viele Höhenmeter bewältigen, bekannte Routen begehen oder darf man sich auch an den kleinen Gelegenheiten und Möglichkeiten freuen?!? Das ist natürlich eine rhetorische Frage, nein man muss nicht und ja man darf, bzw. eigentlich soll man sogar. Auf jeden Fall, und diese Einstellung begleitet mich schon lange, versuche ich am Tag X immer die Tour auszuwählen, die sich zur Zeit lohnt, generell aber am seltensten in guten Bedingungen ist. Konkret auf Skitouren umgemünzt bedeutet das: wenn in tiefen Lagen bzw. bei uns in der Umgebung Schnee liegt, dann haben diese Touren Vortritt. Am Julier oder in Realp kann man ja schliesslich während 6 Monaten im Jahr touren, im Tössgebirge hingegen kaum 6 Wochen, ja in gewissen Jahren nicht einmal an 6 Tagen.

Unverspurt, so haben wir's gern! Im tollen Sonnenberg-Hang, hinten Chrüzegg und Schindelberg.

Nun denn, die grossen Höhendifferenzen findet man im Tössbergland nicht, trotzdem gibt's aber so manch tollen Skihang zu entdecken. Die Frage ist jeweils nur, wie man ihn geschickt in eine lohnende und nicht zu umständliche Skitour verpackt. Aber genau dieses Routen- und Karten-Engineering ist ja auch Teil des Reizes. Auf jeden Fall hatte ich mir einen Plan gemacht und der startete um 12.15 Uhr in Libingen (768m), einem kleinen Nest abseits vom Schuss im Kanton St. Gallen. Ziel war es, den mehrere Kilometer langen ENE-Grat vom Schnebelhorn zu gewinnen und über diesen den Gipfel zu erreichen. Das Gelände vor Ort führte uns erst der Strasse Richtung Unterstein entlang und dann direkt über den sehr schönen Sonnenberg-Hang hinauf. Wir trafen schliesslich auf den Weg, der auf rund 1100m südseitig unter dem Grat entlang führt - scheinbar eine beliebte Schneeschuhroute. Man kann dem Weg folgen, bis dieser die Krete beim Laubberg-Stall (P.1147) erreicht. Oder, mit Plus in Sachen Aussicht, dafür etwas zusätzlichem Auf und ab, schon vorher (Under Stein, Steinweid, Laubberg) auf die Krete steigen. Wir wählten letzteres, um alle Optionen im Gebiet gut zu sichten.

Hütten unterhalb vom Steinweid-Gipfel - unterwegs auf der beliebten Schneeschuhroute.

In sehr schöner, sonniger Höhenwanderung geht's weiter, alles dem Rücken entlang Richtung Meiersalp und schliesslich durch ein steileres Waldstück zum Gipfel (13.45 Uhr). Der letzte, leeseitige Hang ist doch ordentlich stotzig und zuletzt musste noch die eindrückliche Wächte überstiegen werden - richtig alpines Ambiete und so empfing uns am Top standesgemäss auch eine zügige Brise aus Richtung SW. Somit hielten wir uns trotz der formidablen Aussicht nicht allzu lange auf und rüsteten für die Abfahrt um. Sie sollte uns über den rund 30 Grad steilen NE-Hang führen. Erst ging's noch kurz dem abgeblasenen NW-Grat entlang und dann rein ins Vergnügen - tolle Pulverschwünge warteten! Leider verliert sich der Einfahrtshang unten in steilwaldigen Tobeln, so dass man 2x etwas nach links hinüber queren muss, um in offenen Gelände zu bleiben. Am verlassenen, aber ganzjährig bewohnten Hof vorbei erreicht man die Talsohle mit dem Gonzenbächli in der Nähe von P.825.

Im letzten  Abschnitt vor dem Schnebelhorn, tolle Passage unter mächtigen Buchen.

Rund 300m schoben wir horizontal entlang der Fahrstrasse talauswärts, zeichneten nochmals ein paar Schwünge in den Hang und überquerten schliesslich den Bach auf der Strasse Richtung Hüsliweid und montierten nochmals die Felle. Über die famosen NW-Hänge vom Laubberg gilt es, nochmals gute 350hm aufzusteigen. Ja, dieses tolle Gelände ist imperativ auch einmal in eine Tour einzubauen - aktuell da stark abgeblasen für die Abfahrt jedoch kaum lohnend. Abwechselnd über eisig abgeblasene Partien, Triebschnee und da und dort sogar Grasbüschel gelangten wir zum zweiten Mal auf den Laubberg und wechselten hinüber zur Steinweid (15.30 Uhr). Felle weg und ab in die Tiefe hiess es. Gut dass wir wussten, dass uns auf jener Seite des Berges im Windschatten nochmals eine gute Abfahrt bevorstünde. Mehr oder weniger auf der Aufstiegsroute ging es retour. Um nicht queren zu müssen, fuhren wir über die Hänge von Schupfen zur Talstrasse ab und liefen auf dieser nach Libingen zurück, eine geniale Tour lag hinter uns!

Zurück auf dem Steinweid-Gipfel, bevor es an die letzte Abfahrt geht.

Facts

Schnebelhorn ab Libingen via ENE-Rücken, Nordabfahrt und retour via Laubberg. Netto ca. 1000hm Aufstieg/Abfahrt in meist unschwierigem Gelände (diverse Stellen ca. 30 Grad). Nur bei guter Schneedecke in tiefen Lagen sinnvoll, dies für die letzte Abfahrt insbesondere auch in Südhängen.

Samstag, 16. Januar 2021

Skitour Sihltaler Biet / Saasberg (1968m)

Ein weiterer prächtiger Wintertag stand uns bevor, ideale Verhältnisse für eine Skitour. Doch das was, wie, wohin war wieder einmal alles andere als einfach - Schicksal einer Familie, deren Kinder Leistungssport betreiben. Der Sohn konnte dahin auf die Sprungschanze, die Tochter dorthin in die Kletterhalle. Super natürlich, aber um neben dem ganzen Family-Management auch noch auf Tour zu gehen, das ist gar nicht so einfach. Der langen Rede kurzer Sinn, für Kathrin und mich stand schliesslich nur ein beschränktes Zeitfenster zur Verfügung, das wir für eine Tour nutzen konnten. Doch nun eben, was liess sich daraus noch machen, das originell, aussergewöhnlich, lohnend und nicht überlaufen war?!?

Schon als wir bereits unterwegs waren, ratterte es in meinem Hirn noch ganz heftig, zig Optionen wurden durchgespielt und das Ergebnis war schliesslich, dass wir nochmals Richtung Sihltal fuhren. Erst einige Tage zuvor hatte ich dort an den Chläbdächern tollen Schnee gefunden. Meine Blicke streiften da auch noch den tollen, jungfräulichen Gipfelhang vom Sihltaler Biet. Genau da wollten wir nun hin, da diese Tour nicht auf den Skitourenkarten angegeben ist, vermuteten wir sie noch nicht komplett umgeackert. Soviel vorweg, es sollte schliesslich noch besser kommen und es stand uns das Privileg der First Lines zu.

Wie gehabt ging es also beim P.1067 im Sihltal los: zuerst der Strasse entlang Richtung Gribschli, natürlich wieder mit Seitenblick auf die Eisfälle bei Fläschen. Ein paar Tage zuvor hatte die Eisbildung  noch mager ausgesehen, doch heute wäre es schon gegangen. Somit kribbelte es in dieser Hinsicht gleich in den Fingern... doch vor uns stand der steile Aufstieg durch den Wald nach Aussersihl. Der schmale Bergweg war inzwischen noch stärker ausgerutscht, aber mit guter Steigtechnik nach wie vor mit den Fellen zu machen. Der kürzeste Weiterweg führt sodann in die Chlims, d.h. dem Wanderweg entlang in den schluchtartigen Bachabschnitt - Vorsicht, Schneerutschgefahr bei Wärme! Aufgrund der vielen Warnschilder ist es bestens bekannt, dass die Brücke bei Stägli (P.1449) im Winter demontiert ist. Der Bach war aber auf einem Schneekegel problemlos zu überqueren, wir mussten nicht einmal die Ski ausziehen. Jenseitig geht's dann über schönes Gelände zum namenlosen Stall zwischen Sihltal- und Lauiberghütte.

Kurz vor dem namenlosen Stall, markant der Lauiberg, rechts vom Skier unscheinbar das Biet.

Man erreicht in einer kurzen Querung die letztere und geht dann der Nase nach (idealerweise auf dem Trassee des Wanderwegs) über kupiertes Gelände zum Sihlseeli, wo sich der bis zu 40 Grad steile Gipfelhang ideal präsentiert. Es versteht sich von selbst, dass ein solches Terrain nur bei günstigen Verhältnissen anzugehen ist - hier dazu umso mehr, da allfällige Lawinen am Fuss der Flanke auch sehr, sehr ungünstig gestaut würden. Mit LWS 1 konnten wir auf eine stabile Schneedecke zählen, bzw. bestand diese aus kohäsionslosem Lockerschnee. Im Aufstieg gingen wir einstweilen via Saaspass, vor allem weil der Herr Peakbagger nach dem Motto "wenn schon, denn schon" diesem kotierten Übergang auch noch einen Besuch abstatten wollte. Dem knapp verschneiten Grat entlang erreichten wir wenig später den mit einem kleinen Kreuz geschmückten Gipfel.  

Mit Temperaturen um -10 Grad und einer fühlbaren Bise hielten wir uns nicht allzu lange auf, zudem lockte die Abfahrt und auch die Familienpflichten standen ja noch auf der Agenda. Dazu wählten wir die logische Linie, zuerst etwas nordwärts und dann durch die am wenigsten steile Partie (35 Grad) der Gipfelflanke zum Gewässer bei Böden herunter. Die folgenden 200hm sind dann nicht so attraktiv, einerseits muss man im kupierten Gelände zu einigen Querungen ansetzen, andererseits war hier der Einfluss der Bise deutlich stärker wie am Gipfel. Eigentlich hinter jeder Kuppe hatten sich markante Triebschneeansammlungen gebildet, die extrem auslösefreudig waren. Nach Belieben konnte man diese Pakete lostreten, manchmal auch von beachtlicher Grösse - hier war das noch safe und einfach Spielerei, aber an einem ungünstigen Ort im Steilgelände könnte einem ein solches Brett auch bei LWS 1 ohne Weiteres zum Verhängnis werden. Wie immer in den Bergen, mitdenken und proaktiv handeln unumgänglich.

Los geht's, hinten der Fläschenspitz und der Blick ins Mittelland.

Ab den Hütten bis in die Schlucht hinunter lag dann wiederum perfekter Schnee mit Gelegenheit für First Lines, einige schöne Schwünge gab's auch noch bis Untersihl. Das steile, enge Waldstück gehört dann bei den Sihltal-Touren eher zum Pflichtprogramm. Durch die zahlreichen Abrutscher waren inzwischen auch ein paar Steine hervorgetreten, aber irgendwie machte es doch auch Spass, in diesem Terrain eine ansehnliche Figur abzugeben. Nach einer Schussfahrt über die Strasse waren wir retour beim Ausgangspunkt mit Tourende gerade noch rechtzeitig, um dem gröbsten Verkehr auszuweichen. Ja, heute hatten wir aus den beschränkten Möglichkeiten eine sehr gute Tour gemacht, da war das Freizeit-Management wieder einmal bestens aufgegangen :-)

First Lines am sehr schönen Gipfelhang vom Sihltaler Biet.

Facts

Sihltaler Biet oder Saasberg (1968m) ab Ochsenboden P.1067. Aufstieg netto ca. 950hm, Ski-Schwierigkeit ca. ZS, steiler Gipfelhang mit ca. 35 Grad auf 150hm. Da keine offizielle Skiroute nicht so häufig besucht wie andere Ziele in der Umgebung. 

Dienstag, 12. Januar 2021

Auf Umwegen zum Tällihorn (2818m)

Ja, das war wieder einmal ein Tag, den man fast für eine Skitour nutzen "musste". Postkartenwetter und perfekter Schnee, einfach traumhaft. Nach vielen Touren in den Voralpen sollte es wetter-, schnee- und stimmungsbedingt für einmal wieder in eine etwas andere Gegend gehen - und nach fast 2 Jahren endlich wieder einmal mit Kathrin auf eine längere und anspruchsvollere Tour. Unser Tourenziel fanden wir im Rheinwald, also los!

In der Querung von Steinigboda auf den Höhegga-Rücken mit Guggernüll,  Val Curciusa und Einshorn.

Beim Ausgangspunkt in Nufenen (1569m, Parkplätze signalisiert am westlichen Dorfende) zeigte das Thermometer frische -17 Grad. Doch unser Timing passte perfekt - just als wir aus dem Automobil stiegen, überstieg die Sonne das Guggernüll mit seinen im Moment zugeschneiten Eisklettertouren (siehe 1,2) und erwärmte und mit ihren Strahlen. Ursprünglich hatten wir uns den höchsten und zentralsten der Nufener Gipfel zum Ziel gesetzt, das Bärenhorn (2929m). Dafür wäre es am sinnvollsten, zurück durchs Dorf zu laufen und an dessen östlichem Ende eine Spur Richtung Höhegga aufzugreifen. Doch da war noch Schatten, wer wollte schon zuerst fast 1km horizontal die Ski auf der gekiesten Strasse durchs Dorf tragen und dabei kalte Griffel kriegen?!? Zudem schien es viele Spuren zu geben, eine würde uns bestimmt in die richtige Richtung führen.

Nochmals sehr prominent das Einshorn, unten der Ausgangspunkt Nufenen.

Nun ja, wir gingen los, bald war es an der Sonne angenehm warm, so dass wir im leichten Fleece und sogar ohne Handschuhe steigen konnten. Wir schafften es auch, die doch recht tief eingeschnittenen Schluchten von Dorfbach und Prascher Bach recht effizient zu queren und gelangten über den Alpweg vom Steinigboda zu P.2051 tatsächlich auch auf den Höhegga, aber östlich aus dem Dorf raus wäre unter dem Strich vermutlich die bessere Variante gewesen. Über den Rücken ging's hinauf auf 2500m, wo an einem geeigneten Punkt die Querung der NE-Hänge von P.2810 zu den Sandböda am Fuss der Bärenhorn-Gipfelflanke angesetzt werden muss. Bei der Tourenplanung am Computer lässt sich zwar durchaus eine Möglichkeit finden, die gelben (>30 Grad) und orangen (>35 Grad) Flecken auf der Karte grossmehrheitlich zu umschiffen, sowieso ist der Hang im Schnitt nicht extrem steil und sollte nach meiner Interpretation des Bulletins (LWS 2) eigentlich machbar sein.

Bei den letzten Hütten am Hoheggä-Rücken auf 2240m, in der linken Bildhälfte das Tällihorn.

Doch vor Ort lag a) keine Spur und b) stand man nun, sobald einmal vom Rücken weg, tief im Triebschnee, eine wirklich sichere Passage durch diesen Riesenhang erkannten wir nicht und vor allem auch sind die Aussichten nach unten mit einem tief eingeschnittenen Bachlauf auch sehr, sehr besorgniserregend, ein Schneebrett würde da sehr abrupt und ungünstig gestaut. Der langen Zeilen kurzer Sinn, das schien uns zu gewagt. Um sicher zum Bärenhorn zu gelangen, hätte man den P.2810 auf dem Hin- und Rückweg überschreiten müssen, was +250hm, zwei Extra-Fellwechsel und somit erheblich zusätzlichen Zeitbedarf erfordert hätte (Hinweis: die Gipfelflanke am Bärenhorn ist auch nochmals ~35 Grad steil, doch die sah abgeblasen aus und wäre bestimmt möglich gewesen). Die grössten Bedenken hatte ich definitiv in Bezug auf die Felle... die wollten nämlich schon an diesem Punkt nur mehr beschränkt am Ski haften...

Spurarbeit in der Südflanke vom Tällihorn, welch eine grandiose Landschaft!

Aber wir mussten nicht hadern, ohne Diskussion verlegten wir uns auf das Tällihorn als Tourenziel. Eigentlich schien das aus abfahrtstechnischer Hinsicht sowieso die zu bevorzugende Variante. Somit wechselten wir auf 2620m also wieder vom Rücken hinunter und stiegen die letzten 200 Höhenmeter über die immer steiler werdende Südflanke empor - zuletzt werden auch hier nicht umgehbare 35-40 Grad erreicht. Dies jedoch bei deutlich freundlicherer Topografie und vor allem nicht mit Triebschnee geladen, somit im grünen Bereich. So gelangten wir auf den aussichtsreichen Gipfel - nach einer ziemlichen Safari über die Nufener Hänge zwar (das hätte man auch einfacher haben können ;-)). Aber das war vollkommen egal, was zählte war das unglaubliche Freiheitsgefühl hier oben. Dank Windstille konnten wir eine längere Gipfelrast geniessen, auch wenn die Temperatur wohl kaum wesentlich über -15 Grad lag.

Cumbre! Im Hintergrund die Splügener Kalkberge, eigentlich keine Skigipfel, aber...

Die Abfahrt war dann ein richtiger Knüller! First Line durch die rassige Gipfelflanke bei perfekten, luftigen 15-20cm Pulver auf kompakter Unterlage, echt super. Auch die unteren Hänge bis zum Steinigboden (2046m) waren weiterhin sehr genussreich. Ab dort bis ins Dorf gab es dann schon etwas mehr (ältere) Spuren und man spürte dann und wann auch die harschige Schicht unter der Neuschneeauflage. Aber mit einer guten Linienwahl fuhr man auch da sehr schön durch jungfräulichen Schnee. Fünfzig Höhenmeter ob den Häusern tauchten wir schliesslich wieder in den Schatten und die Kälte ein - es fühlte sich definitiv so an, als ob jemand den Schalter umgedreht hätte. In Vollmontur setzten wir uns ins Fahrzeug. Das war nötig, denn weiterhin war es hier unten -12 Grad und über Features wie Stand-, Sitz- oder Lenkradheizung verfügt der gute Panther leider nicht - naja, wäre dem Alpinismus auch nicht richtig würdig, oder?

Perfekte Bedingungen und First Lines bei der Abfahrt, so darf es gerne immer sein!

Facts

Tällihorn (2818m) ab Nufenen (1569m), d.h. 1250hm Aufstieg über sehr sonnige Südhänge, somit eine Tour für kalt-winterliche Neuschneetage oder firnige Verhältnisse. Ski-Schwierigkeit ZS- mit Schlüsselstelle am Gipfelhang (30-35 Grad über 150hm, zuoberst 20hm 35-40 Grad). 

Freitag, 8. Januar 2021

Skitour Chläbdächer (2177m)

Die Suche nach einer spannenden Vormittagsskitour brachte mich wieder einmal in den Playground Hinter Sihltal. Touren aus dieser Gegend hatte ich ja schon früher einige beschrieben, z.B. die Eisfälle bei Fläschen, die Tour zum Mieserenstock oder natürlich auch die Wägital Rundtour. Alles ein wenig abenteuerlich und nicht ganz Mainstream - das trifft auf alle Touren in dieser Gegend zu und wenn man mit den Ski unterwegs ist, so ist es äusserst vorteilhaft, die Kickspitzkehre gut zu beherrschen.

Blick auf das hintere Sihltal, mein Tourenziel die Chläbdächer in Bildmitte auffällig felsgebändert.

Bekannte hatten hier wenige Tage zuvor das Tourenjahr 2021 eröffnet, den Höch Hund angespurt und von guten Bedingungen berichtet. Ich wollte mir die Feinwahl des Tourenziels noch aufsparen, bis sämtliche Möglichkeiten im Kessel auf rund 1600m im Blickfeld waren. Die Zufahrt über die weiss geräumte Strasse war bis zum P.1067 problemlos möglich, der Aufstieg zum Gribschli und durch den steilen Wald nach Untersihl war gut gespurt - es liegt nicht üppig Schnee, aber doch gut ausreichend. Nachdem ich auf rund 1400m aus dem Wald trat, überschritt ich auch die Nebelgrenze.

Immer ein erhabener Moment, das Überschreiten der  grauen Nebeldecke.

Es zeigte sich dann, dass fast alle Ziele im Hinteren Sihltal bereits angespurt waren. Für mich bedeutete das, in Richtung Chläbdächer zu gehen. Dieser Anstieg war mir bisher noch unbekannt. Von Weglosen, aus dem nächsten Tal war ich früher bereits einmal zum Chläbdächer Westgipfel (2142m) gegangen, somit war auch mit dem kecken Felsturms des Hauptgipfels noch eine Rechnung offen. Erst ging es noch in langen Kehren aufwärts, bis ein in Felsen eingebettetes Couloir viele Spitzkehren erfordert und einen schliesslich auf den 45 Grad steilen, über einer Felsstufe abbrechenden Schlusshang führt. Hier war ich aufgrund von rutschiger Auflage auf hartem Untergrund zu einer Portage (letzte ca. 40hm) gezwungen.

Steil geht's in das Couloir hinauf, ob der Felsstufe dann sehr exponiert nach rechts hinaus.

Einmal aus dieser Flanke ausgestiegen geht's dann zügig auf den Chläbdächer Westgipfel und damit endlich auch an die Sonne. Von hier sind es doch noch rund 400m zum Hauptgipfel. Knapp die Hälfte davon lässt sich noch mit den Ski zurücklegen, doch die Sache spitzt sich zu: der Grat wird immer schmaler und beim ersten felsigen Abschwung müssen die Bretter zurückgelassen werden. Ich machte mich per Pedes auf den Weiterweg. Doch das war gar nicht einfach: das Gelände ist auf beide Seiten gehörig luftig-exponiert und auf dem schmalen Grat lag doch reichlich unkonsolidierter Schnee.

Der sehr exponierte Grat zum kecken Felsturm hat es in sich, vor allem bei winterlichen Verhältnissen. Auf dem runden Hubel im Vordergrund musste ich schliesslich die Segel streichen, ein Weitergehen war nicht mehr zu verantworten. 

Nur ca. 25m vor dem finalen Felsturm, schon fast auf gleicher Höhe wie der Gipfel, musste ich schliesslich die Segel streichen. Der nun nochmals schmalere Grat war einfach mir einfach zu heikel, das war nicht mit vernünftigem Risiko machbar - schade! Selbst mit alpiner Komplettausrüstung (Steigeisen, Sicherungsmaterial) wäre bei solchen Verhältnisse der Gipfelerfolg ungewiss, auch da ein Sichern auch sehr schwierig scheint. Besser geht's sicher bei aperen Verhältnissen, ich denke gegen den Frühling hin könnte man solche durchaus auf einer Skitour antreffen. Ich komme aber wohl eher im Rahmen eines Hike & Fly in Kombination mit dem Druesberg Südaufstieg wieder, um diese Pendenz zu erledigen!

MS Druesberg, das grösste Kreuzfahrtschiff der Welt - gewaltig!

Nun, Trübsal zu blasen gab es überhaupt nicht. Die Stimmung auf dem Gipfelgrat war fantastisch. Die Sicht auf die diversen Nebelmeere rundherum, die majestätische MS Druesberg und vor allem war es hier oben windstill, tiefblau sonnig und somit warm genug für eine lange Pause! Nach ausgiebigem Tanken der Sonnenstrahlen lockte dann die Abfahrt. Der steile Tophang noch unregelmässig, das Couloir etwas windgepresst aber schon toll, aber dann einfach nur noch prima Powder bis hinunter zur Nebelgrenze - einfach mega! Mit etwas Umsicht liess sich auch der Wald befahren und schon bald war ich zurück beim Ausgangspunkt mit klarem Fazit: das war die bisher beste Tour des Winters!

Fantastische Pulververhältnisse, einfach genial!

Facts

Chläbdächer ab P.1067 im Sihltal, 1100hm. Teilweise enges und steiles Gelände (45 Grad, Ski-Schwierigkeit SS) erfordern solides Können und solide Schneedecke. Der Chläbdächer Westgipfel (2142m) gibt alleine schon ein lohnendes Ziel her. Die Gratbegehung zum Hauptgipfel ist in verschneitem Zustand alpinistisch anspruchsvoll mit ungewissen Aussichten auf Erfolg - eher eine Einlage für Liebhaber.

Montag, 4. Januar 2021

Jahresrückblick 2020

Wieder einmal ist es Zeit, über das abgelaufene Bergjahr zu bilanzieren. Ein aufgrund vom Coronavirus sicherlich sehr spezielles Annum liegt hinter uns - wobei es sich auf unsere Bergaktivitäten zum Glück nur in moderatem Rahmen ausgewirkt hat. Ja, die Berge sind (viren)frei, die Schweizer Politik hat zum Glück nie Ausgangssperren verhängt und somit konnten wir uns trotzdem sehr oft -  natürlich unter Würdigung der Empfehlungen zu Abstand und Risikominimierung - an der frischen Luft betätigen. 

Sportklettern

Auch im 2020 wurde im Klettergarten motiviert angegriffen, so dass ich mir zum Jahresende 144 neue Touren >=7a  auf die Tickliste schreiben kann. Das sind deutlich weniger als die 178 im 2019, was aber auch ein wenig mit dem coronabedingten Ausfall des Ostertrips und der herbstlichen Kalymnosreise zu tun hat. In fremden Soft-Grade-Gefilden steigt nämlich der Counter schon noch einiges schneller als hierzulande, wo in den gängigen Gebieten die Low-Hanging-Fruit schon etwas abgegrast sind. Sportklettertrips konnten wir im 2020 nur relativ wenige unternehmen, nämlich ins Val Pennavaire, nach Briançon und Arco. Trotzdem, 9x 8a/+, 21x 7c/+, 46 7b/+ und 68x 7a/+ ist die Ausbeute - wenn man zum Vorjahr vergleicht, ist der "Verlust" vor allem im unteren Bereich bis und mit 7b entstanden, eben aus dem bereits erwähnten Grund. Auch eine persönlich ganz schwierige Route im >=8b-Bereich ist mir im 2020 nicht gelungen, jedoch habe ich auch keine projektiert. Das würde halt die Bereitschaft erfordern, immer wieder an denselben Spot zu reisen, wofür dann entsprechende Mitstreiter motiviert werden müssen - da ging ich lieber mit dem Flow (der Familie) und fokussierte auf etwas schneller machbare Projekte. Jeder Durchstieg und die vielen Sessions am Fels, fast ausschliesslich mit der Familie, haben mir aber enorm viel Freude bereitet - so darf und soll es weitergehen, ich bzw. wir sind weiterhin motiviert, um am persönlichen Limit zu moven.

Larina zieht Petit Tom (7a) im Gebiet La Bruza in den französischen Alpen onsight - bravo!

Wettkämpfe

Das ist sicherlich der Bereich, in welchem wir aufgrund von Corona die grössten Abstriche machen mussten, lief doch ab dem März 2020 fast gar nichts mehr in diesem Bereich. Bis dahin konnte ich persönlich immerhin noch 4x an Boulderwettkämpfen teilnehmen (Shortcut, Sparta Fight, Bimano Bärecöp, Boulderei) und 3x aufs Podest steigen :-) Nach einer langen Abstinenz konnten wenigstens die Kids im Spätsommer noch am Tout à Bloc, dem NWS-Regiocup, im O'Bloc und an der Boulder-SM antreten, danach wurde aber auch wieder der ganze Kalender zusammengestrichen. Immerhin konnten die beiden auch noch 7 Podestplätze sichern, womit wir für Team Dettling bei einer Ausbeute von 10 Top-3-Plätzen in total 15 Teilnahmen sind - pretty good! Wir sind gespannt, wie es im 2021 weitergeht... wobei ich befürchte, dass die Events für die Erwachsenen im Gedränge der jeweils pumpenvollen Boulderhallen wohl noch auf längere Frist nicht stattfinden werden (wenn je überhaupt wieder?!?). Nun ja, während 30 Jahren im Klettersport habe ich nie an einem Wettkampf teilgenommen und natürlich weiss ich mich ganz gut auch anderweitig zu betätigen - trotzdem vermisse ich diese Anlässe und wenn es je wieder soweit sein sollte, dann trete ich wieder an. Ich hoffe, dass wenigstens die Wettkämpfe für die Kids im 2021 wieder durchgeführt werden. Larina muss sich nun (obwohl erst gerade 11 geworden) bereits in der U14 und damit auf sehr hohem Niveau beweisen. Jerome ist nun auf Stufe U12 und damit erstmals für die Teilnahme an den nationalen Wettkämpfen berechtigt.

Ein Bild vom letzten Finalboulder an meinem letzten Wettkampf... für wie lange wohl?!?

MSL

MSL-Klettern ist etwas, was wir in den Alpen hervorragend tun können und es gibt noch so viele Projekte zu realisieren. Im 2020 war ich fast übers ganze Jahr aktiv: der Startschuss im Februar mit einem Weekend im Val Onsernone (1,2), der Endpunkt erst kurz vor Weihnachten an der Föhnmauer. Das ergibt ein total von 40 MSL-Touren mit unglaublich vielen Highlights. Zuvorderst zu erwähnen ist die Gletschersinfonie am Wellhorn - jahrelang habe ich auf den richtigen Moment gewartet und wie erträumt ist mir eine perfekte Begehung gelungen. Sportlich am wertvollsten war sicher die erste Team-Onsight/Flash-Begehung vom 11. Gebot an den Wendenstöcken, wobei hier die Blumen in erster Linie meinem Seilpartner Daniel gehören. Ebenfalls in die Rubrik "very memorable" gehören sicherlich auch Gonzen/Plattänani, Schöllenen/Inox, Graue Wand/Toggel, Feldschijen/Sännetuntschi (Blog folgt) und Wendenstöcke/Paco. Unglaubliche 18 der 40 MSL-Routen habe ich mit einem unserer Kids geklettert. Insbesondere mit Larina ist da eine ziemlich schlagkräftige Seilschaft entstanden. Obwohl ich immer sehr darauf Acht gebe, dass sie keinesfalls überfordert ist, möglichst alles freiklettern kann und das Gesamtprogramm für sie im angenehm bewältigbaren Rahmen liegt, liegen inzwischen einfach richtig gute Touren drin: unvergessen unsere Grimsel-Trips mit Siebenschläfer, Herrenpartie und Sagittarius, die Suworov in der Schöllenen, Nolens Volens am Gross Bielenhorn und die Marmotta Impazzitta am Tour Termier. Trotz all den vielen Aktivitäten, meine Wunschliste an MSL ist im 2020 prozentual nur unmerklich geschrumpft... also let's go, auch im 2021!

Lange darauf gewartet, schliesslich perfekt erwischt: Wellhorn, Gletschersinfonie (25 SL, 6c+).

Bohren

Coronabedingter Fokus auf lokale Gebiete anstatt weit herumreisen, das heisst umso mehr, dass die Bohrmaschine häufig zum Einsatz kam. Im 2020 zum Abschluss gebracht werden konnten einerseits die Dure à Cuire (7b) am Klein Mythen mit der Rotpunktbegehung und die Maverik (7a) am Zervreilahorn mit der Publikation des Topos, obwohl alle Bolts in diesen Touren bereits im 2019 gesetzt wurden. Auch noch etwas im Rückstand bin ich mit der Holy Smoke (7a) am Zervreilahorn: im Juli hatte ich diese supercoole Semi-Trad-Linie mit Viktor und Larina in 1 Tag erstbegangen, ein paar Wochen später gelang uns dann auch die durchgehende RP-Begehung. Fehlen also noch Topo und Bericht. Die kommen, spätestens auf nächste Saison, versprochen! Im goldenen November gelang mit Daniel ein Handstreich an den Churfirsten: am Frümsel konnten wir die spektakulär steile, abwechslungsreiche Linie der Pro Specie Rara (7a+) auch in nur 1 Tag einrichten. Das ist aber noch längst nicht alles: 2x besuchten wir unser Lanciamira-Bigwall-Projekt im Rätikon und schafften 5 neue Seillängen. Somit sind nun 16 Sequenzen eingerichtet und es fehlt nurmehr wenig bis zum Gipfel. Im 2021 sollte es nun klappen, wir sind positiver Dinge. Auf weiteren, noch nicht ganz so spruchreifen MSL-Projekten konnte ich zusätzliche 7 Längen erstbegehen und bin gespannt wie ein Flitzebogen auf deren Fortsetzung. Auch im Klettergarten habe ich dann und wann Hand angelegt. Komplettiert habe ich 8 Projekte im 1-SL-Bereich, diverse weitere sind sich noch in Arbeit befindliche Knacknüsse. Ein paar weitere Hinweise gibt's für den Moment in dieser Liste, mehr dann vielleicht später. Ein wichtiger Hinweis noch, der passt auch gut dahin: im Blueprint-Projekt auf der Ibergeregg (rechts von Geduldig & Stark, 8a) habe ich meine persönlichen Ambitionen aufgegeben, es ist frei für jedermann zum Probieren. Die Schwierigkeiten sind hoch und definitiv jenseits des für mich möglichen (>8b, time will tell...).

Bei der Erstbegehung unserer Semi-Trad-Linie Holy Smoke (7a) am Zervreilahorn.

Eisklettern, Nordwände und Bergsteigen

Null, nada, nichts gibt's in dieser Rubrik. Zum Eisklettern waren die Bedingungen äusserst bescheiden, in tieferen Lagen und in der Nähe stellten sich nie brauchbare Verhältnisse ein und weiter weg war es jetzt auch nicht so, dass manch ein Klassiker mit Top-Konditionen glänzte. Dass ich nie zum Bergsteigen kam, hat diverse Gründe: das Coronavirus spielt sicher eine Rolle, wer wollte in einer Zeit, wo die Behörden zur Zurückhaltung aufriefen ins Ungewisse aufbrechen und möglicherweise die Rettung in Anspruch nehmen müssen?!? Ebenso hatte ich auf die Nutzung von Hütten und Bergbahnen keinen Mumm und das auch absolut nie gemacht. Aber das ist nur die eine Seite: Bergsteigen ist halt auch nicht wirklich familientauglich. An den Fels kommen alle begeistert mit, ins Hochgebirge müsste ich alleine gehen, der Zeitaufwand ist hoch und so wichtig ist es mir nun auch wieder nicht... so steht dann eben eine Null auf dem Konto. Macht ja nichts, vielleicht ändert es sich in Zukunft wieder.

Naja, eigentlich auch Bergsteigen... bei der alpinen Skitour auf die Schächentaler Windgällen (2764m).

Skitouren

Nicht nur zum Eisklettern war der Winter 19/20 in den Voralpen zum Vergessen, es lag auch fast nie Schhnee vor der Haustür und so kam ich gerade mal auf 2 bescheidene Touren im Züri Oberland und auch dies nur bei absolut marginalen Bedingungen. Kompensiert wurden und werden (?) wir im Winter 20/21. Ab Anfang Dezember lag die weisse Pracht in unserer Gegend, und die Kombination von Home Office mit Schnee vor der Türe ist durchaus eine positiv zu wertende Seite dieser Pandemie. So kam ich schlussendlich im Kalenderjahr 2020 doch auf 30 Touren, wobei der Dezember mit 15 Outings einfach genial war! Unter dem Strich einfach ein lässiger Mix von kleineren Voralpen-Touren und grösseren Unternehmungen. Ich konnte 17 noch nie besuchte Gipfel erreichen, andere das erste Mal mit Ski oder zumindest auf neuen Routen angehen, so dass doch immer für spannende Abenteuer gesorgt ist. Die Highlight-Tour war sicherlich der alpine Aufstieg zur Schächentaler Windgällen mit der Abfahrt durch die dolomitisch anmutende Nordschlucht. Ebenso aussergewöhnlich ist die erste September-Skitour meiner Karriere auf den Amdener Gulmen, dies notabene bei wirklich lohnenden Verhältnissen. Nun fehlt mir nur noch der August als Skitouren-Monat :-)

Immer auf der Suche nach einer guten Linie... auf Voralpen-Tour in meiner Heimat.

So, das wäre es für den Rückblick auf das Jahr 2020. Ich bin dankbar um die vielen tollen Bergerlebnisse, die Begleitung durch Familie und Kameraden, dass wir von gesundheitlichen Sorgen, Unfällen, Verletzungen und sonstigen Zwischenfällen frei blieben. Möge es so weitergehen im 2021 - der Auftakt mit einem kalten, aber tollen Bouldertag am Fels und einer unerwartet sehr lohnenden Skitour auf die Guscha ist jedenfalls bereits geglückt :-)